BT-Drucksache 16/11706

Kostenrisiken der geplanten festen Fehmarnbeltquerung

Vom 22. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11706
16. Wahlperiode 22. 01. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Lutz Heilmann, Eva Bulling-Schröter, Hans-Kurt Hill, Dorothee
Menzner und der Fraktion DIE LINKE.

Kostenrisiken der geplanten festen Fehmarnbeltquerung

Am 10. Dezember 2008 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Ratifi-
zierung des am 3. September 2008 vom Bundesminister für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung, Wolfgang Tiefensee, und seiner dänischen Amtskollegin
Carina Christensen unterzeichneten Staatsvertrag über eine feste Fehmarnbelt-
querung beschlossen. Bereits am 30. Oktober 2008 allerdings hatte der Präsident
des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der
Verwaltung, Prof. Dr. Dieter Engels, dem Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung (BMVBS) schwere Bedenken gegen diesen Gesetzent-
wurf geäußert, da „die finanziellen Auswirkungen auf zukünftige Haushalte für
den Gesetzgeber nicht transparent sind“.

Dies begründet der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung,
Prof. Dr. Dieter Engels, u. a. damit, dass die Deutsche Bahn Netz AG, die den
Ausbau der Schienenhinterlandanbindung durchführen soll, nicht an die Festle-
gungen des Staatsvertrages gebunden ist (siehe dazu auch die Antwort der Bun-
desregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf
Bundestagsdrucksache 16/11336), und sich „mangels Interesse“ „2004 aus den
Verhandlungen zum Ausbau der Zulaufstrecken (…) zurückgezogen“ hat. Für
die Schienenhinterlandanbindung seien zudem die genaue Streckenführung und
die Kosten nicht bekannt, somit wisse der Bund nicht, „ob der vorgesehene
zweistufige Ausbau wirtschaftlich vertretbar ist“.

Zudem habe das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sel-
ber vor kurzem einen Bericht herausgegeben, in dem für „Großprojekte Kosten-
steigerungen von 60 bis 100 Prozent festgestellt“ wurden. „Darüber hinaus sind
die zugrunde gelegten Verkehrsprognosen zu optimistisch und eine Konkurrenz
durch Fährverkehr ist nicht auszuschließen“, deswegen geht der Bundesbeauf-
tragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Prof. Dr. Dieter Engels, davon
aus, „dass sich die feste Verbindung nicht refinanzieren wird“, woraus für die
Bundesrepublik Deutschland der Druck entsteht, „sich an der festen Verbindung
finanziell zu beteiligen“.

Ferner bemängelt der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Ver-
waltung, Prof. Dr. Dieter Engels, u. a. die völlige Unklarheit der Bedeutung der

in Artikel 5 Absatz 4 Satz 2 und 3 sowie Artikel 22 Absatz 2 Satz 2 und 3 des
Staatsvertrages genannten „Annahmen“, „Voraussetzungen des Projektes oder
für Teile des Projektes“ die „zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages be-
kannt“ sind – also der unbestimmten Rechtsbegriffe, somit sei unklar, an was
Abweichungen gemessen werden könnten, die wiederum Nachverhandlungen
zur Folge haben könnten. Es ist also unklar, wann die Klausel „werden die Ver-

Drucksache 16/11706 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tragsstaaten die Lage aufs neue erörtern“ im juristischen Sinne anwendbar sein
würde.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedenken des Bundesbeauftragten
für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Prof. Dr. Dieter Engels (bitte mit
Begründung)?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kostenrisiken insbesondere für die
Schienenhinterlandanbindung auf deutscher Seite (bitte mit Begründung)?

3. Warum enthält der von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf
keine konkreten Aussagen zur Höhe der Belastungen für den Bundeshaus-
halt und Bundesunternehmen (bitte mit Begründung)?

4. Wird die Bundesregierung den Vorschlag des Bundesbeauftragten für Wirt-
schaftlichkeit in der Verwaltung, Prof. Dr. Dieter Engels, aufgreifen, „mög-
lichst kurzfristig verbindliche Vereinbarungen in Bezug auf die Schienen-
hinterlandanbindungen mit der Deutschen Bahn AG (DB AG) zu schließen“?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

5. Was sind die aktuellsten Kostenschätzungen für den Ausbau der deutschen
Schienenhinterlandanbindung, von wann sind diese, und auf welchen Pla-
nungen basieren diese?

6. Welchen Anteil der Kosten soll die DB AG übernehmen?

7. Warum hat die Bundesregierung mit dem Gesetzentwurf dem Staatsvertrag
ohne Nachverhandlungen über den Vertragstext angesichts der Bedenken
des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Prof.
Dr. Dieter Engels, insbesondere zu Artikel 5 Absatz 4 und Artikel 22
Absatz 2 zugestimmt (bitte mit Begründung)?

8. Warum soll die feste Fehmarnbeltquerung vier Fahrspuren für den Straßen-
verkehr erhalten?

9. Wurde irgendwann im Verfahren auch die Alternative einer Verbindung mit
nur zwei Fahrspuren geprüft?

Wenn ja, wann, und welche Ergebnisse bezüglich der Wirtschaftlichkeit
hatte diese Prüfung?

Wenn ja, um wie viel niedriger lägen die Baukosten?

Wenn ja, welche Auswirkungen hätte dies für die Dimensionierung der
Straßenhinterlandanbindungen?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn nein, hält die Bundesregierung dies angesichts der sehr niedrigen Ver-
kehrsprognose von etwa 9 000 Fahrzeugen täglich im Jahr 2015 für gerecht-
fertigt?

10. Welche Kosten werden voraussichtlich die erforderlichen Sicherungsmaß-
nahmen für die Schifffahrt zur Vermeidung von Schiffskollisionen verur-
sachen?

11. Wer trägt diese Kosten?

12. Ist dies im Staatsvertrag geregelt?

Wenn ja, wo?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11706

Wenn nein, welche Konsequenzen hat dies für die Beurteilung der Kosten-
folgen des Gesetzentwurfes der Bundesregierung?

13. Trifft es zu, dass Dänemark dafür eine gesonderte Nutzen-Kosten-Analyse
machen will?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung dies?

14. Wer würde die Kosten im Falle von Schiffskollisionen mit der festen
Fehmarnbeltquerung tragen?

15. Welche Verfahren – laut Artikel 2 Absatz 3 des Staatsvertrages über den
Bau einer festen Fehmarnbeltquerung unterliegt die Genehmigung der
Querung dem jeweils geltenden Recht des Staates – sollen in der Bundes-
republik Deutschland für die feste Fehmarnbeltquerung durchgeführt
werden (Raumordnungsverfahren, Linienbestimmungsverfahren, Planfest-
stellungsverfahren)?

16. Hat die Europäische Union im Zuge der Gewährung von TEN-Mitteln
(TEN – Transeuropäische Netze) für den geplanten Bau einer festen Feh-
marnbeltquerung gefordert, dass eine strategische Umweltprüfung (SUP)
im Zusammenhang mit dieser Planung durchgeführt wird?

17. Akzeptiert die Europäische Union, dass die Bundesrepublik Deutschland
und Dänemark keine SUP für dieses Projekt durchführen wollen?

18. Wurde die Einrichtung einer dritten Fahrspur auf der bestehenden Brücke
über den Fehmarnsund geprüft?

Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis?

19. Würde es die Tragfähigkeit der Fehmarnsundbrücke zulassen, dass sie zu-
sätzliche Fahrzeuge auf einer dritten Spur aufnimmt?

Berlin, den 20. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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