BT-Drucksache 16/12329

Waffenfunde bei Rechtsextremen

Vom 16. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12329
16. Wahlperiode 16. 03. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Kersten Naumann, Petra Pau
und der Fraktion DIE LINKE.

Waffenfunde bei Rechtsextremen

Immer wieder kommt es bei Rechtsextremen und Neonazis zu Waffenfunden.
So fand die Polizei im Oktober 2007 im Haus des NPD-Bundesvorstandsmit-
glieds T. H. im thüringischen Fretterode (Eichsfeld) eine israelische Maschinen-
pistole Marke Uzi, eine halbautomatische Pistole und einen Schlagring (Neues
Deutschland, 2. März 2003). Eine Pistole und weitere Waffen wurden bei einem
Mann gefunden, der Anfang März 2009 auf dem Weimarer Hauptfriedhof nach
mehreren „Sieg Heil“-Rufen festgenommen wurde (Freies Wort, 2. März 2009).
Gegenüber „SPIEGEL ONLINE“ behauptete ein ehemaliger NPD-Funktionär,
in der Parteizentrale in Jena habe es auch einen „Raum mit Waffen“ gegeben
(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,609449,00.html).

Insbesondere in Südniedersachsen häuften sich in den letzten Monaten Waffen-
funde bei Rechtsextremen. Bei Razzien gegen mutmaßliche Angehörige der
neonazistischen „Kameradschaft Einbeck“ im November 2008 wurden unter
anderem eine kroatische Maschinenpistole, ein Gewehr mit Zielvorrichtung und
Schalldämpfer, eine Pistole, eine abgesägte Schrotflinte und 450 Schuss Muni-
tion von der Polizei beschlagnahmt. Zuvor hatte es eine Auseinandersetzung von
fünf Rechtsextremen mit anderen Besuchern einer Stripteasebar gegeben, in
deren Verlauf der Anführer der Kameradschaft, ein früherer Aktivist der verbo-
tenen „Freiheitlichen Arbeiterpartei“ FAP, mit einer Pumpgun geschossen hatte.
Später warfen die Neonazis Molotow-Cocktails auf das Gebäude mit dem
Nachtclub (Neues Deutschland, 2. März 2003).

Während der Weihnachtstage 2008 stellte die Celler Polizei im Umfeld einer
von Rechtsextremen auf dem Anwesen eines NPD-Mitgliedes in der Lüneburger
Heide begangenen so genannten Sonnenwendfeier ein G3-Sturmgewehr, eine
Kleinkaliberwaffe und Munition sicher (www.taz.de, 29. Dezember 2008). Bei
einer Großrazzia in den Wohnungen von 30 Rechtsextremisten wurden im Ja-
nuar 2009 zahlreiche Waffen, darunter Karabiner, Pistolen und Maschinenge-
wehrmunition, gefunden. Es habe sich erneut die Befürchtung bestätigt, dass die
Rechten im Süden Niedersachsens bewaffnet sind, erklärte der Göttinger Poli-
zeipräsident Hans Wargel. In jeder zweiten durchsuchten Wohnung seien Waf-
fen entdeckt worden. Die Schusswaffen seien zwar nicht alle scharf. Zum Teil

ließen sich die zugeschweißten Läufe aber schnell auswechseln (www.stern.de,
21. Januar 2009).

Den Umgang mit Waffen trainieren Neonazis unter anderem bei so genannten
Wehrsportübungen. Neonazis sollen sich laut der Celler Polizei im vergangenen
Jahr am Kalker-See zwischen Winsen und Wietze zu wehrsportlichen Übungen
getroffen haben. Anführer der Wehrsportübungen soll ein ehemaliger Bundes-
wehrsoldat sein, der in der Vergangenheit bereits wegen Verstößen gegen das

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Waffen- und Sprengstoffgesetz aufgefallen sei (http://www.redok.de/content/
view/1277/36/). Solche Wehrsportübungen schon für Kinder und Jugendliche
organisiert die „Heimattreue Deutsche Jugend“ (http://www.welt.de/muenchen/
article2263904/Braune-Kaderschmiede-tarnt-sich-als-Bastelstunde.html).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Waffenfunde gab es in den Jahren 2007 und 2008 bei Rechts-
extremisten und Neonazis (bitte nach Art der Waffen aufschlüsseln)?

2. Bei Angehörigen welcher rechtsextremen Gruppierungen oder Spektren
kam es zu Waffenfunden (z. B. Kameradschaften, Autonome Nationalisten,
NPD, Naziskinheads)?

3. Bei wie vielen Überfällen und Gewalttaten von Rechtsextremisten kamen
Waffen zum Einsatz, und welcher Art waren diese Waffen?

4. Wie viele Verstöße gegen das Waffengesetz oder das Kriegswaffenkontroll-
gesetz durch Rechtsextreme wurden der Bundesregierung für die Jahre
2007 und 2008 bekannt?

5. Auf welche Weise beschaffen sich Rechtsextreme nach Kenntnis der Bun-
desregierung legale und illegale Waffen?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwicklung von
Rechtsextremisten in den Waffenhandel?

7. Inwieweit bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte deutscher
Rechtsextremer zu paramilitärischen und bewaffneten Gruppierungen im
Ausland?

a) Um welche Gruppierungen handelt es sich dabei?

b) Welcher Art sind diese Kontakte?

8. Wann, wie oft und wo haben deutsche Rechtsextremisten an Wehrsport-
übungen oder paramilitärischen Camps im In- und Ausland teilgenommen,
und welchen Gruppierungen gehörten die teilnehmenden Rechtsextremis-
ten an?

9. Welche Rolle spielen heute nach Kenntnis der Bundesregierung ehemalige
deutsche Söldner, die in Jugoslawien gekämpft haben, in der deutschen
rechtsextremen Szene insbesondere im Hinblick auf Waffenbeschaffung
und Ausbildung im Waffengebrauch?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Verflechtungen von
rechtsextremen Strukturen in Unternehmen der Sicherheitsbranche und der
sogenannten Türsteherszene?

11. Wie viele Funktionäre und Mandatsträger der NPD und der DVU haben
nach Kenntnis der Bundesregierung einen Waffenschein?

12. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Trend der rechtsextremen Szene
zur Bewaffnung?

13. Wie viele und welche Brandanschläge und sonstige gewaltsamen Aktionen
mutmaßlicher Rechtsextremisten auf Büros, Wohnungen und Fahrzeuge in
den Jahren 2007 und 2008 sind der Bundesregierung bekannt?

a) Welcher Schaden entstand durch diese Anschläge?

b) In wie vielen Fällen kamen durch solche Anschläge Menschen zu Scha-
den bzw. war eine Gefährdung nicht auszuschließen?

c) Wie viele NPD-Mitglieder waren wie oft in solche Anschläge verwi-

ckelt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12329

14. Inwieweit hält die Bundesregierung Brandanschläge und sonstige Gewalt-
taten gegen politische Gegner für eine generelle Strategie der rechtsextre-
men Szene?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Herausbildung rechts-
terroristischer Strukturen in Deutschland?

16. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass Waffenfunde
bei Rechtsextremisten eine Angelegenheit ist, die über die Zuständigkeit
der Landesbehörden weit hinausgeht und von der Bundesregierung genau-
estens registriert werden muss, und welche Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung daraus?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Herkunft und Vertriebs-
wege von bei Rechtsextremisten aufgefundenen Schusswaffen, insbeson-
dere G3- und andere Waffen der Firma Heckler & Koch?

a) Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um die Her-
kunft dieser Schusswaffen aufzuklären?

b) Gehört dazu auch die Inspektion der Seriennummern?

18. Kann die Bundesregierung die in der Vorbemerkung genannte Meldung be-
stätigen, Anführer einer Wehrsportgruppe am Kalker-See sei ein ehemaliger
Bundeswehrsoldat gewesen, und wenn ja, welchen Dienstrang hat dieser
Soldat zuletzt bekleidet?

Berlin, den 12. März 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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