BT-Drucksache 16/10968

Uran in Phosphatdüngemitteln - Uran im Düngemittel-, Bodenschutz- und Wasserrecht

Vom 13. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10968
16. Wahlperiode 13. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Behm, Nicole Maisch, Hans-Josef Fell,
Bettina Herlitzius, Peter Hettlich, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter,
Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Uran in Phosphatdüngemitteln – Uran im Düngemittel-, Bodenschutz-
und Wasserrecht

Die Diskussion über Uran im Trinkwasser hat die Fragen über die Schädlichkeit
und Verbreitung dieses Schwermetalls erneut auf die Tagesordnung gebracht.
Bei Uran spielen in Bezug auf die menschliche Gesundheit gleich zwei unter-
schiedliche Schadmechanismen eine Rolle, nämlich die Radioaktivität und die
Toxizität. Uran wird im Körper insbesondere in wachsenden Knochen aber auch
in den inneren Organen (Leber und Nieren) akkumuliert und kann Auslöser ver-
schiedener Krankheiten sein.

Aufgrund der neuesten Erkenntnisse in Hinblick auf die Nierentoxizität emp-
fiehlt das Umweltbundesamt (UBA) den Vollzugbehörden seit 2004, einen
Richtwert von 10 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser einzuhalten. Die Bundes-
regierung hat angekündigt, es nicht bei einem Richtwert zu belassen, sondern
mit der Überarbeitung der Trinkwasserverordnung einen Grenzwert für Uran im
Trinkwasser festzulegen.

Die Uranbelastung im Trinkwasser wurde bisher fast ausschließlich auf die
geogene Hintergrundbelastung und damit die Lage der Trinkwasserbrunnen
zurückgeführt. In der Diskussion spielte die Frage, ob von einem anthropogen
verursachten Eintrag von Uran in die Umwelt durch mineralische Düngemittel
Gesundheitsgefahren ausgehen könnten, bisher kaum eine Rolle. Eine derartige
Uranbelastung von Ackerböden könnte höchst problematisch sein, weil Uran
einerseits von den Kulturpflanzen aufgenommen und so in die Nahrungskette
gelangen könnte als auch in Grundwasser und Oberflächengewässer ausge-
waschen werden könnte.

Einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe ist Phosphor. Dieser wird typischer-
weise über Mineraldünger aus sedimentären Rohphosphaten auf die Felder
gebracht. Problematisch wird es, wenn diese Phosphate mit Schwermetallen
belastet sind. Da wichtige schwermetallarme Phosphatlagerstätten bereits aus-
gebeutet sind, besteht die Gefahr, dass in Zukunft immer öfter auf belastete

Vorkommen zurückgegriffen werden muss. Dadurch wächst auch das Risiko,
dass durch die mineralische Phosphatdüngung eine Anreicherung des giftigen
und radioaktiven Schwermetalls Uran sowie anderer Schwermetalle im Boden
und damit in der Nahrungskette erfolgt.

Die grundsätzliche Problematik der Schadstoffwege erkannte auch die Agrar-
und Umweltministerkonferenz und stellte in einem Beschluss vom 13. Juni

Drucksache 16/10968 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2001 fest: „Wegen der besonderen Bedeutung der landwirtschaftlichen Böden
für die Produktion gesunder Nahrungsmittel ist aus Vorsorgegründen sicher-
zustellen, dass es durch Bewirtschaftungsmaßnahmen (insbesondere durch Auf-
bringung von Klärschlamm, Gülle und anderen Wirtschaftsdüngern, minera-
lischen Düngern und Kompost) zu keiner Anreicherung von Schadstoffen im
Boden kommt.“ In einigen Bereichen wurde mittlerweile gehandelt, z. B. wurde
ein Cadmium-Grenzwert in die Düngemittelverordnung eingeführt. Für Uran
gibt es allerdings bis heute keinerlei Grenzwerte. Auch das Bundes-Boden-
schutzgesetz sieht keine Prüf- und Maßnahmewerte für Uran vor.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist die Wirkschwelle bei Uran für die menschliche Gesundheit?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Urangehalt bisher
bekannter Phosphatlagerstätten?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie lange die glo-
balen Vorräte uranfreien Phosphats voraussichtlich reichen werden?

4. Ab wann wäre demnach damit zu rechnen, dass uranhaltige Phosphat-
düngemittel in der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz kommen, so-
fern keine Alternativen erschlossen werden?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob Uran bei der Ge-
winnung von Phosphatdüngern abgetrennt werden kann, und ob und in wel-
chem Umfang diese Abtrennung in deutschen Produktionsstätten oder im
Ausland durchgeführt wird, und ob auf diesem Wege eine Versorgung der
deutschen Landwirtschaft mit uranarmen Phosphatdüngern möglich wäre?

6. In welcher Weise wird in der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt,
dass mit Uran belasteter Dünger nicht auf den Markt gelangt und auf den
Feldern eingesetzt wird?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob bereits heute
uranbelastete Phosphate in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt wer-
den?

8. Wie hoch ist der Anteil (Durchschnitt und Maximum) von Uran in Phos-
phatdüngern, die in der Bundesrepublik Deutschland zum Einsatz kom-
men?

9. Wie viel Uran pro Hektar wurde in der Vergangenheit und wird aktuell jähr-
lich über die Düngung auf die landwirtschaftliche Nutzflächen in der Bun-
desrepublik Deutschland ausgebracht?

10. Ist eine Anreicherung von Uran in landwirtschaftlich genutzten Böden in
der Bundesrepublik Deutschland festzustellen?

Wenn ja, wie hoch ist die bisherige kumulative Anreicherung und die aktu-
elle jährliche Anreicherung in landwirtschaftlich genutzten Böden durch
die Phosphatdüngung?

11. Wie hoch sind landwirtschaftlich genutzte Böden in der Bundesrepublik
Deutschland mit Uran belastet (Durchschnitt und Maximum), und wie hoch
schätzt die Bundesregierung daran den Beitrag der Phosphatdüngung
(Durchschnitt und Maximum)?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, in welchem Maße
die einzelnen Kulturen Uran aus dem Böden aufnehmen?

13. Wie hoch sind die Gesamtentzüge von Uran aus den Böden durch die land-
wirtschaftliche Produktion?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10968

14. Wie hoch ist die Belastung von Agrarprodukten aus der Bundesrepublik
Deutschland mit Uran, insbesondere von Wurzelgemüse und Kartoffeln?

15. Welche Untersuchungen werden in der Bundesrepublik Deutschland zur
Erforschung von Verlagerung und Austrag von Uran aus Düngern im Boden
vorgenommen, um den menschlich verursachten Uraneintrag in die Gewäs-
ser und die Flussauen zu ermitteln sowie die öko- und humantoxikolo-
gischen Auswirkungen dieser Einträge zu klären?

16. Wie bewertet die Bundesregierung den Beitrag von Uran im Trinkwasser an
der Uranbelastung einer Bürgerin bzw. eines Bürgers (Durchschnitt und
Maximum)?

17. Sind der Bundesregierung bisher Hinweise für eine Auswaschung anthro-
pogen eingetragenen Urans aus Ackerböden in Oberflächengewässer oder
ins Grundwasser bekannt, und wie werden diese Befunde bundesweit doku-
mentiert?

18. Hält die Bundesregierung in der Gesamtbetrachtung an ihrer Einschätzung
fest, dass nach einer Risikobewertung derzeit nicht von einer Situation aus-
zugehen ist, die für Uran – wie für Cadmium – die Aufnahme eines Grenz-
wertes in die Düngemittelverordnung erforderlich macht (Antwort der Bun-
desregierung zu Frage 4 unserer Kleinen Anfrage zu Phosphordüngern,
Bundestagsdrucksache 16/776 vom 28. Februar 2006)?

19. Falls ja, für welchen Zeitpunkt wäre in Hinblick auf die Antwort zu Frage 4
spätestens ein Grenzwert in die Düngemittelverordnung einzuführen, und
was spräche aus Sicht der Bundesregierung dagegen, diesen Grenzwert be-
reits jetzt festzulegen oder zumindest sofort eine Kennzeichnungspflicht
einzuführen?

20. Wie hoch müsste ein Grenzwert für Uran in Düngemitteln dann sein?

21. Wie bewertet die Bundesregierung in der Gesamtbetrachtung die Forderung
nach Einführung von Prüf- und Maßnahmewerten für Uran in die Bundes-
Bodenschutz- und Altlasten-Verordnung?

22. Wie hoch müssten aus toxikologischer Sicht Prüf- und Maßnahmewerte für
Uran in der Bundes-Bodenschutz- und Altlasten-Verordnung sein?

23. Welche Vorgaben plant die Bundesregierung bei der Novellierung der
Trinkwasserverordnung und der Grundwasserverordnung, um anthropo-
gene Einträge von Uran zu ermitteln und zu minimieren?

24. Welche anderen radioaktiv wirksamen Stoffe bzw. Radionukleotide kom-
men in der Bundesrepublik Deutschland für eine Belastung von Boden
sowie Trink- und Grundwasser infrage, und welche Informationen liegen
der Bundesregierung darüber konkret vor?

Berlin, den 13. November 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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