BT-Drucksache 16/11506

Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur Heimattreuen Deutschen Jugend e. V.

Vom 19. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11506
16. Wahlperiode 19. 12. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Kersten Naumann, Petra Pau
und der Fraktion DIE LINKE.

Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz
zur Heimattreuen Deutschen Jugend e. V.

Die Recherchen und Berichterstattungen unabhängiger Journalisten zur Hei-
mattreuen Deutschen Jugend e. V. (HDJ) und die von dieser Organisation aus-
gehende Gefahr haben zur Forderung nach einem Verbot der HDJ geführt, die
im Sommer 2008 auch von den drei Oppositionsfraktionen FDP, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Anträgen im Bundestag eingebracht
wurde. Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD ließen sich bis
November 2008 Zeit, einen eigenen Antrag zu stellen.

Am 9. Oktober 2008 kam es zu einer großen Durchsuchungsaktion gegen Akti-
visten der HDJ in mehreren Städten. Trotz der Beschlagnahmung zahlreicher
Materialien ist es bis heute weder zu einem Verbot der HDJ gekommen, noch
wurde die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Durchsuchungsaktionen infor-
miert.

Erst im Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2007 findet die HDJ Erwähnung,
obwohl die Aktivitäten der HDJ schon vorher deutlich zugenommen hatten und
sich der Verein zur führenden Nachwuchsorganisation der extremen Rechten
entwickelt hatte. Einer breiteren Öffentlichkeit wurden die Umtriebe der HDJ
durch die Arbeit von Journalisten wie Andrea Röpke und Andreas Speit be-
kannt. Erst durch die größere öffentliche Aufmerksamkeit für die Aktivitäten der
HDJ wurde das Agieren der Organisation problematischer. Kommunen, in deren
Region Zeltlager der HDJ stattfanden, oder Einzelpersonen, die der HDJ Räume
oder Gelände zur Verfügung stellten, wussten häufig nichts vom politischen und
ideologischen Hintergrund der HDJ.

Wie durch die zahlreichen Fälle geplanter Immobilienkäufe der extremen Rech-
ten deutlich wurde, kann erst durch die Öffentlichmachung solcher Pläne eine
effektive Mobilisierung und Gegenwehr der betroffenen Kommunen und der
Bevölkerung erfolgen. Aus diesem Grund wäre es wichtig, mögliche Erkennt-
nisse der Verfassungsschutzbehörden frühzeitig der Öffentlichkeit bekannt zu
machen, um so eine auch von der Bundesregierung verbal immer wieder gefor-
derte Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Rechtsextremismus zu

unterstützen. Im Fall der HDJ kam es leider erst zu einer sehr späten Information
der Öffentlichkeit seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Dies
legt den Schluss nahe, dass das BfV erst sehr spät auf die Aktivitäten der HDJ
aufmerksam wurde oder dass sie vorhandene Erkenntnisse zur HDJ nicht der
Öffentlichkeit bekannt gemacht hat.

Drucksache 16/11506 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Erkenntnisse haben die Durchsuchungsaktionen am 9. Oktober
2008 gegen Angehörige der HDJ gebracht?

2. Bis wann ist mit der endgültigen Auswertung der bei Anhängern der HDJ
beschlagnahmten Materialien zu rechnen?

3. Bis wann rechnet die Bundesregierung mit einer Entscheidung darüber, ob
ein Verbotsverfahren gegen die HDJ eingeleitet werden soll?

4. Trifft es zu, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz schon seit dem Jahr
2001 Erkenntnisse über die „Heimattreue Deutsche Jugend e. V.“ (HDJ)
sammelt, und seit wann erfolgte eine kontinuierliche Beobachtung?

5. Aus welchem Grund wurden mögliche Erkenntnisse der Beobachtung der
HDJ vor dem Jahr 2007 nicht in den Verfassungsschutzberichten aufgeführt
bzw. der Öffentlichkeit bekannt gemacht?

6. Seit wann gibt es einen regelmäßigen Austausch der Verfassungsschutz-
ämter von Bund und Ländern über die HDJ, und gab bzw. gibt es eine
Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema HDJ?

7. Seit wann sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse
über die geplanten Jugend- und Freizeitlager (Zeltlager) der HDJ, und wur-
den diese möglichen Erkenntnisse den Kommunen bzw. Einrichtungen
bekannt gegeben, auf deren Gelände bzw. in deren Region die HDJ ihre
Zeltlager plante?

Wenn ja, in welcher Form hat diese Information stattgefunden?

8. Hat es von Seiten des BfV Gespräche bzw. Hinweise an Kommunen oder
Einzelpersonen gegeben, die mit geplanten Zeltlagern der HDJ konfrontiert
waren, oder sind der Bundesregierung solche Gespräche bzw. Hinweise
durch die Landesämter für Verfassungsschutz bekannt?

9. Sieht das BfV in der Information der Öffentlichkeit über rechtsextreme
Umtriebe die Möglichkeit, präventiv gegen die Ausbreitung des Rechts-
extremismus vorzugehen, und hat das BfV bezogen auf die HDJ von An-
fang an nach dieser Maßgabe gehandelt?

10. Wird das BfV künftig mögliche Erkenntnisse über Aktivitäten der HDJ den
von diesen Aktivitäten betroffenen Kommunen oder Einzelpersonen im
Vorfeld solcher Aktivitäten mitteilen, und wie begründet das BfV seine
Haltung zu dieser Frage?

Berlin, den 18. Dezember 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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