BT-Drucksache 16/11662

Keine Ausbeutung von Praktikantinnen und Praktikanten in den Bundesministerien und dem Bundeskanzleramt

Vom 21. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11662
16. Wahlperiode 21. 01. 2009

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Hirsch, Werner Dreibus, Volker Schneider
(Saarbrücken), Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Keine Ausbeutung von Praktikantinnen und Praktikanten in den
Bundesministerien und dem Bundeskanzleramt

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Praktikantinnen und Praktikanten in den Bundesministerien und dem Bundes-
kanzleramt erhalten in der Regel keine bzw. keine angemessene Vergütung. Im
Bundesministerium für Arbeit und Soziales werden die jährlich rund 100 Prak-
tikantinnen und Praktikanten beispielsweise allein mit einem Fahrtkosten-
zuschuss und Essensgutscheinen entlohnt. In den anderen Bundesministerien
sieht es ähnlich aus. Die höchste Aufwandsentschädigung erhalten Praktikan-
tinnen und Praktikanten im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung. Aber auch hier beträgt sie gerade einmal 100 Euro im
Monat (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11. Dezember 2008).

Durch diese Regelungen können sich nur Privilegierte ein Praktikum in einem
Bundesministerium oder dem Bundeskanzleramt leisten. Wer dagegen zur
Finanzierung seines Lebensunterhaltes auf ein regelmäßiges Einkommen an-
gewiesen ist oder die zusätzlich anfallenden Kosten etwa für die Unterkunft am
Praktikumsort nicht aufbringen kann, muss auf eine Bewerbung verzichten. Die
Bundesregierung trägt somit zur Verfestigung sozialer Ungleichheit bei.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

allen Praktikantinnen und Praktikanten in den Bundesministerien und dem
Bundeskanzleramt eine angemessene Praktikumsvergütung zu zahlen, für eine
qualifizierte Betreuung Sorge zu tragen, mit jedem Praktikanten und jeder
Praktikantin einen Praktikumsvertrag abzuschließen sowie ein qualifiziertes
Praktikumszeugnis auszustellen.

Berlin, den 20. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

Drucksache 16/11662 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Es ist zutiefst unglaubwürdig, in der Öffentlichkeit gegen die Ausbeutung von
Praktikantinnen und Praktikanten einzutreten, im eigenen Verantwortungs-
bereich aber genau diese Ausbeutung selbst zu betreiben. Um Scheinpraktika
auszuschließen und um für mehr Qualität und Gerechtigkeit bei echten Praktika
zu sorgen, muss die Bundesregierung zuerst bei sich selbst aktiv werden. Eine
Orientierung bietet der „Leitfaden für ein faires Praktikum“ der DGB-Jugend
(http://www.dgb-jugend.de/studium/praktika/im_praktikum/
was_tun_gegen_ausbeutung/leitfaden).

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben diesbezüglich einen ersten
Schritt getan: Der Ältestenrat sprach sich in seiner Sitzung am 26. April 2007
fraktionsübergreifend dafür aus, die Möglichkeit einer Praktikumsvergütung für
Praktikantinnen und Praktikanten einzuführen. Die Fraktion DIE LINKE.
fordert seit Langem, Praktika als Lernverhältnisse gesetzlich zu definieren und
(an den Vorschlägen der DGB-Jugend orientierte) Mindestanforderungen für
gute Praktikaverhältnisse überall umzusetzen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.