BT-Drucksache 16/10780

Beteiligung der Bundeswehr an Veranstaltungen zum Volkstrauertag 2008

Vom 4. November 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10780
16. Wahlperiode 04. 11. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Inge Höger, Paul Schäfer (Köln)
und der Fraktion DIE LINKE.

Beteiligung der Bundeswehr an Veranstaltungen zum Volkstrauertag 2008

Anlässlich des Volkstrauertages 2007 ist Soldaten der Bundeswehr die Teilnahme
an der Gedenkfeier auf dem alten Garnisonsfriedhof am Berliner Columbiadamm
verboten worden, Reservisten wurde ein Uniformtrageverbot erteilt. Die Gründe
hierfür liegen im rechtsextremistischen Hintergrund der Feier. Dieser wurde so-
wohl durch den Veranstalter deutlich – einen Reserveoffizier, der in Personal-
union sowohl in den Vorständen des Verbandes der Reservisten der Deutschen
Bundeswehr (Landesverband Berlin) als auch des Ringes Deutscher Soldatenver-
bände (RDS) Berlin war bzw. ist – als auch durch die Besucher und Ansprachen.
Unter anderem wurde von den Rednern die rechtsextremistische Ordensgemein-
schaft der Ritterkreuzträger sowie die Vereinigung von SS-Veteranen „HIAG“
(HIAG – Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der
Waffen-SS e. V.) begrüßt, zugegen waren Vertreter von NPD, DVU und Neonazi-
Kameradschaften.

Es bedurfte allerdings erst antifaschistischer Proteste und damit einhergehender
Medienaufmerksamkeit, ehe die Bundesregierung den Soldaten die Teilnahme an
der Feier verbot. Nach Beobachtungen der Fragesteller ist das Uniformtragever-
bot im vergangenen Jahr befolgt worden, einige ältere Herren hatten Anstecker an
ihren Jacken mit der Aufschrift „Ich bin Reservist“.

Inwiefern sich der Verband der Reservisten von seinem Vorstandsmitglied distan-
ziert hat, wie die Bundesregierung ausführt (Bundestagsdrucksache 16/7258),
kann von den Fragestellern nicht nachvollzogen werden. Fest steht jedenfalls,
dass die Berliner Gliederung des Reservistenverbandes unter ihrer Homepage
gleich zweimal die Unterstützung einer Veranstaltung zum Volkstrauertag 2008
am 16. November am Columbiadamm annonciert; zuständig hierfür ist offenbar
die dem Verband angegliederte „Reservistenkameradschaft 02, Infanterieregi-
ment 67“ (http://reservistenverband.de/lg_berlin/termine.php sowie http://www.
reservistenverband.de/be_rk_infanterieregiment67/termine.php).

Die Veranstaltung auf dem alten Garnisonsfriedhof am Berliner Columbiadamm ist
aber nicht die einzige, an der sich Rechtsextremisten und Bundeswehr gleicher-
maßen beteiligen. Nach Informationen der Fragesteller beteiligten sich anlässlich
des Volkstrauertages 2007 in Bochum eine Abordnung der Bundeswehr sowie des
Verbandes Deutscher Soldaten (VDS) Nordrhein-Westfalen gleichermaßen an einer

Veranstaltung im Stadtzentrum. Damit ist das Kontaktverbot zwischen Bundeswehr
und VDS aus dem Jahr 2004 unterlaufen worden. Dieses Kontaktverbot war damals
eine Reaktion darauf, dass das Organ des VDS „Soldat im Volk“ einen unkommen-
tierten Text eines Führungsmitglieds der US-Neonazipartei NSPA veröffentlicht
hatte. Auch für dieses Jahr ist in Bochum eine gleichartige Veranstaltung zum
Volkstrauertag angekündigt (www.volksbund.de/veranstaltungen/homepage.
asp?kategorie=Kategorie+w%C3%A4hlen:&ort=&land=& datum=11).

Drucksache 16/10780 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wer in diesem Jahr Veranstalter
der Gedenkfeier auf dem alten Garnisonsfriedhof am Columbiadamm ist, und
falls ja, welche Informationen kann die Bundesregierung hierzu erteilen?

2. Beabsichtigt die Bundesregierung auch in diesem Jahr, Soldaten der Bundes-
wehr die Teilnahme an der Veranstaltung zu untersagen und Reservisten ein
Uniformtrageverbot auszusprechen, und wenn nein, warum nicht?

3. Falls Frage 2 verneint wird: Wird die Bundeswehr die Veranstaltung unter-
stützen, und wenn ja, in welcher Form (bitte die Zahl der eingesetzten Sol-
daten und ihre konkrete Verwendung angeben)?

4. Wie bewertet die Bundesregierung, dass der Reservistenverband Berlin und
insbesondere dessen Reservistenkameradschaft 02 die Unterstützung der
Volkstrauertagsveranstaltung am Columbiadamm planen, vor dem Hinter-
grund der mehrfach von den Fragestellern angesprochenen offenen Grenzen
zwischen dem Reservistenverband und Organisationen der extremen Rech-
ten?

5. Hat die Bundeswehr gegenüber dem RDS Berlin ein Kontaktverbot ausge-
sprochen oder ist ein solches beabsichtigt, und wenn nein, warum nicht?

6. Hat es in diesem Jahr Formen der Zusammenarbeit zwischen der Bundes-
wehr und dem RDS Berlin gegeben, und wenn ja, welcher Art waren diese
(bitte Ort, Zeitpunkt, Anlass und Form der Zusammenarbeit angeben)?

7. Welche Veranstaltungen außerhalb militärischer Liegenschaften wird die
Bundeswehr zum Volkstrauertag 2008 selbst durchführen, welche wird sie
gemeinsam mit Dritten durchführen, und an welchen Veranstaltungen Dritter
will sie sich beteiligen (bitte jeweils Ort, ggf. Mitveranstalter und Zeitraum
angeben)?

8. Inwieweit treffen Informationen der Fragesteller zu, denen zufolge anlässlich
des Volkstrauertages 2007 in Bochum Soldaten der Bundeswehr und des
VDS Nordrhein-Westfalen an einer Veranstaltung teilgenommen haben, und
wie bewertet die Bundesregierung dies angesichts des Kontaktverbotes
gegenüber dem VDS, das laut Angaben der Bundesregierung explizit auch
gegenüber dem VDS NRW gilt (Schreiben des Parlamentarischen Staats-
sekretärs im Bundesministerium der Verteidigung Thomas Kossendey an die
Fragesteller vom 11. Dezember 2007)?

9. Wird die Bundesregierung den Soldaten der Bundeswehr in diesem Jahr die
Weisung erteilen, von einer Teilnahme an Veranstaltungen des VDS in
Bochum und anderswo abzusehen und sich nicht in Uniform an solchen
Veranstaltungen zu beteiligen, zu denen der VDS eingeladen ist, und wenn
nein, warum nicht?

Berlin, den 28. Oktober 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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