BT-Drucksache 16/11121

Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH

Vom 27. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11121
16. Wahlperiode 27. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Anna Lührmann, Hans-Josef Fell, Bärbel
Höhn, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern
für Abfallstoffe mbH

Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfall-
stoffe mbH (DBE) betreibt im Auftrag des Bundesamtes für Strahlenschutz
(BfS) die Endlager für Atommüll in Deutschland. Während die DBE zunächst in
Bundeseigentum stand, ist sie nunmehr ein privatrechtliches Unternehmen.
Haupteigentümer der DBE ist die Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS),
die wiederum den Energieversorgungsunternehmen und Kernkraftwerksbetrei-
bern E.ON, RWE AG und Vattenfall Europe AG, sowie der SN Energie gehört.
Zwei Drittel des Haushaltes des BfS fließen laut Bericht der Zeitschrift „DER
SPIEGEL“ (46/2008) an die DBE. Die Zusammenarbeit zwischen dem BfS und
der DBE erfolgt auf Grundlage mehrerer Verträge, insbesondere auf einem
mehrmals geänderten Kooperationsvertrag. Laut vorgenanntem Bericht der
Zeitschrift „DER SPIEGEL“ ist dieser Kooperationsvertrag aus heutiger Sicht
klar wettbewerbswidrig.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Schritten fand die Privatisierung der DBE statt, und welche An-
teile wurden dabei an wen verkauft?

2. Wer war in der Bundesregierung jeweils für die einzelnen Teilprivatisie-
rungen der DBE zuständig, und wurden diese im Deutschen Bundestag oder
Bundesrat debattiert?

3. Warum wurden die besonderen Privilegien wie der Ausschluss einer ordent-
lichen Kündigung, die der DBE aus dem Kooperationsvertrag (KoV) mit
dem BfS erwachsen, bei der Privatisierung der DBE beibehalten?

4. Ist der im Rahmen des KoV vom 5. Oktober/5. November 1979 auf die DBE
übertragene Auftrag, die in dem KoV vereinbarten Leistungen zu erbringen,
öffentlich ausgeschrieben worden?

5. Ist der im Rahmen des überarbeiteten KoV vom 29. März 1984 auf die DBE

übertragene Auftrag, die in dem KoV vereinbarten Leistungen zu erbringen,
öffentlich ausgeschrieben worden?

6. Ist der KoV seit 1984 verändert worden, und wenn ja, in welcher Hinsicht?

7. Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag die zwischen dem
Bund und der DBE derzeit geltenden Verträge zukommen zu lassen (gegebe-
nenfalls bitte als Anlage an die Antwort auf diese Anfrage anfügen)?

Drucksache 16/11121 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8. Soweit der KoV seit 1984 verändert worden ist: Waren die Veränderungen
von solcher Relevanz und Konsequenz, dass sie hätten ausgeschrieben
werden müssen, und wenn ja, warum sind Ausschreibungen unterblieben?

9. Sind Teilleistungen im Zusammenhang mit Ausbau, Betrieb und Pflege der
Zwischen- und Endlager Morsleben, Konrad und Gorleben öffentlich aus-
geschrieben worden, oder ist die DBE einzige Vertragspartnerin des BfS?

10. Sind die Arbeiten zur Stilllegung des Endlagers für radioaktive Abfälle
Morsleben (ERAM) bereits öffentlich ausgeschrieben worden?

11. Plant das BfS Leistungen, die die Lager Konrad und Gorleben betreffen,
öffentlich auszuschreiben?

12. Ist es mit dem Haushaltsrecht vereinbar, dass der KoV nicht ordentlich
kündbar ist, und wie begründet die Bundesregierung dies?

13. Sieht die Bundesregierung in der faktischen Monopolstellung der DBE
durch den KoV kartellrechtliche Probleme, und wenn nein, warum nicht?

14. Wäre ein Vertrag, der festlegt, alle endlagerrelevanten Aufgaben ohne Aus-
schreibung der DBE zu übergeben, unter heutigen Rechtsbedingungen
noch möglich?

15. Inwiefern impliziert das Festhalten am bestehenden KoV zwischen dem
BfS und der DBE einen Verstoß gegen geltendes EU-Wettbewerbsrecht?

16. Entsprechen der derzeit in Form des KoV bestehende Exklusivvertrag
zwischen Bund und DBE und der Verzicht auf Ausschreibungen bei Endla-
gerarbeiten aus Sicht der Bundesregierung geltendem EU-Recht, und falls
nein, seit wann, wie, und mit welchem Zeithorizont beabsichtigt die Bun-
desregierung Konformität zum EU-Recht herzustellen?

17. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, die im Besitz der GNS be-
findlichen Anteile an der DBE vollständig zurückzuerwerben und somit die
DBE wieder zu verstaatlichen, und wenn ja, in welchem Zeitraum soll dies
erfolgen?

18. Welche Kosten würden für den Bund bei einer solchen Rückübertragung
der privatisierten Anteile der DBE an den Bund voraussichtlich fällig?

19. Würden sich aus der Verstaatlichung der DBE zusätzliche Kosten für den
Bund im Rahmen laufender Projekte der DBE (hier insbesondere bezüglich
bestehender Aufgabenbereiche wie den Endlagern Morsleben, Konrad
sowie dem Forschungsbergwerk Gorleben und darüber hinaus) ergeben,
und wenn ja, wie hoch wären diese im Einzelnen zu veranschlagen?

20. Welches tatsächliche Betriebsvermögen besitzt die DBE?

21. Welches Betriebsvermögen gehört dem Staat und wird von der DBE nur
verwaltet?

22. Bei welchen DBE-Unterlagen herrscht aus Sicht des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Intransparenz, und
ist die Bundesregierung bereit, dem Parlament den betreffenden BMU-Ver-
merk hierzu (siehe o. g. in DER SPIEGEL) zukommen zu lassen?

23. Wie wertet das BMU den Vorschlag von GNS-Geschäftsführer Holger
Bröskamp, nach der sich die GNS an der Salzgitter-Stiftung unter der Be-
dingung beteilige, dass „die Rolle der DBE nicht in Frage gestellt“ wird?

24. Ist die Bundesregierung bereit, dem Parlament den im Bericht der Zeit-
schrift „Der SPIEGEL“ erwähnten Brief von Holger Bröskamp an das
BMU zukommen zu lassen, und wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11121

25. Hat sich die GNS bezüglich der zukünftigen Rolle der DBE im Rahmen
von Arbeiten an deutschen Atommüll-Endlagern auch an das Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und das Bundeskanzleramt
gewandt, wie haben diese reagiert, und ist die Bundesregierung bereit, dem
Parlament die betreffende Korrespondenz zur Verfügung zu stellen?

26. Welche anderen Vertreter aus der Atom- und Energiewirtschaft oder nahe-
stehenden Verbänden, Organisationen etc. haben sich mit ähnlichen Anlie-
gen wie der GNS-Geschäftsführer Holger Bröskamp (zukünftige Rolle der
DBE bei Endlager-Arbeiten) an die Bundesregierung, insbesondere auch
an das BMWi, gewandt, wie haben die Adressaten reagiert, und ist die
Bundesregierung bereit, dem Parlament Einsicht in die hierzu vorhandene
Korrespondenz zu gewähren?

27. In welcher Weise hat sich das BMWi, insbesondere die Hausspitze, in die-
sem Jahr konkret dafür eingesetzt, Aufträge für künftige Arbeiten im For-
schungsbergwerk Asse II direkt an die DBE zu vergeben, und teilt das
BMU die Position des BMWi in dieser Angelegenheit?

28. Ist das BMWi immer noch der Auffassung, dass Aufträge für künftige Ar-
beiten im Forschungsbergwerk Asse II ohne Ausschreibung direkt an die
DBE vergeben werden sollten?

29. Wie viel Geld hat die DBE für Arbeiten am ERAM insgesamt vom Bund
erhalten, welchen Gewinn erwirtschaftete die DBE mit diesen Arbeiten,
und welche Gesamtsumme hat die westdeutsche Atom- und Energiewirt-
schaft dem Bund für die Einlagerung von Abfällen in das ERAM gezahlt?

30. Wie viel Geld wird die DBE im Rahmen der mit rund 2 Mrd. Euro veran-
schlagten Sanierung des ERAM voraussichtlich insgesamt erhalten?

31. Wie viel Geld hat die DBE im Laufe der Zeit direkt und indirekt vom Bund
erhalten?

32. Welche Gewinne erwirtschaftete die DBE, seit sie mehrheitlich in privater
Hand ist – insgesamt und speziell durch Aufträge des Bundes?

Berlin, den 26. November 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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