BT-Drucksache 16/12372

zu demGesetzentwurf der Bundesregierung -16/10995- Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Zivildienstgesetzes und anderer Gesetze (Drittes Zivildienstgesetzänderungsgesetz)

Vom 20. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12372
16. Wahlperiode 20. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(13. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/10995 –

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Zivildienstgesetzes
und anderer Gesetze (Drittes Zivildienstgesetzänderungsgesetz)

A. Problem

Aus dem Pflichtcharakter des Zivildienstes erwächst eine besondere staatliche
Verantwortung gegenüber den Dienstleistenden. Die jungen Männer befinden
sich bei Antritt ihres Zivildienstes meist in einer Umbruchphase zwischen dem
Ende ihrer Schulzeit und dem Beginn ihrer Ausbildung bzw. dem Eintritt ins
Berufsleben. Der Zivildienst soll deshalb mehr noch als bisher als Lerndienst
gestaltet und stärker auf Persönlichkeitsentwicklung und den Qualifikations-
erwerb ausgerichtet werden. Der Gesetzentwurf sieht hierfür eine geänderte
Struktur der Bildungsmaßnahmen und zusätzliche Seminarangebote sowie die
obligatorische Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses vor, welches Infor-
mationen über den Inhalt des Dienstes sowie die Leistungen und erworbenen
Kompetenzen des Dienstleistenden erhält.

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Ablehnung des Gesetzentwurfs.
D. Kosten

Zu den Kosten wird der Haushaltsausschuss gemäß § 96 der Geschäftsordnung
gesondert berichten.

Drucksache 16/12372 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/10995 mit folgenden Maßgaben, im
Übrigen unverändert anzunehmen:

1. In Artikel 1 Nummer 10 wird § 25b Absatz 2 Nummer 1 wie folgt gefasst:

„1. einem einwöchigen Seminar zur Vertiefung der im Dienst erworbenen
persönlichen und sozialen Kompetenzen sowie“.

2. Artikel 4 Nummer 3 wird gestrichen.

3. Artikel 7 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 7
Weitere Änderungen des Zivildienstgesetzes

§ 25b Absatz 1 bis 3 des Zivildienstgesetzes, das zuletzt durch Artikel 1
dieses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Dienstleistenden sind zu Beginn ihrer Dienstzeit in einem ein-
tägigen Seminar über ihre Rechte und Pflichten als Dienstleistende sowie die
ihnen zustehenden Geld- und Sachbezüge zu informieren. Darüber hinaus
sind sie verpflichtet, während ihrer Dienstzeit an

1. einem viertägigen Seminar zur politischen Bildung,

2. einem Seminar zu speziellen Fachthemen, soweit dies erforderlich ist,
und

3. einem einwöchigen Seminar zur Vertiefung der im Dienst erworbenen
persönlichen und sozialen Kompetenzen

teilzunehmen.

(2) Außerdem sind die Dienstleistenden berechtigt, an einem dienstlichen
Erfahrungsaustausch, der ihnen die Gelegenheit gibt, das im Dienst Erlebte
zu reflektieren, teilzunehmen. Das Reflexionsangebot kann einmalig als
dreitägiges Seminar oder dienstbegleitend halb- oder ganztägig in regio-
nalen Gruppen durchgeführt werden.

(3) Mit der Durchführung der in Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 genannten
Seminare sowie der in Absatz 2 genannten Veranstaltungen können Be-
schäftigungsstellen und Verbände, denen Beschäftigungsstellen angehören,
mit ihrem Einverständnis beauftragt werden. Werden Stellen der Länder
beauftragt, handeln diese im Auftrag des Bundes. Die Kosten der Seminare
können in angemessenem Umfang erstattet werden. Das Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann einheitliche Erstattungssätze
festsetzen.“‘

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12372

4. Der bisherige Artikel 7 wird Artikel 8 und wie folgt gefasst:

„Artikel 8
Inkrafttreten

(1) Artikel 1 tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.

(2) Artikel 7 tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.

(3) Im Übrigen tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft.“

Berlin, den 18. März 2009

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Markus Grübel
Berichterstatter

Sönke Rix
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Elke Reinke
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

reflektieren und zu sichern. Dieses Seminar, das im Gesetz-
zember 2008 eine öffentliche Anhörung durchgeführt und
entwurf noch fakultativ vorgesehen war, soll nach den Be-

ratungen im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend ab dem Jahr 2011 zur Verpflichtung werden. Die
schon bisher in besonderen Einsatzkonstellationen abgehal-
tenen Reflexionsseminare sollen künftig Dienstleistenden

dabei folgende Anhörpersonen eingeladen:

Michael Bergmann (Deutscher Caritasverband e. V.), Sven
Frye (Deutscher Bundesjugendring), Dr. Thomas Gericke
(GIB Gesellschaft für Innovationsforschung und Beratung
Drucksache 16/12372 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Markus Grübel, Sönke Rix, Ina Lenke, Elke Reinke und
Kai Gehring

I. Überweisung
Der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/10995 wurde in der
193. Sitzung des Deutschen Bundestages am 4. Dezember
2008 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend zur federführenden Beratung sowie dem Rechts-
ausschuss und dem Verteidigungsausschuss zur Mitbera-
tung überwiesen. Er wurde außerdem in der 210. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 18. März 2009 dem Haus-
haltsausschuss gemäß § 96 der Geschäftsordnung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zielt darauf ab,
den Zivildienst als Lerndienst zu gestalten. Der Zivildienst
vermittele dem Dienstleistenden wichtige soziale Schlüs-
selqualifikationen wie Verantwortungsbereitschaft sowie
Kommunikations- und Teamfähigkeit. Diese Lernprozesse
sollen gesichert und ergänzt werden, um die persönliche
und soziale Kompetenz der Dienstleistenden nachhaltig zu
stärken. Die Zivildienstnovelle verstehe sich gleichfalls als
Baustein zur Förderung des bürgerschaftlichen Engage-
ments.

Wesentliche Änderungen des Gesetzentwurfs sind ein er-
weitertes und flexibler strukturiertes Bildungsangebot und
die Ausstellung eines obligatorischen Dienstzeugnisses, das
die Tätigkeit, die Leistung und die erworbenen Kompeten-
zen des Dienstleistenden dokumentiert. Damit soll die er-
worbene Qualifikation für potenzielle Arbeitgeber deutlich
gemacht werden. Das Dienstzeugnis soll nunmehr obligato-
risch und nicht mehr nur auf Antrag erstellt werden. Die bis-
herigen Einführungslehrgänge werden zu dienstbegleiten-
den Seminaren weiterentwickelt und durch neue Seminar-
angebote ergänzt. Sie gliedern sich in ein eintägiges Semi-
nar über Rechte, Pflichten sowie die zustehenden Geld- und
Sachbezüge und in ein viertägiges Seminar mit Schwer-
punkt auf der politischen Bildung. Außerdem besteht die
Verpflichtung zur Teilnahme an einem Seminar zu speziel-
len Fachthemen, soweit dies erforderlich ist. Bei Zeitpunkt
und Inhalt der Seminare will der Gesetzentwurf zukünftig
eine größere Wahlfreiheit einräumen, um die Abwesenheits-
zeiten besser in den Dienstalltag zu integrieren und die Mo-
tivation der Seminarteilnehmer zu verbessern. Neu konzi-
piert sind ein einwöchiges Seminar zur Förderung sozialer
Kompetenzen sowie ein Reflexionsseminar. Mit dem Semi-
nar zur Förderung sozialer Kompetenzen soll dem Dienst-
leistenden die Möglichkeit gegeben werden, die im Dienst
in dem jeweiligen Einsatzfeld erworbenen sozialen Kompe-
tenzen unter pädagogischer Anleitung zu identifizieren, zu

den hierzu die regelmäßige Teilnahme an einer dienstbeglei-
tenden regionalen Gruppe ermöglichen oder sie für ein vom
Bundesamt bzw. den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege
organisiertes dreitätiges Seminar freistellen.

Der Gesetzentwurf will außerdem die bisherige Praxis ge-
setzlich absichern, wonach sich die Dienstleistenden mit ih-
ren Anregungen und Beschwerden unmittelbar an die Bun-
desbeauftragte bzw. den Bundesbeauftragten für den Zivil-
dienst wenden können, ohne deswegen dienstliche Nachteile
befürchten zu müssen. Neu eingeführt wird darüber hinaus
eine Berichtspflicht der oder des Bundesbeauftragten gegen-
über dem Deutschen Bundestag. Darüber hinaus sieht der
Gesetzentwurf Folgeänderungen, Änderungen aufgrund
höchstrichterlicher Rechtsprechung bzw. redaktionelle An-
passungen im Kriegsdienstverweigerungsgesetz, im Zivil-
dienstvertrauensmann-Gesetz, im Wehrpflichtgesetz und im
Arbeitsplatzschutzgesetz vor.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 129. Sitzung am 18. März
2009 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in geänderter Fassung empfohlen.

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 102. Sitzung
am 18. März 2009 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in geänderter Fassung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss

A. Allgemeiner Teil

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in der Ausschussfassung.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat zu dem Gesetzentwurf in seiner 73. Sitzung am 17. De-
aus allen Einsatzbereichen angeboten werden. Dabei wird
es den Dienststellen freigestellt, ob sie dem Dienstleisten-

mbH), Rainer Hub (Diakonisches Werk der Evangelischen
Kirche in Deutschland e. V.), Dr. Kay Ruge (Deutscher Land-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/12372

kreistag), Monty Schädel (Deutsche Friedensgesellschaft –
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) und Peter Tobiassen
(Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverwei-
gerer).

Bezüglich der Ergebnisse der Anhörung wird auf das Wort-
protokoll der 73. Sitzung verwiesen.

Der Ausschuss hat die Vorlagen sodann in seiner 82. Sit-
zung am 18. März 2009 abschließend beraten.

Hierzu hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen
Änderungsantrag mit dem Vorschlag vorgelegt, § 57 Ab-
satz 1 Nummer 2 des Zivildienstgesetzes (ZDG) zu strei-
chen. Seit Inkrafttreten des Streitkräftereserve-Neuord-
nungsgesetzes vom 22. April 2005 stelle es keine Ord-
nungswidrigkeit mehr dar, wenn ein Wehrpflichtiger der
Aufforderung, sich einer Überprüfungsuntersuchung nach
§ 20b des Wehrpflichtgesetzes zu stellen, nicht Folge leiste.
Der vorliegende Entwurf des Dritten Zivildienstgesetzände-
rungsgesetzes enthalte jedoch keine Änderung der Rege-
lung, wonach ein Zivildienstpflichtiger ordnungswidrig
handele, wenn er „der in § 39 Abs. 2 Satz 1 bestimmten
Pflicht, sich zu einer angeordneten Untersuchung vorzustel-
len und diese zu erdulden, zuwiderhandelt.“ Dies widerspre-
che dem Gleichbehandlungsgebot, weshalb § 57 Absatz 1
Nummer 2 aus dem Zivildienstgesetz zu streichen sei.

Dieser Änderungsantrag wurde mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP abgelehnt.

Außerdem haben die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU
und SPD einen Änderungsantrag vorgelegt, der mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen wurde und Be-
standteil der eingangs wiedergegebenen Beschlussempfeh-
lung ist.

Im Rahmen dieser Ausschussberatungen führte die Frak-
tion der CDU/CSU aus, wesentlicher Inhalt des vorliegen-
den Gesetzentwurfs sei die Weiterentwicklung des Zivil-
dienstes als Lerndienst. Jedes Jahr leisteten rund 90 000
junge Männer ihren Zivildienst ab, und diese jungen Män-
ner stellten für die Gesellschaft ein großes Potenzial dar.
Ziel des Gesetzes sei es, dass sie das durch ihre Tätigkeit an
den Einsatzstellen erworbene Wissen auch theoretisch ver-
tieften. Dieses solle insbesondere durch ein zusätzliches
einwöchiges Seminar zur Förderung der persönlichen und
sozialen Kompetenzen erreicht werden. Außerdem sehe der
Gesetzentwurf einen einheitlichen verbindlichen Informa-
tionstag zu Dienstbeginn, ein viertägiges Seminar zur politi-
schen Bildung und, soweit erforderlich, ein Seminar zu spe-
ziellen Fachthemen vor und biete darüber hinaus optional
die Möglichkeit eines zusätzlichen dienstlichen Erfahrungs-
austauschs zur Reflexion. Weiterhin müsse künftig ver-
pflichtend ein qualifiziertes Dienstzeugnis ausgestellt wer-
den. Neu eingeführt werde eine Berichtspflicht des bzw. der
Bundesbeauftragten für den Zivildienst gegenüber dem
Deutschen Bundestag. Darüber hinaus enthalte der Gesetz-
entwurf Folgeänderungen, Änderungen aufgrund höchst-
richterlicher Rechtsprechung bzw. redaktionelle Anpassun-
gen, insbesondere zur geschlechtergerechten Fassung, im

Der Vertreter der Fraktion der CDU/CSU erläuterte außer-
dem, man habe auch eine administrative Lösung gefunden,
die in Fällen eines Freiwilligen Jahres nach § 14c des Zivil-
dienstgesetzes eine Umsatzsteuerpflicht weitgehend ver-
meide. Die Regelung in § 11 Absatz 2 des Jugendfreiwilli-
gendienstegesetzes sei auch mit § 14c des Zivildienstgeset-
zes vereinbar, so dass entsprechende Verträge auch für den
Freiwilligendienst anerkannter Kriegsdienstverweigerer ge-
schlossen werden könnten. Eine gesetzliche Grundlage für
die freiwillige Verlängerung des Zivildienstes werde aller-
dings nicht geschaffen. Die Fraktion der CDU/CSU be-
dauere dies und hätte den Zivildienstleistenden gerne die
Möglichkeit eröffnet, entsprechend der für Wehrdienstleis-
tende geltenden Regelungen den Zivildienst freiwillig ver-
längern zu können und während dieser Phase einen abge-
sicherten sozialen Status zu haben. Die Praxis behelfe sich
hier teilweise mit Praktikumsverträgen, teilweise mit ge-
ringfügiger Beschäftigung oder anderen Lösungen. Zu die-
ser Problematik habe sich jedoch zwischen den Koalitions-
partnern keine Übereinstimmung herstellen lassen.

Die Fraktion der FDP informierte vorab, ihre Fraktion
werde zur abschließenden Beratung im Plenum noch einen
Entschließungsantrag vorlegen. Sie führte sodann aus, zu-
treffend sei soeben darauf hingewiesen worden, dass in
jedem Jahr fast 90 000 junge Männer durch ihre Tätigkeit in
den Einsatzstellen lernten. Die Frage sei allerdings, ob die-
ses Lernen tatsächlich in einem „Lerndienst“ geschehen
müsse, der ein Pflichtdienst sei. Aus Sicht der Fraktion der
FDP sollten die Wehrpflicht ausgesetzt und demgegenüber
das Freiwillige Soziale Jahr und das Freiwillige Ökologi-
sche Jahr so ausgebaut werden, dass alle jungen Menschen,
die ein Interesse daran hätten, ein solches Jahr ableisten
könnten. Dieser Ausschuss stehe in der Verantwortung für
die Chancengerechtigkeit von Jugendlichen. Gerade in der
derzeitigen Situation würden die jungen Männer auf
dem Ausbildungsmarkt benötigt und hätten dort beste Chan-
cen.

Die Fraktion der FDP lehnte sodann einen freiwillig ver-
längerten Zivildienst ab, denn dies sei eine Vermischung
zwischen Pflichtdienst und einer ganz normalen sozialver-
sicherungspflichtigen Tätigkeit. Statt weiterhin diese Über-
legungen zu verfolgen, sollte das Bundesministerium mehr
über die fast unbekannte Möglichkeit informieren, den
Zivildienst in zeitlich getrennten Abschnitten abzuleisten.
Die zeitliche Lücke zwischen dem Ende des Zivildienstes
und dem Beginn einer Ausbildung zu überbrücken, sei be-
reits heute möglich. Im Zivildienstgesetz regle § 24 Ab-
satz 2 die Möglichkeit des abschnittsweisen Zivildiensts,
wovon der erste Abschnitt sechs Monate dauern würde. Die
restlichen drei Monate könnten dann zu einem späteren
Zeitpunkt nachgeholt werden. Insgesamt schaffe es der vor-
liegende Gesetzentwurf weder den Zivildienst zu einem
Lerndienst auszubauen noch die mögliche zeitliche Kluft
zwischen Beendigung des Zivildienstes und der Aufnahme
eines Studiums oder einer anderen Ausbildung zu schließen.
Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen der CDU/
CSU und SPD verbessere den Entwurf, aber die Änderun-
gen seien nicht ausreichend, um von einem Lerndienst spre-
chen zu können.
Zivildienst-, Kriegsdienstverweigerungs-, Zivildienstver-
trauensmann-, Wehrpflicht- und Arbeitsplatzschutzgesetz.

Die Fraktion der SPD bemerkte, Gegenstand des vor-
liegenden Gesetzentwurfs sei weder die Abschaffung bzw.

Drucksache 16/12372 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beibehaltung der Wehrpflicht noch die sogenannte frei-
willige Verlängerung des Zivildienstes. Derzeit gebe es
keine politische Mehrheit für die Abschaffung dieses
Pflichtdienstes, weshalb es Ansatz der Sozialdemokraten
sei, den Zivildienst so sinnvoll wie möglich für die jungen
Männer und auch für die Gesellschaft zu organisieren und
zu gestalten. Dieser Gesetzentwurf habe in seiner Ent-
stehung einen intensiven Prozess der Beratung unter Einbe-
ziehung vieler Fachorganisationen und Betroffener durch-
laufen. Das nun vorliegende Ergebnis unter Berücksichti-
gung des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen werde
den Zivildienst zu einem wirklichen Lerndienst machen.
Bereits das geltende Recht biete Zivildienstleistenden die
Möglichkeit, neben ihrer Tätigkeit in den Einsatzstellen
auch an Seminaren und Fortbildungsveranstaltungen teilzu-
nehmen. Der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und SPD erfordere es jedoch, hier mehr Ver-
bindlichkeit zu schaffen. Dies werde insbesondere durch
den Änderungsantrag der Koalition noch einmal hervorge-
hoben. Neben dem Informationstag, dem Seminar zur politi-
schen Bildung und dem Seminar zu speziellen Fachthemen,
die bereits im Gesetzentwurf als obligatorisch vorgesehen
seien, solle ab dem Jahr 2011 auch das Seminar zur Vertie-
fung der im Dienst erworbenen persönlichen und sozialen
Kompetenzen als Verpflichtung ausgestaltet werden. Damit
komme man der zentralen Forderung der Fachverbände aus
der Anhörung nach.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, wenn der Zivildienst
besser auf Persönlichkeitsentwicklung und Qualifikations-
erwerb ausgerichtet werden solle, sei allerdings zu fragen,
warum im Einzelplan 17 gleichzeitig die Mittel für Lern-
dienstprojekte von 750 000 Euro im Jahr 2008 auf 250 000
Euro im Jahr 2009 mehr als halbiert und darüber hinaus im
letzten Jahr mehrere Zivildienstschulen geschlossen worden
seien. Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. müsse auch die
Benachteiligung von Wehrdienstverweigerern bei der Ein-
berufung unverzüglich beendet werden. Es könne nicht sein,
dass mehr Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst als
Wehrpflichtige zum Wehrdienst einberufen würden. Weiter-
hin werde durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Ände-
rungen des Arbeitsplatzschutzgesetzes nicht das Problem
gelöst, dass junge Männer in befristeten Arbeitsverhältnis-
sen infolge der Ableistung von Wehr- und Zivildienst oft-
mals direkt in die Erwerbslosigkeit rutschten. Viele Wehr-
pflichtige hätten zu Recht darauf hingewiesen, dass Arbeit-
geber die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnis-
ses oder die Übernahme des Wehrpflichtigen ablehnten,
wenn die Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes noch be-
vorstehe. Die Fraktion DIE LINKE. lehne den Wehrdienst
ab und fordere eine Umwandlung des Zivildienstes. Es
müsse eine echte Offensive für Jugendfreiwilligendienste
mit einer Verdoppelung der zur Verfügung stehenden Plätze
entwickelt werden, damit alle Freiwilligen einen Dienst ab-
leisten könnten, die dies wollen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, mit
dem Dritten Zivildienständerungsgesetz werde das im Koa-
litionsvertrag angekündigte und vereinbarte Ziel, den Zivil-
dienst tatsächlich zu einem Lerndienst umzuwandeln, kaum
erreicht. Es sei sicherlich ein Fortschritt, dass die Zivil-

benen Schlüsselqualifikationen auch dokumentiert würden.
Ein zentrales Element eines tatsächlichen Lerndienstes
müsste jedoch die verpflichtende Teilnahme für alle Zivil-
dienstleistenden an einer angemessenen Zahl von Bildungs-
tagen sein. Für die allermeisten Zivildienstleistenden bleibe
es weitgehend bei dem Prinzip des „Learning by Doing“.
Auch vor dem Hintergrund der Schließung von Zivildienst-
schulen und der Kürzung von Haushaltsmitteln für Lehr-
gänge in den vergangenen Jahren könne nicht wirklich von
einer Umgestaltung zu einem Lerndienst gesprochen wer-
den. Zu kritisieren sei weiterhin die fehlende Rechtssicher-
heit für die Träger und Einsatzstellen im Hinblick auf das
Freiwillige Jahr nach § 14c des Zivildienstgesetzes. Die
Änderungsforderungen des Bundesrates und der Verbände
seien im Gesetzgebungsverfahren leider ignoriert worden.
Darüber hinaus versäume es die große Koalition, die
friedensethische Dimension des Zivildienstes zu stärken
und auch, die nach wie vor bestehende eklatante Wehr-
ungerechtigkeit zu beseitigen. Langfristig strebe die Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Ausstieg aus der
Wehrpflicht und eine Umwandlung des Zivildienstes an,
wozu eine Verdoppelung der Freiwilligendienstplätze er-
forderlich sei. Positiv anzumerken sei, dass die Koalition
nach den Protesten von Verbänden und der Opposition die
unnötige und falsche Verlängerungsoption beim Zivildienst
nicht mehr verfolge.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte so-
dann, bei einer genauen Analyse sei aufgefallen, dass es seit
Inkrafttreten des Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetzes
im Jahre 2005 keine Ordnungswidrigkeit mehr darstelle,
wenn ein Wehrpflichtiger der Aufforderung zu einer Über-
prüfungsuntersuchung nach dem Wehrpflichtgesetz nicht
Folge leiste. Für Zivildienstleistende und Zivildienstpflich-
tige sei es dagegen weiterhin ordnungswidrig, sich einer
angeordneten Untersuchung zu entziehen. Dies widerspre-
che dem Gleichbehandlungsgebot, so dass die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag mit
dem Vorschlag vorgelegt hätten, § 57 Absatz 1 Nummer 2
aus dem Zivildienstgesetz zu streichen. Der Änderungsan-
trag der Koalition schließlich ziele in die richtige Richtung,
gehe aber nicht weit genug. Es sei in sich widersprüchlich,
wenn man bei den speziellen Fachthemen einerseits eine
Verpflichtung der Zivildienstleistenden vorsehe, diese aber
gleichzeitig mit der Formulierung „soweit dies erforderlich
ist“ ad absurdum führe.

Der Vertreter der Bundesregierung bewertete dieses
Zivildienstgesetzänderungsgesetz in mehrfacher Hinsicht
als einen großen Fortschritt. Dies gelte zum einen im Hin-
blick auf das Selbstverständnis des Zivildienstes, der nicht
mehr als Notlösung angesehen werde, sondern einen eige-
nen Charakter habe. Darüber hinaus bedeute es auch gleich-
stellungspolitisch einen Fortschritt, denn man wisse aus
Untersuchungen, dass der Zivildienst für die männlichen
Jugendlichen neue Berufsfelder eröffne. Wenn beispiels-
weise ein Schlosser oder ein Kfz-Mechaniker in einem
Altenheim gearbeitet habe, werde er vielleicht dieses Be-
rufsfeld für sich entdecken. Es sei allerdings auch aus Sicht
des Bundesministeriums bedauerlich, dass keine Grundlage
dienstleistenden in Zukunft für ihre Tätigkeit ein qualifizier-
tes Zeugnis bekämen, weil damit die in dem Dienst erwor-

für eine freiwillige Verlängerung des Dienstes geschaffen
werde. Diese Option wäre jugendpolitisch sinnvoll gewesen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/12372

und aus durchgeführten Umfragen wisse man, dass die
Jugendlichen dieses begrüßt hätten.

B. Besonderer Teil –
Ausschussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes

zur Änderung des Zivildienstgesetzes
(Drittes Zivildienstgesetzänderungsgesetz)

Soweit die Bestimmungen des Gesetzentwurfs unverändert
übernommen wurden, wird auf deren Begründung ver-
wiesen.

Zu den im Ausschuss vorgenommenen Änderungen ist Fol-
gendes zu bemerken:

Zu Nummer 1 (§ 25b Absatz 2 Nummer 1 ZDG)

Die geänderte Seminarbezeichnung verdeutlicht den Zweck
der Fortbildungsveranstaltung. Die Gestaltung des Zivil-
dienstes als Lerndienst fördert sowohl die sozialen als auch
die persönlichen Kompetenzen des Zivildienstleistenden. In
diesen neuen Seminaren sollen die im Dienstalltag erworbe-

nen Kompetenzen identifiziert, reflektiert und gesichert
werden.

Zu Nummer 2 (§ 29 Absatz 2 Wehrpflichtgesetz)

Wehrdienstleistende, bei denen eine Wiederherstellung der
Dienstfähigkeit während der Wehrdienstzeit nicht zu er-
warten ist, sollen auch weiterhin nur auf ihren entsprechen-
den Antrag aus dem Wehrdienst entlassen werden.

Zu Nummer 3 (§ 25b ZDG)

Der neu eingefügte Artikel 7 enthält eine materielle Rege-
lung: Ab dem 1. Januar 2011 sollen die ab dem 1. Januar
2010 angebotenen Seminare zur Vertiefung der im Dienst
erworbenen persönlichen und sozialen Kompetenzen wie
alle in § 25b Absatz 1 genannten Seminare für alle Zivil-
dienstleistenden verpflichtend sein.

Zu Nummer 4 (Inkrafttreten)

Der neue Artikel 8 sieht ein gestaffeltes Inkrafttreten der
Änderungen des Zivildienstgesetzes vor.

Berlin, den 18. März 2009

Markus Grübel
Berichterstatter

Sönke Rix
Berichterstatter

Ina Lenke
Berichterstatterin

Elke Reinke
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

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