BT-Drucksache 16/11978

zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/11748- Sozialen Absturz von Erwerbslosen vermeiden - Vermögensfreigrenzen im SGB II anheben

Vom 13. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11978
16. Wahlperiode 13. 02. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, Dr. Martina Bunge,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/11748 –

Sozialen Absturz von Erwerbslosen vermeiden – Vermögensfreigrenzen im
SGB II anheben

A. Problem

Nach Ansicht der Antragsteller droht Erwerbslosen seit der Einführung von
Hartz IV der schnelle soziale Absturz. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I sei
gekürzt, die Arbeitslosenhilfe abgeschafft worden. Arbeitslosengeld II erhielten
Erwerbslose ohne ausreichenden Anspruch auf Arbeitslosenversicherungsleis-
tungen lediglich, wenn sie zuvor ihre Ersparnisse aufgebraucht und andere
materielle Lebensgüter reduziert oder abgeschafft hätten. Auch Aufstockungs-
leistungen für Erwerbstätige mit geringen Löhnen gebe es nur nach dem glei-
chen Abbau ihrer Ersparnisse. Dieser unwürdige Zustand sei den zu geringen
Vermögensfreibeträgen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) ge-
schuldet und müsse beendet werden.

B. Lösung

Der Deutsche Bundestag soll die Bundesregierung nach dem Willen der Antrag-
steller auffordern, bei der Berücksichtigung des Vermögens nach § 12 Absatz 2
SGB II einen Grundfreibetrag in Höhe von 20 000 Euro anzusetzen. Diese Ver-
mögensfreigrenze solle pauschal für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft
unabhängig vom Alter gelten.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kostenberechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 16/11978 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/11748 abzulehnen.

Berlin, den 11. Februar 2009

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Andrea Nahles
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11978

schlag der Fraktion DIE LINKE. bis zu 100 000 Euro Vermö- liche und vor Anrechnung nach dem SGB II geschützt sei.

gen anrechnungsfrei besitzen und trotzdem für alle Mitglieder
der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II bezie-

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werde dem An-
trag aus diesem Grund nicht zustimmen.
Bericht der Abgeordneten Andrea Nahles

I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 16/11748 ist in der 202. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2009 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen
worden.

II. Votum des mitberatenden Ausschusses
Der Haushaltsausschuss hat den Antrag auf Drucksache
16/11748 in seiner Sitzung am 11. Februar 2009 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

III. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Nach Ansicht der Antragsteller droht Erwerbslosen seit der
Einführung von Hartz IV der schnelle soziale Abstieg. Der
Anspruch auf Arbeitslosengeld I sei gekürzt, die Arbeitslo-
senhilfe abgeschafft worden. Arbeitslosengeld II erhielten
Erwerbslose ohne ausreichenden Anspruch auf Arbeits-
losenversicherungsleistungen lediglich, wenn sie zuvor ihre
Ersparnisse aufgebraucht und andere materielle Lebensgüter
reduziert oder abgeschafft hätten. Auch Erwerbstätige mit
geringen Löhnen erhielten Aufstockungsleistungen erst nach
dem Abbau ihrer Ersparnisse. Dies sei den zu geringen Ver-
mögensfreibeträgen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
geschuldet und müsse umgehend geändert werden. Der
Deutsche Bundestag soll nach dem Willen der Antragsteller
die Bundesregierung auffordern, bei der Berücksichtigung
des Vermögens nach § 12 Absatz 2 SGB II einen Grundfrei-
betrag in Höhe von 20 000 Euro anzusetzen. Diese Vermö-
gensfreigrenze solle pauschal für jedes Mitglied der Bedarfs-
gemeinschaft unabhängig vom Alter gelten.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
116. Sitzung am 11. Februar 2009 den Antrag auf Druck-
sache 16/11748 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung zu empfehlen.
Die Fraktion der CDU/CSU erläuterte, etwa 40 Prozent
der Menschen in Ostdeutschland hätten kein Vermögen.
Rund 20 Prozent verfügten über ein Vermögen von bis zu
20 000 Euro. Wenn der Grundfreibetrag pauschal auf die von
der Fraktion DIE LINKE. geforderte Grenze von 20 000 Euro
erhöht werde, führe dies zu dem wirklichkeitsverzerrenden
Ergebnis, dass laut Definition 60 Prozent der Ostdeutschen als
arm gelten würden. Es sei der erwerbstätigen großen Mehrheit
der Bevölkerung, die für die Mittel staatlicher Unterstützung
finanziell aufkommen müsse, jedenfalls nicht zu vermitteln,
dass eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern nach dem Vor-

hen dürfe. Die Fraktion der CDU/CSU werde daher gegen den
Antrag stimmen.
Die Fraktion der SPD erläuterte, dass staatliche Unterstüt-
zung für Menschen mit Ersparnissen von 20 000 Euro pro
Person in einer Bedarfsgemeinschaft, unabhängig vom
Alter, beispielsweise eine Verkäuferin oder einen Busfahrer,
die bzw. der nicht viel verdiene und selbst nie über ein Ver-
mögen in der genannten Höhe verfügen werde, nicht vermit-
telbar sei. Praktisch bedeute dies, dass eine vierköpfige
Familie Sozialleistungen beziehen könne, auch wenn sie
80 000 Euro auf dem Sparbuch habe. Unklar sei auch, wie
die Antragsteller den Betrag von 20 000 Euro genau her-
geleitet hätten. Hierfür gebe es in dem Antrag keinerlei An-
haltspunkte. Es gebe bereits umfängliche Freibeträge.
Selbstgenutztes Wohneigentum, Hausrat und ein Auto je er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen in der Bedarfsgemeinschaft
würden nicht angerechnet. Auch bei der Altersvorsorge gebe
es komfortable Freibeträge. Hinzu käme ein Freibetrag von
150 Euro pro Lebensjahr, mindestens jedoch 3 100 Euro.
Riester-Vermögen sei gänzlich von der Anrechnung freige-
stellt. Zudem gebe es eine Härtefallregelung. Aus diesen
Gründen werde die Fraktion der SPD den Antrag ablehnen.
Die Fraktion der FDP erklärte, eine junge Familie mit
zwei Kindern dürfte nach dem Vorschlag der Fraktion DIE
LINKE. bis zu 80 000 Euro Vermögen anrechnungsfrei be-
sitzen und trotzdem für alle Mitglieder der Bedarfsgemein-
schaft Leistungen nach dem SGB II beziehen. Die bisherige
Regelung staffele die Vermögensfreigrenzen nach Lebens-
alter. Das sei richtig so. Wer sein ganzes Leben lang gearbei-
tet habe, dürfe mehr Vermögen anrechnungsfrei behalten als
ein jugendlicher SGB-II-Empfänger. Es müsse großzügige
Freibeträge für Altersvorsorgevermögen geben.
Die Fraktion DIE LINKE. begründete ihren Antrag. Die
Vermögensfreigrenzen im SGB II müssten auf 20 000 Euro
erhöht werden. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsfor-
schung habe darauf aufmerksam gemacht, dass die Ver-
mögen in Deutschland immer ungleicher verteilt seien. Der
erhebliche Vermögensverlust von arbeitslosen Menschen sei
auf Regelungen des SGB II zurückzuführen. Menschen
müssten ihr Vermögen abbauen, bevor sie leistungsberech-
tigt würden. Es sei eine Katastrophe, dass sich Menschen
arm machen müssten, bevor sie Hartz IV in Anspruch neh-
men könnten. Es sei eine Schande, dass auch die Sparbücher
der Kinder geplündert werden müssten, bevor ein Anspruch
auf Unterstützung des Staates bestehe. Dem sei durch eine
Anhebung des Grundfreibetrags auf 20 000 Euro entgegen-
zuwirken.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte eine
pauschale Anhebung der Vermögensfreigrenzen im SGB II
ab. Die Fraktion hätte vielmehr den Vorschlag gemacht, ein
Altersvorsorgekonto einzuführen, das die Einzahlung von
3 000 Euro pro Jahr zum Zwecke der Altersvorsorge ermög-
Berlin, den 11. Februar 2009

Andrea Nahles
Berichterstatterin

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