BT-Drucksache 16/12724

zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Frank Schäffler, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/9481- Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen steigern

Vom 22. April 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12724
16. Wahlperiode 22. 04. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ina Lenke, Frank Schäffler, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/9481 –

Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen steigern

A. Problem

Der Antrag stellt eine deutliche Abnahme der Zahl der erteilten Visa für
Au-pair-Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland im Zeitraum von 2001
bis 2006 fest. Die Ursache für diesen Rückgang wird auch darin gesehen, dass
andere Staaten attraktivere Rahmenbedingungen für Au-pair-Beschäftigungen
böten. Angesichts der Bedeutung von Au-pair-Aufenthalten für die Förderung
des interkulturellen Dialogs und die Verständigung unter den Nationen schla-
gen die Antragstellerinnen und Antragsteller eine Reihe von Maßnahmen vor,
um die Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen in der Bundesrepublik
Deutschland zu steigern.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternative
Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/12724 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/9481 abzulehnen.

Berlin, den 25. März 2009

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Michaela Noll
Berichterstatterin

Sönke Rix
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Elke Reinke
Berichterstatterin

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

– Au-pair-Beschäftigungen attraktiver ausgestalten, indem
die Höchstaltersgrenze für Au-pair-Beschäftigungen wie

DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
beim Freiwilligen Sozialen und Ökologischen Jahr von
unter 25 Jahren auf unter 27 Jahren angehoben wird;

– die Möglichkeit schaffen, dass die Au-pair Beschäfti-

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
119. Sitzung am 25. März 2009 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12724

Bericht der Abgeordneten Michaela Noll, Sönke Rix, Ina Lenke, Elke Reinke und
Ekin Deligöz

I. Überweisung der Vorlagen

Der Antrag auf Drucksache 16/9481 wurde in der 208. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 5. März 2009 dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung sowie dem Auswärtigen Aus-
schuss, dem Innenausschuss und dem Ausschuss für Arbeit
und Soziales zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Der Antrag stellt zunächst die gesellschaftliche Bedeutung
von Au-pair-Beschäftigungen heraus. Au-pair-Aufenthalte
förderten den interkulturellen Dialog und seien Bestandteil
des internationalen Jugendaustausches. Damit dienten sie
der Verständigung unter den Nationen. Vorrangiges Ziel von
Au-pair-Aufenthalten sei es, Sprachkenntnisse zu vervoll-
ständigen. Au-pairs entwickelten wichtige Kompetenzen
und Verantwortungsgefühl und lernten die Kultur des Gast-
landes kennen. Der Gastfamilie werde die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf erleichtert.

Die Antragstellerinnen und Antragsteller weisen weiter
darauf hin, dass der Europarat 1969 ein „Übereinkommen
über die Au-pair-Beschäftigung“ mit dem Ziel beschlossen
habe, die Bedingungen für eine Au-pair-Beschäftigung in
allen Mitgliedstaaten festzustellen und zu vereinheitlichen.
Die Bundesrepublik Deutschland habe dieses Abkommen
zwar gezeichnet, nicht aber ratifiziert. Bestimmungen, die
einen sicheren Aufenthalt von Au-pairs und den Schutz vor
Ausbeutung sicherstellen sollen, würden allerdings im Rah-
men der Au-pair-Beschäftigung berücksichtigt. Im Übrigen
fänden jedoch auch von den Vorschriften des Übereinkom-
mens abweichende Regelungen Anwendung.

In dem Antrag wird weiter ausgeführt, dass die Zahl der
zum Zwecke eines Au-pair-Aufenthalts in der Bundesrepu-
blik Deutschland ausgestellten Visa von 19 074 im Jahr
2001 auf 6 638 im Jahr 2006 gesunken sei. Die Ursache für
diesen Rückgang wird auch darin gesehen, dass andere
Staaten attraktivere Rahmenbedingungen für Au-pair-Be-
schäftigungen wie etwa ein höheres Taschengeld oder die
Erstattung der Reisekosten böten.

Vor diesem Hintergrund fordert der Antrag, die Bundes-
regierung solle

– das Visumverfahren bei Au-pair-Beschäftigungen aus
nichtprivilegierten Staaten insbesondere bei einer Ver-
mittlung durch zertifizierte Agenturen beschleunigen;

– die Erfordernisse des Nachweises von Sprachkenntnis-
sen der deutschen Sprache bei Au-pair-Beschäftigungen
nach dem Europäischen Referenzrahmen A 1 vor der
Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nach ein-
heitlichen Kriterien regeln und je nach Erreichbarkeit
der konsularischen Vertretungen und der Goethe-Insti-
tute im Herkunftsstaat das Verfahren dahingehend flexi-
bilisieren, dass im Einzelfall auch der Nachweis über
Zeugnisse von Sprachschulen und anderen Bildungs-
einrichtungen wie Universitäten möglich ist;

– prüfen, inwieweit Au-Pair-Beschäftigungen im Aufent-
haltsrecht aus dem Bereich des Aufenthalts zum Zweck
der Erwerbstätigkeit herausgelöst werden können und
eine Regelung im Rahmen von zustimmungsfreien Be-
schäftigungen oder nach sonstigen Ausbildungszwecken
möglich ist;

– dafür werben, dass sich Agenturen, die in der Bundes-
republik Deutschland Au-pair-Beschäftigungen vermit-
teln, verstärkt der Zertifizierung durch das RAL-Güte-
zeichen anschließen;

– gemeinsam mit den Au-pair-Agenturen und Au-pair-Ver-
bänden Maßnahmen wie etwa Kampagnen entwickeln,
um die Attraktivität der Bundesrepublik Deutschland als
Zielstaat für eine Au-pair-Beschäftigung zu erhöhen und
Informationsbroschüren für Interessierte im Ausland und
Gastfamilien in der Bundesrepublik Deutschland aufzu-
legen, und hierbei darauf achten, dass die Konzepte ge-
schlechtssensibel entwickelt werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 87. Sitzung am
22. April 2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
empfohlen.

Der Innenausschuss hat in seiner 89. Sitzung am 25. März
2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
gung im Einzelfall auf bis zu 24 Monate verlängert wer-
den kann;

DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags empfohlen.

Drucksache 16/12724 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
16/9481.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 83. Sitzung am 25. März 2009 ab-
schließend beraten.

Die Fraktion der FDP erklärte, der vorliegende Antrag lege
eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen für die Au-pair-
Beschäftigung vor. Au-pair-Aufenthalte förderten den inter-
kulturellen Dialog, sie seien Bestandteil des internationalen
Jugendaustausches und trügen zur Verständigung der Natio-
nen bei. Der Au-pair-Status sei in einem Übereinkommen
des Europarates definiert worden. Danach bestehe Au-pair-
Beschäftigung in einer zeitlich begrenzten Aufnahme junger
Ausländerinnen und Ausländer, die ihre Sprachkenntnisse
und Berufserfahrungen vervollkommnen und die Kenntnis
über das Gastland erweitern wollten. Das Übereinkommen
sehe ferner vor, dass die Dauer der Au-pair-Beschäftigung in
der Regel nicht länger als ein Jahr betrage – mit der Möglich-
keit zur Verlängerung auf bis zu zwei Jahre. Die Bundes-
republik Deutschland habe dieses Abkommen gezeichnet,
nicht aber ratifiziert, weshalb noch einmal ein genauerer
Blick auf das Thema erforderlich sei. Die Vertreterin der
Fraktion der FDP führte weiter aus, die Forderungen in dem
Antrag zielten darauf ab, Au-pair-Beschäftigung attraktiver
zu gestalten, beispielsweise dadurch, dass die Höchstalters-
grenze für Au-pair-Beschäftigte wie etwa beim Freiwilligen
Sozialen und Ökologischen Jahr von unter 25 Jahre auf unter
27 Jahre angehoben werde. Es solle zudem die Möglichkeit
geschaffen werden, Au-pair-Aufenthalte in der Bundesrepu-
blik Deutschland im Einzelfall auf 24 Monate zu verlängern.
Darüber hinaus fordere die Fraktion der FDP, das Visumver-
fahren zu verbessern und die Erfordernisse des Nachweises
von Kenntnissen der deutschen Sprache bei Au-pair-Be-
schäftigungen nach dem Europäischen Referenzrahmen A 1
vor der Einreise zu regeln. Außerdem solle die Bundesregie-
rung prüfen, inwieweit Au-pair-Beschäftigungen im Aufent-
haltsrecht aus dem Bereich des Aufenthalts zum Zweck der
Erwerbstätigkeit herausgelöst werden könnten und eine Re-
gelung im Rahmen von zustimmungsfreien Beschäftigungen
möglich sei. Die Fraktion der FDP werbe dafür, gemeinsam
mit den anderen Fraktionen zu einer attraktiveren Ausgestal-
tung der Au-pair-Beschäftigung zu gelangen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, bei der Au-pair-
Beschäftigung gelte es, den Schutzgedanken sowohl für die
Au-pair-Beschäftigten als auch für die Gastfamilien beson-
ders zu beachten. Die Au-pair-Beschäftigten hätten einen
Anspruch darauf, die Kultur und Sprache des Gastlandes
kennenzulernen und nicht als billige Haushaltshilfen aus-
genutzt zu werden. Beachtet werden müsse aber auch der

treuung durch die Au-pair-Beschäftigten hätten. Damit der
Schutzgedanke für beide Seiten ausreichend zum Tragen
komme, müsse an einer Kontrolle etwa durch die Bundes-
agentur für Arbeit unbedingt festgehalten werden. Auch die
vorgeschlagene Anhebung der Altersbegrenzung betrachtet
die Fraktion der CDU/CSU mit Skepsis, da Au-pair-Aufent-
halte eigentlich nach Beendigung der Schulzeit und vor dem
Einstieg in das Berufsleben stattfinden sollten. Kritisch be-
leuchtet werden müsse zudem die Arbeit der Vermittlungs-
agenturen, da es bei der Unterstützung und Betreuung der
Au-pair-Beschäftigten große qualitative Unterschiede gebe.
Was den kulturellen Austausch fördere, sei grundsätzlich zu
begrüßen. Da jedoch der Schutzgedanke im vorliegenden
Antrag zu wenig berücksichtigt sei, werde die Fraktion der
CDU/CSU den Antrag ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. wies darauf hin, sie vermisse in
dem Antrag Vorschläge dazu, wie die wirtschaftliche und
soziale Situation verbessert, wie die Einhaltung von ver-
nünftigen Arbeitsbedingungen sichergestellt und wie eine
bessere gesellschaftliche Teilhabe der Au-pair-Beschäftig-
ten gewährleistet werden könne. Stattdessen konzentriere
sich der Antrag in erster Linie darauf, wie sich Au-pair-Auf-
enthalte möglichst unbürokratisch organisieren ließen. Eine
Au-pair-Tätigkeit könne jedoch nur attraktiv sein, wenn es
sich um eine gute Arbeit handele, bei der die Grenzen zur
Erwerbsarbeit nicht verwischt würden. Dies machten gerade
auch Erfahrungsberichte deutlich, in denen der Missbrauch
von Au-pair-Beschäftigten als billige Haushaltshilfen be-
schrieben werde. Die Antragstellerinnen und Antragsteller
hätten sich dagegen eher von den Interessen der Ver-
mittlungsagenturen leiten lassen, weshalb die Fraktion
DIE LINKE. dem Antrag nicht zustimmen könne.

Die Fraktion der SPD hob die Bedeutung eines europa-
und weltweiten Austausches von jungen Menschen hervor,
der gerade auch in den Familien stattfinden solle. Dabei
dürften jedoch bestimmte Grenzen nicht überschritten
werden, worauf die Vertreterinnen der Fraktionen CDU/
CSU und DIE LINKE. bereits zu Recht hingewiesen hätten.
So müsse dafür Sorge getragen werden, dass bei der Au-
pair-Beschäftigung keine Arbeitsverhältnisse im klassi-
schen Sinne und kein grauer Arbeitsmarkt entstünden. Des-
halb seien die bestehenden Regeln vernünftig. Anschließen
könne man sich dem Vorschlag nach einer intensiveren
Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung für Au-pair-Beschäfti-
gung. Hier sei die Bundesregierung jedoch aus Sicht der
Fraktion der SPD bereits auf einem guten Weg. Der Antrag
werde insgesamt abgelehnt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, das
Ziel des Antrages, mehr Liberalität zu erreichen, sei durch-
aus begrüßenswert. Eine Reihe von Fragen sei in dem An-
trag jedoch nicht geklärt. So sei bereits in der letzten Legis-
laturperiode festgestellt worden, dass rund zwei Drittel der
Au-pair-Beschäftigten aus ehemaligen Ostblockstaaten
stammten. Ein großer Teil dieser vornehmlich jungen
Frauen suche weniger nach neuen Bildungserfahrungen als
vielmehr nach einem regulären Job und betrachtete die Au-
pair-Beschäftigung als eine Möglichkeit zur Verfestigung
des Aufenthaltsstatus. Wenn aus einem kulturellen Aus-
tausch mit Bildungsauftrag eine Ausbeutung als billige
Schutzgedanke gegenüber den Kindern der Gastfamilien,
die ein Anrecht auf eine gute und verantwortungsvolle Be-

Haushaltshilfe zu werden drohe, sei die Politik in der Ver-
antwortung, genauer hinzuschauen. Ohne eine Antwort auf

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/12724

diese Missbrauchsgefahren zu geben und ohne zuvor klare
Qualitätskriterien z. B. im Hinblick auf die Anzahl der
Deutschstunden oder die Höhe des Taschengeldes zu defi-
nieren, könne man einer Ausweitung der Au-pair-Beschäfti-
gung nicht zustimmen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN werde sich deshalb bei der Abstimmung ent-
halten.

Berlin, den 25. März 2009

Michaela Noll
Berichterstatterin

Sönke Rix
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Elke Reinke
Berichterstatterin

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.