BT-Drucksache 16/12925

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/11660- Krankenhausinfektionen vermeiden - Multiresistente Problemkeime wirksam bekämpfen

Vom 7. Mai 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12925
16. Wahlperiode 07. 05. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Spieth, Klaus Ernst, Dr. Martina Bunge,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/11660 –

Krankenhausinfektionen vermeiden – Multiresistente Problemkeime
wirksam bekämpfen

A. Problem

Die Fraktion DIE LINKE. vertritt die Ansicht, aufgrund unzureichender Hygie-
ne komme es in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern
überdurchschnittlich oft zu schweren Krankenhausinfektionen (nosokomialen
Infektionen). Diese führten zu einem höheren Krankheits- und Sterberisiko, be-
sonders bei Menschen mit schwachem Immunsystem. Zudem verlängerten sie
unnötig den Krankenhausaufenthalt und verursachten so vermeidbare hohe
Kosten. Die Tatsache, dass in zahlreichen Bundesländern noch immer keine
Krankenhaushygiene-Verordnungen verabschiedet und von den Kranken-
häusern kaum wirkungsvolle Strategien gegen Krankenhauskeime eingeleitet
worden seien, wird von der Fraktion DIE LINKE. als problematisch eingestuft.
Kritisch gesehen wird zudem die wachsende Antibiotikaresistenz von Erregern.

B. Lösung

Die Fraktion DIE LINKE. fordert, der Deutsche Bundestag solle die Bundes-
regierung dazu aufrufen, im Rahmen ihrer Bemühungen zur Eindämmung von
Krankenhauskeimen u. a. für eine bundesweite Einsetzung von Ärztinnen und
Ärzten sowie Hygienefachkräften in Krankenhäusern zu sorgen, präventive
Maßnahmen der Kliniken gegen Krankenhausinfektionen angemessen zu ver-
güten, eine Meldepflicht für MRSA einzuführen und sich bei der Auswahl ge-
eigneter Maßnahmen auch an erfolgreichen Beispielen europäischer Nachbar-
länder zu orientieren.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/12925 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12925

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/11660 abzulehnen.

Berlin, den 7. Mai 2009

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Martina Bunge Dr. Konrad Schily
Vorsitzende Berichterstatter

tuell von der notwendigen Einrichtung dieser dringend benö- Problem darstellten. Der Ansatz der Fraktion DIE LINKE.

tigten und sinnvollen Stellen und anderen Investitionen ab-
sehen würden.

die Bundesregierung in die Pflicht nehmen zu wollen, gehe
jedoch fehl, da diese lediglich einen rechtlichen Rahmen
vorgebe, der insbesondere von den Krankhäusern umgesetzt
Drucksache 16/12925 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Dr. Konrad Schily

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/11660 in seiner 205. Sitzung am 12. Februar 2009 in ers-
ter Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den
Ausschuss für Gesundheit sowie zur Mitberatung an den
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. kommt es in
Deutschland aufgrund unzureichender hygenischer Zustän-
de in den Krankenhäusern oftmals zu nosokomialen Infek-
tionen, z. B. mit multiresistenten Staphylococcus-aureus-
Keimen (MRSA), die eigentlich durch die Einhaltung einfa-
cher hygienischer Standards vermeidbar wären. Nach den
von der Fraktion DIE LINKE. vorgelegten Zahlen ist die im
Krankenhaus erworbene Infektion die häufigste ernsthafte
Infektionskrankheit in Deutschland. Nosokomiale Infektio-
nen würden dabei zu einem höheren Krankheits- und Sterbe-
risiko, vor allem bei Patienten mit schwachem Immun-
system, führen. Außerdem brächten sie eine Verlängerung
des Krankenhausaufenthaltes und dadurch bedingt erheb-
liche ökonomische Belastungen mit sich. Ebenfalls als pro-
blematisch erweise sich, dass die Krankheitserreger eine zu-
nehmende Antibiotikaresistenz entwickelten und die noch
wirksamen Antibiotika für den Patienten oft eine hohe
körperliche Belastung darstellten.

Da sich nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. in den Kran-
kenhäusern bisher noch keine wirkungsvolle Strategie zur
Bekämpfung oder Eindämmung von Krankenhauskeimen
durchgesetzt habe, möge der Deutsche Bundestag die Bun-
desregierung dazu aufrufen, umfangreiche Maßnahmen zu
treffen, um den weiteren Anstieg von Infektionen mit MRSA
einzudämmen. In diesem Rahmen werde von der Fraktion
DIE LINKE. vorgeschlagen, entsprechende Präventions-
maßnahmen durchzusetzen, wie diese bereits in den Nach-
barländern Dänemark und den Niederlanden erfolgreiche
Wirkung gezeigt hätten. Zur Überwachung der konsequen-
ten Umsetzung der bestehenden Richtlinie des Robert Koch-
Instituts zur Prävention von MRSA und anderer anerkannter
Hygienerichtlinien sollten bundesweit Ärztinnen bzw. Ärzte
für Hygiene sowie Hygienefachkräfte gezielt in den Kran-
kenhäusern eingesetzt werden. Weiterhin solle die personelle
Aufstockung und bessere Qualifikation des Fachpersonals
in den Gesundheitsämtern sowie die Einführung einer Mel-
depflicht für MRSA und für andere gefährliche Kranken-
hauskeime die hygienische Lage in den Krankenhäusern
verbessern und die Gefahr nosokomialer Infektionen zurück-
drängen helfen. Als wesentlich werde zudem von der Frak-
tion DIE LINKE. erachtet, dass präventive Maßnahmen der
Kliniken gegen nosokomiale Infektionen entsprechend zu
vergüten seien, da die Krankenhausträger ansonsten even-

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner 103. Sitzung am 6. Mai 2009
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 16/11660
abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratung zu dem An-
trag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 16/11660 in
der 111. Sitzung am 4. März 2009 aufgenommen und be-
schlossen, eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen
durchzuführen. Die Anhörung fand in der 116. Sitzung am
25. März 2009 statt. Als sachverständige Verbände waren
eingeladen: Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS),
Berufsverband Deutscher Hygieniker e. V. (BDH), Bundes-
ärztekammer (BÄK), Bundesverband Deutscher Privatklini-
ken e. V. (BDPK), Bundesvereinigung der kommunalen
Spitzenverbände, Deutsche Gesellschaft für Infektiologie
e. V. (DGI), Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene
e. V. (DGKH), Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.
(DKG), Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe Bundes-
verband e. V. (DBfK), Gemeinsamer Bundesausschuss
(G- BA), InEK GmbH – Institut für das Entgeltsystem im
Krankenhaus, Institut für Medizinische Mikrobiologie/Uni-
versitätsklinikum Münster, Nationales Referenzzentrum
(NRZ) für Surveillance von nosokomialen Infektionen am
Institut für Hygiene und Umweltmedizin/Charité-Universi-
tätsmedizin Berlin, Spitzenverband Bund der Kranken-
kassen (GKV-Spitzenverband), Verband der Universitäts-
klinika Deutschlands e. V. (VUD), ver.di – Vereinte Dienst-
leistungsgewerkschaft e. V. Als Einzelsachverständige
waren geladen: Dr. Alexander W. Friedrich, Prof. Dr. Hajo
Grundmann, Prof. Dr. Heinz-Peter Werner und Dr. Klaus-
Dieter Zastrow. Auf das Wortprotokoll und die als Aus-
schussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachver-
ständigen wird Bezug genommen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 118. Sitzung
am 6. Mai 2009 seine Beratung zu dem Antrag auf Druck-
sache 16/11660 fortgesetzt und abgeschlossen. Als Ergebnis
empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
16/11660.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD waren der Auf-
fassung, es sei richtig, dass nosokomiale Infektionen und
die wachsende Methicillinresistenz der Erreger ein ernstes
werden müsse. Es sei daher effektiver, dort anzusetzen. Die
Bundesregierung sei, soweit ihre Zuständigkeit dies zulasse,

Berlin, den 7. Mai 2009

Dr. Konrad Schily
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/12925

bereits tätig geworden. Es gebe mit dem Infektionsschutz-
gesetz und der Krankenhaushygieneverordnung schon effek-
tive Regelungen zur Prävention. Erfahrungen europäischer
Nachbarländer würden z. B. in der EUREGIO längst berück-
sichtigt. Die geforderte Meldepflicht für MRSA werde der-
zeit durch eine Verordnung geregelt. Bei konsequenter Um-
setzung der Vorgaben aus der Infektionssurveillance und der
Antibiotikaresistenzstrategie ließen sich Einsparungen erzie-
len, die das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Kranken-
häuser deutlich verbesserten. Die Einsetzung von Ärzten für
Hygiene und entsprechenden Fachkräften sei ebenso wie die
Aufstockung und Qualifizierung des Personals der Gesund-
heitsämter Sache der Länder, doch fördere die Bundesregie-
rung auch hier entsprechende Qualitätssicherungsmaßnah-
men. Der Vorwurf, die Bundesregierung trage an dieser
Stelle eine Mitverantwortung, sei daher unbegründet und der
Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der FDP betonte, dass für die Einhaltung
hygienischer Standards die Krankenhäuser in erster Linie
selbst die Verantwortung trügen. Die Bundesregierung dürfe
hierfür nicht verantwortlich gemacht werden. Da es sich um
eine sehr komplexe Problematik handele, könne zudem nicht
davon ausgegangen werden, dass dieser allein durch den von
der Fraktion DIE LINKE. gestellten Antrag beizukommen
sei. So hätten die Erfahrungen in skandinavischen Länder
und den Niederlanden z. B. gezeigt, dass auch andere Ein-
flussgrößen, etwa der geringere Gebrauch von Antibiotika in
der Ambulanz, in die Überlegungen zu diesem Thema mit-
einbezogen werden müssten. Bei der Abstimmung zu dem

vorliegenden Antrag werde sich die Fraktion der FDP des-
halb enthalten.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, sie sähen sich durch die
Experten in der Anhörung ausdrücklich bestätigt. Diese hät-
ten einhellig betont, dass bezüglich der Krankenhausinfek-
tionen angesichts von 20 000 bis 40 000 Toten jährlich ein
dringender Handlungsbedarf bestehe. Daher sei der Ansatz
der Bundesregierung falsch, zunächst bloß weitere Daten zu
sammeln und erst dann über mögliche Maßnahmen zu ent-
scheiden, denn die erforderlichen Informationen lägen be-
reits vor. Ungeheuerlich sei die Auffassung, es bestünde kein
Handlungsbedarf, da angeblich „nur“ wenige tausend Men-
schen an Krankenhausinfektionen stürben. Jeder Todesfall
infolge einer vermeidbaren Infektion sei einer zuviel. Der
Antrag der Fraktion DIE LINKE. verdiene daher die Zustim-
mung Aller.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf
hin, dass das im Antrag der Fraktion DIE LINKE. beschrie-
bene Problem der nosokomialen Infektionen und der MRSA-
Resistenz, wie auch die hierzu durchgeführte Anhörung ge-
zeigt habe, im Wesentlichen den Tatsachen entspreche. Es sei
ebenfalls richtig, dass in diesem Bereich ein Handlungs-
bedarf bestehe. In der Problemlösung allerdings schreibe die
Fraktion DIE LINKE. dem Bund bzw. der Bundesregierung
Zuständigkeiten zu, die nicht in deren Kompetenzbereich fie-
len. Bei der Abstimmung zum vorliegenden Antrag werde
sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN deshalb der
Stimme enthalten.

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