BT-Drucksache 16/11573

Orte der Vielfalt

Vom 7. Januar 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11573
16. Wahlperiode 07. 01. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Jörn Wunderlich, Elke Reinke und der
Fraktion DIE LINKE.

Orte der Vielfalt

Am 26. November 2007 startete die Bundesregierung (Bundesministerium des
Innern, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Be-
auftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration,
Dr. Maria Böhmer) die Initiative „Orte der Vielfalt“. Kommunen und Land-
kreise in Deutschland wurden aufgefordert sich zu bewerben, ein „Ort der Viel-
falt“ zu werden. Die Initiative sollte dabei ein wesentlicher Bestandteil der
Kommunikationsplattform sein, die im Programm „VIELFALT TUT GUT. Ju-
gend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ in der so genannten Säule 3 des
Programms erwähnt wird (vgl. Konzept des Programms „VIELFALT TUT
GUT.“ auf der Programmhomepage www.vielfalt-tut-gut.de).

Folgende allgemeine Teilnahmevoraussetzungen müssen erfüllt werden:

– Die Stadt, die Gemeinde oder der Kreis nimmt die Auseinandersetzung mit
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus ernst und
engagiert sich nachhaltig für Vielfalt, Toleranz und Demokratie.

– Die Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und der Zivilgesell-
schaft – hier insbesondere der Jugend- und Wohlfahrtsverbände und Sport-
und Hilfsorganisationen – arbeiten vor Ort in einem aktiven Bündnis bezie-
hungsweise Netzwerk zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie
zusammen.

– In der Stadt, der Gemeinde oder dem Kreis existieren Angebote zur aktiven
Beteiligung und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger.

– Es wird ein öffentlicher Diskurs über Vielfalt, Toleranz und Demokratie ge-
führt.

– Es wurde die Erklärung für Vielfalt, Toleranz und Demokratie unterzeichnet.

Bewerben konnten sich interessierte Kommunen und Landkreise mit einem
Bewerbungsformular, welches auf der extra eingerichteten Internetseite
www.orte-der-vielfalt.de zur Verfügung gestellt wurde.

Das Bewerbungsformular enthält die folgenden Punkte:
1. Kontaktdaten

2. Informationen zur Gemeinde, zur Stadt oder zum Kreis

3. Warum ist Ihre Gemeinde, Ihre Stadt oder Ihr Kreis ein Ort der Vielfalt?

4. Welche Partner (aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft – neben Verbän-
den und Organisationen vor allem auch engagierte Bürgerinnen und Bürger
und Jugendliche –, aus Wirtschaft oder Medien etc.) sind im Rahmen Ihres

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Engagements gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti-
semitismus und für Vielfalt, Toleranz und Demokratie eingebunden?

5. Wie wird die öffentliche Diskussion über Vielfalt, Toleranz und Demokratie
in Ihrer Gemeinde, Ihrer Stadt oder Ihrem Kreis geführt?

6. Erklärung

7. Anlagen

Am 23. September 2008 wurden in Berlin die ersten 66 „Orte der Vielfalt“ in
einer Auszeichnungsveranstaltung geehrt. Die Ehrung erfolgte durch den Parla-
mentarischen Staatssekretär, Dr. Hermann Kues, bei der Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Warum wurde die Auszeichnung der ersten 66 „Orte der Vielfalt“ ohne Be-
teiligung des Bundesministeriums des Innern (BMI) und der Beauftragten
der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Dr. Maria
Böhmer, durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) vorgenommen?

Inwieweit sind die anderen beiden Ressorts weiterhin in die Initiative einge-
bunden?

2. Wie viele Orte haben sich insgesamt an diesem Wettbewerb beteiligt?

3. Inwieweit bleibt die Bundesregierung mit den nicht ausgezeichneten Orten
weiterhin im Kontakt bzw. in Kommunikation?

4. Inwieweit wurde bzw. wird nichtprämierten Orten mitgeteilt, warum sie
nicht ausgewählt wurden?

5. Wie sind die Kommunen und Landkreise von der Initiative der Bundesregie-
rung „Orte der Vielfalt“ und die Möglichkeit ihrer Beteiligung informiert
worden?

6. Wurden bezogen auf die Initiative – analog zum Vorgehen bei den Lokalen
Aktionsplänen im Programm „VIELFALT TUT GUT.“ – die kommunalen
Spitzenverbände und die Länder miteinbezogen?

Wenn ja, wie, und wann erfolgte die Einbeziehung?

Welche Treffen gab es wann, und zu welchem Thema?

Gibt es Gesprächsprotokolle?

7. Inwieweit spielte die Agentur MEDIA CONSULTA, die die Öffentlichkeits-
arbeit im Programm „VIELFALT TUT GUT.“ leistet, bezogen auf die Initia-
tive der Bundesregierung „Orte der Vielfalt“ eine Rolle?

Hat sie die Kommunen und Landkreise „angesprochen“?

Wenn ja, welche Aquisekosten sind dabei entstanden, und aus welchem Titel
wurden diese finanziert?

8. Welche konkreten Bewertungskriterien und Indikatoren wurden bei der Aus-
wahl der 66 Orte zu Grunde gelegt?

Wurden die Bewertungskriterien und Indikatoren innerhalb der Bundesre-
gierung und/oder mit den Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden
und/oder anderen Institutionen, Organisationen etc. abgestimmt?

9. Inwieweit gibt es – analog zu den Lokalen Aktionsplänen im Programm
„VIELFALT TUT GUT.“ – Handlungsziele, Mittlerziele, Zielhierarchien?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11573

10. Inwieweit wurde bei der Auswahl der 66 Modellprojekte – ähnlich dem
Programm „VIELFALT TUT GUT.“ – mit externen Gutachterinnen und
Gutachtern zusammengearbeitet, und wenn ja, welche Gutachterinnen und
Gutachter waren das?

Wie wurden die Gutachterinnen und Gutachter ausgewählt?

Wurden die Gutachter durch die kommunalen Spitzenverbände, Kommu-
nen und/oder Länder benannt?

11. Inwieweit ist geplant, den ausgezeichneten Orten – analog zu den Lokalen
Aktionsplänen – Finanzmittel für ihre Aktivitäten zur Verfügung zu stel-
len?

Falls ja, aus welchem Titel werden diese finanziert?

Falls nein, sind Absprachen mit Stiftungen erfolgt, die sich finanziell an
der Initiative beteiligen wollen?

12. Welche Sanktionen sieht die Bundesregierung vor, wenn ein ausgezeichne-
ter „Ort der Vielfalt“ sich in den kommenden Jahren nicht als solcher er-
weist, und anhand welcher Kriterien wird dies entschieden?

Kann die Ernennung zum „Ort der Vielfalt“ wieder aberkannt werden?

13. Inwieweit sind bundesweite Bündnisse und Informationenaustausche, wie
in Säule 3 des Konzepts zum Programm „VIELFALT TUT GUT.“, zwi-
schen den ausgezeichneten „Orten der Vielfalt“, den Lokalen Aktionsplä-
nen und Modellprojekten vorgesehen?

14. Sind analog zu den beiden Regionalkonferenzen im Juni und September
2008 auch für diese Orte Regionalkonferenzen geplant?

Wenn ja, wie sind diese inhaltlich ausgestaltet, wer organisiert sie, wie wer-
den sie finanziert, und welche Rolle wird dabei die Bundesregierung spie-
len?

15. Welche Gesamtkosten sind für die dreistündige Auszeichnungsveranstal-
tung am 23. September 2008 entstanden, und wie schlüsseln sich diese
auf?

Aus welchem Titel wurden diese Kosten getragen?

16. Inwieweit ist eine zweite Bewerbungsrunde geplant?

Und falls ja, werden in dieser zweiten Runde deutlichere Bewerbungs- und
Teilnahmebedingungen formuliert als in der ersten Runde?

Welche konkreten Leistungen der Orte sind an die Auszeichnungen gekop-
pelt?

Wann beginnt und endet die zweite Bewerbungsphase?

17. Inwieweit haben abgelehnte und/oder ausgezeichnete Kommunen und
Landkreise die Möglichkeit, sich erneut zu bewerben?

18. Inwieweit ist im Falle einer zweiten Runde eine Zusammenarbeit innerhalb
der Bundesregierung vorgesehen, und wie sieht diese konkret aus?

Welches Bundesressort wird in dieser zweiten Runde die Organisation und
Finanzierung der Auszeichnungsveranstaltung übernehmen, und mit wel-
chen Haushaltsmitteln?

19. Falls erneut das BMFSFJ die Organisation und Finanzierung der zweiten
Bewerbungsrunde und Auszeichnungsveranstaltung übernimmt, warum
werden diese Finanzmittel nicht den Lokalen Aktionsplänen und Modell-

projekten zur Verfügung gestellt?

Drucksache 16/11573 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
20. Inwieweit sollen im Falle einer zweiten Bewerbungsrunde die kommuna-
len Spitzenverbände und die Länder in die inhaltliche Ausgestaltung (z. B.
Entwicklung eines Leistungskatalogs für die „Orte der Vielfalt“), die Be-
stellung der Gutachterinnen und Gutachter und die Auswahl der Orte ein-
bezogen werden?

Welcher gemeinsame Arbeits- und Zeitplan liegt vor?

Berlin, den 6. Januar 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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