BT-Drucksache 16/12485

zu dem Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll, Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/12292- Sicherheit und Zukunft - Initiative für ein sozial gerechtes Antikrisenprogramm

Vom 26. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12485
16. Wahlperiode 26. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Werner Dreibus, Dr. Barbara Höll,
Dr. Dagmar Enkelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/12292 –

Sicherheit und Zukunft – Initiative für ein sozial gerechtes Antikrisenprogramm

A. Problem

Nach Ansicht der Antragsteller schützt die Bundesregierung die durch die Wirt-
schaftskrise von Arbeitslosigkeit und Armut bedrohten Menschen nicht ausrei-
chend. Die Bundesregierung verschiebe Steuergeld an marode Banken und sen-
ke die Steuern vor allem für Besserverdienende. Für den großen Teil der
Menschen tue sie nichts.

B. Lösung

Der Deutsche Bundestag soll die Bundesregierung nach dem Willen der Antrag-
steller auffordern, Gesetzentwürfe zur Regelung unter anderem folgender Berei-
che vorzulegen:

I. Belegschaften stärken, paritätische Mitbestimmung einführen und Beschäf-
tigte an Unternehmen beteiligen

a) Die paritätische Mitbestimmung sei in allen privaten, öffentlichen und
gemeinwirtschaftlichen Unternehmen ab einer Größe von 500 Beschäf-
tigten einzuführen. Wesentliche Entscheidungen der Unternehmensfüh-
rung, wie die Verlegung von Betrieben, bedürften zwingend der Zustim-
mung des Aufsichtsrates.

b) Flössen staatliche Hilfen an Unternehmen, erhielten die Belegschaften
Eigentumsrechte (Anteile am Unternehmen) in Höhe der staatlichen
Leistungen.

II. Für die zukunftsfähige, sozialökologische Entwicklung industrieller Struk-

turen werde ein mit 100 Mrd. Euro ausgestatteter Zukunftsfonds geschaf-
fen. Der Fonds unterstütze Unternehmen mit Krediten bei der Umstellung
der Produktion auf energie- und rohstoffeffiziente Verfahren und Qualitäts-
produkte.

III. Der Umfang sozialer Dienstleistungen in den Bereichen Familienfürsorge,
Kinderbetreuung, Altenpflege, Bildung, Gesundheit, Sozialwesen und Kul-
tur werde deutlich ausgeweitet.

Drucksache 16/12485 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

IV. Krisenfolgen abfedern – Schutzschirm für Menschen spannen

a) Zusätzlich zum Ausbau des öffentlichen Dienstes würden für 500 000
Menschen öffentlich geförderte Arbeitsplätze geschaffen, die mindes-
tens mit einem Bruttogehalt von 1 400 Euro entlohnt würden.

b) Der Bezug von Arbeitslosengeld I werde verlängert, indem für jedes Jahr
Beitragszahlung ein Anspruch auf einen Monat Arbeitslosengeld entste-
he.

c) Das Arbeitslosengeld II werde auf 435 Euro angehoben. Allen Empfän-
gerinnen und Empfängern von Arbeitslosgeld II stünden dieselben ar-
beitsmarktpolitischen Förderinstrumente zur Verfügung wie den Bezie-
hern von Arbeitslosengeld I.

d) Es werde ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,71 Euro
wie in Frankreich eingeführt.

e) Die wöchentliche Arbeitszeit werde verkürzt.

f) Das Kurzarbeitergeld bei konjunkturellen und saisonalen Auftrags-
schwankungen sowie bei Umstrukturierung von Unternehmen werde auf
80 Prozent vom letzten Lohn erhöht, für Beschäftigte mit unterhaltsbe-
rechtigten Kindern auf 87 Prozent.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht ermittelt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12485

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/12292 abzulehnen.

Berlin, den 25. März 2009

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau) Paul Lehrieder
Vorsitzender Berichterstatter

würden für 500 000 Menschen öffentlich geförderte Fraktion der SPD den Antrag ab.

Arbeitsplätze geschaffen, die mindestens mit einem
Bruttogehalt von 1 400 Euro entlohnt würden.

b) Der Bezug von Arbeitslosengeld I werde verlängert,

Die Fraktion der FDP lehnte den Antrag als abenteuer-
liches Sammelsurium ab. Er zeige allenfalls, wie man eine
Volkswirtschaft ruinieren könne. Die Ideenküche der Frak-
Drucksache 16/12485 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Paul Lehrieder

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/12292 ist in der 212. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. März 2009 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zur
Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Antragsteller schützt die Bundesregierung
die durch die Wirtschaftskrise von Arbeitslosigkeit und Ar-
mut bedrohten Menschen nicht ausreichend. Die Bundes-
regierung verschiebe Steuergeld an marode Banken und sen-
ke die Steuern vor allem für Besserverdienende. Für den
großen Teil der Menschen tue sie nichts. Den Beschäftigten
werde verwehrt, über die Sicherung ihrer Arbeitsplätze mit-
zuentscheiden. Den Arbeitslosen verweigere die Bundes-
regierung die Erhaltung ihres Lebensstandards. Auch unter-
lasse die Bundesregierung alles, um neue Arbeitsplätze zu
schaffen.

Mit mehreren Gesetzentwürfen solle die Bundesregierung
unter anderem folgende Bereiche regeln:

I. Belegschaften stärken, wirkliche paritätische Mitbe-
stimmung einführen und Beschäftigte an Unternehmen
beteiligen

a) Die paritätische Mitbestimmung sei in allen pri-
vaten, öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Un-
ternehmen ab einer Größe von 500 Beschäftigten
einzuführen. Wesentliche Entscheidungen der Un-
ternehmensführung, wie die Verlegung von Betrie-
ben, bedürften zwingend der Zustimmung des Auf-
sichtsrates.

b) Flössen staatliche Hilfen an Unternehmen, erhielten
die Belegschaften Eigentumsrechte (Anteile am Un-
ternehmen) in Höhe der staatlichen Leistungen.

II. Für die zukunftsfähige, sozialökologische Entwicklung
industrieller Strukturen werde ein mit 100 Mrd. Euro
ausgestatteter Zukunftsfonds geschaffen. Der Fonds
unterstütze Unternehmen mit Krediten bei der Umstel-
lung der Produktion auf energie- und rohstoffeffiziente
Verfahren und Qualitätsprodukte.

III. Der Umfang sozialer Dienstleistungen in den Bereichen
Familienfürsorge, Kinderbetreuung, Altenpflege, Bil-
dung, Gesundheit, Sozialwesen und Kultur werde deut-
lich ausgeweitet.

IV. Krisenfolgen abfedern – Schutzschirm für Menschen
spannen

a) Zusätzlich zum Ausbau des öffentlichen Dienstes

c) Das Arbeitslosengeld II werde auf 435 Euro ange-
hoben. Allen Empfängerinnen und Empfängern von
Arbeitslosgeld II stünden dieselben arbeitsmarkt-
politischen Förderinstrumente zur Verfügung wie
den Beziehern von Arbeitslosengeld I.

d) Es werde ein flächendeckender gesetzlicher Min-
destlohn von 8,71 Euro eingeführt.

e) Die wöchentliche Arbeitszeit werde verkürzt.

f) Das Kurzarbeitergeld bei konjunkturellen und saiso-
nalen Auftragsschwankungen sowie bei Umstruktu-
rierung von Unternehmen werde auf 80 Prozent
vom letzten Lohn erhöht, für Beschäftigte mit unter-
haltsberechtigten Kindern auf 87 Prozent.

III. Voten des mitberatenden Ausschusses
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag auf Drucksache 16/12292 in seiner Sitzung am
25. März 2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. dem Deut-
schen Bundestag empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
119. Sitzung am 25. März 2009 den Antrag auf Drucksache
16/12292 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnte den Antrag ab. Er
würde die Krise noch verschärfen, statt sie zu dämpfen, und
eine weitere halbe Million Menschen mit Arbeitslosigkeit
bedrohen. Die Ansiedlung ausländischer Unternehmen in
Deutschland könnte damit wirkungsvoll verhindert werden.
Hier werde ein sozialistischer Blumenstrauß von Wünschen
ohne wirkliche Gegenfinanzierung zusammengestellt.

Die Fraktion der SPD betonte, der Bundestag habe bereits
Mittel für zwei Konjunkturprogramme bereitgestellt und das
Kurzarbeitergeld verlängert. Die Koalitionsfraktionen der
CDU/CSU und SPD hätten gehandelt und die Weichen so ge-
stellt, dass Deutschland die Krise überwinden könne. Die Op-
positionsfraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN machten es sich leicht und setzen mit ihren
Anträgen einfach noch einmal Forderungen oben drauf, die
sie selbst nicht realisieren könnten. Die bereits beschlossenen
Maßnahmen müssten erst einmal Wirkung entfalten, bevor
man neue Maßnahmen beschließe. Aktionismus würde allen-
falls zu weiterer Verunsicherung führen. Daher lehne die
indem für jedes Jahr Beitragszahlung ein Anspruch
auf einen Monat Arbeitslosengeld entstehe.

tion DIE LINKE. verfüge anscheinend über nur wenige Zu-
taten. Das Ganze würde nicht funktionieren.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/12485
Die Fraktion DIE LINKE. warb für ihren Antrag als sozial
gerechtes Antikrisenprogramm. Gerade in der Krise müsse
die betriebliche Mitbestimmung gestärkt werden, besonders
in Schlüsselfragen wie der Verlagerung von Betrieben oder
Kapitalerhöhungen. Diese müssten an den Interessen der Be-
schäftigten ausgerichtet werden. Die Krise müsse auch als
Chance genutzt werden. Daher solle ein Zukunftsfonds unter
anderem für die Beschäftigungssicherung und die Förderung
ökologischer Vorhaben eingerichtet werden. Finanziert wer-
den solle das Ganze über eine Millionärsabgabe in Höhe von
5 Prozent auf Vermögen von über 1 Mio. Euro.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte den An-
trag als Wünsch-dir-was-Programm zur Aussteuerung von
Beschäftigten ab. Die Millionärsabgabe würde nicht einmal
annähernd die aufgelisteten Vorhaben finanzieren. Die von
der Fraktion DIE LINKE. angestrebte Verschiebung von
Entscheidungs- und Eigentumsrechten lehnte die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Über zusätzliche Stellen
im öffentlichen Dienst könne man sprechen. Es sei aber
falsch zuerst festzulegen, dass man eine Million neue Stellen
wolle. Zuerst müsste geklärt werden, welche Aufgaben man
damit erfüllen wolle. Überdies müsse die Fraktion DIE
LINKE. klären, ob sie nun eine oder zwei Millionen Stellen
wolle, wie an anderer Stelle gefordert.

Berlin, den 25. März 2009

Paul Lehrieder
Berichterstatter

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