BT-Drucksache 16/1255

Auswirkungen der geplanten Föderalismusreform auf die Gleichstellungspolitik im Hochschulbereich

Vom 19. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1255
16. Wahlperiode 19. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Dr. Petra Sitte, Volker Schneider
(Saarbrücken), Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und der Fraktion DIE LINKE.

Auswirkungen der geplanten Föderalismusreform auf die Gleichstellungspolitik
im Hochschulbereich

Mit der Neuordnung der föderalen Zuständigkeiten gibt der Bund einen großen
Teil seiner in Grundgesetz und Hochschulrahmengesetz (HRG) verankerten
Regelungskompetenz im Hochschulbereich ab. Damit ergeben sich auch Ände-
rungen bezüglich der Möglichkeiten der Förderung von Chancengleichheit im
Hochschulbereich.

Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf: Bezogen auf die Studierenden sind
Frauen in den Qualifizierungsphasen der wissenschaftlichen Karriere (Promo-
tion, Habilitation, Juniorprofessur) und unter den an Hochschulen hauptberuf-
lich wissenschaftlich Tätigen geringer als ihre männlichen Kollegen vertreten.
Professuren sind überwiegend männlich besetzt. Auch eine auf das Geschlecht
bezogene ausgeglichene Besetzung von Juniorprofessuren konnte nicht erreicht
werden. Gegenwärtig werden angesichts der in wenigen Jahren erheblich stei-
genden Studienplatznachfrage Überlegungen zur Schaffung neuer Personal-
kategorien speziell zur Abdeckung des Lehrbedarfs angestellt. Es ist zu vermu-
ten, dass sich hier insbesondere Frauen ein neues Beschäftigungsfeld eröffnet.
Dies könnte sich bei Abkopplung von der Forschung als akademische Sack-
gasse und als ein Schritt in Richtung einer Ausdifferenzierung des Beschäfti-
gungssystems in (weibliche) Lehrende und (männliche) Forschende erweisen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie bewertet die Bundesregierung nach der von ihr geforderten Födera-
lismusreform ihren Einfluss auf die Aufrechterhaltung und die Weiter-
entwicklung der gleichstellungspolitischen Standards im Hochschulbe-
reich auf Landes- und Hochschulebene im Vergleich zum derzeitigen
Handlungsspielraum?

b) Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass der bisher im Hoch-
schulrahmengesetz festgehaltene Auftrag zur Sicherung der Geschlech-
tergerechtigkeit (vgl. §§ 3 und 5 HRG) auch nach dem im Zuge der Föde-
ralismusreform geforderten Wegfall der Rahmengesetzgebung bestehen

bleibt?

c) Welche Regelungen und Vereinbarungen mit den Ländern bzw. den
Hochschulen sind diesbezüglich von der Bundesregierung geplant?

2. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung zur Gestaltung der För-
derpraxis nach Auslaufen des Hochschul- und Wissenschaftsprogramms
(HWP) Ende 2006 vor dem Hintergrund, dass zum Teil seitens der Länder

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angekündigt wurde, dass der Bund Bereiche, die explizit der Kompetenz der
Länder unterliegen, nach der geplanten Föderalismusreform finanziell nicht
mehr unterstützen dürfe (vgl. taz vom 18. März 2006) und jetzt schon
beträchtliche länderspezifische Unterschiede in der Ausstattung der jewei-
ligen Bildungssysteme festzustellen sind (vgl. Frankfurter Rundschau vom
6. März 2006)?

3. Inwieweit sieht die Bundesregierung nach Abschluss der von ihr geforderten
Föderalismusreform die Möglichkeit, die Übertragung von Bundesmitteln
an die Länder (etwa im Zuge des geplanten Hochschulpaktes) mit der ver-
bindlichen Auflage einer gleichstellungsbezogenen Zweckbindung zu ver-
knüpfen?

4. a) Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass sich die
Studierendenzahlen in den nächsten Jahren massiv erhöhen, die Option,
Lehrkapazitäten durch die Einstellung von Dozentinnen und Dozenten
auszubauen, und welche geschlechtsspezifischen Implikationen werden
damit aus Sicht der Bundesregierung verbunden sein?

b) Inwieweit befürchtet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund eine
Ausdifferenzierung des Beschäftigungssystems in (weibliche) Lehrende
und (männliche) Forschende?

c) Mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung dieser Entwicklung
entgegentreten?

5. Welche konkreten Planungen hat die Bundesregierung, um sicherzustellen,
dass bei der Verbesserung der Karrieremöglichkeiten für Nachwuchswissen-
schaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler auch den unterschiedlichen
Lebenswirklichkeiten und Interessen von Frauen und Männern Rechnung
getragen wird?

Berlin, den 12. April 2006

Cornelia Hirsch
Dr. Petra Sitte
Volker Schneider (Saarbrücken)
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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