BT-Drucksache 16/1223

Wiedereinreise von Murat Kurnaz nach Deutschland

Vom 7. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1223
16. Wahlperiode 07. 04. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dagdelen und der Fraktion DIE LINKE.

Wiedereinreise von Murat Kurnaz nach Deutschland

Der bis zu seiner Verhaftung in Pakistan und Verbringung nach Guantanamo
im Jahr 2002 in Bremen aufhältige Murat Kurnaz befindet sich noch immer im
US-Gefangenenlager in Guantanamo. Nach Informationen des „SPIEGEL“
(27. März 2006) scheint es, dass eine Ausreise von Murat Kurnaz bereits
Ende 2002 möglich und von US-Seite sogar geplant gewesen sei. Diese habe
mit Unverständnis auf das Verhalten der Bundesregierung reagiert, sei diese
Freilassung doch als Zeichen der guten Zusammenarbeit mit den deutschen
Behörden geplant gewesen. Bereits im Vorfeld hatte der Bundesanwalt die
Übernahme des Verfahrens gegen Murat Kurnaz abgelehnt, da kein Anfangs-
verdacht wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegeben sei. Auch die
Staatsanwaltschaft Bremen habe zu dieser Zeit (Ende 2002) das Verfahren ge-
gen Murat Kurnaz eingestellt. Dennoch wurde im Mai 2004 das Aufenthalts-
recht von Murat Kurnaz aufgehoben. Inzwischen, so der „SPIEGEL“ vom
27. März 2006, sei die Wiedereinreise von Murat Kurnaz nach Deutschland
wieder möglich, werde allerdings von US-Seite an Bedingungen geknüpft.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat sich die Bundesregierung am 29. Oktober 2002 dafür entschieden, dass
Murat Kurnaz eine Einreiseverweigerung für Deutschland ausgesprochen
werden solle, und wenn ja, aus welchen Gründen?

2. a) Gab es, wie im „SPIEGEL“ vom 27. März 2006 berichtet, im Oktober
2002 Überlegungen, Murat Kurnaz als Informant anzuwerben, und steht
die Ablehnung dieses Ansinnens in Zusammenhang mit der in Frage 1
genannten Entscheidung?

b) Falls Murat Kurnaz als Informant geworben werden sollte, welche Argu-
mente führten zu diesen Überlegungen, und hatten die deutschen Beam-
ten bei ihrem Besuch in Guantanamo den Eindruck, Murat Kurnaz könne
sich unter den dortigen Haftbedingungen frei zu einer solchen Informan-
tentätigkeit entschließen?

3. Wie begründete die Bundesregierung ihre Entscheidung vom 12. Mai 2004,
dass ein Aufenthaltsrecht von Murat Kurnaz nicht mehr bestehe und er im

Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausge-
schrieben werden solle, die inzwischen vom VG Bremen rechtskräftig auf-
gehoben wurde?

Drucksache 16/1223 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Hat die Bundesregierung Kenntnis von weiteren Fällen, in denen aufgrund
von Verdächtigungen und Anschuldigungen im Zusammenhang mit einem
„Terrorismus“-Verdacht Ausländerinnen und Ausländern mit einem dauer-
haften Aufenthaltsrecht die Wiedereinreise verweigert wurde, und um wel-
che Fälle handelt es sich (bitte Fälle ab 2001)?

5. Zu welchem Zeitpunkt ist nach dem Urteil des VG Bremen und der Lö-
schung der SIS-Ausschreibung mit einer Wiedereinreise von Murat Kurnaz
zu rechnen?

6. Welche Bedingungen sind von Seiten der US-Regierung oder sie vertreten-
den Stellen konkret an eine Ausreise von Murat Kurnaz geknüpft worden,
und wie verhält sich die Bundesregierung zu diesen Bedingungen?

7. Plant die Bundesregierung oder die Freie Hansestadt Bremen, dem Betroffe-
nen und seiner Familie Angebote zur psychosozialen Betreuung zu machen,
um ihm nach viereinhalb Jahren im Lager in Guantanamo die Reintegration
zu erleichtern?

Berlin, den 6. April 2006

Ulla Jelpke
Sevim Dagdelen
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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