BT-Drucksache 16/13067

Zusammenfassender Zwischenbericht über bisherige Ergebnisse der Standortuntersuchung in Gorleben aus dem Jahr 1983

Vom 15. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/13067
16. Wahlperiode 15. 05. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
Cornelia Behm, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Ulrike Höfken,
Dr. Anton Hofreiter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zusammenfassender Zwischenbericht über bisherige Ergebnisse
der Standortuntersuchung in Gorleben aus dem Jahr 1983

Am 18. April 2009 berichtete „die tageszeitung“ (taz), die mit dem ersten offi-
ziellen umfassenden Gorleben-Gutachten betrauten Wissenschaftler hätten sich
in ihrem Gutachtenentwurf dafür ausgesprochen, alternative Standorte zu Gor-
leben zu erkunden*. Zu einem Arbeitstreffen der Wissenschaftler, auf dem sie
ihren Entwurf diskutierten, seien jedoch überraschend Regierungsvertreter
erschienen und hätten die Wissenschaftler durch Druck dazu gebracht, ihre For-
derung nach „vorsorglichen Erkundungsmaßnahmen an anderen Standorten“
aus dem Gutachten zu streichen.

Trifft die Berichterstattung zu, hätte eine ehemalige Bundesregierung nicht nur
gegen den Grundsatz der Freiheit von Wissenschaft und Forschung verstoßen
und Einfluss auf eine naturwissenschaftliche Expertise genommen, sie hätte
aus politischen Motiven in der wohl heikelsten Frage der deutschen Atommüll-
problematik zentrale Handlungsempfehlungen ausgewiesener Fachexperten
unterdrückt. Die Folgen wären nicht auf den Zwischenbericht beschränkt, viel-
mehr wäre auch die weitere Arbeit der beteiligten Wissenschaftler für diese
Bundesregierung im Bewusstsein entsprechender Auflagen und Beschränkun-
gen erfolgt.

Heute wird sich das Ausmaß, in dem die damalige Bundesregierung möglicher-
weise aus parteipolitischen Motiven die Endlagersuche in Deutschland beein-
flusste, nicht ohne weiteres rekonstruieren lassen. Dies ist umso bedenklicher,
als die Endlagerfrage nach wie vor ungelöst ist. Zukünftige politische Entschei-
dungen werden auch auf Basis aller Gutachten getroffen werden, die jene Regie-
rung erstellen ließ, die womöglich schon zu Beginn der Amtszeit politisch miss-
liebige Empfehlungen von Wissenschaftlern streichen ließ.

Wir fragen die Bundesregierung:

Gutachtenentwurf der Wissenschaftler
1. Inwiefern kann die Bundesregierung den taz-Bericht bestätigen?

2. Von welchen Autoren stammte der Gutachtenentwurf (kurz Entwurf)?

Welche Stellungnahmen und Einzelgutachten welcher Autoren flossen in ihn
ein?

* Vgl. http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/politischer-druck-auf-die-wissenschaft/.

Drucksache 16/13067 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. Welche Autoren hatten Bedenken gegen den Standort Gorleben?

Wie formulierten und begründeten sie sie in ihren einzelnen Stellungnah-
men und Gutachten konkret?

4. In welchen Akten des Bundeskanzleramtes und welcher Bundesministerien
und ihrer nachgeordneten Stellen befindet sich der Entwurf heute?

Ist die Bundesregierung bereit, ihn der Antwort auf diese Anfrage beizu-
fügen?

5. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Entwurf Empfehlungen ent-
hielt, alternative Standorte zu Gorleben zu erkunden?

Wie lauteten

a) die Empfehlungen und

b) ihre Begründungen konkret?

6. Wer war für die im taz-Bericht geschilderte Entwurfsbesprechung verant-
wortlich und wann fand sie statt?*

An wen versandte die für die Entwurfsbesprechung verantwortliche Person
bzw. Stelle den Entwurf vor der Besprechung?

Welche Teilnehmer waren ursprünglich dazu geladen, und wer nahm letzt-
lich teil?

7. Existiert ein Protokoll der Entwurfsbesprechung?

Falls ja, in welchen Akten welcher Ministerien befindet es sich, und ist die
Bundesregierung bereit, es der Antwort auf diese Anfrage beizufügen?

8. Welche Rolle spielte der Bericht für die Entscheidungen für den Ausbau
von Gorleben auf Ebene des Bundes und des Landes Niedersachsen oder
bei sonstigen Genehmigungsbescheiden?

9. In welche Beschlüsse oder in welche anderen Gutachten oder in welche
Anhörungen ist er eingeflossen?

Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene?

10. Misst die Bundesregierung dem Bericht auch für die heutige Diskussion
noch eine relevante Bedeutung zu?

Welche?

11. Welche anderen Gutachten gab es noch für die in dem Gutachten aufgewor-
fenen Fragen?

Welche Rolle spielten diese für die Entscheidung zum Ausbau von Gor-
leben?

12. Welche Personen waren an der Behandlung dieses Gutachtens beteiligt, die
auch an Beratungen für die Asse beteiligt waren?

Umgang der Bundesregierung mit dem Entwurf

13. Wann, und von wem erhielt das Bundeskanzleramt den Gutachten-Ent-
wurf?

Welche Kommunikationsvorgänge finden sich hierzu in den Akten des
Bundeskanzleramtes?

14. Wie ging das Bundeskanzleramt mit dem Entwurf und der bevorstehenden
Entwurfsbesprechung um?
* Im Weiteren ist mit dem Begriff „Entwurfsbesprechung“ grundsätzlich diese Besprechung gemeint.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/13067

Insbesondere, wer traf welche konkreten Entscheidungen, und welche An-
weisungen wurden erteilt?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

15. Wie hoch in der Hierarchie des Bundeskanzleramtes gelangte der Entwurf?

In welchen Akten ist dies dokumentiert?

16. Welche Vorgänge gab es im Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit dem
Gorleben-Gutachten nach der Entwurfsbesprechung (gemeint sind vor
allem Entscheidungen, Besprechungen und Kommunikationsvorgänge)?

In welchen Akten sind sie dokumentiert?

17. Insbesondere, gab es einen Bericht des teilnehmenden Bundeskanzleramt-
Vertreters über die Entwurfsbesprechung?

Wer im Bundeskanzleramt erhielt diesen Bericht bzw. wer wurde ander-
weitig über die Entwurfsbesprechung unterrichtet?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

18. Wann, und von wem erhielt das Bundesministerium für Forschung und
Technologie (BMFT) den Gutachten-Entwurf?

Welche Kommunikationsvorgänge finden sich hierzu in den Akten des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)?

19. Wie ging das BMFT mit dem Entwurf und der bevorstehenden Entwurfs-
besprechung um?

Insbesondere, wer traf welche konkreten Entscheidungen, und welche An-
weisungen wurden erteilt?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

20. Wie hoch in der Hierarchie des BMFT gelangte der Entwurf?

In welchen Akten ist dies dokumentiert?

21. Welche Vorgänge gab es im BMFT im Zusammenhang mit dem Gorleben-
Gutachten nach der Entwurfsbesprechung (gemeint sind vor allem Ent-
scheidungen, Besprechungen und Kommunikationsvorgänge)?

In welchen Akten sind sie dokumentiert?

22. Insbesondere, gab es einen Bericht des teilnehmenden BMFT-Vertreters
über die Entwurfsbesprechung?

Wer im BMFT erhielt diesen Bericht bzw. wer wurde anderweitig über die
Entwurfsbesprechung unterrichtet?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

23. Wann, und von wem erhielt das Bundesministerium des Innern (BMI) den
Gutachten-Entwurf?

Welche Kommunikationsvorgänge finden sich hierzu in den Akten des
BMI?

24. Wie ging das BMI mit dem Entwurf und der bevorstehenden Entwurfsbe-
sprechung um?

Insbesondere, wer traf welche konkreten Entscheidungen, und welche An-
weisungen wurden erteilt?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?
25. Wie hoch in der Hierarchie des BMI gelangte der Entwurf?

In welchen Akten ist dies dokumentiert?

Drucksache 16/13067 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

26. Welche Vorgänge gab es im BMI im Zusammenhang mit dem Gorleben-
Gutachten nach der Entwurfsbesprechung (gemeint sind vor allem Ent-
scheidungen, Besprechungen und Kommunikationsvorgänge)?

In welchen Akten sind sie dokumentiert?

27. Insbesondere, gab es einen Bericht des teilnehmenden BMI-Vertreters über
die Entwurfsbesprechung?

Wer im BMI erhielt diesen Bericht bzw. wer wurde anderweitig über die
Entwurfsbesprechung unterrichtet?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

28. Wann, und von wem erhielt das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi)
den Gutachten-Entwurf?

Welche Kommunikationsvorgänge finden sich hierzu in den Akten des
BMWi?

29. Wie ging das BMWi mit dem Entwurf und der bevorstehenden Entwurfsbe-
sprechung um?

Insbesondere, wer traf welche konkreten Entscheidungen, und welche An-
weisungen wurden erteilt?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

30. Wie hoch in der Hierarchie des BMWi gelangte der Entwurf?

In welchen Akten ist dies dokumentiert?

31. Welche Vorgänge gab es im BMWi im Zusammenhang mit dem Gorleben-
Gutachten nach der Entwurfsbesprechung (gemeint sind vor allem Ent-
scheidungen, Besprechungen und Kommunikationsvorgänge)?

In welchen Akten sind sie dokumentiert?

32. Insbesondere, gab es einen Bericht des teilnehmenden BMWi-Vertreters
über die Entwurfsbesprechung?

Wer im BMWi erhielt diesen Bericht bzw. wer wurde anderweitig über die
Entwurfsbesprechung unterrichtet?

In welchen Akten ist dies jeweils dokumentiert?

33. Welche Abstimmungsvorgänge gab es zwischen Bundeskanzleramt, BMI,
BMWi und BMFT vor der Entwurfsbesprechung?

In welchen Akten sind sie dokumentiert?

Heutige Aktenlage zum Standort Gorleben

34. Wie sieht der Aktenplan des

a) BMI,

b) Bundesministeriums der Finanzen (BMF),

c) BMWi,

d) Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(BMU) sowie des

e) Bundeskanzleramtes zum Standort Gorleben aus?

35. In welchen Akten der in Frage 34 Buchstaben a bis e genannten Stellen der
Bundesregierung befinden sich welche Originalvorgänge zum Gorleben-
Gutachten und seinem Entwurf?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/13067

36. Wo ist jeweils die Aktenführung zum Standort Gorleben angesiedelt

a) im BMBF,

b) im BMI,

c) im BMF,

d) im BMWi,

e) im BMU und

f) im Bundeskanzleramt?

37. Wie ist die Aktenführung zum Standort Gorleben in Frage 36 Buchstaben
a bis f genannten Stellen der Bundesregierung jeweils organisiert, und gibt
es jeweils eine Leitungsregistratur oder nicht?

38. Welche nachgeordneten Stellen (Projektträger, Behörden) waren bzw. sind
mit dem Standort Gorleben beschäftigt, und wie sehen deren Aktenpläne
dazu jeweils aus?

39. Welche anderen Bundesministerien wie das Bundesministerium für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) waren bzw. sind mit Standort
Gorleben beschäftigt?

Weshalb bzw. inwiefern?

40. Welche nachgeordneten Stellen dieser anderen Bundesministerien waren
bzw. sind mit Standort Gorleben beschäftigt?

Wie sehen deren Aktenpläne dazu jeweils aus?

Berlin, den 15. Mai 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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