BT-Drucksache 16/12516

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/8409- Effiziente und ökologische Energie- und Wertholzproduktion in Agroforstsystemen ermöglichen - Ökologische Vorteilswirkungen von Agroforstsystemen erforschen

Vom 27. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12516
16. Wahlperiode 27. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Goldmann, Dr. Edmund Peter Geisen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
– Drucksache 16/8409 –

Effiziente und ökologische Energie- und Wertholzproduktion in
Agroforstsystemen ermöglichen – Ökologische Vorteilswirkungen von
Agroforstsystemen erforschen

A. Problem

Die Europäische Union hat im vergangenen Jahr beschlossen, bis 2020 20 Pro-
zent des Primärenergieverbrauchs durch erneuerbare Energien wie Biomasse,
Wind, Photovoltaik zu erzeugen. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik
beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
hat in seinem im November 2007 vorgelegten Gutachten festgestellt, dass die
Verwendung von Hackschnitzeln aus Kurzumtriebsplantagen die mit Abstand
kostengünstigste und effizienteste Möglichkeit der Erzeugung erneuerbarer
Energien auf Biomassebasis ist.

Zur Umsetzung der vorgenannten klimapolitischen Ziele ist die alleinige Nut-
zung von Waldrestholz nicht ausreichend. Kurzumtriebsplantagen oder andere
Formen von Agroforstsystemen bieten eine weitere, bisher in Deutschland noch
wenig genutzte Möglichkeit der Holzproduktion, die enorme ökologische und
ökonomische Vorteile bietet.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/12516 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/8409 abzulehnen.

Berlin, den 18. März 2009

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende

Dr. Hans-Heinrich Jordan
Berichterstatter

Dr. Gerhard Botz
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12516

Bericht der Abgeordneten Dr. Hans-Heinrich Jordan, Dr. Gerhard Botz,
Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm

I. Verfahrensablauf

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/8409 in seiner 161. Sitzung am 9. Mai 2008 beraten und
an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Europäische Union (EU) hat nach Vorstellung des Kli-
maschutzberichts der Vereinten Nationen beschlossen, bis
2020 20 Prozent des Primärenergieverbrauchs durch erneu-
erbare Energien wie Biomasse, Wind und Photovoltaik zu er-
zeugen. Die Bundesregierung hat weiterhin für Deutschland
als verbindliches Ziel eine Minderung der Treibhausgasemis-
sionen um 40 Prozent festgelegt. 2006 Betrug der Anteil
erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch etwa
5,3 Prozent; das 20-Prozent-Ziel der EU bedeutet somit eine
Vervierfachung. Die Bereitstellung der Primärenergie aus
erneuerbaren Energien erfolgte nach Angaben des
Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit zu etwa 75 Prozent aus Biomasse; dabei ist die
energetische Verwertung von Holz mit einem Anteil von
40,1 Prozent von herausragender Bedeutung.

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundes-
ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat in seinem Gutachten „Nutzung von Biomasse
zur Energiegewinnung – Empfehlungen an die Politik“ fest-
gestellt, dass die Vermeidungskosten pro eingesparter Tonne
CO2-Äquivalent und die Vermeidungsleistung pro Tonne
CO2-Äquivalent pro Hektar bei der Verwendung von Hack-
schnitzeln aus Kurzumtriebsplantagen die mit Abstand kos-
tengünstigste und effizienteste Möglichkeit der Erzeugung
erneuerbarer Energien auf Biomassebasis ist. Zur Umset-
zung der vorgenannten klimapolitischen Ziele ist die alleini-
ge Nutzung von Waldrestholz nicht ausreichend. Kurzum-
triebsplantagen oder andere Formen von Agroforstsystemen
bieten eine bisher in Deutschland wenig genutzte Möglich-
keit der Holzproduktion, die enorme ökologische und
ökonomische Vorteile bietet.

Aller Voraussicht nach wird der weltweit steigende Holzbe-
darf auf Dauer nicht rein forstwirtschaftlich in multifunktio-
nalen Wäldern zu decken sein. Schon jetzt sind Pelletheizun-
gen ohne Förderung konkurrenzfähig und tragen zu einer
erhöhten Nachfrage nach Energieholz bei.

Standortangepasste Agroforstsysteme und ihre spezielle
Form der Alley-Cropping-Systeme können betriebswirt-
schaftliche Effizienz und ökologische Vorteilswirkung in
bestmöglicher Form in Einklang bringen. Sie schaffen die
Vorraussetzungen für die Erhöhung bzw. Stabilisierung der
Biodiversität, bieten Erosionsschutz und erhöhen durch ihre
mikroklimatische Vorteilswirkung die Klimaplastizität des
Systems Pflanze-Boden-Mensch.

Da über komplexe Wechselspiele zwischen den Komponen-
ten eines Agroforstsystems und deren Wirkung auf Boden,
Mikroklima und Produktivität unter mitteleuropäischen Ver-
hältnissen bislang nur wenig bekannt ist, besteht gerade im
Hinblick auf den prognostizierten Klimawandel aber auch
im Hinblick auf die ökonomische Bewertung agroforstlicher
Bewirtschaftungssysteme ein erheblicher Forschungsbedarf.

Die Bundesregierung soll daher im Wesentlichen aufgefor-
dert werden,

– das Bundeswaldgesetz zu ändern und im Gesetz den Be-
griff „Agroforstsysteme“ gegenüber dem Begriff „Wald“
klar abzugrenzen, so dass auf langfristige Nutzung ange-
legte Agroforstsysteme nicht zu Wald im Sinne der Bun-
deswaldgesetzes werden,

– Projekte zur Anlage von unterschiedlichen Formen von
Agroforstsystemen zu fördern,

– Forschungen in der Pflanzenzüchtung zu fördern, um
Trockenheitsresistenz und Ertragsmaximierung bei
schnell wachsenden Baumarten zu verbessern,

– eine ökologisch-ökonomische Gesamtbilanz zu Agro-
forstsystemen zu erstellen sowie

– die Anlage von Agroforstsystemen im investiven Bereich
über die ELER-Verordnung (ELER: Europäischer Land-
wirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen
Raums) zu fördern.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 16/8409 in sei-
ner 86. Sitzung am 18. März 2009 beraten und empfiehlt
die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/8409 in
seiner 100. Sitzung am 18. März 2009 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, der Antrag stelle eine
ganze Reihe von interessanten Zusammenhängen dar, deren
Zielrichtung man teilweise auch mit vertrete. Problematisch
sei allerdings, dass ihre Erkenntnisse auch in den Koalitions-
fraktionen der CDU/CSU und SPD weiter gingen als die dar-
gestellten. Man werde zu keiner Novelle des Gesetzes kom-
men. Vielmehr würden bestimmte Punkte ergänzend zum
bestehenden und bewährten Bundeswaldgesetz im Wege
eines Artikelgesetzes dargestellt werden. Den vorliegenden
Antrag lehne man daher ab.

Drucksache 16/12516 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Fraktion der FDP nahm von einer umfangreichen Be-
gründung des Antrags Abstand. In der Sache, dass eine neue
Definition des Waldbegriffs erforderlich sei, sei man sich
inhaltlich einig. Daher bitte man um Zustimmung.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, dass relativ viele For-
derungen der antragstellenden Fraktion auch in ihrem An-
trag enthalten seien. Einige Punkte seien konsensfähig, wes-
halb man eine kleine aber überfällige Novelle des
Bundeswaldgesetzes begrüßen würde. Allerdings sei beim
vorliegenden Antrag problematisch, dass eine CO2-Senke
nur bei einer stofflichen Nutzung von Holz gegeben sei und
nicht bei einer energetischen. Zum anderen werde eine
Betrachtung von Kurzumtriebsplantagen als Ausgleich und
Ersatzmaßnahme dem eigentlichen Anliegen nicht gerecht.
Daher werde man sich der Stimme enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte, dass
die antragstellende Fraktion eine Initiative weiterverfolge,
die man bereits im September 2006 mit dem Antrag zur För-
derung von Agroforstsystemen ergriffen habe. Allerdings
könne man dem vorliegenden Antrag nicht ungeteilt zustim-
men. Dieser sei mit einigen überflüssigen und zweifelhaften
Forderungen angereichert. Falsch sei, Kurzumtriebsplanta-
gen unter Agroforstsysteme zu subsumieren. Kurzumtriebs-
plantagen seien keine Agroforstsysteme im Sinne von Nach-
haltigkeit. Daher müsse in einer Novelle des Bundeswaldge-
setzes eine entsprechende Abgrenzung beider Begriffe
vorgenommen werden. Die Forderung, wonach Modellpro-
jekte zu unterschiedlichen Agroforstsystemen durchgeführt
und gefördert werden müssten, etwa über die europäische
ELER-Verordnung, um Landwirte bei der Auswahl des für
sie geeigneten Systems zu unterstützen, habe man seinerzeit
bereits erhoben. Ferner halte man es für gewagt, u. a. eine
ökologisch-ökonomische Gesamtbilanz zu Agroforstsyste-
men zu fordern. In Ermangelung von Agroforstsystemen in
Deutschland habe diese noch nicht erstellt werden können.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Druck-
sache 16/8409 abzulehnen.

Berlin, den 18. März 2009

Dr. Hans-Heinrich Jordan
Berichterstatter

Dr. Gerhard Botz
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

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