BT-Drucksache 16/11009

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland

Vom 20. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11009
16. Wahlperiode 20. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel, Inge Höger,
Jan Korte, Kersten Naumann, Petra Pau, Paul Schäfer (Köln) und der Fraktion
DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und -beamten entwickeln sich immer
mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdoktrin der
Europäischen Union, die so genannte Europäische Sicherheitsstrategie, sieht
ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h. auch
polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten, Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kom-
men. Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der
Polizei, bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespoli-
zei speziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wich-
tiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und -beamten. Auch für ihre
Entsendung ins Ausland ist keine Zustimmung des Deutschen Bundestages er-
forderlich.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen bi- und multilateralen Missionen sind derzeit deutsche Polizis-
tinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bundesländern, Zugehörigkeit
zu Bundespolizei/BKA) sowie Zollbeamtinnen und -beamte beteiligt?

a) Welche rechtliche Grundlage hat die Mission, wer ist Missionsträger bzw.

wer hat ggf. das Mandat erteilt, welche Mandatsobergrenze ist vorgese-
hen, und welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission derzeit?

b) Welchen Auftrag haben die Polizistinnen und Polizisten sowie Zoll-
beamtinnen und -beamten?

c) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?

Drucksache 16/11009 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bun-
desländern, Zugehörigkeit zu Bundespolizei/BKA) bzw. Zollbeamtinnen
und -beamte sind dabei jeweils eingesetzt?

a) Welche konkreten Aufgaben verrichten sie dort (bitte jeweils die einzel-
nen Personalzahlen angeben)?

b) An welchen Orten sind sie eingesetzt?

c) In welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind sie tätig (bitte jeweils
die einzelnen Personalzahlen angeben)?

d) Wie bewertet die Bundesregierung die Relation von Mandatsobergrenze,
derzeitigem tatsächlichem Gesamtumfang und dem Umfang der deut-
schen Beteiligung?

e) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-
lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben und Zahlen
zu den einzelnen Missionen geben)?

3. Welche Kosten für die Missionen sind für das kommende Jahr veranschlagt,
und aus welchen Haushaltstiteln werden diese bestritten (bitte aufgeschlüs-
selt nach den einzelnen Missionen)?

4. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und -beamte des Bundeskriminalamtes
(BKA) halten sich derzeit in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatz-
länder und -orte sowie die zugehörige Zahl von Beamtinnen/Beamten ange-
ben)?

5. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als

a) Dokumentenberater,

b) Sicherheitsbeamte,

c) grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,

d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit einge-
setzt (bitte jeweils Einsatzland und -ort sowie Zahl und Herkunft der ein-
gesetzten Polizeibeamten nennen)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Rahmen der „Euro-
päischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“
(FRONTEX) eingesetzt

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an welchen
Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-
tion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der
Außengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ bedie-
nen (bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der „Rapid Border Intervention Teams“ (RABIT),

e) und welche Melde- und Berichtswege zwischen diesen Beamten und deren
deutscher Führungsstelle bestehen für die einzelnen operativen Bereiche?

7. Welchen sicherheitsrelevanten Vorfällen sind deutsche Polizistinnen und
Polizisten sowie Zollbeamtinnen und -beamten seit Beginn der jeweiligen
Mission ausgesetzt gewesen, und inwiefern und auf welchen Meldewegen
erhält die Bundesregierung Kenntnis von solchen Vorfällen?
8. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11009

9. Welche mittlerweile abgeschlossenen Ausbildungsmaßnahmen für auslän-
dische Sicherheitskräfte haben deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte
seit Beantwortung der letzten diesbezüglichen Anfrage (Bundestagsdruck-
sache 16/10252) begonnen, bzw. an welchen waren sie beteiligt?

a) Wie lauteten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden sie
statt?

b) Was waren die Ziele der Maßnahmen, wann haben sie begonnen, und
wann wurden sie beendet?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestanden die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizei-
beamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen und
sonstigen Stellen waren sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte waren jeweils an
den Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detailliert
ausweisen)?

f) Welche Kosten entstanden der Bundesrepublik Deutschland für die Aus-
bildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln wurden diese be-
stritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte führen
deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte gegenwärtig durch bzw. an wel-
chen sind sie beteiligt?

a) Wie lautet die Bezeichnung der Maßnahmen, und wo finden sie statt?

b) Was ist Ziel der Maßnahmen, wann haben sie begonnen, und bis wann
sind sie voraussichtlich beendet?

c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wird welche
Art der Ausbildung gewährt?

d) Worin bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen Polizei-
beamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen und
sonstigen Stellen sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte sind jeweils an den
Maßnahmen beteiligt?

f) Welche Kosten entstehen dem Bund für die Ausbildungsmaßnahmen,
und aus welchen Haushaltstiteln werden diese bestritten?

11. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind
für die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür
entstehen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden
(bitte nach dem Schema der vorangegangenen Frage beantworten)?

12. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und -beamte im Ausland eingesetzt, und
welche Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten
sowie Zugehörigkeit zu Bundesländern/BKA/Bundespolizei aufgliedern)?

Berlin, den 14. November 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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