BT-Drucksache 16/11898

1. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/10730- Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Frank Schäffler,Gudrun Kopp, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/6997- Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft - Die europäische Alternative zu Wirtschaftsprotektionismus und Ausländerdiskriminierung 3. zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/9612- Rahmenbedingungen für eine nachhaltige internationale Investitionspolitik schaffen - Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwickeln

Vom 11. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11898
16. Wahlperiode 11. 02. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie (9. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/10730 –

Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschafts-
gesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Frank Schäffler, Martin Zeil,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 16/6997 –

Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft – Die europäische Alternative
zu Wirtschaftsprotektionismus und Ausländerdiskriminierung

3. zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Alexander Bonde, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/9612 –

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige internationale Investitionspolitik
schaffen – Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwickeln

A. Problem

Zu Nummer 1

Schaffung einer gesetzlichen Möglichkeit, den Erwerb von gebietsansässigen
Unternehmen durch gemeinschaftsfremde Erwerber im Einzelfall zu prüfen
und zu untersagen, wenn dies unerlässlich ist, um die öffentliche Ordnung oder
Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten.

Zu Nummer 2

Bekenntnis zu den Grundfreiheiten der EG und damit der Sozialen Marktwirt-
schaft, klare Absage an Protektionismus, nationaler und internationaler Infor-
mationsaustausch und Verringerung politischer Einflussnahme auf ausländi-
sche Direktinvestitionen, Transparenzregeln für ausländische Staatsfonds und
Aufklärung über bisherige positive Erfahrungen.

Drucksache 16/11898 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Zu Nummer 3

Vorbereitung internationaler Maßnahmen zur Kontrolle von Direktinvestitio-
nen: Verpflichtung von Investoren zur Einhaltung von Menschenrechten sowie
ökologischer und sozialer Standards, Erhöhung der Transparenz bei Staats-
fonds, Harmonisierung der Investitionskontrolle in der EU.

B. Lösung

Zu Nummer 1

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/10730 in geänderter
Fassung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zu Nummer 2

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/6997 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Zu Nummer 3

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/9612 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

Zu Nummer 1

1. Haushaltsaufgaben ohne Vollzugsaufwand

Dem Bund entstehen durch das Gesetz keine zusätzlichen Kosten.

2. Vollzugsaufwand

Die Einführung des neuen Prüfverfahrens in § 53 der Außenwirtschaftsver-
ordnung (AWV) begründet Vollzugsaufwand für den Bund. Das Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Technologie muss sich für seine Entscheidung,
ob es einen ausländischen Erwerb nach § 53 AWV prüfen will, im Zusammen-
wirken mit dem Bundeskartellamt und der Bundesanstalt für Finanzdienst-
leistungsaufsicht laufend über Investitionen in deutsche Unternehmen infor-
mieren und Veröffentlichungen in der Presse verfolgen; ggf. müssen sich das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie weitere gemäß der
Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien betroffene Ressorts
zusätzliche Informationen verschaffen, die für die Entscheidung über die Ein-
leitung der Prüfung erforderlich sind. Weiterer Personalbedarf besteht für die
Prüfung der aufgegriffenen Fälle und der Fälle, in denen Erwerber eine Prüfung
beantragen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass jährlich etwa zehn
Investitionsvorhaben von Amts wegen geprüft werden. Überdies ist damit zu
rechnen, dass Erwerber von der Möglichkeit einer freiwilligen Anzeige eines
geplanten Erwerbs Gebrauch machen werden. Derzeit ist nicht abschätzbar, mit
wie vielen freiwilligen Anzeigen jährlich zu rechnen ist. Die Kosten für die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11898

Prüfung der aufgegriffenen Fälle werden geringer sein als die Kosten für die
Information über ausländische Investitionen, da eine Prüfung nur in wenigen
Einzelfällen in Betracht kommt, in denen die Investition die öffentliche Ord-
nung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden kann. Im
Haushaltsentwurf 2009 sind zunächst drei Planstellen (1 A 15, 1 A 12, 1 A 8)
aufgenommen worden; über den weiteren Personalbedarf wird im parlamenta-
rischen Verfahren zum Bundeshaushalt 2009 entschieden. Eine Überprüfung
des Personalbedarfs soll nach zwölf Monaten erfolgen.

Länder und Gemeinden werden nicht mit Kosten belastet.

Zu den Nummern 2 und 3

Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte wurden nicht erörtert.

E. Sonstige Kosten

Zu Nummer 1

Die Einführung des Prüfverfahrens nach § 53 AWV dürfte für die Wirtschaft
nur geringfügige, nicht zu quantifizierende Auswirkungen haben, da das
Verfahren nur in seltenen Einzelfällen zur Anwendung kommt. Auswirkungen
auf Einzelpreise und das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Ver-
braucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Zu den Nummern 2 und 3

Kosten wurden nicht erörtert.

F. Bürokratiekosten

Zu Nummer 1

Mit der Gesetzesänderung wird eine neue Informationspflicht für die Wirtschaft
eingeführt. Erwerber aus Ländern außerhalb des Gemeinschaftsgebiets und der
Europäischen Freihandelsassoziation werden verpflichtet, dem Bundesministe-
rium für Wirtschaft und Technologie die vollständigen Unterlagen über den
Erwerb zu übermitteln, falls dieses eine Prüfung nach § 53 AWV durchführt.
Informationspflichten existieren bereits bei der Fusionskontrolle gegenüber
dem Bundeskartellamt bzw. der EU-Kommission und bei der Abgabe eines
Übernahmeangebots an einem börsennotierten Unternehmen gegenüber der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht; teilweise entsprechen sie den
Informationen, die im Verfahren nach § 53 AWV übermittelt werden müssen.
Für die Prüfung können die Investoren daher teilweise dieselben Unterlagen
vorlegen, die bei einer Fusionsanmeldung bzw. einer Meldung an die Bundes-
anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht einzureichen sind. In diesen Fällen
werden sich die Kosten entsprechend reduzieren. Für einen Prüffall sind ggf.
weitere Daten anwaltlich aufzubereiten. Eine exakte Kostenabschätzung ist der-
zeit nicht möglich. Bei einem geschätzten zusätzlichen Aufwand für eine Mel-
dung von etwa 20 Stunden durch Mitarbeiter mit vergleichbarer Funktions- und
Qualifikationsstufe wie solche im höheren öffentlichen Dienst würden bei be-
triebsinterner Abwicklung Kosten von 20 × 39,30 Euro, insgesamt 786 Euro,
pro Fall und Unternehmen anfallen. Bei geschätzten zehn Fällen im Jahr sind
dies insgesamt 7 860 Euro. Bei einer externen Abwicklung durch Anwälte, die
vor allem von großen Unternehmen beauftragt werden, erhöhen sich die Kosten
entsprechend. Soweit der Erwerb nicht gleichzeitig fusionskontrollpflichtig ist
bzw. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemeldet
werden muss, erhöht sich der Aufwand für die Aufbereitung der zusätzlichen
Unterlagen geringfügig. Die Zahl dieser Prüfverfahren lässt sich nicht quantifi-

Drucksache 16/11898 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zieren. Es ist allerdings von einer geringen Zahl auszugehen, da das Prüfkrite-
rium der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorrangig fusionskontrollpflich-
tige Erwerbe von großen Unternehmen betreffen dürfte.

Die Informationspflicht nach § 53 AWV tritt neben bereits bestehende Informa-
tionspflichten. Ein weniger belastender Eingriff ist nicht denkbar: Auch bei
einer alternativ denkbaren Meldepflicht entsprechend § 52 AWV wären ver-
gleichbare Informationspflichten unvermeidbar. Allerdings würden dann mehr
Erwerbe von der Informationspflicht erfasst. Die bürokratischen Belastungs-
effekte für die Wirtschaft sind daher vernachlässigbar gering.

Informationspflichten für Bürger und Verwaltung

Das Gesetz tangiert keine Informationspflichten für Bürger und Verwaltung.

Zu den Nummern 2 und 3

Bürokratiekosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/11898

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Gesetzentwurf mit folgenden Maßgaben, im Übrigen unverändert anzu-
nehmen:

1. Artikel 1 Nummer 6 wird wie folgt gefasst:

,§ 34 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt geändert:

Das Wort „ausführt“ wird durch das Wort „versendet“ ersetzt.

b) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 1 wird am Ende das Wort „oder“ gestrichen.

bb) In Nummer 2 werden nach dem Wort „Ausfuhr-,“ die Wörter
„Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-,“ eingefügt und am Ende
der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt.

cc) Folgende neue Nummer 3 wird angefügt:

„3. einer im Bundesanzeiger veröffentlichten unmittelbar gelten-
den Vorschrift eines Rechtsaktes der Europäischen Gemein-
schaften zuwiderhandelt, die eine Genehmigungspflicht für
eine Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Ver-
kauf, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe, Dienstleis-
tung, Investition oder Unterstützung vorschreibt und die der
Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Be-
reich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik be-
schlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.“

2. Artikel 2 Nummer 2 wird wie folgt geändert:

a) § 53 Absatz 1 wird wie folgt neu gefasst:

㤠53
Beschränkung nach § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 6 AWG

(1) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann
den Erwerb eines gebietsansässigen Unternehmens oder einer un-
mittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einem solchen Unter-
nehmen durch einen Gemeinschaftsfremden oder ein gemeinschafts-
ansässiges Unternehmen, an dem ein Gemeinschaftsfremder mindes-
tens 25 Prozent der Stimmrechte hält, innerhalb von drei Monaten seit
dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages über den Erwerb der
Stimmrechte darauf prüfen, ob der Erwerb die öffentliche Ordnung
oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; im Fall
eines öffentlichen Angebots beginnt die Frist mit der Veröffentlichung
der Entscheidung zur Abgabe des Angebots oder der Veröffentlichung
der Kontrollerlangung. Dies gilt nicht, wenn der unmittelbare oder
mittelbare Stimmrechtsanteil des gemeinschaftsfremden Erwerbers an
dem betreffenden Unternehmen nach dem Erwerb der Beteiligung
25 Prozent nicht erreicht.

Bei der Berechnung des Stimmrechtsanteils des gemeinschafts-
fremden Erwerbers sind diesem die Anteile anderer Unternehmen an
dem zu erwerbenden Unternehmen zuzurechnen, wenn der Erwerber
25 Prozent oder mehr der Stimmrechte an dem anderen Unternehmen
hält. Die Stimmrechte Dritter, mit denen der gemeinschaftsfremde
Erwerber eine Vereinbarung über die gemeinsame Ausübung von

Drucksache 16/11898 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Stimmrechten abgeschlossen hat, sind dem Erwerber ebenfalls zuzu-
rechnen. Zweigniederlassungen und Betriebsstätten des Erwerbers
gelten nicht als gemeinschaftsansässig. Das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie kann unter den Voraussetzungen von den
Sätzen 1 und 2 auch den Erwerb eines gebietsansässigen Unterneh-
mens oder einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einem
solchen Unternehmen durch ein gemeinschaftsansässiges Unterneh-
men prüfen, an dem ein Gemeinschaftsfremder mindestens 25 Prozent
der Stimmrechte hält, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass eine miss-
bräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft vorgenommen
wurde, um eine Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 zu unterlaufen.

Gemeinschaftsfremde Erwerber aus den Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Freihandelsassoziation (Island, Liechtenstein, Norwegen,
Schweiz) stehen gemeinschaftsansässigen Erwerbern gleich. Das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie teilt dem Erwer-
ber seine Entscheidung mit, eine Prüfung nach Satz 1 durchzuführen.“

b) § 53 Absatz 3 wird wie folgt neu gefasst:

„(3) Auf schriftlichen Antrag eines Erwerbers, in dem der geplante
Erwerb, der Erwerber und dessen Geschäftsfeld in den Grundzügen
darzustellen sind, erteilt das Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie eine Bescheinigung über die Unbedenklichkeit des
Erwerbs (Unbedenklichkeitsbescheinigung), wenn dem Erwerb keine
Bedenken im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen. Die Unbedenklichkeits-
bescheinigung gilt als erteilt, wenn nicht das Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie innerhalb eines Monats nach Eingang des
Antrags ein Prüfverfahren nach § 53 Absatz 1 Satz 1 eröffnet.“

2. den Antrag auf Drucksache 16/6997 abzulehnen,

3. den Antrag auf Drucksache 16/9612 abzulehnen.

Berlin, den 11. Februar 2009

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Edelgard Bulmahn
Vorsitzende

Erich G. Fritz
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/11898

Bericht des Abgeordneten Erich G. Fritz

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache
16/10730 wurde in der 186. Sitzung des Deutschen Bundes-
tages am 12. November 2008 an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie zur federführenden Beratung sowie
den Auswärtigen Ausschuss, den Innenausschuss und den
Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

Der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/6997
wurde in der 186. Sitzung des Deutschen Bundestages am
12. November 2008 an den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie zur federführenden Beratung sowie den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/9612 wurde in der 172. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 26. Juni 2008 an den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie zur federführenden Beratung
sowie an den Auswärtigen Ausschuss und den Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Nummer 1

Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, den Erwerb von ge-
bietsansässigen Unternehmen durch gemeinschaftsfremde
Erwerber im Einzelfall zu prüfen und zu untersagen, wenn
dies unerlässlich ist, um die öffentliche Sicherheit und Ord-
nung der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten.
Eine Abkehr von der offenen Haltung des Investitions-
regimes ist hiermit nach Auffassung der Bundesregierung
jedoch nicht verbunden. Im Falle der Überprüfung hat der
Erwerber vollständige Unterlagen dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie über den Erwerb zu über-
mitteln. Innerhalb von zwei Monaten kann das Ministerium
den Erwerb untersagen oder Anordnungen erlassen. In § 53
Abs. 3 AWV ist vorgesehen, dass das Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie auf Antrag des Erwerbers
eine Bescheinigung erteilen kann, dass dem Erwerb keine
Bedenken entgegenstehen.

Die Regelung orientiert sich an den Vorgaben des EG-
Rechts. Bei dem Verständnis der „öffentlichen Ordnung oder
Sicherheit“ soll von dem Auslegungsspielraum der Mitglied-
staaten Gebrauch gemacht werden. Eine Untersagung ist nur
möglich, wenn dies aus Gründen der öffentlichen Sicherheit
oder Ordnung der Bundesrepublik Deutschland unerlässlich
ist.

Der schuldrechtliche Vertrag des Unternehmenserwerbs be-
darf nach der geplanten Neuregelung keiner vorherigen Ge-
nehmigung. Überdies ist das Ministerium bei der Prüfung
an kurze Fristen gebunden, um den Unternehmen schnellst-
möglich Rechtssicherheit zu geben. Ein weniger einschnei-
dendes Verfahren ist nach Ansicht der Bundesregierung
nicht möglich. Für die Entscheidung, ob ein ausländischer
Erwerb nach § 53 AWV zu prüfen ist, hat sich das Ministe-

rium für Wirtschaft und Technologie im Zusammenwirken
mit dem Bundeskartellamt und der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht laufend über Investitionen in
deutsche Unternehmen zu informieren. Die Bundesregie-
rung geht davon aus, dass jährlich nur eine geringe Zahl an
Investitionsvorhaben von Amts wegen zu prüfen ist.

Wegen der Einzelheiten wird auf Drucksache 16/10730 ver-
wiesen.

Zu Nummer 2

Nach dem Antrag der Fraktion der FDP soll sich der Deut-
sche Bundestag zum Verbot aller Beschränkungen des Kapi-
tal- und Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der
EU sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Län-
dern (Artikel 56 EGV) bekennen. Dies zähle zu den vier
Grundfreiheiten des EU-Vertrages und gelte als Grundvo-
raussetzung für eine umfängliche politische, wirtschaftliche
und soziale Integration der Regionen weltweit. Intensiver
Kapitalverkehr stabilisiere das internationale Finanzwesen
und stärke die Eigentümerposition bisheriger Anteilseigner.
Ausländische Direktinvestitionen schafften die Grundlage
für private Investitionen in Wachstum und Innovation und
die Offenheit für ausländische Investitionen in Deutschland
sei die Grundlage für ein erfolgreiches Engagement deut-
scher Unternehmen im Ausland. Die positive Reziprozität
sei ein Grundelement der Sozialen Marktwirtschaft.

Wegen der Einzelheiten wird auf Drucksache 16/6997 ver-
wiesen.

Zu Nummer 3

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert in ihrem
Antrag die Feststellung durch den Deutschen Bundestag,
dass die Bundesregierung notwendige Rechtsänderungen
und Initiativen für einen deutschen Beitrag zu einem multi-
lateralen Ansatz der Kontrolle von Direktinvestitionen vor-
zubereiten habe. Des Weiteren seien Instrumente der Inves-
titionskontrolle in Deutschland abzulehnen, wenn sie die
Planungs- und Rechtssicherheit für die Investoren und den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachteten und rein
als nationale Abwehrstrategie ausgestaltet seien. Ferner soll
die Bundesregierung aufgefordert werden, sich aktiv für ein
multinationales Investitionsabkommen auf globaler Ebene,
die Verankerung sozialer und ökologischer Standards in der
World Trade Organisation, eine stärkere Transparenz in den
Führungsstrukturen sowie die Harmonisierung der Regelun-
gen zur Investitionskontrolle innerhalb der Europäischen
Union einzusetzen.

Wegen der Einzelheiten wird auf Drucksache 16/9612 ver-
wiesen.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Zu Nummer 1

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
81. Sitzung am 28. Januar 2009 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die

Drucksache 16/11898 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Stimmen der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Annahme des Gesetz-
entwurfs auf Drucksache 16/10730 in der geänderten Fas-
sung zu empfehlen.

Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 84. Sitzung
am 28. Januar 2009 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs
auf Drucksache 16/10730 in der geänderten Fassung zu
empfehlen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 126. Sitzung
am 11. Februar 2009 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen FDP und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, die
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/10730 in
der geänderten Fassung zu empfehlen.

Zu Nummer 2

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 77. Sitzung am 28. Januar
2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP beschlossen, die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 16/6997 zu empfehlen.

Zu Nummer 3

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage in seiner
81. Sitzung am 28. Januar 2009 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 16/9612 zu empfehlen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat die Vorlage in seiner 81. Sitzung am
28. Januar 2009 beraten und mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
16/9612 zu empfehlen.

IV. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen
Zu der öffentlichen Anhörung, die in der 83. Sitzung des
Ausschusses am 26. Januar 2009 zu den Vorlagen der Num-
mern 1 bis 3 stattfand, haben die Anhörungsteilnehmer
schriftliche Stellungnahmen abgegeben, die in der Zusam-
menstellung auf Ausschussdrucksache 16(9)1370 enthalten
sind.

Folgende Sachverständige haben an der Anhörung teil-
genommen:

1) Verbände

– Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V.
(DIHK)

– Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

– Bundesverband Deutscher Kapitalgesellschaften e. V.
(BVK)

– Permira Beteiligungsberatung GmbH

– Die Familienunternehmer – ASU e. V.

– Deutsche Bank Research.

2) Einzelsachverständige

– Prof. Dr. Wulf-Henning Roth, Universität Bonn

– Dr. Kaspar Krolop, Humboldt-Universität zu Berlin.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)
warnt davor, mit dem Gesetzesentwurf falsche Signale des
Protektionismus zu senden. Die Unsicherheiten für die
Unternehmen würden erhöht und die Finanzierung von
Investitionen erschwert. Zudem werde der Investor gezwun-
gen, seine Investitionsabsichten im Voraus offenzulegen.
Ein ggf. erforderlicher Unbedenklichkeitsantrag verursache
einen enormen bürokratischen Aufwand. Entgegen der ur-
sprünglichen Intention erfasse der Gesetzesentwurf sämt-
liche ausländische Investitionen. Der DIHK fordert eine
Beschränkung auf echte staatliche Investitionen und die
Konkretisierung des Kriteriums „Öffentliche Sicherheit und
Ordnung“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßt jede
Regel, welche die Allgemeinverpflichtung des Eigentums
besser gewährleiste und Finanzinvestitionen transparenter
gestalte. Ziel müsse es sein, kurzfristige und überzogene
Renditeziele zurückzudrängen. Dies solle unabhängig da-
von erfolgen, ob es sich um staatliche oder private Investo-
ren handele und aus welchem Land dieser stamme. Der
DGB kritisiert, dass die Prüfung an extrem strenge europa-
rechtliche Voraussetzungen geknüpft sei und sich nur an ge-
meinschaftsfremde Investoren richte. Des Weiteren sei das
25 Prozent-Kriterium zu starr und der Verzicht auf eine
Meldepflicht zu bemängeln. Es gehe künftig darum, ein
deutliches Mehr an sozialen und ökologischen Standards zu
definieren.

Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungen
(BVK) sieht die von der Bundesregierung geplante Novelle
des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirt-
schaftsverordnung (AWV) für seine Mitglieder als grund-
sätzlich unproblematisch, da bei deren Investitionen in
Deutschland von keiner Beeinträchtigung der öffentlichen
Ordnung oder Sicherheit auszugehen sei. Der BVK schlägt
vor, dass allein der Erwerb von der AWG-Kontrolle erfasst
werde, die nicht nur zu einem Stimmrechtsanteil von mindes-
tens 25 Prozent führen, sondern auch der deutschen oder
europäischen Fusionskontrolle unterliegen, sowie aus recht-
lichen Gründen Erwerber aus Übersee-Ländern und Hoheits-
gebieten gemäß Anhang II zum EG-Vertrag von der Regulie-
rung auszunehmen.

Die Permira Beteiligungsberatung GmbH ist der Mei-
nung, dass die geplanten Änderungen des AWG und der
AWV einen erheblichen Nachteil für Private Equity in
Deutschland bedeuten und damit die Kapitalversorgung ins-
besondere des deutschen Mittelstands beeinträchtigen
würde. Permira schlägt daher vor, dass im Gemeinschafts-
gebiet ansässige Private Equity Fonds als gemeinschafts-
ansässig im Sinne des AWG behandelt werden sollten. Des
Weiteren sollten die Regelungen zu den beizubringenden
Informationen sowie den anwendbaren Fristen mit den ein-
schlägigen fusionskontrollrechtlichen Vorschriften in Ein-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/11898

klang gebracht werden, um den bürokratischen Aufwand
gering zu halten und spätestens mit Ablauf einer Frist von
einem Monat Rechtssicherheit zu erhalten. Beim Fehlen
von Versagungsgründen sollte ein Rechtsanspruch auf Ertei-
lung der vorgesehenen Unbedenklichkeitsbescheinigungen
bestehen.

Die Familienunternehmer – ASU e. V. lehnen eine Ände-
rung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) zur Prüfung
ausländischer Investitionen grundsätzlich ab. Der geplante
Prüfungsvorbehalt stelle eine Beschränkung der Kapitalver-
kehrsfreiheit dar und sei mit einer massiven Verschlechte-
rung des Investitionsstandortes Deutschland verbunden. Die
Investitions- und Kapitalverkehrsfreiheit sei ein hohes Gut,
das nicht ausgehöhlt werden sollte. Die Möglichkeit politi-
scher Einflussnahme auf die „öffentliche Ordnung“ entstehe
nicht durch die Herkunft eines Investors, sondern durch eine
evtl. vorhandene Marktmacht des Unternehmens, bei dem
die Beteiligung erworben werde. Es sei eine überzeugende
Lösung, die ohne zusätzliche Bürokratie auskäme, über eine
Regelung im Wettbewerbsrecht möglich und die Zuständig-
keit für mögliche Auflagen oder Verbote müsste beim Bun-
deskartellamt verankert sein. Eine Prüfung könne dort im
Rahmen der ohnehin durchgeführten Fusionskontrolle statt-
finden.

Dr. Steffen Kern (Deutsche Bank Research) findet eine
Beschränkung der Offenheit für wirtschaftlich nicht wün-
schenswert. Eine Kontrolle von Auslandsinvestitionen aus
politischen Erwägungen sei vertretbar, wenn sie dem Schutz
der öffentlichen Ordnung und Sicherheit diene und im Ein-
klang mit internationalen Standards und dem EU-Recht
stehe. Der vorliegende Entwurf eines Dreizehnten Gesetzes
zur Änderung des AWG und der AWV entspreche im We-
sentlichen und mit einigen Ausnahmen diesen Kriterien. Im
Einzelnen erschienen Verbesserungen des geplanten Prüf-
prozesses unter anderem in folgenden Bereichen möglich:

– Dauer des Prüfprozesses (§ 53 Abs. 2 Satz 4 AWV-
RegE)

– Unbedenklichkeitsfiktion (§ 53 Abs. 2 AWV-RegE)

– Rückabwicklung (§ 31 Abs. 3 AWV-RegE, § 53 Abs. 4
AWV-RegE)

– Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 53 Abs. 3 AWV-
RegE)

– Prüfkriterium (AWG § 7 Abs. 2 Nr. 6)

– Verschwiegenheitspflicht

– Zusammenwirken mit anderen Prüfverfahren.

Prof. Dr. Wulf-Henning Roth (Universität Bonn) gelangt
zu dem Ergebnis, dass, soweit § 7 Abs. 2 Nr. 6 AWG, § 53
Abs. 1 AWV den Beteiligungserwerb von gemeinschafts-
fremden Unternehmen regeln, keine Einwände aus Sicht des
Gemeinschaftsrechts bestünden. Bedenken bestünden je-
doch aus Sicht der Niederlassungsfreiheit, Artikel 43, 48
EG, gegenüber der in § 53 Abs. 1 AWV vorgesehenen Be-
handlung gemeinschaftsansässiger Unternehmen, an denen
gemeinschaftsfremde Unternehmen Beteiligungen von
mehr als 25 Prozent Stimmenanteil erwerben wollten. Aus
Sicht des Wirtschaftsvölkerrechts bestünden keine Ein-
wände.

Dr. Kaspar Krolop (Humboldt-Universität) kritisiert die
nicht ausreichende Differenzierung zwischen börsen- und
nicht börsennotierten Gesellschaften und empfiehlt die vor-
gesehene Eingriffsschwelle von 25 Prozent für börsen-
notierte auf 30 Prozent, für nicht börsennotierte Gesell-
schaften auf 50 Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus biete
das Wettbewerbsrecht sowie das Recht der öffentlich-recht-
lichen Wirtschaftsaufsicht ein breites Instrumentarium,
Fehlverhalten zu bekämpfen. Das Gesetz werde zur Ver-
zögerung bedeutender Transaktionen führen. Eine Entschei-
dungsfrist von einem Monat sowie eine Konkretisierung des
Begriffes „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ord-
nung“ wären zu begrüßen. Zudem könne die Regelung
durch eine in der EU gegründete Tochtergesellschaft um-
gangen werden. Letztlich dürfe die Abschreckungswirkung
der Einleitung eines Prüfverfahrens nicht unterschätzt wer-
den.

V. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat nach
Überweisung der Vorlagen im Plenum in seiner 77. Sitzung
am 3. Dezember 2008 beschlossen, eine öffentliche Sach-
verständigenanhörung durchzuführen. Die öffentliche An-
hörung erfolgte in seiner 83. Sitzung am 26. Januar 2009.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die Vor-
lagen in seiner 86. Sitzung am 11. Februar 2009 abschlie-
ßend beraten.

Zur abschließenden Beratung brachten die Koalitionsfrak-
tionen der CDU/CSU und SPD einen Änderungsantrag auf
Ausschussdrucksache 16(9)1386 ein.

In der abschließenden Debatte hoben die Koalitionsfraktio-
nen hervor, dass die Anhörung bestehende Bedenken größ-
tenteils ausgeräumt habe. Es sei deutlich geworden, dass die
gewünschten Effekte erzielbar seien und etwaige zunächst
befürchtete Nachteile aufgrund der geringen Eingriffstiefe
und der kurzen Entscheidungsfristen ausbleiben würden.
Die vorliegende Gesetzesänderung sei die denkbar geringste
Eingriffsmöglichkeit. Deutschland bleibe auch weiterhin für
ausländische Investoren offen.

Die Fraktion der FDP bezweifelte nach wie vor die Erfor-
derlichkeit einer solchen Gesetzesänderung. Sie vertrat die
Auffassung, dass das Kartell- und Wettbewerbsrecht zum
Schutz vor unliebsamen Investoren ausreichend sei. Es sei
davor zu warnen, zum jetzigen Zeitpunkt der Krise eine
Quasi-Investitionskontrolle bei grenzüberschreitenden In-
vestitionen einzuführen. Dadurch würde nur das Vertrauen
in Deutschland als Investitionsstandort im internationalen
Gefüge beschädigt.

Im Hinblick auf das Prüfkriterium der öffentlichen Sicher-
heit und Ordnung erschien es der Fraktion DIE LINKE.
nicht ausreichend, dies allein als Sache des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Technologie zu betrachten. Die
Fraktion DIE LINKE. würde sich wünschen, dass noch wei-
tere Instanzen hier beteiligt würden. Eine erweiterte Mit-
bestimmung in Unternehmen, die auch Übernahmen be-
treffe, könnte eine solche weitere Prüfinstanz einbringen.

Auch nach Einschätzung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN hat die Anhörung deutlich gemacht, dass die vor-

Drucksache 16/11898 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

liegende Änderung des Außenwirtschaftsrechts nicht sinn-
voll ist. Der Handlungsrahmen im Wettbewerbsrecht sei
ausreichend und biete das geeignetere Instrumentarium für
notwendige Korrekturen.

Im Ergebnis der Beratungen beschloss der Ausschuss mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen FDP und DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Annahme des Änderungsantrags der Koalitionsfraktio-
nen auf Ausschussdrucksache 16(9)1386.

Der Ausschuss beschloss ferner mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag die Annahme des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 16/10730 in der Fassung
des Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Aus-
schussdrucksache 16(9)1386 zu empfehlen.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen
der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags der Fraktion der FDP auf
Drucksache 16/6997 zu empfehlen.

Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem
Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/9612
zu empfehlen.

B. Besonderer Teil
Zur Begründung der einzelnen Vorschriften wird – soweit
sie im Verlauf der Ausschussberatungen nicht geändert oder
ergänzt wurden – zunächst auf den Gesetzentwurf verwie-
sen. Hinsichtlich der vom Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie geänderten oder neu eingefügten Vorschriften
ist im Übrigen folgendes zu bemerken:

1. Zu den Änderungen von Artikel 1 Nr. 6

Zu Buchstabe a

Die Änderung dient der Klarstellung der Tragweite von § 34
Absatz 1 Satz 2 AWG. § 34 Absatz 1 Satz 2 AWG erfasst
die Versendung von Gütern gemäß § 34 Absatz 1 Satz 1
AWG aus einem anderen EU-Mitgliedstaat in Drittländer
durch einen gebietsansässigen Ausführer. Der Begriff „aus-
führt“ könnte aber wegen der Definition der „Ausfuhr„ in
§ 4 Absatz 2 Nummer 4 AWG dahin missverstanden wer-
den, dass nur von Deutschland versandte Güter erfasst sind.
Daher wird das Wort „ausführt“ durch „versendet“ ersetzt.

Zu Buchstabe b

Es handelt sich um Folgeänderungen, die aus dem neuen
Buchstaben a resultieren.

2. Zu den Änderungen von Artikel 2

Zu Buchstabe a

Zur Änderung von § 53 Absatz 1 AWV: In Anlehnung an
die EuGH-Rechtsprechung (vgl. EuGH, Rs. C-524/04,

Thin Cap, Rn. 72, 83; Rs. C-196/04, Cadbury, Rn. 51, 67;
Rs. C-324/00, Lankhorst, Rn. 37) und die Mitteilung der
Kommission über die Anwendung von Maßnahmen zur
Missbrauchsbekämpfung im Bereich der direkten Steuern
(vgl. Mitteilung der Kommission vom 10. Dezember 2007,
KOM (2007) 785 endg.) wird die Überprüfung eines Er-
werbs durch ein gemeinschaftsansässiges Unternehmen, an
dem ein Gemeinschaftsfremder mit mindestens 25 Prozent
der Stimmrechtsanteile beteiligt ist, an die folgende weitere
Tatbestandsvoraussetzung geknüpft: Es müssen tatsächliche
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gründung des ge-
meinschaftsansässigen Unternehmens oder die Beteiligung
des Gebietsfremden daran eine missbräuchliche Gestaltung
bzw. ein Umgehungsgeschäft darstellt. Eine Prüfung von
Erwerbsvorgängen durch solche gemeinschaftsansässige
Unternehmen ist jedenfalls dann möglich, wenn es sich bei
ihnen bzw. bei den in ihnen getätigten Drittlandinvestitionen
um rein künstliche Konstruktionen handelt, die gezielt zu ei-
ner Umgehung des Prüfrechts des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Technologie führen bzw. die darauf aus-
gerichtet sind, der Anwendung der deutschen Rechtsvor-
schriften zu entgehen. Um eine rein künstliche Konstruktion
handelt es sich beispielsweise bei einem Unternehmen ohne
nennenswerte eigenständige Wirtschaftstätigkeit („Brief-
kastenfirma“), was anhand der konkreten Präsenz eines
Unternehmens in Form von Geschäftsräumen, Personal und
Ausrüstungsgegenständen beurteilt werden kann (vgl.
EuGH, Rs. C-196/04, Cadbury Schweppes, Rn. 67; Mit-
teilung der Kommission, KOM(2007) 785 endg., S. 5) bzw.
bei Anteilserwerben, die aus sich heraus keinen wirtschaft-
lichen Sinn ergeben (vgl. EuGH, Rs. C-524/04, Thin Cap,
Rn. 83). In Fällen, in denen eine rein künstliche Konstruk-
tion vermutet wird, kann der Erwerber deren kommerzielle
Rechtfertigung nachweisen (vgl. Mitteilung der Kommis-
sion, KOM(2007) 785 endg., S. 6; EuGH, Rs. C-524/04,
Thin Cap, Rn. 82, 92).

Zu Buchstabe b

Die Änderung von § 53 Absatz 3 AWV dient der Klar-
stellung, dass der Erwerber Anspruch auf Erteilung der
Unbedenklichkeitsbescheinigung hat, wenn dem Erwerb er-
kennbar keine Bedenken hinsichtlich der Gefährdung der
öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland entgegenstehen. Anderenfalls eröffnet das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ein
Prüfverfahren gemäß § 53 Absatz 1 Satz 1 AWV. Im Antrag
auf Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung ist der
geplante Erwerb zu beschreiben und Angaben zum Erwer-
ber und dessen Geschäftsfeld zu übermitteln. Vollständige
Unterlagen über den Erwerb gemäß § 53 Absatz 2 Satz 2
AWV sind nur bei Eröffnung des Prüfverfahrens nach § 53
Absatz 1 Satz 1 AWV zu übermitteln.

3. Zur Anwendung des Gesetzes

Bei der Auslegung des Begriffs der öffentlichen Ordnung
oder Sicherheit durch die Mitgliedstaaten (vgl. S. 3 der
Begründung) werden die nachfolgenden ergänzenden Hin-
weise berücksichtigt: Gemäß den Feststellungen des EuGH
in seinem Urteil C-367/98 können rein wirtschaftliche
Gründe (etwa Schutz bestimmter Produzenten vor den Aus-
wirkungen des Wettbewerbs, vgl. z. B. EuGH, Rs. C-265/
95, Rn. 23, 61 ff.) eine Beeinträchtigung der Kapitalver-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/11898

kehrsfreiheit ebenso wenig rechtfertigen, wie dies die Ver-
folgung wirtschaftspolitischer Ziele vermag (etwa Stärkung
der Wettbewerbsfähigkeit und Umstrukturierung bestimm-
ter Branchen und Unternehmen, Stärkung des nationalen
Unternehmertums, Veränderung des wirtschaftlichen Ge-
wichts des Staates, Entwicklung des Kapitalmarkts bzw. Be-
teiligung von Bürgern am Unternehmenskapital, Wahrung
der Vermögensinteressen des Staates, Abbau von Staats-
schulden usw.). Allgemeine wirtschaftspolitische Ziel-
setzungen wie die Wahl eines strategischen Partners, die
Stärkung der Wettbewerbsstruktur sowie die Modernisie-
rung und die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Produk-
tionsmittel können nicht über die Berufung auf die „öffent-
liche Ordnung oder Sicherheit“ verfolgt werden.

Unabhängig hiervon wird das Bundesministerium für Wirt-
schaft und Technologie bei der möglichen Einleitung eines
Verfahrens nach § 53 AWV berücksichtigen, ob eine Inves-
tition bereits nach europarechtlichen oder nationalen Son-
derregelungen einer Prüfung unterliegt. In Betracht kom-
men z. B. Vorschriften aus dem Wettbewerbsrecht oder
branchenspezifische Vorschriften wie EU-Richtlinien zum
Energie- oder Transportrecht sowie Vorschriften, die den
Zugang zu bestimmten Sektoren wie dem Finanzsektor oder
den Telekommunikationsbereich regulieren. Dabei ist der
Schutzzweck der jeweiligen Sonderregelungen zu beachten:
Beispielsweise richtet sich die Fusionskontrolle (vgl.
§ 35 ff. GWB sowie Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Ra-
tes vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unterneh-
menszusammenschlüssen, ABl. Nr. L 24 vom 29. Januar
2004, S. 1) im Allgemeininteresse und jenseits der Interes-
sen einzelner betroffener Unternehmen auf den Schutz wett-
bewerblicher Marktstrukturen und die Abwehr von Zusam-
menschlüssen, die die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs
beseitigen oder gefährden könnten.

Im Bereich des Energierechts zeichnen sich europarecht-
liche Sonderregelungen für das Energierecht ab, wenn die
– in Beratungen befindlichen – neuen EU-Elektrizitäts-
und Gas-Binnenmarktrichtlinien in Kraft treten. In den
aktuellen Richtlinienentwürfen ist eine Drittstaatenklausel
(Artikel 11 des Entwurfs für eine Elektrizitäts-Binnen-
marktrichtlinie und Artikel 11 des Entwurfs für eine Gas-

Binnenmarktrichtlinie) vorgesehen, nach der Unternehmen
aus Drittstaaten nur dann Kontrolle über die Stromüber-
tragungs- oder Gasfernleitungsnetze der EU-Mitglied-
staaten ausüben oder solche Netze betreiben dürfen, wenn
sie die Netzentflechtungsregeln der EU ebenso wie Unter-
nehmen aus den EU-Mitgliedstaaten erfüllen. Dies wird
durch ein Zertifizierungsverfahren festgestellt. Gründe für
die Verweigerung der Zertifizierung eines Unternehmens
aus einem Drittstaat als Netzbetreiber sind zum einen die
Nichterfüllung der EU-Entflechtungsvorgaben und zum an-
deren die Gefährdung der Energieversorgungssicherheit der
Gemeinschaft oder des Mitgliedstaates, wenn das Dritt-
staatsunternehmen das Übertragungsnetz betriebe.

Ein weiteres Beispiel für sektorbezogene Sonderregelungen
sind die europäischen und nationalen Vorschriften für den
Güter- und den Personenverkehr (vgl. dazu u. a. § 13 des
Personenbeförderungsgesetzes, § 3 des Güterkraftverkehrs-
gesetzes sowie die Richtlinie 96/26/EG des Rates vom
29. April 1996 über den Zugang zum Beruf des Güter- und
Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und
grenzüberschreitenden Verkehr sowie über die gegenseitige
Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonsti-
gen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern
und die Beförderung von Personen im Straßenverkehr und
über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inan-
spruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden
Verkehrsunternehmer, ABl. Nr. L 124 vom 23. Mai 1996
S. 1, die in die maßgeblichen nationalen Rechtsvorschriften
umgesetzt wurde), die für die jeweiligen Verkehrsträger per-
sönliche Zuverlässigkeit, angemessene finanzielle Leis-
tungsfähigkeit und fachliche Eignung der jeweiligen Ver-
kehrsunternehmen bzw. der leitenden Beschäftigten fordern.

Liegen derartige Sonderregelungen vor, ist nur eine Prüfung
im Rahmen ihres jeweiligen Schutzzwecks zulässig. § 53
AWV gelangt hingegen stets zur Anwendung, wenn für die
Untersagung des Anteilserwerbs Gründe der öffentlichen
Ordnung oder Sicherheit maßgeblich sind.

Im Interesse einer Verfahrenserleichterung kann die Be-
scheinigung gemäß § 53 Absatz 3 AWV auch im Auftrag
des Erwerbers, z. B. durch den Inhaber der zu veräußernden
Stimmrechtsanteile, beantragt werden.

Berlin, den 11. Februar 2009

Erich G. Fritz
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.