BT-Drucksache 16/11149

Wirkungsgleiche Übertragung der Rente mit 67 auf Pensionen und Auswirkungen der so genannten Kappungsgrenze im Dienstrechtsneuordnungsgesetz

Vom 28. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11149
16. Wahlperiode 28. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Silke Stokar von Neuforn, Irmingard Schewe-Gerigk und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wirkungsgleiche Übertragung der Rente mit 67 auf Pensionen und Auswirkungen
der so genannten Kappungsgrenze im Dienstrechtsneuordnungsgesetz

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben am 12. November 2008 das
Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DNeuG) beschlossen. Wenn der Bundesrat
zugestimmt hat, wird es größtenteils im März 2008 in Kraft treten. Nach der
Begründung soll mit dem Gesetz unter anderem eine „wirkungsgleiche Über-
tragung von Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung“ stattfinden,
und zwar „unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der Alterssiche-
rungssysteme“ (Bundestagsdrucksache 16/7076, S. 3). Dies sollte geschehen
durch den „Nachvollzug der Wirkungen des Rentenversicherungsnachhaltig-
keitsgesetzes 2004 für Schul- und Hochschulzeiten durch wirkungsgleiche Be-
grenzung der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten als ruhegehaltfähige
Dienstzeit“ (a. a. O., S. 3).

In der gesetzlichen Rentenversicherung waren die bis dahin anerkannten drei
Hochschuljahre der Akademikerinnen und Akademiker gestrichen worden. Die
Höherwertung hing vom Versicherungsleben ab. Je besser der persönliche Ver-
sicherungsverlauf, umso höher war der Rentenertrag. Bei den Pensionärinnen
und Pensionären sollte die Anerkennung der Hochschulausbildung als ruhege-
haltsfähige Dienstzeit um acht Monate auf 856 Tage gekürzt werden, damit auch
bei den Pensionen ein den gesetzlichen Renten entsprechender maximaler Kür-
zungsbetrag erreicht wird. Die Beamten sollten mithin ein Altersruhegeld für
ihre Ausbildung erhalten, wenn sie besonders hohe Anwartschaften auf Ruhe-
gehalt erworben haben – im Unterschied zu den gesetzlich Versicherten, denen
diese Anwartschaften grundsätzlich aberkannt wurden.

Die umfangreichen Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen zum Gesetz-
entwurf, die am 7. November auch an die Fraktionen der Opposition verteilt
wurden, enthielten dann jedoch eine so genannte Kappungsgrenze (vgl. die
Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Bundestagsdrucksache 16/10850,
S. 135). Anderenfalls würden sich – nach Auffassung der Regierungsfraktionen –
für Pensionen in den obersten Besoldungsgruppen ab Besoldungsgruppe A 16
finanzielle Auswirkungen ergeben, die zum Teil erheblich über den höchsten
Rentenkürzungsbetrag hinausgingen. Als Beispiel dafür wird die Besoldungs-

gruppe B 9 angegeben, deren Ruhegehalt nach den Anpassungen des Bundes-
besoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2008/2009 um ca. 109 Euro
gekürzt werden würde (vgl. Bundestagsplenarprotokoll 16/186 vom 12. Novem-
ber 2008, S. 19934).

Die Kappungsgrenze ist für alle Besoldungsgruppen vorgesehen, wird sich aber
sehr unterschiedlich auswirken. Die Behauptung, es würden ohne die Kap-

Drucksache 16/11149 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

pungsgrenze noch weitergehende Kürzungen als im Rentenrecht durchgeführt,
ist daher umstritten. Presseberichte bezeichnen die Kappungsgrenze vielmehr
als ein „Millionengeschenk für Spitzenbeamte“ und einen „Schutzschirm für
Besserverdiener“ (vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung [HAZ] vom 14. No-
vember 2008).

Der Versorgungsbericht der Bundesregierung, der sich mit der Lage der Alters-
sicherungssysteme des öffentlichen Dienstes befasst, geht davon aus, dass ins-
besondere die steigende Zahl der Versorgungsempfänger zu erheblich wachsen-
den Versorgungsausgaben führen werde, und zwar selbst dann, wenn die
Versorgungsbezüge künftig nicht erhöht würden. (vgl. Dritter Versorgungsbe-
richt der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 15/5821, S. 51). Nach Pres-
seberichten soll die Begünstigung durch die Kappungsgrenze im Jahr 2016
Mehrkosten für den Bund von vier Mio. Euro im Jahr 2016 verursachen, und
nach dem Jahr 2020 auf rund 12 Mio. Euro ansteigen (vgl. HAZ, a. a. O.).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Besoldungsgruppen betrifft die Kappungsgrenze und wie unter-
schiedlich wirkt sich ihre Einführung im Ergebnis für die einzelnen Besol-
dungsgruppen aus?

2. Profitieren nach Ansicht der Bundesregierung die höheren Besoldungsgrup-
pen stärker von dieser Kappungsgrenze als niedrige Besoldungsgruppen, und
wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

3. Werden von der Kappungsgrenze auch Mitglieder der Bundesregierung
potentiell begünstigt, und wenn ja, wer?

4. Treffen die Presseberichte zu, nach denen die Begünstigung durch die
Kappungsgrenze im Jahr 2016 Mehrkosten für den Bund von vier Mio. Euro
im Jahr 2016 verursachen, und nach dem Jahr 2020 auf rund 12 Mio. Euro
ansteigen werden, und falls nicht, wie hoch sind diese Kosten tatsächlich zu
beziffern?

5. Wie ist die Kappungsgrenze einerseits mit den Aussagen im Dritten Ver-
sorgungsbericht zu vereinbaren, wonach insbesondere die steigende Zahl der
Versorgungsempfänger zu „erheblich“ wachsenden Versorgungsausgaben
führen wird, und andererseits mit dem vorgeblichen Ziel der Bundesregie-
rung, den Bundeshaushalt zu konsolidieren?

6. Wie rechtfertigt die Bundesregierung insbesondere gegenüber den Rent-
nerinnen und Rentnern die Tatsache, dass die Übertragung der Rentenkürzun-
gen auf Pensionärinnen und Pensionäre zwar dem Betrag nach angestrebt
wird, anders als bei den Renten aber nicht die einfache Streichung der Hoch-
schulausbildung vorgesehen ist?

7. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Besoldungsempfänger von A 16
und in der B-Gruppe der Beamtenbezüge ein höheres Jahresgehalt beziehen
als die Rentenversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung, deren
Beitragspflicht mit der Beitragsbemessungsgrenze bei 63 600 Euro endet?

8. Fällt der Bundesregierung nicht auf, dass aufgrund der höheren Versorgungs-
bezüge von Beamten im Vergleich zu den Renten der gesetzlich Rentenver-
sicherten immer damit argumentiert werden kann, dass die monetären Aus-
wirkungen bei den Beamtinnen und Beamten höher liegen als bei den
Rentnerinnen und Rentnern?

9. Trifft es zu, dass für die Höhe der Versorgungsbezüge die letzten Jahre maß-
geblich sind, während bei den Rentnerinnen und Rentnern die gesamte

Erwerbsbiografie die Höhe der Renten bestimmt?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11149

10. Solange dieser Unterschied aus Frage 9 weiterhin besteht, wie kommt dann
die Bundesregierung auf das Argument, dass gerade die Beamtinnen und
Beamten in höheren Besoldungsgruppen bei einer wirkungsgleichen Über-
tragung des Wegfalls der Hochschulzeiten gegenüber den Rentnerinnen und
Rentnern benachteiligt wären?

Berlin, den 28. November 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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