BT-Drucksache 16/10615

Betäubungslose Kastration von Ferkeln beenden - Alternativen fördern

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10615
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Antrag
der Abgeordneten Ulrike Höfken, Undine Kurth (Quedlinburg), Cornelia Behm,
Bärbel Höhn, Renate Künast, Fritz Kuhn und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Betäubungslose Kastration von Ferkeln beenden – Alternativen fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Kastration von Ferkeln ist gängige Praxis in deutschen und europäischen
Schweineställen. Allerdings findet die Kastration ohne Betäubung statt und ist
somit für die Tiere mit erheblichen Schmerzen verbunden. In Deutschland, dem
größten Schweinefleischproduzenten in Europa, sind jährlich 23 Millionen
Ferkel betroffen.

Die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz und das deutsche Tier-
schutzgesetz verlangen, dass Tieren ohne vernünftigen Grund keine Schmerzen,
Leiden oder Schäden zufügt werden dürfen. Bislang wird nur über einen Aus-
nahmetatbestand die Kastration bei Ferkeln ohne Betäubung bis zum siebenten
Lebenstag zugelassen. Tierschützer, Tierärzte, Verbraucherschutzorganisatio-
nen sowie Verbände, die die artgerechte Tierhaltung unterstützen, protestieren
gegen diese Praxis. Nach langer Ablehnung einer Änderung haben sich der
Deutsche Bauernverband und die Qualität und Sicherheit GmbH (QS) kürzlich
für eine Kompromisslösung ausgesprochen. Danach sollen die Tiere von 2009
an nur noch unter schmerzstillenden Mitteln kastriert werden, bis auf die Fer-
kelkastration gänzlich verzichtet werden könne. Inzwischen gibt es mit der Kas-
tration unter Betäubung, der Jungschweinemast und der Immunokastration ver-
schiedene tiergerechte Alternativen zum betäubungslosen Kastrieren.

In anderen europäischen Ländern hat dieser Protest bereits zu Konsequenzen
geführt. In Norwegen ist das betäubungslose Kastrieren bereits seit 2003 ver-
boten, die Schweiz will in 2010 folgen. In den Niederlanden hat der Lebens-
mittelhandel beschlossen, ab 2009 kein Fleisch von betäubungslos kastrierten
Tieren mehr zu vermarkten. In der EU-Öko-Verordnung wird das betäubungs-
lose Kastrieren ab Ende 2011 verboten.

Die nun vom Deutschen Bauernverband, dem Verband der Fleischwirtschaft
und dem Zentralverband des Deutschen Einzelhandels getroffene Vereinbarung,
die Ferkelkastration nur noch in Verbindung mit einem schmerzstillenden

Mittel durchzuführen, bis Alternativverfahren zur Kastration entwickelt sind,
ist ein Schritt in die richtige Richtung, der aber gesetzlich abzusichern ist, um
Wettbewerbsverzerrung durch Tierschutzdumping zu verhindern.

Mit einem Auslaufen der Ausnahmegenehmigung für das betäubungslose Kast-
rieren muss ein klares politisches Signal gesetzt werden, dass diese Methode
gesellschaftlich nicht mehr akzeptabel ist und mit Hochdruck an flächen-

Drucksache 16/10615 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
deckend einsetzbaren Alternativmethoden gearbeitet werden muss. Gleichzeitig
wird der Branche mit einer praktikablen Übergangsfrist die nötige Zeit gegeben
werden, alle Alternativen zu testen und umzusetzen.

Die Bundesregierung muss sich außerdem auch auf europäischer Ebene aktiv
für die Festsetzung eines endgültigen Verbots des betäubungslosen Kastrierens
zum gleichen Datum einsetzen und die Verbraucheraufklärung zum Thema
sowie die Beratung der Landwirte fördern. Außerdem ist die Entwicklung der
Alternativmethoden und der Züchtungsforschung bei der Zucht von Schweinen
ohne Ebergeruch durch entsprechende Förderprogramme zu unterstützen, da-
mit die Kastration zukünftig überflüssig wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Ausnahmeregelung zur Erlaubnis der betäubungslosen Ferkelkastration
im Tierschutzgesetz in § 5 Abs. 3 zu streichen und damit die betäubungs-
lose Ferkelkastration bis spätestens zum 31. Dezember 2011 zu beenden;

2. sich auf europäischer Ebene aktiv für ein endgültiges Verbot des betäubungs-
losen Kastrierens von Ferkeln zum gleichen Datum einzusetzen;

3. die praxistauglichen Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration
schnellstmöglich in der Praxis einzuführen;

4. eine entsprechende Verbraucheraufklärung sowie Beratung der Landwirte zu
fördern;

5. die Züchtung und Ressortforschung durch entsprechende Förderprogramme
zu unterstützen.

Berlin, den 15. Oktober 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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