BT-Drucksache 16/10605

zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -16/7482- Arbeit familienfreundlich gestalten - Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter lebbar machen

Vom 15. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10605
16. Wahlperiode 15. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
(13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Klaus Ernst, Dr. Lothar Bisky,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 16/7482 –

Arbeit familienfreundlich gestalten – Vereinbarkeit von Familie und Beruf
für Mütter und Väter lebbar machen

A. Problem

Der Antrag fordert die Stärkung einer familienfreundlichen Arbeitswelt, damit
Väter und Mütter beide sowohl erwerbstätig sein als auch ihren Beruf mit der
Familie vereinbaren könnten. Hierfür seien eine erhöhte Bereitstellung öffentli-
cher Infrastruktur, die Gleichverteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit unter den
Geschlechtern sowie die Umverteilung des gesellschaftlich erbrachten Arbeits-
volumens durch kürzere Vollzeitstandards erforderlich. Im Mittelpunkt des An-
trags stehen dabei Regelungen des Kündigungsschutzes, der Berufsrückkehr
und der Arbeitszeitgestaltung.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten
Werden nicht beziffert.

Drucksache 16/10605 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/7482 abzulehnen.

Berlin, den 26. September 2008

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Kerstin Griese
Vorsitzende

Dr. Eva Möllring
Berichterstatterin

Marlene Rupprecht (Tuchenbach)
Berichterstatterin

Miriam Gruß
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ekin Deligöz
Berichterstatterin

federführenden Ausschuss
dung. Insofern bestehe hier ein Umsetzungsproblem, zu dem
der vorliegende Antrag jedoch keine ausreichenden Aussa-
1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage in seiner 64. Sitzung am 24. September 2008

gen enthalte. Beim Thema Arbeitszeit sei man mit dem Teil-
zeit- und Befristungsgesetz bereits ein gutes Stück vorange-
kommen. Zu Recht spreche der Antrag die Problematik bei
der Wiederaufstockung von Teilzeit an. Es fehle allerdings
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10605

Bericht der Abgeordneten Dr. Eva Möllring, Marlene Rupprecht (Tuchenbach),
Miriam Gruß, Jörn Wunderlich und Ekin Deligöz

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 16/7482 wurde in der 139. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 24. Januar 2008 dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur
federführenden Beratung sowie dem Ausschuss für Arbeit
und Soziales zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag fordert weitere gesetzliche Maßnahmen zur Stär-
kung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese Verein-
barkeit dürfe keine Frage der individuellen Durchsetzungs-
fähigkeit und der Bereitschaft zum Entgegenkommen der
Arbeitgeber sein. Erforderlich sei vielmehr ein Maßnahmen-
paket zur Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
mit den Aspekten eines erweiterten Kündigungsschutzes für
Eltern, der Förderung von Berufsrückkehrerinnen und - rück-
kehrern sowie einer flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit. Der
besondere Kündigungsschutz, wie er heute schon bis zum
Ende der Elternzeit gelte, solle auf den gesamten Zeitraum
bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres des Kindes aus-
gedehnt werden. Die Situation von Berufsrückkehrerinnen
und Berufsrückkehrern nach der Elternzeit müsse durch ein
ausdrücklich im Bundeselterngeldgesetz verankertes Rück-
kehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Ar-
beitsplatz gestärkt werden. Außerdem sollten Eltern von
Kindern bis zu zwölf Jahren ein Initiativrecht zur Gestal-
tung von Beginn und Ende ihrer regulären Arbeitszeit erhal-
ten – verbunden mit einer Ankündigungsfrist – und gleich-
zeitig das Recht, in Teilzeit arbeiten zu können. Letzteres sei
mit einem Rechtsanspruch auf Rückkehr auf eine Vollzeit-
stelle bzw. auf Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit
zu versehen. Dazu solle auch das Recht zählen, Mehrarbeit
abzulehnen oder vom Mehrschichtbetrieb in Normalschicht
zu wechseln. Betriebe, die von Eltern von Kindern bis zu
zwölf Jahren Mehrarbeit verlangten, müssten die Kosten zu-
sätzlicher Kinderbetreuung übernehmen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 96. Sit-
zung am 24. September 2008 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Abwesen-
heit der Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags emp-
fohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im

gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
des Antrags.

2. Inhalt der Ausschussberatungen

In den Ausschussberatungen betonte die Fraktion DIE
LINKE., Familie und Kinder seien wichtig und man wolle,
dass Kinder gesund, öffentlich und auf gutem Wege auf-
wachsen könnten, sie fördern und bilden. Hier sei Wahlfrei-
heit für die Familien von großer Bedeutung und dies gelte
auch, wenn die Wahl der Eltern die Belange von Unterneh-
men tangiere. Der vorliegende Antrag umreiße die drei we-
sentlichen Problempunkte für Familien in diesem Zusam-
menhang, nämlich Kündigungsschutz, Berufsrückkehr und
Arbeitszeitgestaltung. Es gebe natürlich viele Arbeitgeber,
die bereits von sich aus Rücksicht auf die Belange ihrer
Arbeitnehmer nähmen, insbesondere wenn es sich um junge
Eltern handele. Andere Unternehmen kümmerten sich je-
doch nicht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und
auf diese ziele der vorliegende Antrag ab. Die Erfahrung
habe gezeigt, dass freiwillige Selbstverpflichtungen der
Wirtschaft eben nicht ausreichten. Die in dem Antrag gefor-
derte Ausweitung des besonderen Kündigungsschutzes auf
den Zeitraum bis zur Einschulung der Kinder sei auch der In-
tention geschuldet, dass Eltern einen Teil ihrer Elternzeit in
der wichtigen Phase der Einschulung ihrer Kinder nehmen
können und auch dann diesen Schutz genießen sollten. Da-
gegen könne auch nicht eingewandt werden, der Kündi-
gungsschutz werde sich als Einstellungshindernis für Frauen
erweisen. Auch hier sei ein Umdenken erforderlich, denn
schließlich solle dieser Kündigungsschutz ebenso wie die
Elternzeit auch für Männer gelten.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, ohne Zweifel sei
eine familienfreundliche Arbeitswelt neben einem ausrei-
chenden Betreuungsangebot eine weitere wichtige Voraus-
setzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit
einem Kündigungsschutz bis zur Vollendung des siebten
Lebensjahres des letzten Kindes würde man jedoch jungen
Eltern einen Bärendienst erweisen, da eine solche Regelung
sich als absolutes Einstellungshindernis erweisen dürfte.
Auch sei das in dem Antrag vorgetragene Argument nicht
zutreffend, gerade in prekären Lebensverhältnissen entschie-
den die Menschen sich eher gegen ein Kind. Es sei bekannt,
dass sich gerade Akademikerinnen und Akademiker mit
einem guten Einkommen häufig gegen ein Kind entschieden.
Die Vertreterin der Fraktion der CDU/CSU betonte, auch aus
ihrer Sicht sei die Berufsrückkehr der wesentliche Punkt.
Hier sei jedoch nicht die Rückkehr auf den gleichen Arbeits-
platz entscheidend, sondern zielführende Angebote, Infor-
mation und Finanzierungsmöglichkeiten für die Weiterbil-
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie man mit Teilzeit
auch Führungspositionen bekleiden könne. Hier seien Wirt-

Berlin, den 26. September

Dr. Eva Möllring
Berichterstatterin

M
B rin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

E
B

struktur sei das A und O für die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf. Es sei deshalb zu begrüßen, dass die Fraktion DIE
LINKE. in ihrem Antrag die Teilzeitarbeit betone. Skeptisch
sei die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedoch im
Hinblick auf den Kündigungsschutz, denn ein siebenjähriger
Schutz könne sich auch als Einstellungshindernis erweisen.
Viele der betroffenen Frauen erachteten weniger den Kündi-
gungsschutz, sondern Möglichkeiten der Qualifizierung und
Weiterbildung als essenziell für einen Wiedereinstieg ins Be-
rufsleben auf gleicher Ebene wie zuvor. Die Vertreterin der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erinnerte in diesem
Zusammenhang an das in der letzten Wahlperiode initiierte
Bündnis für Familien, in dem bereits viele gute Ideen für
eine flexiblere Arbeitplatzgestaltung formuliert worden sei-
en. Insofern bestehe eher ein Umsetzungsdefizit und weniger
ein Mangel an neuen Gesetzen.

2008

arlene Rupprecht (Tuchenbach)
erichterstatterin

Miriam Gruß
Berichterstatte

kin Deligöz
erichterstatterin
Drucksache 16/10605 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

schaft und auch Verwaltung noch zu wenig kreativ. Insge-
samt könne die Fraktion der CDU/CSU die in dem Antrag
geforderten Maßnahmen so nicht befürworten.

Auch die Fraktion der SPD befürchtete, ein besonderer
Kündigungsschutz wie in dem vorliegenden Antrag gefor-
dert, werde sich gerade für junge Frauen eher hinderlich als
unterstützend erweisen. Fragen zur Teilzeitbeschäftigung
und zur Berufsrückkehr seien bereits geregelt, so dass inso-
fern kein Gesetzgebungsbedarf mehr bestehe. Zwar müsse
die Rückkehr in das Berufsleben nach der Elternzeit in der
Tat noch besser gefördert werden; hier habe man es jedoch in
erster Linie mit einem Defizit der Umsetzung bereits beste-
hender Regelungen zu tun.

Die Fraktion der FDP stimmte mit der Intention des An-
trags überein, die Arbeitswelt familienfreundlich gestalten
zu wollen. Den in dem Antrag hierzu geforderten Maßnah-
men zum Kündigungsschutz, zur Berufsrückkehr und zur
Arbeitszeitgestaltung könne man jedoch in dieser Form nicht
folgen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, Infra-

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