BT-Drucksache 16/11240

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/10616- Kindergelderhöhung sofort auch bei Hartz IV wirksam machen

Vom 3. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11240
16. Wahlperiode 03. 12. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Klaus Ernst, Dr. Barbara Höll,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/10616 –

Kindergelderhöhung sofort auch bei Hartz IV wirksam machen

A. Problem

Nach Auffassung der antragstellenden Fraktion hielten die Einkommen von Fa-
milien mit Kindern nicht mit dem Preisanstieg für deren Lebensunterhalt mit.
Seit dem Jahr 2002 sei das Kindergeld nicht mehr erhöht worden, obwohl die
Preise seither deutlich angestiegen seien. Die von der Bundesregierung jetzt be-
schlossene Anhebung des Kindergeldes werde bei den Familien nicht wirksam,
die Leistungen nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II und SGB XII) erhielten. Damit seien ausgerechnet die Ärmsten und
deren Kinder von der Kindergelderhöhung ausgeschlossen. Deshalb sei es not-
wendig, dass diese Kindergelderhöhung auch denen zu Gute komme, die Leis-
tungen der Grundsicherung nach dem SGB II und dem SGB XII erhielten.

B. Lösung

Der Deutsche Bundestag soll nach dem Willen der Antragsteller die Bundesre-
gierung auffordern, nach dem Vorbild der Regelungen des Gesetzes zur Fami-
lienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2552) in § 11 SGB II und in
§ 82 SGB XII eine Regelung einzufügen, nach der für jedes minderjährige
unverheiratete Kind der Erhöhungsbetrag beim Kindergeld ab 1. Januar 2009
monatlich vom zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen sei, bis der Regel-
satz für Kinder dem für sie existenznotwendigen Bedarf angepasst worden sei.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht ermittelt.

Drucksache 16/11240 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/10616 abzulehnen.

Berlin, den 3. Dezember 2008

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gerald Weiß (Groß-Gerau)
Vorsitzender

Rolf Stöckel
Berichterstatter

pensation durch Nichtanrechnung des Kindergelderhö- werde auf Initiative der Fraktion der SPD mit dem Schul-

hungsbetrags sei bis zur Anpassung des Regelsatzes für
Kinder an den existenznotwendigen Bedarf von Kindern aus
Gerechtigkeitsgründen geboten. Eine Neufestsetzung der

bedarfspaket im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von
Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen eine neue
Leistung für Schülerinnen und Schüler eingeführt. Jeweils
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11240

Bericht des Abgeordneten Rolf Stöckel

I. Überweisung und Voten der mitberatenden
Ausschüsse

1. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/10616 ist in der 187. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 13. November 2008 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Finanzausschuss sowie den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat den Antrag auf Drucksache 16/10616 in seiner Sitzung
am 3. Dezember 2008 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
empfohlen, den Antrag abzulehnen. Der Finanzausschuss
hat auf die Abgabe eines Votums verzichtet.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Antragsteller haben die Einkommen von
Familien mit Kindern nicht mit dem Preisanstieg für deren
Lebensunterhalt mitgehalten. Seit dem Jahr 2002 sei das
Kindergeld nicht mehr erhöht worden, obwohl seitdem die
Preise deutlich angestiegen seien. Die von der Bundesregie-
rung beschlossene Anhebung des Kindergeldes werde bei
den Familien nicht wirksam, die Leistungen nach dem Zwei-
ten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und
SGB XII) erhielten. Damit seien ausgerechnet die Ärmsten
und deren Kinder von der Kindergelderhöhung ausgeschlos-
sen. Deshalb sei es notwendig, dass die Kindergelderhöhung
auch denen zu Gute komme, die Leistungen der Grundsiche-
rung nach dem SGB II und dem SGB XII erhielten. Nach
dem Vorbild der Regelungen des Gesetzes zur Familienför-
derung vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2552) in § 11
SGB II und § 82 SGB XII sei eine Regelung einzufügen,
nach der für jedes minderjährige unverheiratete Kind der Er-
höhungsbetrag beim Kindergeld ab 1. Januar 2009 monat-
lich vom zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen sei,
bis der Regelsatz für Kinder dem existenznotwendigen Be-
darf von Kindern angepasst worden sei. Die Ankündigung
einer Kindergelderhöhung um 10 Euro monatlich für das
erste und zweite Kind sowie um 16 Euro monatlich für das
dritte und alle weiteren Kinder ab 2009 zeige, dass der zur
Abdeckung des Existenzminimums von Kindern nötige Be-
trag aus Sicht der Bundesregierung seit der Vorlage des letz-
ten Existenzminimumberichts deutlich angestiegen sei. Eine
Anhebung des Kindergeldes von 154 auf 164 Euro monat-
lich entspreche einer Anhebung um circa 6,5 Prozent. Die
Grundsicherungsleistungen seien im Bereich der Regelleis-
tungen nicht in diesem Umfang erhöht worden. Eine Kom-

Grundsicherungsleistungen für Kinder auch deren tatsäch-
lichen existenznotwendigen Bedarf abbildeten.

III. Beratung im federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
108. Sitzung am 3. Dezember 2008 den Antrag auf Druck-
sache 16/10616 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung zu empfehlen.

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass das Kin-
dergeld zuletzt in 2002 erhöht worden ist; seitdem seien die
Lebenshaltungskosten um 12 Prozent gestiegen. Dagegen
seien die Regelleistungen für Arbeitslosengeld (ALG) II und
Sozialgeld seit Inkrafttreten des SGB II regelmäßig erhöht
worden. Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrach-
te Kindergelderhöhung sei daher mehr als gerechtfertigt. Wer
hinsichtlich der Regelleistungen weitere Erhöhungen fordere
– seien diese auch noch so gut gemeint – müsse immer be-
rücksichtigen, dass sie auch von Familien mit begrenztem
Arbeitseinkommen über Steuern und Abgaben finanziert
werden müssten. Die Fraktion DIE LINKE. wolle somit mit
ihrem Antrag Geschenke verteilen, die sie von Geringverdie-
nern mitfinanzieren lassen wolle. Dies sei die wahre Unge-
rechtigkeit. Schon heute bekämen Kinder in ALG-II-Bedarfs-
gemeinschaften je nach Alter zwischen 60 und 80 Prozent
des Regelsatzes. Einen Anspruch auf sogenannte Mehrbe-
darfe für Alleinerziehende gebe es ebenfalls. In vielen Kom-
munen gebe es zusätzliche Vergünstigungen bei Eintrittsgel-
dern oder sonstigen Gebühren. Neben der Absicherung des
gesamten Lebensunterhalts der Kinder würden außerdem
Wohn- und Heizkosten für die Kinder durch den Steuerzahler
finanziert. Diese bereits bestehenden umfangreichen Leis-
tungen müssten auch so sein. Das Kindergeld solle aber ge-
rade den Familien mit Kindern helfen, die sonst keine Unter-
stützung bei der Finanzierung des Lebensunterhalts ihrer
Kinder bekommen. Schließlich gelte es zu berücksichtigen,
dass auch in dem vom Bundeskabinett beschlossenen
Entwurf eines Familienleistungsgesetzes an die Kinder
gedacht sei. Danach sollen Kinder und Jugendliche aus
Familien, die von SGB-II- oder SGB-XII-Leistungen leben,
jeweils zum Beginn des Schuljahres einen zusätzlichen
Betrag von 100 Euro erhalten.

Nach Ansicht der Fraktion der SPD werde in dem Antrag
unterstellt, dass der aktuell gültige Regelsatz für Kinder
nicht bedarfsdeckend sei. Der Logik der Antragsteller fol-
gend wäre das Kindergeld somit immer dann auf das
Arbeitslosengeld II anzurechnen, wenn die Regelleistung
ausreichend sei. Die SPD-Fraktion wies darauf hin, dass im
Bundesministerium für Arbeit und Soziales zurzeit das
Thema der Regelleistungen für Kinder geprüft werde. Auch
Regelsätze für Kinder müsse im Anschluss an diese Rege-
lung schnellstmöglich vorgenommen werden, damit die

zum Schuljahresbeginn erhielten im Rahmen des SGB II und
des SGB XII Schülerinnen und Schüler eine zusätzliche

Berlin, den 3. Dezember 20

Rolf Stöckel
Berichterstatter

bung des Kindergeldes ausgerechnet die Leistungsbeziehen-
den nach dem SGB II und dem SGB XII ausgeschlossen
würden, weil das Kindergeld in vollem Umfang auf die
Grundsicherungsleistungen angerechnet wird. Die Fraktion
DIE LINKE. forderte daher, auf die Anrechnung der Erhö-
hungen solange zu verzichten, bis der Regelsatz für Kinder
dem existenznotwendigen Bedarf der Kinder angepasst sei.
Der existenznotwendige Bedarf der Kinder sei durch die
aktuellen Regelsätze nicht gedeckt. Nach der bisherigen
Systematik seien die Kinderregelsätze zumindest um den
prozentualen Anstieg des Kindergeldes zu erhöhen. Die
Fraktion DIE LINKE. verwies zudem auf die erheblichen
– auch verfassungsrechtlichen – Bedenken an dem Verfahren
zur Ermittlung und der aktuellen Höhe der Kinderregelsätze.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halte die zu
niedrige Regelleistung für Kinder im SGB II und im
SGB XII für das eigentliche Problem. Es sei auch systema-
tisch falsch, den Nachrangigkeitsgrundsatz bei den Sozial-
leistungen durch die vorgeschlagene Regelung auszuhebeln.
Man wolle keine Trostpflaster sondern fordere von der Bun-
desregierung, umgehend existenzsichernde Regelsätze für
Kinder einzuführen. Diese müssten nach den Berechnungen
des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes deutlich über dem
jetzigen Niveau liegen. Die Nichtanrechnung der Kinder-
gelderhöhung helfe insofern nicht weiter.

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Drucksache 16/11240 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Leistung für die Schule in Höhe von 100 Euro. Von daher
werde die Fraktion der SPD den Antrag ablehnen.

Die Fraktion der FDP hob hervor, dass der Regelsatz für
Kinder jährlich im Einklang mit der Lohnentwicklung und
dem Rentenwert erhöht werde. Die beiden Systeme von
Kindergeld und Regelsatz seien nicht zu verwechseln. Pro-
blematisch sei auch, dass schon nach der heutigen Berech-
nungsmethode der Regelsätze gerade bei Familien mit zwei
und mehr Kindern das Lohnabstandsgebot nicht mehr einge-
halten werden kann. Die FDP-Fraktion halte es für richtig zu
prüfen, ob Kindern eine zweckgebundene Sachleistungs-
pauschale für Schulbedarfe gewährt werden kann, deren Be-
trag maximal der Kindergelderhöhung entspricht.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, dass die Kinderarmut in
Deutschland ein unerträgliches Ausmaß angenommen habe.
Es sei nicht akzeptabel, dass von der angekündigten Anhe-

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