BT-Drucksache 16/1281

Zukunft der Juniorprofessuren

Vom 24. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1281
16. Wahlperiode 24. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Cornelia Hirsch, Volker Schneider (Saarbrücken),
Oskar Lafontaine, Dr. Gregor Gysi und der Fraktion DIE LINKE.

Zukunft der Juniorprofessuren

Mit der Neufassung des Hochschulrahmengesetzes am 16. Februar 2002 durch
die damalige rot-grüne Bundesregierung sollten unter anderem veraltete Struk-
turen und Regelungen innerhalb des Hochschuldienstrechts abgelöst werden.
Hemmnisse, die der Spitzenforschung und der Gewinnung von Nachwuchs-
wissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern im Wege standen, sollten beseitigt
werden.

Eine der Neuerungen betraf die Einführung einer neuen Personalkategorie – die
Juniorprofessur. Sie sollte Qualifikationsphasen verkürzen und Eigenständigkeit
in Forschung und Lehre befördern.

Nach nunmehr mehr als vier Jahren nach dem Inkrafttreten der Reform ist eine
Auswertung der Erfahrungen mit Blick auf eine wirksame Förderung von Nach-
wuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern geboten. Hierzu sollten die
bisherigen Ergebnisse des Programms offen gelegt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie hoch ist die Anzahl der Juniorprofessuren und Hochschulen, die in
den Jahren 2003 bis 2005 durch das Förderprogramm zur Ausstattung von
Juniorprofessuren unterstützt worden sind?

b) Wie hoch ist darunter der Anteil von Juniorprofessorinnen (bitte nach
Bundesländern, Hochschularten sowie Wissenschaftsdisziplinen aufglie-
dern)?

Falls der Anteil an Juniorprofessorinnen deutlich unter 50 Prozent liegt, wel-
che Maßnahmen plant die Bundesregierung, um diesen Anteil zu erhöhen?

2. Wie viele Anträge von Hochschulen, die Einrichtung einer Juniorprofessur
mit dem Bundesprogramm finanziell zu unterstützen, sind bisher abschlägig
beschieden worden?

3. In welchem Umfang haben die Bundesländer in den Jahren 2003 bis 2005
Mittel für die Einrichtung von Juniorprofessuren bereitgestellt (bitte nach
Ländern aufgliedern)?
4. a) Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der in den „Grundsätzen
für die Förderung der Forschung im Rahmen von Forschungsnachwuchs-
gruppen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im
Jahre 2004“ aufgeführte Zuschuss von 60 000 Euro für kurzfristige
Herstellung der Arbeitsfähigkeit der Nachwuchswissenschaftlerinnen und
-wissenschaftlern (Punkt 7) durch Hochschulleitungen in allen geförder-
ten Fällen in voller Höhe an die Juniorprofessuren weitergeleitet wurde?

Drucksache 16/1281 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

b) Wurde eine Differenzierung der Fördersumme nach Fachrichtungen vor-
genommen und wenn ja, welche Schwerpunkte in der Quantifizierung
gab es hierbei?

5. Ist der Bundesregierung darüber hinaus bekannt, ob und wenn ja, in wel-
chem Umfang die DFG das Förderprogramm mit eigenen Mitteln ergänzt?

6. a) Sind seit der Einführung des Programms der Bundesregierung Miss-
brauchsfälle bekannt geworden und wenn ja, um welche Anzahl handelt
es sich, wie und an welchen Hochschulen wurden die Mittel für die Erst-
ausstattung zweckentfremdet?

b) Sind in den betroffenen Fällen die Fördersummen durch das BMBF von
den Hochschulen zurückgefordert worden?

7. a) Wie viele Evaluationen wurden bisher durchgeführt, und welche wesent-
lichen Aussagen lassen sich aus den bereits vorgenommenen Evaluatio-
nen ziehen?

b) In wie vielen Fällen wurden die Arbeitsverhältnisse um weitere drei Jah-
re verlängert und die Berufungsfähigkeit auf eine unbefristete Professur
festgestellt (Angaben in Prozent und absolut)?

Wie hoch ist der Anteil an Frauen?

8. Wie schätzt die Bundesregierung die Prognose der Expertenkommission
„Reform des Hochschuldienstrechts“ ein, die von einem mittelfristigen Be-
darf von 6 000 Juniorprofessuren ausging?

Generelle Einschätzung

9. Wie bewertet die Bundesregierung grundsätzlich das Förderprogramm zur
Ausstattung von Juniorprofessuren?

Hält sie dies für eine geeignete Möglichkeit, Nachwuchsforscherinnen und
-forscher zu unterstützen?

(Bitte gesondert auf die Probleme bei der Durchführung und die Akzeptanz
des Förderprogramms an den Hochschulen eingehen.)

Welche Schlussfolgerungen zieht die Regierung aus der bisher gelaufenen
Förderung?

10. Wie lässt sich das Interesse an und die Reflexion des Förderprogramms
Juniorprofessur in anderen europäischen Ländern schwerpunktartig zu-
sammenfassen?

Finanzplanung und Zukunft der Juniorprofessur

11. a) Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass von den ursprünglich für das
Jahr 2005 im Einzelplan 30 eingestellten Mittel für die Ausstattung von
Juniorprofessuren in Höhe von 26 Mio. Euro nur sieben Mio. Euro ver-
braucht wurden?

b) Aus welchen Gründen stellt die Regierung für das Haushaltsjahr 2006
nur Mittel in Höhe von 8,2 Mio. Euro für das Programm ein?

c) Auf welcher Grundlage erfolgt in der Finanzplanung für die Jahre 2007
und 2008 eine Mittelsteigerung auf 15,5 bzw. 14,5 Mio. Euro?

Ist es Ziel der Bundesregierung, die bestehende Förderung auszuweiten
und weitere Hochschulen bei der Ausstattung der Juniorprofessuren zu
unterstützen?

d) Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für die im Jahre

2009 vorgesehene Absenkung der Haushaltmittel in diesem Förderbe-
reich?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1281

12. a) Kann unter dem im Entwurf zum Einzelplan 30 angeführten Hinweis,
dass das Programm nach 2009 neu ausgerichtet werden soll, verstanden
werden, dass die Bundesregierung eine völlige Abschaffung des Pro-
gramms zur Ausstattung der Juniorprofessuren ab dem Jahr 2010 plant,
und wenn ja, weshalb?

b) Wenn nein: Mit welcher Stoßrichtung wird ein neues Programm ange-
schoben?

Ab wann wird die Bundesregierung ein neues Programm auflegen?

Gibt es hierzu bereits Verständigungen mit den Bundesländern?

Dienstrecht

13. Haben bisher alle Bundesländer die in § 72 HRG vorgesehene Übergangs-
frist von drei Jahren eingehalten und die Juniorprofessur in ihre Landes-
hochschulgesetze umgesetzt?

Wenn nein, welche Bundesländer betrifft dies?

Ist in diesem Fall vor dem Hintergrund der noch in diesem Jahr zu beschlie-
ßenden Föderalismusreform aus Sicht der Bundesregierung überhaupt noch
zu erwarten, dass die Einführung dieser Personalkategorie in den betroffe-
nen Landeshochschulgesetzen erfolgen wird?

14. a) Welche Bundesländer haben in ihren Hochschulgesetzen das Tenure-
Track-Verfahren vorgesehen, welches das Hausberufungsverbot lockert?

b) Welche Lehrverpflichtung haben die betroffenen Bundesländer in ihren
Verordnungen für die Juniorprofessuren vorgesehen?

15. Hält die Bundesregierung die im HRG bestehenden Personalkategorien
beim hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personal für
ausreichend und bewährt?

Plant die Bundesregierung neue Kategorien über die Juniorprofessur hin-
aus?

16. Welche Entwicklungen haben sich in den Ländern seit der zum 1. Januar
2005 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle abgezeichnet, mit der Länder ent-
scheiden können, ob sie die Juniorprofessur zur Regelvoraussetzung für die
ordentliche Professur machen?

a) Wie will die Bundesregierung ab 2009 mit dem Nebeneinander von Ju-
niorprofessuren ohne Habilitationen und den bisherigen Qualifikations-
wegen umgehen?

b) Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, damit die Juni-
orprofessuren als Personalkategorie in den Ländern erhalten bleiben?

17. Sind nach dem BVerfG-Urteil im Jahre 2004, mit welchem die Befristungs-
regelungen für nichtig erklärt wurden, in den Bundesländern Klagen auf
Entfristungen geführt worden?

Wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich dabei, und waren diese Verfah-
ren erfolgreich?

Weitere Nachwuchsprogramme

18. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung schon jetzt, um
Nachwuchsforscherinnen und -forscher zu unterstützen?

Welche im Bundeshaushalt Einzelplan 30 benannten Programme betrifft
dies und in welcher Gesamthöhe werden Mittel für die Nachwuchsförde-

rung aufgewendet?

Drucksache 16/1281 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
(Bitte dabei gesondert auf das von der Bundesregierung initiierte Programm
der Graduiertenkollegs eingehen sowie auf Maßnahmen, die die Vereinbar-
keit von Familie und Beruf ermöglichen sollen.)

19. a) Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um eine frühe
Erstberufung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaft-
lern zu ermöglichen?

b) Welche Ideen hat die Bundesregierung in Bezug auf die Verkürzung der
Qualifikationsphasen – einschließlich Studium und Promotion – und auf
die Erhöhung der Attraktivität von wissenschaftlichen Laufbahnen?

Berlin, den 24. April 2006

Dr. Petra Sitte
Cornelia Hirsch
Volker Schneider (Saarbrücken)
Oskar Lafontaine, Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.