BT-Drucksache 16/11633

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -16/8540- Klimaschutz durch effiziente Landwirtschaft

Vom 20. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11633
16. Wahlperiode 20. 01. 2009

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Edmund Peter Geisen, Hans-Michael
Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
– Drucksache 16/8540 –

Klimaschutz durch effiziente Landwirtschaft

A. Problem

Die Land- und Forstwirtschaft spielt als einer der Hauptbetroffenen des Klima-
wandels bei dessen Begrenzung eine Schlüsselrolle. Sie ist der einzige Wirt-
schaftsbereich, der durch seine eigentliche Produktion mit einer überproportio-
nalen CO2-Bindung eine positive Klimabilanz aufweist. Die jüngsten Entwick-
lungen lassen auch in Zukunft einen steigenden Nachfragemarkt für Agrargüter
zur Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitiger Verknappung dieser Rohstoffe
infolge des Klimawandels erwarten.

Für die Fraktion der FDP ist die Nahrungsmittelproduktion weiterhin vorrangige
Aufgabe der Landwirtschaft. Sie wird sich auch in Zeiten des Klimawandels da-
für einsetzen, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarstandortes Deutschland
gesichert bleibt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann und sollte die
heimische Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, etwa durch
Einsatz nachwachsender Rohstoffe und organischer Reststoffe zur Energiege-
winnung. Auch hierbei sind insbesondere Nachhaltigkeit der Produktion und
größtmögliche Effizienz im Sinne des Klimaschutzes zu gewährleisten.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/11633 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/8540 abzulehnen.

Berlin, den 17. Dezember 2008

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ulrike Höfken
Vorsitzende

Johannes Röring
Berichterstatter

Gustav Herzog
Berichterstatter

Dr. Edmund Peter Geisen
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin

dem Klima-, Umwelt-, Verbraucher- und Naturschutz. IV. Beratungsverlauf im federführenden

Ferner sollte die Politik auch unter Klimagesichtspunkten
konventionelle und ökologische Formen der Landwirt-
schaft als gleichwertig ansehen und die Konsumentschei-
dung dem Verbraucher überlassen.

Ausschuss
Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 16/8540 in seiner
93. Sitzung am 17. Dezember 2008 abschließend beraten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11633

Bericht der Abgeordneten Johannes Röring, Gustav Herzog, Dr. Edmund Peter
Geisen, Dr. Kirsten Tackmann und Cornelia Behm

I. Verfahrensablauf

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
16/8540 in seiner 167. Sitzung am 6. Juni 2008 beraten und
an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Land- und Forstwirtschaft spielt als einer der Hauptbe-
troffenen des Klimawandels bei dessen Begrenzung eine
Schlüsselrolle. Sie ist der einzige Wirtschaftsbereich, der
durch seine eigentliche Produktion mit einer überproportio-
nalen CO2-Bindung eine positive Klimabilanz aufweist.

Die rasant wachsende Weltbevölkerung sowie der gestiege-
ne Lebensstandard in bevölkerungsreichen Schwellenlän-
dern lassen auch in Zukunft einen steigenden Nachfrage-
markt für Agrargüter zur Nahrungsmittelproduktion erwar-
ten. Gleichzeitig ist – bedingt durch den Klimawandel – eine
weitere Verknappung dieser Rohstoffe schon jetzt absehbar.

Die deutsche Land- und Nahrungsmittelwirtschaft hat über
Jahrzehnte hinweg ihre Produktionsmethoden und -qualitä-
ten so optimiert, dass sie heute weltweit eine Spitzenposition
einnimmt. Das muss so bleiben. Für die Fraktion der FDP ist
die Nahrungsmittelproduktion weiterhin vorrangige Auf-
gabe der Landwirtschaft. Daher wird sie sich auch in Zeiten
des Klimawandels dafür einsetzen, dass die Wettbewerbs-
fähigkeit des Agrarstandortes Deutschland gesichert bleibt.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben kann und sollte die
heimische Landwirtschaft einen Beitrag zum Klimaschutz
leisten, etwa durch Einsatz nachwachsender Rohstoffe und
organischer Reststoffe zur Energiegewinnung. Auch hierbei
sind insbesondere Nachhaltigkeit der Produktion und größt-
mögliche Effizienz im Sinne des Klimaschutzes zu gewähr-
leisten.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich im We-
sentlichen an folgenden Zielen, Kriterien und Vorgaben zu
orientieren und diese zum Maßstab ihres politischen Han-
delns zu machen:

National

– Oberstes Ziel muss immer die Gewährleistung einer
nachhaltigen Landwirtschaft sein, etwa durch Unterstüt-
zung innovativer Landbewirtschaftungssysteme und Er-
möglichung des Anbaus von Energiehölzern in Agro-
forstsystemen. Dabei dienen Produktivität und Effizienz

Form von Betriebsmitteln wie Dünge- und Pflanzen-
schutzmitteln sowie von Pflanzenzüchtung (inkl. Grüner
Gentechnik) unabdingbar.

– Landwirtschaftliche Rohstoffe aus der Bodenproduktion
sollten möglichst ortsnah zur Veredelung bzw. Energie-
gewinnung eingesetzt werden, regionale Vermarktungs-
strategien müssen einen höheren Stellenwert im Be-
wusstsein der Menschen erhalten.

EU-Ebene

– Der sich aus dem Klimawandel ergebende Anpassungs-
bedarf für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU
darf nicht als Begründung zur Ausweitung der Modula-
tion beim sog. „Health Check“ führen. Aus Gründen
der Planungssicherheit und Verlässlichkeit müssen die
Direktzahlungen der Ersten Säule bis 2013 gesichert
sein.

– Um Produktionserweiterung und die Reduktion von
Treibhausgasemissionen zu ermöglichen, muss die obli-
gatorische Flächenstilllegung in der EU abgeschafft wer-
den, damit eine landwirtschaftliche Nutzung erfolgen
kann.

International

– Auf internationaler Ebene gilt es, Zertifizierungssysteme
für Produktions-, Verarbeitungs- und Vermarktungssträn-
ge von Biomasse festzulegen und durchzusetzen, um
Nachhaltigkeitsstandards sicherzustellen.

– Die geplante Verdopplung der nationalen Quote zur Bei-
mischung von Biokraftstoffen in Deutschland, aber auch
das EU-Ziel für Biokraftstoffe verstärken den Druck auf
die Liefermärkte in tropischen Ländern und müssen
korrigiert werden. Die Erhöhung der nationalen Bei-
mischungsquote sollte – wenn überhaupt – erst als Option
zur Debatte stehen, wenn funktionierende Zertifizie-
rungssysteme aufgebaut sind.

III. Stellungnahme des mitberatenden
Ausschusses

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Vorlage auf Drucksache 16/8540 in seiner
78. Sitzung am 17. Dezember 2008 beraten und empfiehlt
die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP.
– Zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität
und Intensität ist technischer Fortschritt beispielsweise in

Die Fraktion der CDU/CSU konstatierte, dass der vorlie-
gende Antrag mit Blick auf den Klimaschutz einige Bereiche

Drucksache 16/11633 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Die Fraktion der SPD erklärte, die Vorstellungen der an-
tragstellenden Fraktion über eine effiziente Landwirtschaft
seien nachhaltig der falsche Weg. Die im Antrag im Zusam-
menhang mit Hochleistungstieren gemachte Behauptung tei-
le man nicht, auch wenn es hierzu durchaus unterschiedliche
Auffassungen gebe. Vielmehr seien Hochleistungstiere mit
Blick auf ihren Lebenszyklus und ihren Anforderungen an
Futter kritisch zu sehen. Ferner sei festzustellen, dass man im
Zuge des Düngegesetzes die Verbesserung der Bodenqualität
durch Humusanreicherung und Maßnahmen der Produktion
bereits beschlossen statt lediglich unterstrichen zu haben.
Zudem halte man den Einsatz Grüner Gentechnik für falsch.
Begrüßenswert sei jedoch u. a. die Hervorhebung regionaler
Vermarktungsstrategien. Dennoch lehne man den Antrag
insgesamt ab.

Die Fraktion der FDP führte aus, die immer dramatischer
werdenden Hungerkrisen, die rasant wachsende Weltbevöl-
kerung, der zunehmende Bedarf an Bioenergie und die Er-
fordernisse des Klimaschutzes erforderten bei der Landbe-
wirtschaftung umgehend deutliche politische Zielsetzungen.
Benötigt werde eine nachhaltige und höchst effiziente Land-
wirtschaft, z. B. auch durch den Einsatz Grüner Gentechnik,
insbesondere in bereits dafür geeigneten Bereichen. Diese
ermögliche u. a. eine nachhaltige und ausreichende Nah-
rungsmittelproduktion und leiste gleichzeitig einen Beitrag
zur Nutzung von Bioenergie. Der vorliegende Antrag gebe
hierzu zahlreiche Hinweise und zeige das vorhandene Poten-
zial auf. Ferner gelte es, weltweit die Devise Aufforstung vor
Abholzung bei gleichzeitigem Erhalt des Dauergrünlandes
zu beachten. Dadurch könne der höchste und beste Beitrag
zur Absenkung des CO2-Gehalts und damit zum Klima-
schutz geleistet werden. Zudem biete eine effiziente Land-

Landwirtschaft zahlreiche negative Aspekte auf, wobei eine
ausschließliche Extensivierung auch nicht angebracht sei.
Daher sei eine deutliche Differenzierung der Debatte erfor-
derlich. Der Einsatz von Agrogentechnik werde ebenfalls
nicht befürwortet. Die Novellierung des Bundeswaldgeset-
zes unterstütze man ausdrücklich. In diesem Bereich erschie-
nen Lösungen, etwa Eröffnung von Agroforstsystemen,
dringend geboten. Mit Blick auf die internationalen negati-
ven Auswirkungen von Agrotreibstoffen fordere man ein
Aussetzen der Zwangsbeimischung, die Rücknahme der Be-
steuerung sowie ein Moratorium für deren Import.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, das
entscheidende bei dem vorliegenden Antrag sei, dass die an-
tragstellende Fraktion, wie z. B. auch der Deutsche Bauern-
verband, von einer positiven Klimabilanz der Landwirt-
schaft spreche. Allerdings setze die Landbewirtschaftung
nachweislich einen großen Teil des im Boden und in Bio-
masse gebundenen CO2 frei. Auch gehe die Bundesregie-
rung davon aus, dass die Landwirtschaft rund 11 Prozent zu
den klimarelevanten Emissionen in Deutschland beitrage.
Ferner favorisiere der Antrag sowohl die Industrialisierung
der Landwirtschaft als auch die Gentechnik. Zudem sei be-
dauerlich, dass es nach wie vor Vorurteile gegenüber der
ökologischen Landwirtschaft gebe. Auch bei den Zertifizie-
rungssystemen gehe der Antrag von zahlreichen falschen
Voraussetzungen aus. Daher lehne man diesen ab. Allerdings
weise er auch positive Ansätze auf, etwa Erhalt von Dauer-
kulturen und Förderung der Humusanreicherung.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion der FDP, den Antrag auf
Drucksache 16/8540 abzulehnen.

Berlin, den 17. Dezember 2008

Johannes Röring
Berichterstatter

Gustav Herzog
Berichterstatter

Dr. Edmund Peter Geisen
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Cornelia Behm
Berichterstatterin
anerkenne, etwa die klimafreundliche Rolle der Landwirt-
schaft, die wichtige Rolle des Pflanzenbaus und der Humus-
bindung sowie den weiteren Forschungsbedarf. Allerdings
enthalte er in Bezug auf eine effiziente Landwirtschaft einige
Punkte, die noch weiterer u. a. wissenschaftlicher Aussagen
bedürften. Ferner müsse die Hochleistungslandwirtschaft
auf Effizienzkriterien hin genau überprüft werden, auch
wenn es bereits zahlreiche Hinweise gebe, wonach eine
effiziente Landwirtschaft die beste sei. Zudem seien einige
Forderungen bereits eingeleitet bzw. abgeschlossen, wie
z. B. das Thema Flächenstilllegung. Insgesamt gehe der An-
trag in einigen Punkten nicht weit genug, weshalb man die-
sen ablehne.

wirtschaft wesentlich höhere Klimachancen als eine rein
ökologisch ausgerichtete.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, die Debatte über die
Verantwortung der Landwirtschaft im Bereich Klimaschutz,
etwa die Ökobilanzierung, müsse weitergeführt werden. Das
im vorliegenden Antrag zum Ausdruck gebrachte Anliegen
sei durchaus unterstützenswert und eine Reihe von Vorschlä-
gen bewerte man auch positiv. Insgesamt jedoch greife die-
ser zu kurz bzw. gehe in die falsche Richtung. Deshalb lehne
man den Antrag insgesamt ab. So solle etwa bei den Hoch-
leistungstieren deren Langlebigkeit und Gesundheit mehr im
Vordergrund stehen. Ferner weise eine Intensivierung der

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.