BT-Drucksache 16/1149

Verbrennung von Halmgut als Biobrennstoff in Kleinfeuerungsanlagen neu regeln

Vom 5. April 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/1149
16. Wahlperiode 05. 04. 2006

Antrag
der Abgeordneten Cornelia Behm, Hans Josef Fell, Winfried Hermann, Sylvia
Kotting-Uhl, Dr. Reinhard Loske und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbrennung von Halmgut als Biobrennstoff in Kleinfeuerungsanlagen
neu regeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe ist eine entscheidende Maßnahme, um
die weltweite Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern. Nachwachsende Roh-
stoffe können sowohl das produzierende Gewerbe langfristig vom Erdöl unab-
hängig machen als auch einen spürbaren Beitrag zur Deckung des weltweiten
Primärenergieverbrauchs leisten. Anbau und Verarbeitung nachwachsender
Rohstoffe müssen sich an den Kriterien der Nachhaltigkeit orientieren. Das ge-
schieht insbesondere durch Anwendung effizienter und neuer Technologien
und Einsatz umweltverträglicher Verfahren.

Bereits seit längerem gibt es in diesem Zusammenhang eine Fachdiskussion
darüber, ob eine Ausweitung der Verbrennung von Biobrennstoffen in Klein-
feuerungsanlagen auf Halmgüter wie Stroh und Getreide angebracht ist und wie
die Rahmenbedingungen für eine solche Ausweitung aussehen sollten. Ent-
scheidungen diesbezüglich wurden bisher nicht gefällt, weil noch nicht alle
Sachfragen als geklärt angesehen wurden.

Inwieweit eine umweltgerechte Verbrennung von Biobrennstoffen wie Stroh
und Getreide zukünftig wirtschaftlich ist, hängt stark davon ab, wie die Rah-
menbedingungen gestaltet werden. Hier gilt es, Regelungen zu treffen, die den
umweltpolitischen Anforderungen gerecht werden und gleichzeitig eine Aus-
weitung der Halmgutverbrennung technisch und ökonomisch ermöglichen. Die
bisherige Rechtslage behindert die technischen Fortschritte, die notwendig und
bei stärkerer Teilnahme der Industrie möglich sind, um Biobrennstoffe wie
Stroh und Getreide umweltgerecht in Kleinfeuerungsanlagen zu verbrennen.
Um die bestehende Entwicklungsblockade aufzulösen, bedarf es eines Ein-
stiegsmarktes, da nur so private Unternehmen für Investitionen in die weitere
Entwicklung der Technik gewonnen werden können.

Zwar können Halmgüter zum Teil zur Biogas- und Bioethanolerzeugung ge-
nutzt werden. Dennoch gibt es verschiedene Argumente, die für ihre Ver-

brennung in Kleinfeuerungsanlagen sprechen. Stroh und Getreidereste fallen in
landwirtschaftlichen Betrieben und in Betrieben des Agrargewerbes häufig un-
regelmäßig, an weit auseinander liegenden Orten und in verschiedenen Größen-
ordnungen an. Daher ist es für eine ökonomisch und ökologisch effiziente Ver-
wertung angebracht, dass verschiedene Verwertungsmöglichkeiten zur Ver-
fügung stehen. Allein bei Getreidereinigungsresten gibt es ein Potenzial von
ca. 1 Mio. t pro Jahr und bei Mindergetreide von ca. 3 bis 5 Prozent der jähr-

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lichen Getreideernte (1,5 bis 2,5 Mio. t pro Jahr). Insbesondere für schadstoff-
belastete oder mit pilzlichen Schaderregern befallene Chargen gilt es effiziente
Verwertungspfade zu eröffnen. Auch von den jährlich anfallenden 50 Mio. t
Stroh stehen ca. 20 Prozent (10 Mio. t) für die energetische Nutzung zur Ver-
fügung.

Die Verbrennung dieser Biomassen in Kleinfeuerungsanlagen darf jedoch nicht
ohne strenge immissionsschutzrechtliche Regelungen zugelassen werden, da
sie im Vergleich zu anderen biogenen Festbrennstoffen ein höheres Schadstoff-
bildungspotenzial aufweisen. Die daraus resultierenden Emissionsprobleme
sind technisch lösbar. Allerdings bedarf es klarer Vorgaben im Immissions-
schutzrecht, um die notwendigen Anreize für die weitere Entwicklung geeig-
neter Anlagen zu setzen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt die Erste Bundesimmissionsschutzverord-
nung (1. BImSchV) nur die Verbrennung von Stroh und ähnlichen pflanzlichen
Stoffen in Kleinfeuerungsanlagen von 15 bis 100 kW zu. In Kleinstanlagen bis
15 kW dürfen nur Holz bzw. Holzbrennstoffe verbrannt werden. Die Getreide-
verbrennung ist in Kleinfeuerungsanlagen bis 100 kW unzulässig. Zugelassen
ist die Verbrennung von Getreide und Biobrennstoffen (außer Holz) in geneh-
migungsbedürftigen Anlagen ab 100 kW nach der 4. BImSchV.

Die Verbrennung von Stroh konnte sich allerdings bisher weder in Klein-
feuerungsanlagen noch in genehmigungsbedürftigen Anlagen etablieren. Auch
die Verbrennung von Getreide in genehmigungsbedürftigen Anlagen hat bisher
aus wirtschaftlichen Gründen noch keine Bedeutung. Wirtschaftlich interessant
für die Landwirtschaft und das Agrargewerbe könnten hingegen die bisher
nicht zugelassenen Getreideverbrennungsanlagen sein.

Eine umweltfreundliche Verbrennung von Halmgut-Brennstoffen in Klein-
feuerungsanlagen bringt Wertschöpfung in den ländlichen Raum. Gleichzeitig
trägt sie durch die Ausnutzung des energetisch nutzbaren Biomassepotenzials
vor allem bei der Wärmeversorgung zum Ersatz von fossilen Brennstoffen bei
und leistet so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

Aus Respekt vor ethischen Vorbehalten gegenüber der Verbrennung von Brot-
getreide ist es allerdings – unabhängig davon, ob man diese teilt – angebracht,
bei einer Neuregelung der Halmgutverbrennung in Kleinfeuerungsanlagen die
Verbrennung von zum Verzehr geeignetem Brotgetreide weiterhin auszuschlie-
ßen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

zügig eine Neuregelung für die Verbrennung von Halmgut-Brennstoffen (vor
allem Stroh und Getreide) auf den Weg zu bringen, die eine thermische Nut-
zung dieser Biobrennstoffe in Kleinfeuerungsanlagen (nach der 1. BImSchV)
bei strengen Grenzwerten zulässt und sich an folgenden Eckpunkten orientiert:

– Die bisherige Brennstoffdefinition „Stroh und ähnliche pflanzliche Stoffe“
wird erweitert auf Biobrennstoffe wie Stroh, Getreide, Getreideganzpflan-
zen und ähnliche pflanzliche Stoffe. Es sollte eine Brennstoffnorm entwi-
ckelt werden.

– Es wird ein maximaler Wassergehalt des Brennstoffes von 15 Prozent fest-
gelegt.

– Die Verbrennung von zum Verzehr geeignetem Brotgetreide in Klein-
feuerungsanlagen bleibt weiterhin ausgeschlossen.

– Der Betrieb von Kleinfeuerungsanlagen zur Verbrennung von Halmgut-

Brennstoffen wird auf Betriebe der Landwirtschaft, des Gartenbaus und des
Agrargewerbes beschränkt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/1149

– Die Verbrennung von Halmgut-Brennstoffen wird nur in Anlagen bis
100 kW zugelassen.

– Die mit Halmgut-Brennstoffen betriebenen Kleinfeuerungsanlagen müssen
nachweislich Abgasemissions-Grenzwerte einhalten, die den Grenzwerten
der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) für genehmi-
gungspflichtige Anlagen entsprechen. Diese Grenzwerte sollen nach wissen-
schaftlichen und technischen Kriterien nach einer Auswertung des Standes
der Technik und der Emissionsminderungspotenziale der Anlagen von den
zuständigen Behörden im Rahmen der anstehenden Novellierung der
1. BImSchV festgelegt werden.

– Bei der Typenprüfung vor der Zulassung der Kleinfeuerungsanlagen ist der
in der TA Luft festgelegte Dioxingrenzwert von 0,1 Nanogramm pro Nm3

auch bei ungünstigen Betriebsbedingungen (schwankende Auslastung und
Brennstoffqualität) einzuhalten.

Berlin, den 5. April 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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