BT-Drucksache 16/11881

ESL-Milch verbindlich kennzeichnen

Vom 11. Februar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11881
16. Wahlperiode 11. 02. 2009

Antrag
der Abgeordneten Ulrike Höfken, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Bettina
Herlitzius, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter,
Sylvia Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Renate Künast
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

ESL-Milch verbindlich kennzeichnen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Verbraucherinnen und Verbraucher und ihre Vertretungen kritisieren zunehmend
die irreführende Auslobung sogenannter ESL-Milch (ESL: extended shelf life)
als „länger frisch“ oder „maxi-frisch“. Eine auf Temperaturen bis zur 127 Grad
erhitzte Milch, die bis zu 21 Tagen haltbar ist, widerspricht den Erwartungen der
Verbraucherinnen und Verbraucher an Frischmilch. Erhitzungsverfahren über
100° C stellen eine höhere Verarbeitungsstufe dar, die mit Vitaminverlusten,
Qualitätsverlusten und Kochgeschmack einhergehen. Die erhöhte Lagerfähig-
keit dient der Kostenersparnis von Verarbeitern und Handel, aber nicht den Qua-
litätsbedürfnissen der Verbraucher. Eine derart behandelte Milch muss als weni-
ger natürlich und frisch gelten und entsprechend erkennbar sein. Irreführende
Bezeichnungen sind durch eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung zu ver-
bieten und auszuschließen. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Milchwirt-
schaft sind unsinnig, bürokratisch, kaum kontrollierbar und wettbewerbsverzer-
rend, da sich niemand daran halten muss und die Irreführung der Verbraucher
nicht sanktioniert wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

umgehend verbindliche Kennzeichnungsvorschriften für die sogenannte ESL-
Milch zu erlassen, die deutlich machen, dass es sich hierbei nicht um Frisch-
milch, sondern um hocherhitzte Milch handelt.

Berlin, den 11. Februar 2009

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion
Begründung

Die Frische der Milch hat einen hohen Wert für Verbraucherinnen und Verbrau-
cher. Vor allem Eltern kleiner Kinder verlassen sich auf Frischmilch als natür-
liches, unverarbeitetes Lebensmittel. Die schleichende Einführung der ESL-
Milch unter der Bezeichnung „länger frisch“ oder „maxi-frisch“ ist eine Ver-

Drucksache 16/11881 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
brauchertäuschung, die zu beenden ist. Die Bundesregierung muss die ihr oblie-
gende Schutzfunktion vor irreführenden Marktpraktiken wahrnehmen und die
Kennzeichnungslücke umgehend schließen. Die Anbieter von bisheriger Frisch-
milch erleiden Wettbewerbsnachteile, die dazu führen können, dass in Zukunft
die ESL-Milch die Frischmilch verdrängt.

Seit 1996 nimmt der Anteil der haltbaren ESL-Milch zunächst geringfügig, im
zurückliegenden Jahr 2008 jedoch sprunghaft zu. Noch im Jahr 2003 hatte sie
erst einen Anteil von 3 Prozent. Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Ham-
burg e. V. Anfang 2009 förderte zu Tage, dass Discounter und einige Einzelhan-
delsketten manchmal überhaupt keine echte Frischmilch mehr anbieten. Statt-
dessen beherrschen neben der ultrahocherhitzten, sogenannten H-Milch die
ESL-Produkte den Markt. Es droht eine Verbraucherbevormundung durch die
Ausübung von Marktmacht der großen Einzelhandelsketten. Durch eine wahr-
heitsgemäße Kennzeichnung erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher die
Möglichkeit diese Sortimentspolitik, die nicht in ihrem Interesse ist, zu beenden.
Nur wer weiß, was drin ist, kann sich frei entscheiden.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.