BT-Drucksache 16/1162

1. zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD -16/444- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet 2. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -16/754- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet

Vom 5. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1162
16. Wahlperiode 05. 04. 2006

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

1. zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 16/444 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen
Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von
Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet

2. zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 16/754 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des Sozialen
Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von
Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet

A. Problem

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. November 2001 über
Regelungen zu den Dienstbeschädigungsteilrenten aus den vier Sonderversor-
gungssystemen der ehemaligen DDR entschieden. Darin hat das Gericht die
Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG)
über den Wegfall dieser Renten beim Zusammentreffen mit anderen Leistungen
bei den Angehörigen der vier ehemaligen Sonderversorgungssysteme ein-
schließlich der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/
Amtes für Nationale Sicherheit der DDR für mit dem Grundgesetz unvereinbar
erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, den Verfassungsverstoß durch eine
Neuregelung zu beseitigen.

Mit Beschluss vom 9. November 2004 hat der Erste Senat des Bundesverfas-

sungsgerichts die §§ 40, 40a Abs. 1, § 41 Abs. 1 Satz 1 des Bundesversor-
gungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit § 1 Abs. 8 Satz 1 des Opferentschädi-
gungsgesetzes insoweit für unvereinbar mit Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 6
Abs. 1 des Grundgesetzes erklärt, als danach keine Versorgungsleistung für den
Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vorgesehen ist, der nach dem
gewaltsamen Tode des anderen Lebenspartners unter Verzicht auf eine Er-
werbstätigkeit die Betreuung der gemeinsamen Kinder übernimmt. Weiterhin

Drucksache 16/1162 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

wurde entschieden, dass der Gesetzgeber bis zum 31. März 2006 eine verfas-
sungskonforme Neuregelung zu treffen hat.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 20. Juli 2005 entschieden,
dass für Berechtigte nach dem Bundesversorgungsgesetz in dem in Artikel 3
des Einigungsvertrags genannten Gebiet nicht nur die Beschädigtengrundrente
und die Schwerstbeschädigtenzulage, sondern in verfassungskonformer Aus-
legung des § 84a BVG auch die Alterszulage nach § 31 Abs. 1 Satz 2 BVG in
voller Höhe zu gewähren ist.

B. Lösung

Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundes-
sozialgerichts durch entsprechende Änderung der einschlägigen Gesetze.

Im Zuge der Ausschussberatungen wurden unter anderem folgende wesentliche
Änderungen beschlossen:

– Leistungen nach dem Gesetz über einen Ausgleich von Dienstbeschädigun-
gen im Beitrittsgebiet sind zu versagen, wenn der Berechtigte bei einer
Diensthandlung gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit verstoßen hat.

– Mit der rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft tretenden Neufassung des
§ 84a BVG wird klargestellt, dass von Anfang an alle Berechtigten erfasst
sind, die am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet wohnten, unabhängig davon, ob
sie nach diesem Zeitpunkt in die alten Länder umgezogen sind.

– Im Bereich des Soldatengesetzes, des Zivildienstgesetzes und des Infektions-
schutzgesetzes wird die Regelung aus den §§ 40, 40a und 41 des Bundesver-
sorgungsgesetzes für Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft mit materiell-
rechtlichen Übergangsvorschriften übernommen.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils wird in der Praxis nur
wenige Einzelfälle betreffen und daher keine nennenswerten Folgekosten aus-
lösen.

Die sich aus der Erweiterung der Regelung des § 84a Satz 3 BVG auch auf den
Alterserhöhungsbetrag zur Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 2 BVG erge-
benden Mehrausgaben – bezogen auf das Haushaltsjahr 2005 – dürften bei
ca. 0,63 Mio. Euro liegen. Infolge der notwendigen Rückwirkung ab dem 1. Ja-
nuar 1999 käme ein einmaliger Betrag in Höhe von ca. 3,8 Mio. Euro hinzu.

Für die Folgejahre ist mit folgenden Mehrausgaben zu rechnen:

2006: 0,57 Mio. Euro, 2007: 0,51 Mio. Euro, 2008: 0,46 Mio. Euro.

Ohne die Klarstellungen in § 84a BVG ergäben sich in der gesetzlichen Renten-
versicherung Mehrkosten von rd. 35 Mio. Euro jährlich sowie Nachzahlungen

von mindestens 150 Mio. Euro, bei einer Nachzahlung bis 1992 mindestens
rd. 640 Mio. Euro.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1162

Die sich aus den Änderungen im Gesetz über einen Ausgleich für Dienst-
beschädigungen im Beitrittsgebiet ergebenden Mehrausgaben sind wie folgt zu
kalkulieren:

a) Für den Bund:

Nachzahlungen für die Sonderversorgungssysteme der
Nationalen Volksarmee, der Zollverwaltung, des ehemaligen
Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale
Sicherheit (MfS/AfNS)
(davon für MfS/AfNS: 335 000 Euro) 735 000 Euro.

Jährliche Mehraufwendungen ab dem 1. März 2002 für das
Sonderversorgungssystem MfS/AfNS (ohne Dynamisierung) 540 000 Euro.

b) Für die neuen Länder:

Nachzahlungen für das Sonderversorgungssystem
Deutsche Volkspolizei, Feuerwehr, Strafvollzug 250 000 Euro.

Durch die Klarstellung in § 2 des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienst-
beschädigungen im Beitrittsgebiet entstehen keine Mehrkosten für Bund und
Länder.

Ohne diese Regelung wäre dagegen mit Mehrkosten von rd. 1,3 Mio. Euro jähr-
lich sowie Nachzahlungen von bis zu 5,5 Mio. Euro zu rechnen.

2. Vollzugsaufwand

Der entstehende Vollzugsaufwand für die Länderverwaltungen ist geringfügig
und nicht quantifizierbar.

E. Sonstige Kosten

Keine

Drucksache 16/1162 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf – Drucksachen 16/444, 16/754 – mit folgenden Maßgaben,
im Übrigen unverändert anzunehmen:

1. Dem Artikel 1 wird folgender Artikel 01 vorangestellt:

‚Artikel 01
Änderung des Bundesversorgungsgesetzes

§ 84a des Bundesversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), das zuletzt durch … vom …
(BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

㤠84a
Leistungshöhe für Berechtigte im Beitrittsgebiet

Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf-
enthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten,
erhalten vom 1. Januar 1991 an Versorgung nach dem Bundesversorgungs-
gesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maß-
gaben; dies gilt auch vom Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes oder ge-
wöhnlichen Aufenthalts, frühestens vom 1. Januar 1991 an, wenn sie ihren
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet verlegen, in dem die-
ses Gesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat. Satz 1 gilt entsprechend für
Deutsche und deutsche Volkszugehörige aus den in § 1 der Auslandsversor-
gungsverordnung genannten Staaten, die nach dem 18. Mai 1990 ihren
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungs-
vertrages genannten Gebiet begründet haben.“‘

2. Artikel 1 erhält folgende Bezeichnung:

„Artikel 1
Weitere Änderung des Bundesversorgungsgesetzes“.

3. Artikel 3 wird wie folgt gefasst:

,Artikel 3
Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes

Dem § 80 des Soldatenversorgungsgesetzes in der Fassung der Bekannt-
machung vom 9. April 2002 (BGBl. I S. 1258, 1909), das zuletzt durch …
vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, werden die folgenden Sätze an-
gefügt:

„Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entspre-
chender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes,
sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere
unter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaft-
lichen Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des
Kindes beschränkt. Satz 4 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwi-

schen dem 1. November 1994 und dem … [einsetzen: Zeitpunkt des Inkraft-
tretens nach Artikel 9 Abs. 1] an den Schädigungsfolgen verstorben ist.“‘

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/1162

4. Artikel 4 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 4
Änderung des Zivildienstgesetzes

Dem § 47 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes in der Fassung der Bekannt-
machung vom 17. Mai 2005 (BGBl. I S. 1346) werden die folgenden Sätze
angefügt:

„Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entspre-
chender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes,
sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere un-
ter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen
Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes
beschränkt. Satz 4 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen
dem 1. November 1994 und dem … [einsetzen: Zeitpunkt des Inkrafttretens
nach Artikel 9 Abs. 1] an den Schädigungsfolgen verstorben ist.“‘

5. Artikel 5 wird wie folgt gefasst:

‚Artikel 5
Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Dem § 60 Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes in der Fassung vom
20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch … vom … (BGBl. I S. …)
geändert worden ist, werden die folgenden Sätze angefügt:

„Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft erhalten Leistungen in entspre-
chender Anwendung der §§ 40, 40a und 41 des Bundesversorgungsgesetzes,
sofern ein Partner an den Schädigungsfolgen verstorben ist und der andere un-
ter Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung eines gemeinschaftlichen
Kindes ausübt; dieser Anspruch ist auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes
beschränkt. Satz 2 gilt entsprechend, wenn ein Partner in der Zeit zwischen
dem 1. November 1994 und dem … [einsetzen: Zeitpunkt des Inkrafttretens
nach Artikel 9 Abs. 1] an den Schädigungsfolgen verstorben ist.“‘

6. In Artikel 6 wird nach Nummer 2 folgende Nummer 2a eingefügt:

‚2a. Nach § 1 wird folgender § 1a eingefügt:

㤠1a
Leistungsversagung und -entziehung

(1) Leistungen sind zu versagen, wenn der Berechtigte bei einer
Diensthandlung gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechts-
staatlichkeit verstoßen hat und der den Leistungsentzug rechtfertigende
Menschenrechtsverstoß mit der den Leistungen zu Grunde liegenden
Schädigung in einem inneren Zusammenhang steht.

(2) Leistungen sind mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise
zu entziehen, wenn ein Versagungsgrund im Sinne des Absatzes 1
vorliegt und das Vertrauen des Berechtigten auf eine fortwährende
Gewährung der Leistungen im Einzelfall auch angesichts der Schwere
der begangenen Verstöße nicht überwiegend schutzwürdig ist. Soweit
die sofortige Entziehung oder Minderung der Leistungen zu einer unbil-
ligen Härte führt, soll die Entziehung oder Minderung nach einer ange-
messenen Übergangsfrist erfolgen.

(3) Anhaltspunkte, die eine besonders intensive Überprüfung erfor-
derlich machen, ob ein Berechtigter durch sein individuelles Verhalten

gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit versto-
ßen hat, können sich insbesondere aus einer Zugehörigkeit des Be-

Drucksache 16/1162 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rechtigten zu dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit/Amt für
Nationale Sicherheit der DDR ergeben.“‘

7. Nach Artikel 7 wird folgender Artikel 7a eingefügt:

‚Artikel 7a
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch

In § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschrif-
ten für die Sozialversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung vom
23. Januar 2006 (BGBl. I S. 86), das zuletzt durch … (BGBl. I S. …) geän-
dert worden ist, wird nach Absatz 6 folgender Absatz 6a eingefügt:

„(6a) Beschäftigt ein Arbeitgeber, der

1. im privaten Bereich nichtgewerbliche Zwecke oder

2. mildtätige, kirchliche, religiöse, wissenschaftliche oder gemeinnützige
Zwecke im Sinne des § 10b Einkommenssteuergesetz

verfolgt, Personen versicherungsfrei geringfügig nach § 8, kann er auf An-
trag abweichend von Absatz 1 Meldungen auf Vordrucken erstatten, wenn er
glaubhaft macht, dass ihm eine Meldung auf maschinell verwertbaren Da-
tenträgern oder durch Datenübertragung nicht möglich ist.“‘

8. In Artikel 9 wird nach Absatz 1 folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Artikel 01 tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1991 in Kraft.“

Berlin, den 5. April 2006

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Maria Michalk
Berichterstatterin

DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE Auch für diese Gruppe wird das Gesetz auf die Zeit vom

LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Der Rechtsausschuss, der Finanzausschuss, der Haus-
haltsausschuss, der Ausschuss für Familie, Senioren,

1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1996 erstreckt, die am
1. August 1991 Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente
des ehemaligen Sonderversorgungssystems für Angehörige
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/1162

Bericht der Abgeordneten Maria Michalk

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung und Voten der mitberatenden
Ausschüsse

Der Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
auf Drucksache 16/444 ist in der 16. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 9. Februar 2006, der textidentische Gesetz-
entwurf der Bundesregierung (mit Stellungnahme und Ge-
genäußerung) auf Drucksache 16/754 in der 22. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 9. März 2006 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Be-
ratung und an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss,
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Vertei-
digungsausschuss, den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit und den
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Mit-
beratung überwiesen worden.

a) Gesetzentwurf auf Drucksache 16/444

Der Finanzausschuss, der Haushaltsausschuss, der Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der
Ausschuss für Gesundheit haben den Gesetzentwurf auf
Drucksache 16/444 in ihren Sitzungen am 5. April 2006
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetz-
entwurf in der Fassung der vorgelegten Änderungsanträge
anzunehmen. Der Innenausschuss und der Verteidigungs-
ausschuss haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/444
in ihren Sitzungen am 5. April 2006 beraten und mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen. Der
Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache
16/444 in seiner Sitzung am 5. April 2006 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetzentwurf in der
Fassung der vorgelegten Änderungsanträge anzunehmen.
Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/444 in seiner
Sitzung am 5. April 2006 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung
der Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf in der Fassung der
vorgelegten Änderungsanträge anzunehmen.

b) Gesetzentwurf auf Drucksache 16/754

Der Innenausschuss und der Verteidigungsausschuss
haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/754 in ihren
Sitzungen am 5. April 2006 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/

haben den Gesetzentwurf in ihren Sitzungen am 5. April
2006 für erledigt erklärt.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Gesetzentwurf auf Drucksachen 16/444, 16/754
werden mehrere höchstrichterliche Entscheidungen umge-
setzt. Änderungen des Opferentschädigungsrechts in dem
Gesetzentwurf gehen auf einen Beschluss des Bundes-
verfassungsgerichts vom 9. November 2004 zurück. Das
Gericht hielt es für nicht verfassungsgemäß, dass für den Part-
ner einer nichtehelichen Gemeinschaft keine Versorgungs-
leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und dem
Opferentschädigungsgesetz vorgesehen sind, wenn er nach
dem gewaltsamen Tod des anderen Lebenspartners die Be-
treuung der gemeinsamen Kinder übernimmt und dabei auf
eine Erwerbstätigkeit verzichtet. Karlsruhe hatte dem Gesetz-
geber aufgetragen, bis Ende März dieses Jahres eine verfas-
sungsgemäße Neuregelung zu treffen. In Umsetzung des
Urteils des Bundessozialgerichts vom 20. Juli 2005 (B 9a/9
V 6/04) erhalten die Berechtigten nach dem Bundesversor-
gungsgesetz (BVG) in dem in Artikel 3 des Einigungsver-
trags genannten Gebiet nicht nur die Beschädigtengrundrente
und die Schwerstbeschädigtenzulage, sondern auch die
Alterszulage nach § 31 Abs. 1 Satz 2 BVG in voller Höhe.
Mit dem Gesetzentwurf wird weiterhin ein Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 21. November 2001 über
Regelungen zu den Dienstbeschädigungsteilrenten aus den
Sonderversorgungssystemen der DDR umgesetzt. Das seit
1. Januar 1997 geltende Gesetz über einen Ausgleich für
Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet wird für die An-
gehörigen der Sonderversorgungssysteme der Nationalen
Volksarmee, der Deutschen Volkspolizei, der Organe der
Feuerwehr und des Strafvollzugs sowie der Zollverwaltung,
die am 1. August 1991 Anspruch auf eine Dienstbeschädi-
gungsrente eines DDR-Sonderversorgungssystems hatten,
auf die Zeit vom 1. August 1991 bis zum 31. Dezember 1996
erstreckt. Das Gericht hatte die Vorschriften des Anspruchs-
und Anwartschaftsüberführungsgesetzes, welche besagen,
dass diese Dienstbeschädigungsteilrenten bei den Angehöri-
gen dieser Sonderversorgungssysteme wegfallen, wenn diese
Renten mit anderen Leistungen zusammentreffen, für unver-
einbar mit dem Grundgesetz erklärt. Es werden bei Leistun-
gen (einmalige Nachzahlungen) für die Vergangenheit nur
Personen begünstigt, deren Bescheide noch nicht bestands-
kräftig sind. Mit dem Gesetzentwurf sollen darüber hinaus
frühere Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit
(MfS) und des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) der
DDR einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen erhalten.
Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD wollen sie rückwir-
kend zum 1. März 2002 in den Geltungsbereich des seit dem
1. Januar 1997 geltenden Gesetzes über einen Ausgleich für
Dienstbeschädigungen in den neuen Ländern einbeziehen.
Frauen und Jugend, der Ausschuss für Gesundheit und
der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

des MfS/AfNS hatten. Soweit der Gesetzentwurf Leistungen
(einmalige Nachzahlungen) für die Vergangenheit vorsieht,

Drucksache 16/1162 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

werden nur die Personen begünstigt, deren Bescheide noch
nicht bestandskräftig geworden sind. Die zu erwartenden
Nachzahlungen für die ehemaligen Angehörigen der Sonder-
versorgungssysteme der DDR beziffern die Fraktionen der
CDU/CSU und SPD auf 735 000 Euro für den Bund, davon
335 000 Euro für ehemalige Angehörige von MfS und AfNS.
Die jährlichen Mehraufwendungen für MfS-/AfNS-Angehö-
rige werden rückwirkend zum 1. März 2002 auf 540 000 Euro
beziffert. Auf die neuen Länder kommen danach Nachzah-
lungen für Angehörige der Deutschen Volkspolizei, der
Feuerwehr und des Strafvollzugs in Höhe von 250 000 Euro
zu. Ohne die Neuregelung wäre dagegen mit Mehrkosten von
rd. 1,3 Mio. Euro jährlich sowie Nachzahlungen von bis zu
5,5 Mio. Euro zu rechnen, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Wegen der Einzelheiten wird auf die entsprechende Druck-
sache verwiesen.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung
der Vorlage in seiner 13. Sitzung am 8. März 2006 aufge-
nommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung
durchzuführen. Sie erfolgte in der 15. Sitzung des Aus-
schusses am 3. April 2006.

Die Anhörungsteilnehmer haben schriftliche Stellungnah-
men abgegeben, die in der Ausschussdrucksache 16(11)183
zusammengefasst wurden.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverstän-
dige haben an der Anhörung teilgenommen:

1. Verbände und Institutionen

– Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

– Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA)

– Deutsche Rentenversicherung Bund

– Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staats-
sicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.

2. Einzelsachverständige

– Dr. Hubertus Knabe, Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen

– Horst Schüler, Vorsitzender der Union der Opfer-
verbände kommunistischer Gewaltherrschaft e. V.,
Hamburg

– Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer, Direktor des In-
stituts für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht,
Westfälische Wilhelms-Universität, Münster

– Prof. Dr. Wolfgang Edelmann, Dallgow-Döberitz

– Prof. Dr. Ulrich Battis, Humboldt-Universität zu
Berlin.

Nachstehend werden die wesentlichen Aussagen der Ver-
bände, Institutionen und Einzelsachverständigen kompri-
miert dargestellt:

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert in seiner
Stellungnahme ein Ende der unterschiedlichen Behandlung
von Kriegsopfern, Opfern von Straftaten und Arbeitsunfäl-

die geplanten Gesetzesänderungen, soweit sie auch eine rück-
wirkende Gleichstellung im Bundesversorgungsgesetz vor-
sähen, auf das wiederum eine Reihe anderer Entschädigungs-
leistungsgesetze verwiesen. Der DGB lehnt aber Versuche
des Bundesgesetzgebers ab, die Rechtsprechung oberster
Bundesgerichte nachträglich zu verändern, indem er weiter-
hin davon ausgehe, die durch Leistungsgesetze in Bezug ge-
nommene Grundrente des Bundesversorgungsgesetzes sei
für Ansprüche aus dem Beitrittsgebiet zu mindern. Dies führe
immer noch zur Schlechterstellung insbesondere unfallver-
letzter Altrentner der DDR gegenüber den sonstigen unfall-
verletzten Rentnern bei der Freibetragsregelung nach dem
SGB VI. Der DGB begrüßt die Änderung im Opferentschä-
digungsgesetz, nach der nun auch Partner bzw. Partnerinnen
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Hinterbliebe-
nenversorgung erhalten sollten, wenn sie ein gemeinsames
Kind betreuten. Hierdurch solle eine Verbesserung der Situ-
ation des hinterbliebenen Lebenspartners einer nichtehe-
lichen Lebensgemeinschaft eintreten. Zu befürworten sei zu-
dem, dass eine entsprechende Regelung auch in Gesetzen
getroffen werden solle, denen ähnliche Fallkonstellationen zu
Grunde liegen könnten, wie das Soldatenversorgungsgesetz,
das Zivildienstgesetz sowie das Infektionsschutzgesetz.
Gleichzeitig befürwortet der DGB, dass der Alterserhöhungs-
betrag nach dem Bundesversorgungsgesetz ohne Abschläge
gezahlt werden solle. Gleichwohl seien die beabsichtigten
Regelungen nicht weitgehend genug. In der heutigen Zeit
nehme die Zahl der nichtehelichen Partnerschaften beständig
zu. Das gemeinsame Zusammenleben sei auch hier durch ein
Füreinandereinstehen und ein gemeinsames Wirtschaften ge-
prägt. Eine Differenzierung bei der Hinterbliebenenversor-
gung zwischen Eheleuten und Partnerinnen und Partner einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft sei daher nicht mehr
zeitgemäß. Jedenfalls wenn gemeinsame Kinder aus der Ver-
bindung hervorgegangen seien, müsse der Partner bzw. die
Partnerin einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem hin-
terbliebenen Ehepartner gleichgestellt werden – sowohl was
die Leistungsdauer als auch was die Leistungshöhe betreffe.
In Bezug auf die Abschläge bei den Leistungen nach dem
Bundesversorgungsgesetz müsse generell darüber nachge-
dacht werden, inwieweit ein Abschlag für Berechtigte aus
dem Beitrittsgebiet überhaupt noch zeitgemäß sei. Die Le-
benshaltungskosten hätten sich in den neuen Bundesländern
immer mehr dem Niveau in den alten Bundesländern an-
geglichen, so dass auch bei den Versorgungsbestandteilen,
die keine Genugtuungsfunktion hätten, sondern den Mehr-
aufwand aufgrund der Beschädigung ersetzen sollten, die
Differenzierung abgeschafft werden solle.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA) hält die in Artikel 7a des Änderungsantrags
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (Ausschussdruck-
sache 16(11)142) vorgesehene Ausnahme vom elektroni-
schen Meldeverfahren für private Arbeitgeber und Arbeit-
geber i. S. d. § 10b des Einkommensteuergesetzes für
sinnvoll. Sie habe sich jedoch weitergehend für eine ent-
sprechende Härtefallregelung für kleine Unternehmen ins-
gesamt eingesetzt und verweise in diesem Zusammenhang
auf die Seiten 2 und 3 ihrer Stellungnahme zum Entwurf
eines Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren
im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz, Bundes-
len, je nachdem, ob sie in den alten oder neuen Bundesländern
vor der Wiedervereinigung gelebt hätten. Der DGB begrüßt

tagsdrucksache 15/4228). Diese werde nach wie vor für er-
forderlich gehalten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/1162

Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt in ihrer Stel-
lungnahme aus, dass die geplante Neufassung des § 84a
BVG geeignet sei, die bisherige Verwaltungspraxis zu bestä-
tigen. Ein unterschiedlicher Freibetrag je nach Wohnort der
Berechtigten spiegele die unterschiedlichen Einkommens-
verhältnisse in den neuen Bundesländern wider, die z. B.
auch für einen niedrigeren Rentenwert sorgten. Ein einheit-
licher Freibetrag würde das Gesamtgefüge zwischen gesetz-
licher Rentenversicherung und Unfallversicherung verschie-
ben, ohne dass dies zu rechtfertigen wäre. Die geplante
Neuregelung des § 84a BVG bewirke eine rechtliche Klar-
stellung im Sinne der Auffassung der Deutschen Rentenver-
sicherung. Dies gelte zunächst für die in Artikel 1 enthaltene
Änderung des § 84a Satz 1 bis 3 BVG, die den Zeitraum ab
1. Januar 1999 erfasse, für den die ursprüngliche Regelung
vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt worden
sei. Aber auch die zum 1. Januar 1991 rückwirkende Neu-
regelung des § 84a Satz 1 und 2 BVG durch Artikel 01 (Än-
derungsantrag) führe zu einer zusätzlichen Rechtssicherheit
für den Zeitraum 1. Januar 1991 bis 31. Dezember 1998.
Denn dadurch werde sichergestellt, dass von § 84a BVG von
Anfang an nicht nur „Umzügler“ erfasst würden, sondern
auch diejenigen, die seit dem 18. Mai 1990 dauerhaft im Bei-
trittsgebiet wohnten. Für den Fall, dass das Gesetz nicht
verabschiedet wird, ergäben sich folgende finanzielle Aus-
wirkungen: Eine Korrektur ab 1. Januar 1992 unterstellt, er-
gäben sich Nachzahlungen von mindestens rd. 640 Mio.
Euro. Sofern Rentenbescheide bereits bestandskräftig ge-
worden sind, würde sich der Nachzahlungsbetrag auf min-
destens 150 Mio. Euro belaufen. Zu den Nachzahlungsbeträ-
gen kämen jeweils noch die erhöhten laufenden Kosten von
jährlich mindestens rd. 35 Mio. Euro.

Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicher-
heitsdienstes der ehemaligen DDR macht deutlich, dass es
bei den Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit
um eine zu DDR-Zeiten auch unter materiellen Gesichts-
punkten privilegierte Gruppe von Beschäftigten gehe. An-
gesichts der Rolle, die das Ministerium für Staatssicherheit
in der DDR innegehabt habe, sei es zu begrüßen, dass die
ungerechtfertigte materielle Besserstellung dieser Personen
vermieden werde, soweit dies nach den verfassungsrecht-
lichen Vorgaben zulässig sei. Wenn es um Maßnahmen
gehe, mit denen eine angemessene Versorgung ehemaliger
Mitarbeiter erreicht werden solle, dürfe jedoch der Blick auf
die Opfer des MfS nicht zu kurz kommen. Mit jedem Er-
folg, den ehemalige Mitarbeiter des MfS hinsichtlich ihrer
materiellen Besserstellung erreichten, werde die Kluft zwi-
schen den heutigen Lebensverhältnissen der früheren Täter
und ihrer Opfer größer. Der Respekt gegenüber den Opfern
der SED-Diktatur gebiete nicht nur, dass den Opfern öffent-
lich Rechtfertigung widerfahre, dass ihnen mehr zugehört
werde und dass ihre besonderen Verdienste und Leiden auf-
merksam wahrgenommen und gewürdigt würden. Auch die
materielle Entschädigung der Opfer müsse ein zentrales An-
liegen aller politisch Verantwortlichen sein. Die vorhande-
nen Stasi-Unterlagen würden es im Übrigen grundsätzlich
möglich machen, Auskünfte über den Hergang von Dienst-
unfällen unter den MfS-Mitarbeitern so zu erstellen, dass
eine dem Einzelfall angemessene Bewertung vorgenommen
werden könne.

lich gemacht, dass die vorhandenen Unterlagen des Ministe-
riums für Staatssicherheit (Kaderakte, Gesundheitsakte)
eine Rekonstruktion ermöglichten, auf welche Weise ein
MfS-Mitarbeiter eine gesundheitliche Beeinträchtigung er-
litten habe. Diese Unterlagen stünden den Mitarbeitern auch
zur Verfügung. Sie hätten nach § 16 des Stasi-Unterlagenge-
setzes das Recht, Einsicht zu nehmen und Duplikate zu ver-
langen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Wort-
protokoll der öffentlichen Anhörung verwiesen.

Horst Schüler macht in seiner schriftlichen Stellungnahme
deutlich, dass er eine politische Stellungnahme abgebe und
sich zur Sachlichkeit zwingen müsse angesichts des Schick-
sals der Männer und Frauen, die wegen ihres Widerstands
gegen die kommunistische Herrschaft in der SBZ und späte-
ren DDR in dortigen Gefängnissen und Lagern gewesen
seien. Der vorliegende Gesetzentwurf beinhalte beträcht-
liche Nachzahlungen und laufende finanzielle Verbesse-
rungen für „Sonderversorgungssysteme“ von Trägern des
Herrschaftssystems der DDR. Darunter fielen auch die
Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staats-
sicherheit (MfS) und des Amtes für Nationale Sicherheit
(AfNS). Die überwiegende Mehrheit der Opfer des Kom-
munismus – ehemalige politische Häftlinge oder Betroffene
anderer Repressionen des kommunistischen Herrschaftssys-
tems – sei empört über eine erneute Besserstellung von
Menschen, die in enger Beziehung zum Ministerium für
Staatssicherheit gestanden hätten. Während viele Opfer des
Kommunismus in bitterer Not lebten und seit langem um
eine „Opferrente“ kämpften, während physische und psy-
chische Haftfolgeschäden von Versorgungsämtern oft nicht
anerkannt würden und während viele Frauen, die als junge
Mädchen nach bittersten Entwürdigungen ohne jedes Urteil
zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt worden
seien, dafür zumeist keine Entschädigung erhalten hätten,
werde dieses Gesetz dazu beitragen, ihre früheren Peiniger
finanziell weiter zu stärken.

Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer erläutert in seiner Stel-
lungnahme, dass der Gesetzgeber gehalten gewesen sei, den
Mangel zu beheben, dass Dienstbeschädigungsteilrenten
wegen des Zusammentreffens mit Renten wegen Alters oder
verminderter Erwerbsfähigkeit entfallen seien, während an-
dererseits Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung
weiter gewährt würden. Er wolle dies mit dem vorliegenden
Gesetzentwurf tun, indem das Dienstbeschädigungsaus-
gleichsgesetz auch für den Zeitraum vom 1. August 1991
bis zum 31. Dezember 1996 für anwendbar erklärt werde.
Insoweit zeichne der Gesetzentwurf präzise das nach, was
das Bundesverfassungsgericht an Vorgaben gemacht habe.
Der Gesetzentwurf beziehe dabei auch die Angehörigen des
Sonderversorgungssystems Nummer 4 der Anlage 2 zum
AAÜG (MfS/AfNS) mit ein, was den Vorgaben des
Verfassungsgerichtsbeschlusses vom 21. November 2001
entspreche. Die Beschränkung der Gewährung von Leistun-
gen auf solche Fälle, in denen keine bestandskräftigen Ver-
waltungsakte vorlägen, sei ebenso mit dem Grundgesetz
vereinbar und also verfassungsgemäß. Der Sachverständige
vertritt deshalb die Auffassung, dass es mit dem Gleichbe-
handlungsgrundsatz vereinbar sei, wenn der Gesetzentwurf
für die Zeit zwischen 1991 und 1996 nur dann Leistungen
vorsehe, wenn keine bestandskräftigen Bescheide vorlägen.
Dr. Hubertus Knabe hat keine schriftliche Stellungnahme
abgegeben. Er hat in der öffentlichen Anhörung u. a. deut-

In der Orientierung des Dienstbeschädigungsausgleichs an
der Höhe der Grundrente des Beitrittsgebiets – abgesenkt

Drucksache 16/1162 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

nach den Maßgaben des Einigungsvertrags – sehe er keine
Diskriminierung der Bezieher dieser Leistung, so Prof. Dr.
Heinz-Dietrich Steinmeyer. Für die vorgeschlagene Rege-
lung spreche, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner
Entscheidung vom 14. März 2000 (1 BvR 284/96 und
1 BvR 1659/96) den Anpassungsmechanismus des Eini-
gungsvertrags deutlich akzeptiert habe, soweit nicht Kriegs-
opfer betroffen seien. Das Bundessozialgericht habe deut-
lich gemacht, dass es deshalb zu keiner anderen
Entscheidung kommen konnte, weil § 84a BVG in der gel-
tenden Fassung keine andere Auslegung zulasse, da die Vor-
schrift nicht selbst die Kürzung vornehme, sondern
lediglich eine Ergänzung zum Einigungsvertrag anordne.
Aus der Nichtigkeit des § 84a BVG habe das Gericht dann
geschlossen, dass es hier um eine ins Leere gehende, dyna-
mische Rechtsfolgenverweisung gehe. Ob diese Ableitung
des 4. Senats des Bundessozialgerichts zwingend sei, könne
dahingestellt bleiben; es mache aber deutlich, dass das Ge-
richt dann, wenn der Gesetzgeber eine ausdrückliche Rege-
lung vorsehe, die diese untaugliche Bezugnahme auf eine
nichtige Norm erledige, durchaus die Differenzierung vor-
nehmen würde.

Prof. Dr. Wolfgang Edelmann hält fest, dass die vorgese-
henen Änderungen in der Mehrzahl den verfassungsgemä-
ßen Zustand herstellen würden. Allerdings bleibe es unver-
ständlich, dass für Personen, deren Bescheide über die als
verfassungswidrig erkannte Einstellung von Dienstbeschä-
digungsteilrenten unanfechtbar geworden seien, die Be-
günstigung des § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht gelten solle.
Mit diesem Ausschluss von der Nachzahlung verfassungs-
widrig vorenthaltener Leistungen wenigstens für vier Jahre
vor der Verkündung des Beschlusses des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 21. November 2001 sei die Regierungs-
koalition der durch den Beschluss ermöglichten günstigeren
Regelung nicht gefolgt. Grund sei offensichtlich die Ver-
meidung finanziellen Aufwands, der schon durch die lange
Dauer bis zur Verkündung des Urteils wenigstens über bis
zu mehr als neun Leistungsjahre erspart geblieben sei. Zu-
dem weiche die Absicht, an der für Bürger der neuen
Bundesländer geltenden geminderten Höhe der Grundrente
(§ 84a Satz 1 und 2 BVG) festzuhalten, verfassungsrecht-
lich bedenklich vom Beschluss des Bundesverfassungsge-
richts vom 14. März 2000 ab. Die Nichtigkeitserklärung der
Vorschrift sei uneingeschränkt erfolgt und habe so durch die
Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt Gesetzeskraft er-
langt. Die tragenden Gründe dieser Entscheidung lägen
grundsätzlich auch im Entschädigungsrecht für Dienstbe-
schädigungen vor. Der Gesetzgeber des Dienstbeschädi-
gungsausgleichsgesetzes habe sich ausdrücklich an das Un-
fallfürsorgerecht im Beamten- und Soldatenrecht angelehnt
(Bundestagsdrucksache 13/4567, S. 9) und von einer Über-
führung in die gesetzliche Unfallversicherung abgesehen
(so ausdrücklich in Bundesratsdrucksache 393/05, S. 5). Mit
der Entscheidung für die einkommensunabhängige Versor-
gungsleistung nach dem Bundesversorgungsgesetz gegen-
über der einkommensabhängigen nach dem Unfallversiche-
rungsrecht habe er auch dem Ausgleich immaterieller
Schädigung wie bei den Kriegsopfern den Vorrang gegeben.
Nach den jüngsten Erklärungen des Bundesministers für Ar-
beit und Soziales sei bis 2009 keine weitere Angleichung

nisse der in Ausübung ihres Wehr- bzw. Staatsdienstes Ge-
schädigten in unbestimmte zeitliche Ferne rücken. Diese ge-
hörten aber zu einem großen Teil den gleichen Jahrgängen
wie die Kriegsopfer an. Und angesichts der zeitlichen Ver-
zögerung der Angleichung der Lebensverhältnisse hätten
auch jüngere Jahrgänge kaum eine Chance, diese zu Lebzei-
ten zu erleben.

Prof. Dr. Ulrich Battis führt in seiner Stellungnahme aus,
dass die im Artikel 1 des Gesetzentwurfs getroffenen Rege-
lungen verfassungsrechtlich unbedenklich seien. Bedenken
könnten sich allerdings hinsichtlich der Rückwirkung nach
Artikel 9 Abs. 4 des Gesetzentwurfs ergeben. Zu Bedenken
Anlass gebe auch die beibehaltene Differenzierung bei Berech-
nung der Rentenhöhe nach dem auf das Beitrittsgebiet bezoge-
nen Berechnungsmodus des Einigungsvertrags einerseits bzw.
nach einem auf die alten Bundesländer bezogenen Berech-
nungsmodus. Diesbezüglich sei etwa auf das Urteil des BSG
vom 10. April 2003 (Az.: B 4 RA 32/02 R, JURIS) zu verwei-
sen, aber auch auf die Entscheidungen des 9. Senats (Urteil
vom 20. Juli 2005, Az.: B 9a/9 V 6/04 R, JURIS; Urteil vom
12. Juni 2003, Az.: B 9 V 2/02 R, JURIS). Hinsichtlich der
Neuregelungen zu den Versorgungsleistungen für den Partner
einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, der nach dem ge-
waltsamen Tod des anderen Lebenspartners unter Verzicht auf
eine Erwerbstätigkeit die Betreuung der gemeinsamen Kinder
übernimmt, merkt Prof. Dr. Ulrich Battis an, dass in den Arti-
keln 3 bis 5 des Gesetzwurfs verfassungsgemäße Regelungen
gefunden worden seien. Die in allen Änderungsentwürfen vor-
gesehene Beschränkung auf „die ersten drei Lebensjahre des
Kindes“ orientiere sich an der vom BVerfG in seiner Entschei-
dung zur Beurteilung herangezogenen Vorschrift des § 1615l
Abs. 2 Satz 3 BGB. Die Härtefallregelung (§ 1615l Satz 3 letz-
ter Halbsatz: „sofern es nicht insbesondere unter Berücksichti-
gung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unter-
haltsanspruch nach dieser Frist zu versagen“) finde sich in den
bisherigen Änderungsentwürfen nicht wieder. Bei den Rege-
lungen zu den Sonderversorgungssystemen der ehemaligen
DDR seien die Vorgaben des BVerfG berücksichtigt. Bedenken
könnten aber dahin gehend erwachsen, dass die Berechnung
der Rentenhöhe nach dem auf das Beitrittsgebiet bezogenen
Berechnungsmodus des Einigungsvertrags erfolgen solle.
Diesbezüglich sei allerdings darauf hinzuweisen, dass diese
Rentenberechtigten überwiegend in einem nicht mit den
Kriegsopfern vergleichbaren Alter seien. Schließlich dürfte es
an einer den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes
genügenden Vergleichsgruppe fehlen.

IV. Beratung und Abstimmungsergebnis im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage in
seinen Sitzungen am 8. März 2006, am 3. April 2006 (öf-
fentliche Anhörung) und abschließend am 5. April 2006
beraten.

Der von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD ein-
gebrachte Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache
16(11)142 wurde durch den gemeinsamen Änderungsantrag
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 16(11)142 (neu)
ersetzt. Dieser wurde mit den Stimmen der Fraktionen
des aktuellen Rentenwerts Ost an West zu erwarten. Dies
lasse die entsprechende Angleichung der Lebensverhält-

CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. angenommen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/1162

Die Fraktion DIE LINKE. legte den nachfolgenden Ände-
rungsantrag auf Ausschussdrucksache 16(11)143 vor, der
keine Mehrheit fand:

1. zu Artikel 1

Änderung des Bundesversorgungsgesetzes

§ 84a des Bundesversorgungsgesetzes in der Fassung
der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982, zuletzt geän-
dert . . .

§ 84a BVG ist mit Wirkung vom 1. Januar 1999 zu strei-
chen.

2. zu Artikel 6

Änderungen des Gesetzes über einen Ausgleich
von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet.

§ 2 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

„Der Dienstbeschädigungsausgleich wird bei
einem Körper- oder Gesundheitsschaden, der
nach den Regelungen der Sonderversorgungssys-
teme zu einem Anspruch auf eine Dienstbeschädi-
gungsrente geführt hat oder führen würde, in
Höhe der Grundrente nach § 31, bis zum 31. De-
zember 1998 in Verbindung mit § 84a Satz 1 des
Bundesversorgungsgesetzes geleistet.“

Begründung:

Die Änderungen bewirken eine Zahlung einer im Osten wie
Westen gleichen Entschädigungsgrundrente.

Das Urteil des BVerfG vom 14. März 2000 (1 BvR 284/96)
besagt, dass § 84 (Sätze 1 und 2) BVG ab 1. Januar 1999
(gekürzte Zahlung der Entschädigungsgrundrente im Osten
gem. Einigungsvertrag) verfassungswidrig und nichtig ist.
Wesentliche Gründe: die Angleichung des aktuellen Renten-
werts Ost an den West erfolgte nicht wie erwartet und ist seit
1997 erkennbar auf lange Zeit ungewiss. Die Kriegsopfer-
versorgung hat neben einer materiellen eine besondere im-
materielle Komponente. Die Betroffenen im Osten haben
wegen ihres Lebensalters wenig Aussicht, in den Genuss der
vollen Grundrente zu gelangen.

Auch der Dienstbeschädigungsausgleich ist in der Höhe
ebenso wie etwa die Versorgung für dienstbeschädigte Sol-
daten der Bundeswehr nur von Grad der Beschädigung und
nicht vom erzielten Einkommen oder von Unterhaltsansprü-
chen abhängig. Er ist also wie die Kriegsopferversorgung
wesentlich durch die immaterielle Komponente geprägt.

Im Ergebnis der Beratungen hat der Ausschuss mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. beschlossen, dem Deutschen Bundestag die An-
nahme des Gesetzentwurfs auf Drucksachen 16/444, 16/754
in der Fassung der angenommenen Änderungsanträge zu
empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass es im Zuge der
Ausschussberatungen gelungen sei, die Vorgaben des Bun-
desverfassungsgerichts umzusetzen und gleichzeitig eine
gerechte Lösung in den Fällen festzuschreiben, in denen
Personen Leistungen versagt würden, wenn sie im Zusam-

ten. Dieses sei ein wichtiger Schritt auch im Hinblick auf
das noch anstehende Opferentschädigungsgesetz. Die Uni-
onsfraktion war der Auffassung, dass die Antragsteller bzw.
Leistungsbezieher im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten
nach den §§ 60 ff. SGB I verpflichtet seien, zum Nachweis
auf Dienstbeschädigungsausgleich die vorhandenen Kader-
und Gesundheitsakten vorzulegen. Dies müsse bei der prak-
tischen Umsetzung des DbAG sichergestellt werden.

Auch die Fraktion der SPD verwies darauf, dass man mit
dem Einfügen der Leistungsversagung und -entziehung eine
Lösung gefunden habe, die zu Recht im Ausschuss eine
breite Zustimmung erfahre. Unter Einhaltung des Rechts-
staatsprinzips für jeden – auch wenn es manchmal schwer
falle – habe man mit der hier möglichen Einzelfallbehand-
lung einen guten Weg gefunden.

Die Fraktion der FDP dokumentierte ihre Zustimmung da-
durch, dass sie sich dem Änderungsantrag auf Ausschuss-
drucksache 16(11)142 (neu) als Initianten anschloss. Sie
wiesen darauf hin, dass die zeitgleiche Beschäftigung mit
den Themen Ehrenpensionen und Opferentschädigungs-
rente ein wichtiges Signal für die Betroffenen sei.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, die Änderungsanträge
der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD gingen
zwar in die richtige Richtung, da mit ihnen die Ungleich-
behandlung in Ost und West aufgegeben werde. Allerdings
würden Versuche abgelehnt, die Rechtsprechung oberster
Bundesgerichte nachträglich zu ändern, indem man die durch
Leistungsgesetze in Bezug genommene Grundrente des Bun-
desversorgungsgesetzes für Ansprüche aus dem Beitritts-
gebiet mindere.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützte
den Gesetzentwurf ebenfalls mit dem Hinweis auf das
Schließen einer Gerechtigkeitslücke, indem man alle Ange-
hörigen der Sonderversorgungssysteme der ehemaligen
DDR einer differenzierten Einzelfallprüfung unterziehen
könne. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der aktuellen
Diskussion über das Auftreten der Täter in Berlin-Hohen-
schönhausen wichtig.

B. Besonderer Teil

Zur Begründung der einzelnen Vorschriften wird – soweit
sie im Verlauf der Ausschussberatungen nicht geändert
oder ergänzt wurden – auf den Gesetzentwurf – Druck-
sachen 16/444, 16/754 – verwiesen. Hinsichtlich der vom
Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten oder neu
eingefügten Vorschriften ist Folgendes zu bemerken:

Zu Nummer 1 (Artikel 01)

Mit der rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft tretenden
Neufassung des § 84a BVG wird klargestellt, dass Satz 1,
der auf die Maßgaben des Einigungsvertrags verweist, von
Anfang an alle Berechtigten erfasst, die am 18. Mai 1990 im
Beitrittsgebiet wohnten, unabhängig davon, ob sie nach
diesem Zeitpunkt in die alten Länder umgezogen sind. Die
Neufassung entspricht nicht nur der ständigen Recht-
sprechung des für das Versorgungsrecht zuständigen 9a. Se-
nats des Bundessozialgerichts, sondern auch der Ansicht
des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom
menhang mit ihrer Dienstausübung gegen die Grundsätze
der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hät-

14. März 2000 (1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96), in der das
Gericht die Frage der Gleichbehandlung von im Beitritts-

Drucksache 16/1162 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

gebiet wohnhaften Kriegsopfern nicht ausschließlich am
Einigungsvertrag, sondern an § 84a BVG i. V. m. dem
Einigungsvertrag gemessen hat. Der Gesetzgeber reagiert
mit der Klarstellung auf die in den Entscheidungen des
4. Senats des Bundessozialgerichts vom 20. Oktober 2005
(Az.: B 4 RA 13/05 R u. a.) im Widerspruch zu der genann-
ten Rechtsprechung vertretenen Ansicht, wonach § 84a
BVG nur „Umzügler“ erfasse, nicht aber diejenigen, die seit
dem 18. Mai 1990 dauerhaft im Beitrittsgebiet wohnen. Mit
der Neufassung wird somit für die Zeit vor dem 1. Januar
1999 mehr Rechtssicherheit geschaffen. Dies gilt auch für
jene Rechtsbereiche, in denen Vorschriften auf § 84a BVG
verweisen, wie dies bei § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a
SGB VI und bei der vorgesehenen Neufassung von § 2
Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienst-
beschädigungen im Beitrittsgebiet (DbAG) der Fall ist.

Zu Nummer 2 (Artikel 1)

Redaktionelle Folgeänderung aus der Einfügung des Arti-
kels 01.

Zu Nummer 3 (Artikel 3)

Mit Artikel 2 wird in Ausführung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ein Versorgungsanspruch für
Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, die nach dem ge-
waltsamen Tod des anderen Lebenspartners unter Verzicht
auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung des gemeinsamen
Kindes bzw. der gemeinsamen Kinder ausüben, während
der ersten drei Lebensjahre eines Kindes im Opferentschä-
digungsgesetz eingeführt.

Da es im Soldatenversorgungsgesetz (SVG) vergleichbare
Fälle geben kann, soll auch dort eine entsprechende Rege-
lung eingefügt werden.

Wegen der Vergleichbarkeit der Fälle erscheint es unter
Beachtung des Gleichheitssatzes geboten, die Regelung des
Artikels 3 wie die des Artikels 2 vorsorglich ebenfalls zum
1. November 1994 rückwirkend in Kraft zu setzen, auch
wenn in diesem Bereich solche Fälle bisher nicht bekannt
geworden sind.

Ein rückwirkendes Inkraftsetzen des Artikels 3 mit Wirkung
vom 1. November 1994 ist jedoch in der „reinen Form“ der
Inkrafttretensvorschrift (Artikel 9) rechtstechnisch nicht
möglich, da dem Soldatenversorgungsgesetz eine Fassung
zu Grunde liegt, die zeitlich nach der beabsichtigten Rück-
wirkung datiert (SVG vom 9. April 2002). Nur bis zu die-
sem Zeitpunkt könnte eine Rückwirkung in Form der reinen
Inkrafttretensvorschrift wirken. Für den davor liegenden
Zeitraum soll deshalb die materiell-rechtliche Übergangs-
vorschrift im neuen Satz 5 angefügt werden.

Da die Neuregelung allenfalls wenige Einzelfälle betreffen
kann, ist mit nennenswerten Folgekosten nicht zu rechnen.

Zu Nummer 4 (Artikel 4)

Mit Artikel 2 wird in Ausführung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ein Versorgungsanspruch für
Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, die nach dem ge-
waltsamen Tod des anderen Lebenspartners unter Verzicht

der ersten drei Lebensjahre eines Kindes im Opferentschä-
digungsgesetz eingeführt.

Da es im Zivildienstgesetz (ZDG) vergleichbare Fälle geben
kann, soll auch dort eine entsprechende Regelung eingefügt
werden.

Wegen der Vergleichbarkeit der Fälle erscheint es unter Be-
achtung des Gleichheitssatzes geboten, die Regelung des
Artikels 4 wie die des Artikels 2 vorsorglich ebenfalls zum
1. November 1994 rückwirkend in Kraft zu setzen, auch
wenn in diesem Bereich solche Fälle bisher nicht bekannt
geworden sind.

Ein rückwirkendes Inkraftsetzen des Artikels 4 mit Wirkung
vom 1. November 1994 ist jedoch in der „reinen Form“ der
Inkrafttretensvorschrift (Artikel 9) rechtstechnisch nicht
möglich, da dem Zivildienstgesetz eine Fassung zu Grunde
liegt, die zeitlich nach der beabsichtigten Rückwirkung da-
tiert (ZDG vom 17. Mai 2005). Nur bis zu diesem Zeitpunkt
könnte eine Rückwirkung in Form der reinen Inkrafttretens-
vorschrift wirken. Für den davor liegenden Zeitraum soll
deshalb die materiell-rechtliche Übergangsvorschrift im
neuen Satz 5 angefügt werden.

Da die Neuregelung allenfalls wenige Einzelfälle betreffen
kann, ist mit nennenswerten Folgekosten nicht zu rechnen.

Zu Nummer 5 (Artikel 5)

Mit Artikel 2 wird in Ausführung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts ein Versorgungsanspruch für
Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, die nach dem ge-
waltsamen Tod des anderen Lebenspartners unter Verzicht
auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung des gemeinsamen
Kindes bzw. der gemeinsamen Kinder ausüben, während
der ersten drei Lebensjahre eines Kindes im Opferentschä-
digungsgesetz eingeführt.

Da es im Infektionsschutzgesetz (IfSG) vergleichbare Fälle
geben kann, soll auch dort eine entsprechende Regelung
eingefügt werden.

Wegen der Vergleichbarkeit der Fälle erscheint es unter Be-
achtung des Gleichheitssatzes geboten, die Regelung des
Artikels 5 wie die des Artikels 2 vorsorglich ebenfalls zum
1. November 1994 rückwirkend in Kraft zu setzen, auch
wenn in diesem Bereich solche Fälle bisher nicht bekannt
geworden sind.

Ein rückwirkendes Inkraftsetzen des Artikels 5 mit Wirkung
vom 1. November 1994 ist jedoch in der „reinen Form“ der
Inkrafttretensvorschrift (Artikel 9) rechtstechnisch nicht
möglich, da dem Infektionsschutzgesetz eine Fassung zu
Grunde liegt, die zeitlich nach der beabsichtigten Rückwir-
kung datiert (IfSG vom 20. Juli 2000). Nur bis zu diesem
Zeitpunkt könnte eine Rückwirkung in Form der reinen
Inkrafttretensvorschrift wirken. Für den davor liegenden
Zeitraum soll deshalb die materiell-rechtliche Übergangs-
vorschrift im neuen Satz 3 angefügt werden.

Da die Neuregelung allenfalls wenige Einzelfälle betreffen
kann, ist mit nennenswerten Folgekosten nicht zu rechnen.

Zu Nummer 6 (Artikel 6 Nr. 2a)
auf eine Erwerbstätigkeit die Betreuung des gemeinsamen
Kindes bzw. der gemeinsamen Kinder ausüben, während

Die Vorschrift verhindert, dass Leistungen nach dem DbAG
an Personen erbracht werden, die im Zusammenhang mit

Die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlich-
keit liegen begrifflich eng beieinander. Jede Rechtsord-
nung beruht auf einem Bestand unabdingbarer Rechte, die
durch die Gesetzgebung zwar konkretisiert, niemals jedoch
beseitigt oder in ihrem Wesensgehalt beschränkt werden
können. Zu diesen jeder Rechtsordnung immanenten Rech-
ten gehören unter anderem die Achtung der Menschen-
würde, das Recht auf Leben und Freiheit, die Gedanken-,
Gewissens- und Religionsfreiheit sowie das Recht auf freie
Meinungsäußerung.

Ob ein Berechtigter im Zusammenhang mit seiner Dienst-
ausübung konkret durch sein Handeln gegen die Grundsätze
der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, ist
von Amts wegen im Rahmen einer differenzierten Einzelfall-
prüfung zu ermitteln. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Organisation rechtfertigt dabei für sich allein keinen Leis-
tungsausschluss, erforderlich ist darüber hinaus vielmehr ein
individuell vorwerfbares Verhalten in der Person des Berech-
tigten. Dabei kommt es für die rechtliche Beurteilung des
Ausschlusstatbestands nicht auf die formale Gesetzmäßigkeit
der Handlung an, sondern auf den materiellen Unrechts-
charakter des Verhaltens nach den rechtsstaatlichen Grund-
sätzen. Gefordert wird darüber hinaus ein innerer Zusammen-
hang zwischen dem den Leistungsentzug rechtfertigenden
Menschenrechtsverstoß und der den Leistungen zu Grunde
liegenden Schädigung. Ein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen dem schädigenden Ereignis und der Begehung des
Menschenrechtsverstoßes ist hierfür nicht erforderlich, son-
dern es reicht aus, dass die Schädigung allgemein im Rahmen
eines die gesamte Tätigkeit prägenden übergeordneten Un-
rechtsgeschehens erfolgt ist.

Die Regelung erfasst alle Angehörigen der Sonderversor-
gungssysteme nach Anlage 2 des AAÜG. Bei Verstößen ge-
gen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit wäre es im Hinblick auf das verfassungsrechtliche
Gleichbehandlungsgebot nicht zulässig, Personen aufgrund
ihrer bloßen Zugehörigkeit zum MfS/AfNS im Vergleich zu
Angehörigen der anderen drei Sonderversorgungssysteme
zu benachteiligen.

Absatz 1 regelt den Leistungsausschluss für künftige An-
sprüche.

abzuwägen. Die Gründe, die für eine solche Entziehung der
Leistungen für die Zukunft sprechen, sind jeweils fallbezo-
gen zu gewichten und mit dem möglicherweise schutzbe-
dürftigen Vertrauen des Leistungsempfängers abzuwägen.
Dabei kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Leistungen
nur teilweise zu entziehen oder eine angemessene Über-
gangsfrist einzuräumen.

Absatz 3 bezeichnet beispielhaft eine Fallgestaltung, die
aufgrund von Aufgabe und Handlungsweise des MfS/AfNS
eine besonders intensive Durchführung der Einzelfallprü-
fung indiziert.

Zu Nummer 7 (Artikel 7a)

Die Regelung sieht eine Ausnahme von der elektronischen
Meldepflicht in der Sozialversicherung vor, weil auch im
Steuerrecht diese Möglichkeit durch gerichtliche Entschei-
dung in den hier vorgesehenen Fallgestaltungen erzwungen
worden ist. Mit Rücksicht darauf, dass die Verfahrensab-
läufe im Steuer- und im Sozialversicherungsrecht möglichst
gleich gestaltet werden, besteht somit Bedarf für eine An-
passung der Regelung im Melderecht zur Sozialversiche-
rung an diese Ausnahme im Steuerrecht. Damit wird Arbeit-
gebern in eng begrenzten Fällen die Meldung in Papierform
weiterhin ermöglicht.

Zu Nummer 8 (Artikel 9 Abs. 1a)

Für die in Artikel 01 vorgesehene Neufassung des § 84a
BVG ist ein rückwirkendes Inkrafttreten zum 1. Januar 1991
erforderlich, weil die Vorschrift zu diesem Zeitpunkt erst-
mals in Kraft getreten ist. Gesichtspunkte des Vertrauens-
schutzes stehen der rückwirkenden Klarstellung nicht ent-
gegen, da – wie in der Begründung zu Artikel 01 bereits
ausführlich dargelegt ist – angesichts der ständigen Recht-
sprechung des 9a. Senats sowie der verfassungsgericht-
lichen Rechtsprechung ein schutzwürdiges Vertrauen in eine
andere Rechtslage aufgrund einzelner Entscheidungen des
4. Senats des BSG bisher nicht entstehen konnte (vgl. im
Übrigen zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit
der Rückwirkung bei der Verweisung auf § 84a BVG
Bundestagsdrucksache 15/2678 – Begründung zu Artikel 1
Nr. 17a).

Berlin, den 5. April 2006

Maria Michalk
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/1162

ihrer Dienstausübung gegen die Grundsätze der Mensch-
lichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Diese im
Einigungsvertrag (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Ab-
schnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 3 Nr. 2) vorgesehene
Möglichkeit hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich
für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt (Beschluss
vom 21. November 2001 – 1 BvL 19/93).

Absatz 2 regelt die Entziehung bestehender Leistungen für
die Zukunft. Hier ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein
auch angesichts der Schwere der begangenen Verstöße
gleichwohl schutzbedürftiges Vertrauen des Berechtigten
einer Entziehung der Leistung entgegensteht. Dabei sind das
Individualinteresse an der Fortzahlung der Leistungen und
das öffentliche Interesse an einer Entziehung der Leistungen

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