BT-Drucksache 16/12201

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Miriam Gruß, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/9433- Existenz von Kindern sichern - Familien stärken 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/9028- Kein Kind zurücklassen - Programm gegen Kinderarmut auf den Weg bringen 3. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/10257- Bessere Unterstützung für Alleinerziehende

Vom 9. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12201
16. Wahlperiode 09. 03. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Miriam Gruß, Sibylle Laurischk, Ina Lenke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/9433 –

Existenz von Kindern sichern – Familien stärken

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Markus Kurth, Brigitte Pothmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/9028 –

Kein Kind zurücklassen – Programm gegen Kinderarmut auf den Weg bringen

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Irmingard Schewe-Gerigk,
Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/10257 –

Bessere Unterstützung für Alleinerziehende

A. Problem

Die Anträge auf Drucksachen 16/9433 und 16/9028 beklagen das hohe Ausmaß
von Kinderarmut in Deutschland. Insgesamt lebten 2,4 Millionen bzw. über 2,5
Millionen Kinder in Deutschland in Haushalten unterhalb von 60 Prozent des
gewichteten Meridianeinkommens bzw. auf dem Niveau der Sozialhilfe. Die

Armutsrisikoquote bei Kindern unter 18 Jahren liege bei 17,3 Prozent. Ein-
elternfamilien, Familien mit Migrationshintergrund, Familien mit mehr als drei
Kindern, Familien mit erwerbslosen Eltern und Familien mit Eltern, die über
einen niedrigen Bildungsabschluss verfügten, seien überproportional von Armut
betroffen. Der Antrag auf Drucksache 16/10257 weist auf die Situation von
Alleinerziehenden hin, die insbesondere durch das geltende Steuerrecht und am
Arbeitsmarkt benachteiligt seien. Auch dieser Antrag betont, dass Alleinerzie-

Drucksache 16/12201 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

hende und ihre Kinder überproportional von Armut betroffen bzw. bedroht
seien. Alle Anträge enthalten Kataloge mit Maßnahmen zur Verbesserung der
Situation.

B. Lösung

1. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/9433 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

2. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/9028 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE.

3. Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/10257 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme der Anträge.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12201

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 16/9433 abzulehnen,

2. den Antrag auf Drucksache 16/9028 abzulehnen,

3. den Antrag auf Drucksache 16/10257 abzulehnen.

Berlin, den 2. März 2009

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Wolfgang Spanier
Berichterstatter

Miriam Gruß
Berichterstatterin

Diana Golze
Berichterstatterin

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

zur Subjektförderung durch die Einführung von Bil-
gehend den Bildungserfolg der Kinder bestimme, verfestig-
ten sich Armutslagen und drohten, sich über Generationen zu
dungs- und Betreuungsgutscheinen einzusetzen,

– im Sinne der Chancengerechtigkeit sowie der Wahlfrei-
heit der Eltern gemeinsam mit Ländern und Kommunen
weiter auf einen zügigen Ausbau eines qualitativ hoch-

vererben. Kinder, die in Armut lebten, seien vielfältigen For-
men der Benachteiligung ausgesetzt. Es müsse jedoch jedes
Kind jeglicher Herkunft die Möglichkeit haben, unversehrt
und selbstbestimmt aufzuwachsen und seine Potenziale zu
Drucksache 16/12201 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ingrid Fischbach, Wolfgang Spanier,
Miriam Gruß, Diana Golze und Ekin Deligöz

I. Überweisung der Vorlagen
Der Antrag auf Drucksache 16/9433 wurde in der 166. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2008 dem Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur allei-
nigen Beratung überwiesen.

Der Antrag auf Drucksache 16/9028 wurde in der 166. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 5. Juni 2008 dem Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur feder-
führenden Beratung sowie dem Ausschuss für Arbeit und
Soziales und dem Ausschuss für Gesundheit zur Mitbera-
tung überwiesen.

Der Antrag auf Drucksache 16/10257 wurde in der 180. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 26. September 2008
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
zur federführenden Beratung sowie dem Finanzausschuss,
dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales und dem
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
1. Antrag auf Drucksache 16/9433

Der Antrag betont, die Zukunftsfähigkeit unserer Gesell-
schaft hänge von einer bewusst gestalteten Politik für Kinder
und Jugendliche ab. Es sei Aufgabe und Verantwortung der
Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen ein beschütztes
Aufwachsen und eine Lebensperspektive zu ermöglichen.
Kinderarmut sei nicht nur ein individuelles, sondern ein ge-
sellschaftliches Problem. Nach dem Dritten Armuts- und
Reichtumsbericht des Bundesministers für Arbeit und Sozia-
les gälten 13 Prozent der Menschen in Deutschland als arm;
ca. 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche in 1,4 Millionen
Haushalten in Deutschland verfügten über ein Einkommen,
das unterhalb von 60 Prozent des gewichteten Meridianein-
kommens liege.

Der Antrag fordert die Bundesregierung auf,

– ein Gesamtkonzept vorzulegen, wie der Kinderarmut ge-
meinsam mit den Bundesländern und Kommunen wirk-
sam entgegengewirkt werden könne,

– sich bei den Bundesländern für die Einführung von ver-
bindlichen Sprachstandserhebungen zwischen dem drit-
ten und vierten Lebensjahr einzusetzen und dafür zu wer-
ben, dass Kinder mit entsprechenden Defiziten angemes-
sen gefördert würden,

– sich im Rahmen der Kinderbetreuung gemeinsam mit
den Bundesländern für einen Übergang von der Objekt-

vatgewerblichen Anbietern der Kindertagesbetreuung
hinzuwirken,

– Maßnahmen einzuleiten, um die Forschung zu Kindheit,
Bindung und Bildung und von zu guter und zu Freiheit
und Verantwortung befähigender Erziehung zu inten-
sivieren und entsprechende Befragungsinstrumente für
Kinder weiterzuentwickeln,

– in einem ersten Schritt zum 1. Januar 2009 Kindergeld
und Kinderfreibeträge zu erhöhen und im Zusammen-
hang mit einer großen Steuerreform das Kindergeld zum
1. Januar 2010 auf 200 Euro zu erhöhen, einen Grund-
freibetrag von 8 000 Euro für Kinder und Erwachsene
einzuführen sowie eine steuerliche Berücksichtigung von
Kinderbetreuungskosten bis zu 12 000 Euro im Jahr und
einen Freibetrag von 2 000 Euro für die letzten drei
Monate der Schwangerschaft vorzusehen,

– die Regelungen des Steuer- und Sozialrechts zu harmoni-
sieren und ein transparentes Konzept der Familienförde-
rung vorzulegen, das insbesondere die Situation von
Alleinerziehenden und Selbständigen berücksichtige,

– Vorschläge für eine Bündelung der Leistungen für Fami-
lien und die Sicherung des Kindesbedarfs im Sinne eines
existenzsichernden Universaltransfers, dem Bürgergeld,
vorzulegen,

– das Unterhaltsvorschussgesetz dahingehend zu ändern,
dass der Unterhaltsvorschuss bis zum Erreichen der Voll-
jährigkeit eines Kindes gewährt werde, im Gegenzug da-
zu die Bezugsdauer auf 36 Monate zu verkürzen und das
Verfahren zur Gewährung des Unterhaltsvorschusses zu
entbürokratisieren,

– eine Wirkungsanalyse der familienpolitischen Leistun-
gen durch das Kompetenzzentrum für familienbezogene
Leistungen im Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend sowie Vorschläge für eine Bündelung
bzw. mögliche Verfahrensvereinfachungen im Sinne
eines Bürokratieabbaus vorzulegen.

2. Antrag auf Drucksache 16/9028

In dem Antrag wird ausgeführt, heute wachse in Deutschland
eine bedrückend hohe Zahl von Kindern in Lebenslagen auf,
die durch Armut bestimmt seien und die es ihnen nicht er-
möglichten, ihre Kindheit frei und unbeschwert zu verleben.
Insgesamt lebten über 2,5 Millionen Kinder auf dem Niveau
von Sozialhilfe. Aber auch Kinder, die knapp oberhalb dieser
Grenze lebten, seien von Armut bedroht. Die Start- und Le-
benschancen von Kindern hingen immer noch stark von der
sozialen Herkunft ab. Da der soziale Status der Eltern weit-
wertigen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangbots
in den Ländern bei Einbeziehung von privaten und pri-

entfalten. Kein Kind dürfe zurückgelassen werden. Der An-
trag kritisiert sodann, die Bundesregierung zeige sich der

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/12201

Herausforderung durch die Kinderarmut nicht gewachsen.
Die Bundesregierung müsse sich einerseits daran messen las-
sen, welche konkreten Verbesserungen sie bei der Förder-
und Bildungsinfrastruktur vorweisen könne, und andererseits
daran, welche konkreten materiellen Schritte sie ergreife.

Im Hinblick auf eine teilhabesichernde Infrastruktur fordert
der Antrag,

– im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) für Kinder
zwischen dem vollendeten ersten bis zum dritten Lebens-
jahr einen konditionierten Rechtsanspruch bezogen auf
die Bedarfskriterien in § 24 Absatz 3 zum 1. Oktober 2009
sowie einen allgemeinen Rechtsanspruch für Kinder die-
ser Altersklasse zum 1. Oktober 2011 zu verankern,

– eine Kinderbetreuungskarte als Bundesleistung einzu-
führen, die eine zweckgebundene Geldleistung für Be-
treuungsangebote für diese Altersklasse bereitstelle,

– das bestehende Ehegattensplitting in eine Individualbe-
steuerung mit übertragbarem Höchstbetrag von 10 000
Euro umzuwandeln und dafür Sorge zu tragen, dass die
sich daraus ergebenden gesamtstaatlichen Mehreinnah-
men in Höhe von rund 5 Mrd. Euro für die Inanspruch-
nahme von Kindertagesbetreuung sowie in den Ausbau
und in die Qualitätsverbesserung der Betreuungsangebo-
te sowie zur Gebührenreduzierung investiert würden,

– den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung mittelfris-
tig für Kinder zwischen drei und sechs Jahren auf ein
ganztägiges Angebot festzusetzen,

– die Einführung eines Betreuungsgeldes nicht weiter zu
verfolgen,

– die gegenwärtigen Ausbaubemühungen in der Kinder-
tagesbetreuung auch dahingehend zu nutzen, entschei-
dende Schritte zu Qualitätsverbesserungen verbindlich
mit den Ländern zu vereinbaren,

– gemeinsam mit den Ländern auf ein verbessertes An-
gebot in der Familienbildung, den flächendeckenden
Ausbau gebundener Ganztagsschulen bei qualifizierter
Verbesserung der Lehr- und Lernbedingungen, die
schrittweise Überführung des sonderpädagogischen För-
derangebots in die Regelschule, die Stärkung der schul-
bezogenen Jugendsozialarbeit, die bessere Erreichbarkeit
der Bildungsangebote der Jugendarbeit für sogenannte
Risikogruppen, die Entstehung von zielgruppenorientier-
ten Beratungs- und Hilfsangeboten zur Stärkung der Ge-
sundheitskompetenz von Kindern und Eltern sowie eine
Aufwertung von Vorsorgeuntersuchungen und -angebo-
ten der öffentlichen Gesundheitsdienste hinzuwirken.

Im Hinblick auf eine verlässliche materielle Absicherung
fordert der Antrag außerdem,

– die Regelleistungen als Referenzgröße für Sozialleistun-
gen nach dem SGB II, SGB XII und dem Asylbewerber-
leistungsgesetz so auszugestalten, dass sie dem sozial-
staatlichen Gebot der Deckung des Existenzminimums
für alle Menschen genügten,

– unverzüglich eine unabhängige Kommission mit Vertre-
tern aus der Fachwissenschaft, den Wohlfahrtsverbänden
sowie Vertretern der Träger der Sozialhilfe und der

zifische Regelleistungen für Kinder und Jugendliche er-
arbeite,

– die Regelsätze anhand der Ergebnisse der unabhängigen
Expertenkommission unverzüglich zu überarbeiten,

– bis zu einer endgültigen Regelung sofort gesetzliche Re-
gelungen zu schaffen, die es den Kostenträgern des
SGB II, des SGB XII und des Asylbewerberleistungs-
gesetzes ermöglichten, Sachleistungen zu gewähren, die
der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung
von Kindern und Jugendlichen dienten,

– es Kindern aus einkommensschwachen Familien zu er-
möglichen, an sprachlichen, sportlichen und musischen
Förderangeboten teilzunehmen,

– einen ambitionierteren Reformvorschlag zur Weiterent-
wicklung des Kinderzuschlags vorzulegen, und perspek-
tivisch auf eine Neuordnung der Familien- und Eheförde-
rung hinzuwirken und

– darüber hinaus weitere Maßnahmen zu ergreifen und ins-
besondere durch Mindestlöhne und progressiv gestaffelte
Sozialabgaben die finanzielle Situation von Geringver-
dienern zu verbessern.

3. Antrag auf Drucksache 16/10257

Der Antrag weist auf die beständig steigende Anzahl von
Einelternfamilien in Deutschland hin, wobei es sich in der
Mehrheit um alleinerziehende Mütter handele. Alleinerzie-
hend zu sein bedeute, im Alltag stärker belastet zu sein. Al-
leinerziehen stelle längst eine gesellschaftliche Realität dar,
die Ausdruck der Pluralisierung von Familienformen und
Lebensstilen sei. Gerade wegen der oft überaus erfolgrei-
chen Bewältigung der vielfältigen Belastungen verdienten
Alleinerziehende nicht nur Unterstützung, sondern auch Re-
spekt und Anerkennung. Der Antrag betont sodann, Allein-
erziehende seien im geltenden Steuerrecht und am Arbeits-
markt benachteiligt und überproportional von Armut
betroffen bzw. bedroht.

Der Antrag fordert,

– einen Rechtsanspruch auf einen hochwertigen, ganztägi-
gen Kinderbetreuungsplatz zunächst für Kinder unter
drei Jahren und perspektivisch für alle Kinder bis zur Ein-
schulung, den flächendeckenden Ausbau von Ganztags-
schulen und die Einführung einer zweckgebundenen
Geldleistung, beispielsweise einer Kinderbetreuungs-
karte, für den Finanztransfer über die Eltern in das Be-
treuungssystem,

– Qualitätsverbesserungen in der Kindertagesbetreuung,

– flexible Arbeitszeitmodelle, Qualifizierungs- und Weiter-
bildungsmöglichkeiten, Chancen für den beruflichen
Wiedereinstieg sowie die Weiterentwicklung der Bedin-
gungen für die Vereinbarkeit von Familien- und Berufs-
leben und ihre Anpassung an die veränderten gesell-
schaftlichen Bedingungen,

– die Würdigung der spezifischen Kompetenzen von Müt-
tern und Vätern, insbesondere von Alleinerziehenden,
Jugendhilfe einzusetzen, die Bemessungsgrundlagen und
angemessene Regelungen für bedarfsgerechte altersspe-

beispielsweise im Rahmen einer Kampagne zur familien-
orientierten Personalpolitik von Unternehmen,

Drucksache 16/12201 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

– die Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung, so
dass der Betreuungsbedarf für Kinder studierender Eltern
besser berücksichtigt werde,

– eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbe-
trag für Unterhaltspflichten unter Ehe- und Lebenspart-
nern anstelle der Zusammenveranlagung von Ehegatten,

– die Reform staatlicher Fürsorgeleistungen, so dass die
Armut in Einelternfamilien und bei Kindern wirksam ins-
besondere durch eine Weiterentwicklung des Kinderzu-
schlags, die Einführung bedarfsgerechter eigener Kinder-
regelsätze im SGB II und perspektivisch die Einführung
einer existenzsichernden Kindergrundsicherung verhin-
dert werde,

– eine zielgruppenspezifische Unterstützung für Allein-
erziehende im sozialen Nahraum, die Alleinerziehenden
bei der Bewältigung von multiplen Problemlagen diene,
Ressourcen dieser Lebensform freisetze, die psycho-
soziale Gesundheit von Einelternfamilien fördere sowie
Netzwerke mit Akteuren und Hilfen aufbaue.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

1. Zu Nummer 2 (Drucksache 16/9028)

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
116. Sitzung am 11. Februar 2009 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die Ablehnung des
Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 110. Sitzung
am 11. Februar 2009 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

2. Zu Nummer 3 (Drucksache 16/10257)

Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der Ausschuss
für Arbeit und Soziales sowie der Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung haben jeweils
in ihren Sitzungen am 11. Februar 2009 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die Ablehnung des
Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis
im federführenden Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die

Der Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und DIE LINKE. die Ablehnung des An-
trags auf Drucksache 16/9028.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 16/10257.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat
die Vorlagen in seiner 79. Sitzung am 11. Februar 2009 ab-
schließend beraten. Dabei betonte die Fraktion der FDP,
Kinderarmut werde durch die Armut der Eltern verursacht,
wobei Kinder von Alleinerziehenden und aus Zuwanderer-
familien in besonderem Maße betroffen seien. Ein wichtiger
Ansatz zur Bekämpfung der Kinderarmut sei es deshalb, den
Eltern eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Deswegen
fordere der Antrag der Fraktion der FDP neben dem quan-
titativen insbesondere auch den qualitativen Ausbau der
Kindertagesbetreuung unter Einbeziehung von privaten und
privatgewerblichen Anbietern. Gerade im Hinblick auf die
Förderung von Existenzgründerinnen müsse bedacht wer-
den, dass im Bereich der privatgewerblichen Kindertages-
betreuung ganz überwiegend Frauen tätig seien. Gegen eine
staatliche Subventionierung von 70 bis 80 Prozent könnten
gewerbliche Einrichtungen jedoch nicht konkurrieren. Diese
privaten Einrichtungen könnten aufgrund ihrer hohen Flexi-
bilität ein oftmals bedarfsgerechteres Angebot – beispiels-
weise auch an den Wochenenden – zur Verfügung stellen als
kommunale oder kirchliche Einrichtungen.

Bei der frühkindlichen Bildung setzte die Fraktion der FDP
insbesondere auf den frühen Spracherwerb, weshalb die
Bundesregierung mit den Ländern zusammenwirken solle,
damit zwischen dem dritten und vierten Lebensjahr verbind-
liche Sprachstandserhebungen durchgeführt würden und vor
dem Beginn der ersten Klasse noch ausreichende Möglich-
keiten zur Sprachförderung und damit zum Ausgleich von
Defiziten bestünden. Ein Betreuungsgeld lehne die Fraktion
der FDP ab und fordere stattdessen die Einführung von Bil-
dungs- und Betreuungsgutscheinen. Schließlich hänge in
Deutschland die Höhe des tatsächlich verfügbaren Fami-
lieneinkommens im hohen Maße auch vom Steuerrecht ab.
Deswegen fordere die Fraktion der FDP einen einheitlichen
Grundfreibetrag für Kinder und Erwachsene in Höhe von
8 000 Euro und eine deutlich bessere Absetzbarkeit der
Kinderbetreuungskosten in Höhe von bis zu 12 000 Euro.
Außerdem sollten das Kindergeld auf 200 Euro erhöht und
für diejenigen, die vom Steuerrecht nicht profitieren könn-
ten, ein Bürgergeld im Sinne eines existenzsichernden Uni-
versaltransfers eingeführt werden.

Eine Ausweitung des als hochbürokratisch eingeschätzten
Kinderzuschlages, die Einführung einer Kindergrundsiche-
rung und von Mindestlöhnen, wie es in den Anträgen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gefordert werde, leh-
ne die Fraktion der FDP hingegen ab.
Stimmen der Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 16/9433.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, Armut
in Deutschland habe ein junges Gesicht. Sie treffe Familien

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/12201

und insbesondere Alleinerziehende mit Kindern viel häufiger
als Rentner und Rentnerinnen, wobei man die beiden Grup-
pen nicht gegeneinander ausspielen dürfe. Man müsse jedoch
die kindliche Lebensphase ernst nehmen und gezielte Maß-
nahmen schaffen, denn je jünger die Kinder, desto größer sei
die Gefahr, in die Armutsfalle hineinzugeraten. Eine Maß-
nahme sei die Kinderbetreuung, an deren Ausbau bereits ge-
arbeitet werde. In diesem Bereich müssten noch viele Ganz-
tagseinrichtungen geschaffen werden, weil die beste Form
der Armutsbekämpfung nach wie vor die Erwerbsarbeit der
Eltern sei. Dies helfe allerdings nicht in strukturschwachen
Gegenden, in denen es keine Arbeit gebe wie etwa im Osten,
in Berlin und in bestimmten anderen Regionen in Deutsch-
land.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/9028 mache deutlich, dass Armutsbekämp-
fung auf zwei Ebenen stattfinden müsse, nämlich einmal im
Bereich der Infrastruktur, der frühen Hilfen und unterstüt-
zenden Maßnahmen und zum anderen im Bereich der mate-
riellen Existenzsicherung. Hier solle perspektivisch eine
Kindergrundsicherung eingeführt werden um zu gewährleis-
ten, dass das Leben mit Kindern nicht zu einem Armutsrisiko
werde. Insbesondere Alleinerziehende könnten von einer
solchen Kindergrundsicherung profitieren. Das jetzige Sys-
tem sei ungerecht, denn je höher das Familieneinkommen
sei, desto mehr Unterstützung erhalte die Familie über die
Freibeträge und die Absetzbarkeit der Kosten für Betreuung
und haushaltsnahe Dienstleistungen. 50 Prozent der Haus-
halte zahlten jedoch überhaupt keine Steuern und bezogen
auf Familien ergebe sich sogar ein noch höherer Anteil. Die-
ses System müsse durch eine Umverteilung nach unten
durchbrochen werden, denn dem Staat müsse tatsächlich je-
des Kind gleich viel wert sein.

Der Forderung nach einem Bürgergeld, wie sie in dem
Antrag der Fraktion der FDP erhoben wird, könnte die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN demgegenüber
nicht zustimmen. Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hätte die Debatte über Grundeinkommen,
Grundsicherung und Bürgergeld sehr intensiv geführt.
Unter Teilhabegesichtspunkten erscheine ein solches Bür-
gergeld jedoch als problematisch und auch die diskutierte
Höhe von 662 Euro sei weder bedarfsdeckend noch exis-
tenzsichernd.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, die vorliegenden
Anträge datierten von April, Juni und September 2008 und
seien deshalb hinsichtlich der dort aufgestellten Forderungen
bereits an vielen Stellen überholt. Zu dem Antrag auf Druck-
sache 16/10257 sei darauf hinzuweisen, dass Alleinerziehen-
de bereits durch die Überarbeitung des Kinderzuschlags eine
stärkere Förderung erführen. Auch der geforderte Rechtsan-
spruch auf die U-3-Betreuung sei im Kinderförderungsge-
setz bereits umgesetzt. Bevor man weitere Maßnahmen an-
gehe, müsse nun zunächst die Wirkung dieser Instrumente
geprüft werden. Soweit die Anträge der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN auch Forderungen zur Finanzierung der
Tageseinrichtungen aufstellten, sei auf die Zuständigkeit der
Länder hinzuweisen, so dass die Einwirkungsmöglichkeiten
des Bundes begrenzt seien. Die Abschaffung des Ehegatten-
splittings sei schließlich schon lange und häufig debattiert

Auch die Fraktion der CDU/CSU hielt das jetzige Verfahren
zur Ermittlung der Kinderregelsätze für unzureichend. Be-
reits im letzten Jahr hätten sich die Koalitionsfraktionen der
CDU/CSU und SPD deswegen an das zuständige Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales gewandt und um eine
Veränderung gebeten. Die Regelsätze würden alle fünf Jahre
aufgrund der Einkommens- und Verbrauchsstrichproben
überprüft. Die derzeitigen Sätze beruhten auf der Stichprobe
von 2003; die neue Stichprobe sei im Jahr 2008 erhoben
worden und die Auswertung der Daten werde erst im Jahr
2010 abgeschlossen sein. Dennoch hätten die Koalitions-
fraktionen erkannt, dass es gerade bei den Sechs- bis 13-
Jährigen große Differenzen gebe, weshalb mit dem Konjunk-
turpaket II eine neue Altersstufe für diese Gruppe mit einem
Regelsatz in Höhe von 70 Prozent des Eckregelsatzes einge-
führt werden solle. Zu erinnern sei außerdem an das bereits
beschlossene Schulbedarfspaket von 100 Euro pro Schul-
jahr. Auch aus Sicht der Arbeitsgruppe der Fraktion der
CDU/CSU sollte dies nicht beim zehnten Schuljahr enden,
so dass man an dieser Stelle noch weiter arbeiten müsse.
Weiterhin schaffe man auch mit dem Kinderbonus, der nicht
auf Sozialleistungen und Leistungen nach dem Unterhalts-
vorschussgesetz angerechnet werde, eine zwar kleine, aber
dennoch effektive Hilfe.

Mit Blick auf den Antrag der Fraktion der FDP hielt die
Fraktion der CDU/CSU die Forderung nach den Sprach-
standserhebungen im dritten und vierten Lebensjahr für ein
berechtigtes Anliegen. Es handele sich allerdings auch hier
um eine Länderzuständigkeit, so dass der Bund nur darauf
hinwirken könne, dass andere Länder dem Beispiel Nord-
rhein-Westfalens folgten, wo diese Erhebungen bereits auf
den Weg gebracht seien. Sie dienten nicht nur Kindern mit
Migrationshintergrund, sondern kämen auch vielen deut-
schen Kindern zugute. Private Anbieter in der Kinderbetreu-
ung, deren Berücksichtigung die Fraktion der FDP ebenfalls
fordere, seien im Begründungsteil des Kinderförderungsge-
setzes nunmehr zum ersten Mal erwähnt und man hoffe, dass
dies die Kommunen dazu anhalten werde, private Anbieter
stärker zu berücksichtigen als bisher. Die Forderungen der
Fraktion der FDP zum Kindergeld und den Kinderfreibeträ-
gen seien schließlich bereits in kleinen Schritten angegan-
gen, so dass der Antrag insofern als überholt betrachtet wer-
den könne.

Auch die Fraktion DIE LINKE. wies darauf hin, dass die
hier vorliegenden Anträge zum Teil bereits überholt seien.
Dennoch seien darin immer noch wichtige und aktuelle For-
derungen enthalten. Die Rezepte der Fraktion der FDP zur
Kinderarmutsbekämpfung trügen allerdings eher dazu bei,
Familien mit Kindern noch stärker auszugrenzen. So sei bei
einer Privatisierung der Kinderbetreuung zu befürchten, dass
Kinder aus einkommensschwachen Familien keine qualita-
tiv hochwertigen Angebote in Anspruch nehmen könnten.
Auch die Forderung nach der Einführung von Betreuungs-
gutscheinen könne die Fraktion DIE LINKE. nicht mittra-
gen. Gerade bei einem Mangel an Kindertagesbetreuungs-
plätzen sei zu befürchten, dass mit einem solchen Instrument
benachteiligte Stadtteile und auch Regionen „abgehängt“
würden, was insbesondere Familien und Kinder betreffe, die
sich bessere Einrichtungen nicht leisten könnten. Der Er-
werb der deutschen Sprache wiederum sei ein wichtiges
worden. Die Fraktion der CDU/CSU stehe dieser Forderung
kritisch gegenüber.

Anliegen und man wisse auch, wie schwierig es sei, den Län-
dern, die auf ihre Zuständigkeit in dieser Frage pochten, hier

Drucksache 16/12201 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Vorschläge zu machen. Dennoch hätte sich die Fraktion DIE
LINKE. zu diesem Punkt konkretere und weitergehende For-
derungen gewünscht. Auch in Brandenburg gebe es bereits
Sprachstandsfeststellungen man wisse jedoch aus den prak-
tischen Erfahrungen, dass die Länder dieses Problem gern
auf die Kommunen und die Erzieherinnen und Erzieher
abwälzten, denen nur in sehr geringem Umfang Mittel und
Personal für diese wichtige Arbeit zur Verfügung stünden.
Erforderlich sei nicht nur eine Feststellung, sondern auch
eine Förderung der Kinder mit entsprechendem Bedarf.

Auch die Fraktion DIE LINKE. befürworte bereits wegen
der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Anhebung des
Kindergeldes auf 200 Euro. Die Erhöhung von Steuerfrei-
beträgen wiederum diene nur denjenigen, die auch viele
Steuern bezahlten, und das seien nicht die Eltern von armen
Kindern. Zum Bürgergeld teile auch die Fraktion DIE
LINKE. die bereits vorgetragene Kritik. Ein solches Instru-
ment würde wohl auf ein noch niedrigeres Niveau als
Hartz IV hinauslaufen, was keinesfalls bedarfsdeckend sei.
Erstaunlicherweise enthalte der Forderungsteil des Antrags
der Fraktion der FDP auch keine Punkte zum Kinderzu-
schlag, obwohl die Kritik an diesem Instrument im Feststel-
lungsteil sehr breit ausgearbeitet worden sei. Da man in
diesem Punkt bisher übereingestimmt habe, hätte sich die
Fraktion DIE LINKE. zu dieser Frage konkrete Forderungen
gewünscht. Die in dem Antrag ebenfalls enthaltene Kritik
am Betreuungsgeld teile man ebenfalls, allerdings wünsche
man sich von der Fraktion der FDP insofern eine Überprü-
fung ihrer Argumentation. Wenn ausgeführt werde, mit einer
Bargeldlösung sei nicht gesichert, dass das Geld auch tat-
sächlich bei den Kindern ankomme, könnte man Entspre-
chendes auch im Hinblick auf eine Kindergelderhöhung an-
führen. Insofern sei der Antrag in sich widersprüchlich. Die
Anhebung der Altersgrenze beim Unterhaltsvorschuss auf
18 Jahre befürworte man ebenfalls; dies sei schon seit lan-
gem eine Forderung der Fraktion DIE LINKE. Allerdings
bestehe ein Dissens im Hinblick auf die gleichzeitige Halbie-
rung der Bezugsmonate. Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE.
müssten Einelternfamilien dauerhaft unterstützt werden,
wenn auch der Unterhalt dauerhaft ausbleibe.

Zu dem Antrag auf Drucksache 16/9028 erklärte die Frak-
tion DIE LINKE., sie teile viele der dort erhobenen Forde-
rungen, insbesondere die Forderung nach der Anhebung des
Eckregelsatzes. Im Hinblick auf die Gutscheinkarte in der
Kinderbetreuung sehe man allerdings ähnliche Schwierig-
keiten, wie bereits im Hinblick auf den Antrag der Fraktion
der FDP ausgeführt.

Zu dem Antrag auf Drucksache 16/10257 führte die Fraktion
DIE LINKE. schließlich aus, der Ausbau der Kinderbetreu-
ung, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Be-
ruf und ein gerechteres Steuersystem seien auch aus ihrer
Sicht erforderlich und man habe dazu bereits eigene Anträge
vorgelegt. Allerdings enthalte dieser Antrag zur Lage Allein-
erziehender keine Aussagen zum Unterhaltsvorschuss, so
dass ein wichtiger Punkt fehle. Hier fordere die Fraktion DIE
LINKE. konkrete Verbesserungen wie die Aufhebung der
Befristung und die Auszahlung bis zum 18. Lebensjahr. Die
Forderung nach einer besseren Ausgestaltung der Sozialsys-
teme wiederum sei eine wichtige Zielsetzung, die die Frak-

tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in diesem Punkt zu
unkonkret bleibe.

Die Fraktion der SPD betonte, die Ursachen für Armut
seien nicht die Regelsätze, sondern das Angewiesensein der
Eltern auf den Bezug von SGB II werde durch Arbeitslosig-
keit, die Situation der Trennung in Familien und zuneh-
mend auch durch den anwachsenden Niedriglohnsektor be-
dingt. Zur Bekämpfung von Kinderarmut seien materielle
Leistungen wichtig, sie dürften jedoch nicht gegen die
Maßnahmen zur Bildungsförderung ausgespielt werden, die
einen Schlüssel zu einer nachhaltigen Armutsbekämpfung
darstellten.

Die Fraktion der SPD wies zur finanziellen Unterstützung
insbesondere auf die vorgelagerten sozialen Leistungen hin,
die verhinderten, dass Menschen überhaupt in die Situation
des SGB-II-Bezugs hineinkämen. In dieser Legislaturperio-
de habe man deutliche Fortschritte beim Wohngeld, beim
Kinderzuschlag und beim Kindergeld gemacht. Auch beim
Mindestlohn, der ebenfalls an der Ursache des Problems an-
setze, seien Fortschritte zu verzeichnen, auch wenn dies mit
dem Koalitionspartner mühsam und schwierig sei. Gute
Rahmenbedingungen seien insbesondere auch für Alleiner-
ziehende wichtig; die U-3-Betreuung sei bundesweit bereits
deutlich verbessert worden. Damit werde eine wichtige Vo-
raussetzung dafür geschaffen, dass alleinerziehende Eltern
überhaupt berufstätig sein könnten.

Zu den Regelsätzen erachtete es die Fraktion der SPD als
einen wichtigen Fortschritt, dass nunmehr drei Stufen ein-
geführt und für die Gruppe der Sechs- bis 13-Jährigen eine
Erhöhung um 35 Euro vorgenommen werden solle. Das
Schulbedarfspaket sei ein weiterer wichtiger Schritt und
auch der Kinderbonus helfe. Die Einsetzung einer Kommis-
sion zur Ermittlung der Regelsätze wäre allerdings nicht
hilfreich, weil auch diese ein objektives Berechnungsverfah-
ren benötigte. Sofern der Antrag auf Drucksache 16/9028
eine Rückkehr zum Warenkorb anstrebe, müsse an die mas-
sive und durchaus berechtigte Kritik an diesem Verfahren
erinnert werden. Die Einkommens- und Verbrauchsstich-
probe (EVS) habe demgegenüber den Vorteil, dass sie sich
an den realen Ausgaben der unteren 20 Prozent orientiere.
Das Problem bei diesem Verfahren seien die langen Abstän-
de und das Vorhandensein von Setzungen. Es sollte deshalb
überprüft werden, ob ein alleinstehender Erwachsener tat-
sächlich als Maßstab dienen könne. Hier sei beispielsweise
der Bedarf für Bildung nicht einbezogen, der natürlich bei
Kindern berücksichtigt werden müsse. Die Fraktion der
SPD sei deswegen der Ansicht, dass an dem Grundkonzept
der EVS festgehalten werden sollte, dass es aber überarbei-
tet werden müsse, um dann zu überzeugenderen Regelsätzen
zu kommen. Dies werde jedoch in dieser Legislaturperiode
nicht mehr zu schaffen sein.

Mit Blick auf die steuerliche Förderung sei es zutreffend,
dass diejenigen, die mehr verdienten und auch mehr Steuern
zahlten, in anderer Weise begünstigt würden als die, die
keine oder nur wenig Steuern zahlten. Sicherlich müsse man
sich besonders um die sozial benachteiligten Kinder und
Jugendlichen kümmern. In einer schwierigen Situation seien
jedoch auch die Familien, die mit ihrem Einkommen knapp
über den Regelsätzen lägen, denn sie könnten von einer
tion DIE LINKE. teilt. Hierzu habe man allerdings bereits
konkrete Konzepte vorgelegt, während der Antrag der Frak-

Vielzahl von Ermäßigungen und Befreiungen nicht profitie-
ren. Diese Probleme könnten indes durch Maßnahmen der

Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/12201

steuerlichen Förderung nicht gelöst werden; bei den Lö-
sungsansätzen komme der Bildung eine Schlüsselrolle zu.
Insofern habe man mit dem Rechtsanspruch auf Kinder-
tagesbetreuung für unter Dreijährige ab 2013 bereits einen
deutlichen Fortschritt erzielt. Beim Betreuungsausbau sei
allerdings nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität
von großer Bedeutung und auch insofern sei bereits Vieles
auf den Weg gebracht, beispielsweise im Hinblick auf die
Qualifizierung von Tagesmüttern.

Der Vertreter der Fraktion der SPD führte schließlich aus, die
Nachteile des Ehegattensplittings seien offensichtlich. Wenn
dies das staatliche Instrument zur Förderung von Ehen seien
solle und gleichzeitig solche Ehen nicht davon profitierten,
in denen beide Ehepartner gleich viel verdienten, dann könne
daran etwas nicht stimmen. Ebenso sei es unlogisch, wenn
auch Ehepaare von dem Instrument profitierten, deren Kin-
der längst aus dem Haus seien, während junge Familien mit
kleinen Kindern eigentlich mehr auf staatliche Förderung
und Unterstützung angewiesen seien. Dieses System des
Ehegattensplittings sei deshalb in sich nicht schlüssig und in
dieser finanziellen Dimension nicht haltbar. Hier gehe es
auch nicht um ein konservatives oder fortschrittliches Fami-
lienbild, sondern dieses Geld werde benötigt, um den Eltern
mit Kindern deutlich mehr unter die Arme zu greifen.

Berlin, den 2. März 2009

Ingrid Fischbach
Berichterstatterin

Wolfgang Spanier
Berichterstatter

Miriam Gruß
Berichterstatterin

Diana Golze
Berichterstatterin

Ekin Deligöz

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