BT-Drucksache 16/10565

zu der Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien -16/9875, 16/10285 Nr. 6- Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes Verantwortung wahrnehmen, Aufarbeitung stärken, Gedenken vertiefen

Vom 13. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10565
16. Wahlperiode 13. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur
und Medien
– Drucksachen 16/9875, 16/10285 Nr. 6 –

Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes

Verantwortung wahrnehmen, Aufarbeitung stärken, Gedenken vertiefen

A. Problem

Die Bundesregierung hat die Gedenkstättenkonzeption von 1999 fortgeschrie-
ben und diese Fortschreibung unter der Überschrift „Verantwortung wahrneh-
men, Aufarbeitung stärken, Gedenken vertiefen“ als Unterrichtung vorgelegt.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister
beim Bundeskanzleramt Bernd Neumann, erläutert in der Konzeption, welche
grundsätzlichen Überlegungen bei der Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft
und an die kommunistische Diktatur in Deutschland maßgeblich sind, er defi-
niert Kriterien für die Förderung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten und
er benennt diejenigen Gedenkstätten und Erinnerungsorte, die aus gesamtstaat-
licher Verantwortung in die Förderung durch den Bund einbezogen werden. So
werden künftig die KZ-Gedenkstätten Dachau, Bergen-Belsen, Neuengamme
und Flossenbürg anteilig institutionell gefördert. Für die Aufarbeitung der kom-
munistischen Diktatur ist ein Geschichtsverbund vorgesehen, der die Zusam-
menarbeit aller Einrichtungen zur Geschichte der Sowjetischen Besatzungszone
(SBZ) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) fördert. Er soll be-
währte Strukturen stärken, neue Wege der Zusammenarbeit beschreiten und
Kooperationsprojekte ermöglichen.

B. Lösung

Annahme einer Entschließung in der die Konzeption begrüßt und die gemein-
same gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes und der Länder für das Ge-
denken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und für die
Folgen des Zweiten Weltkrieges betont wird. Außerdem gelte es seit der Wieder-
vereinigung, das Unrecht der kommunistischen Diktatur in Deutschland aufzu-
arbeiten. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert, sich für eine
verbesserte Vermittlung von Geschichtswissen einzusetzen, zivilgesellschaft-
liche Projekte zu fördern und dafür zu sorgen, dass Gedenkstätten und Erinne-

Drucksache 16/10565 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rungsorte den Anforderungen an eine moderne pädagogische Arbeit gerecht
werden können.

Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Die Kosten sind mit jährlich 35 Mio. Euro veranschlagt, die Details sind Gegen-
stand der Haushaltsberatungen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10565

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

in Kenntnis der Unterrichtung durch den Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien auf Drucksache 16/9875 folgende Entschließung anzuneh-
men:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Bund trägt gemeinsam mit den Ländern und Kommunen eine gesamtstaat-
liche Verantwortung für das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft und für die Folgen des Zweiten Weltkrieges. Zudem gilt es seit
der Wiedervereinigung Deutschlands, das Unrecht der kommunistischen Dikta-
tur in Deutschland aufzuarbeiten.

Es besteht in der Bundesrepublik Deutschland ein breiter Konsens darüber, dass
die Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft und die kommunistische Diktatur in
Deutschland, das Gedenken an ihre Opfer sowie an Opposition und Widerstand
Teil des demokratischen Selbstverständnisses der Bundesrepublik Deutschland
sind. Eine Verantwortung, der wir uns zu stellen haben. Dabei ist ebenfalls
selbstverständlich, dass weder die eine, noch die andere Diktatur gegeneinander
ausgespielt und keine zu Lasten der anderen aufgearbeitet wird. Opfer und Op-
fergruppen können und werden nicht gegeneinander aufgerechnet, sondern er-
fahren ihre individuelle Würdigung. Das System der NS-Terrorherrschaft und
das der kommunistischen Diktatur in Deutschland werden nicht gleichgesetzt,
sondern in seiner jeweils eigenen Ausprägung wahrgenommen und aufgearbei-
tet. Notwendig ist eine historisch begründete Differenzierung in der Erinne-
rungspolitik, die weder die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert, noch
das Unrecht des SED-Regimes bagatellisiert.

So wird der antitotalitäre Konsens aller demokratischen Parteien verstärkt, die
sich darin einig sind, die freiheitlich-demokratische Werteordnung unseres
Grundgesetzes zu achten und zu bewahren. In der Fortschreibung der Gedenk-
stättenkonzeption des Bundes heißt es treffend:

„Es ist unverzichtbar, den Unterschieden zwischen NS-Herrschaft und SED-
Diktatur Rechnung zu tragen. Das nationalsozialistische Deutschland verur-
sachte millionenfaches Leid durch seine Verfolgungs- und Vernichtungspolitik.
Die Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft wird durch das Wissen um die
Unvergleichlichkeit des Holocaust bestimmt: Dem systematischen, auf völlige
Vernichtung abzielenden Völkermord an sechs Millionen Juden als Mensch-
heitsverbrechen bisher nicht gekannten Ausmaßes kommt in der deutschen,
europäischen und weltweiten Erinnerungskultur singuläre Bedeutung zu.

Aufgabe von Staat und Gesellschaft ist es aber auch, an das Unrecht der SED-
Diktatur zu erinnern und so das Gedenken an die Opfer des Kommunismus in
Deutschland zu bewahren. Jahrzehntelang haben Menschen hinter Mauer und
Stacheldraht unter Unfreiheit, Repression und Anpassungsdruck gelitten und
waren politische Gegner den Verfolgungs- und Zersetzungsmaßnahmen des all-
gegenwärtigen Staatssicherheitsdienstes ausgesetzt. Die Aufarbeitung der Dik-
tatur in der SBZ und in der DDR sowie das Gedenken an ihre Opfer will die Bun-
desregierung verstärken.“ (siehe Drucksache 16/9875).

Die vorliegende Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes trägt
diesen berechtigt hohen Ansprüchen Rechnung. Der Bund verdeutlicht damit
seine Verantwortung für die Unterstützung der Gedenkstättenarbeit und nimmt
diese unter Wahrung der grundsätzlichen Kompetenzen der Länder und Kom-
munen wahr. Der dezentrale und plurale Charakter der Gedenkstättenlandschaft
wird gefestigt, die politische Unabhängigkeit der Gedenkstätten respektiert und

Drucksache 16/10565 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ihre Zusammenarbeit sowohl untereinander als auch im Neben- und Miteinan-
der mit zivilgesellschaftlichem Engagement auf lokaler, regionaler und über-
regionaler Ebene vertieft. Gleichzeitig wird die Gedenkstättenkonzeption von
1999 weiter entwickelt: Zum einen erfährt die Gedenkstättenarbeit im NS-Be-
reich in mehrfacher Hinsicht eine verstärkte Unterstützung. Zum anderen wird
die Gedenkstättenarbeit im SED-Bereich neu strukturiert und vertieft. So bietet
die Konzeption eine überzeugende und verantwortungsbewusste Grundlage für
die Zukunft unserer Erinnerungskultur, die sich an veränderten Bedürfnissen
insbesondere hinsichtlich der gewachsenen Bedeutung historisch-politischer
Bildungsarbeit orientiert.

Die Auseinandersetzung mit diesen Teilen der deutschen Geschichte ist von gro-
ßer Bedeutung für das Selbstverständnis innerhalb unserer Gesellschaft. Des-
halb muss Erinnerungskultur neben der Aufarbeitung und dem Gedenken an die
Opfer an authentischem Ort auch die fundierte Vermittlung dieser Geschichte
und die politische Bildung umfassen. Dieser Herausforderung stellt sich das
Konzept in besonderer Weise und bietet eine zukunftsorientierte Grundlage,
diese Aspekte in einem gemeinsamen, gesamtgesellschaftlichen Diskurs weiter-
zuentwickeln. Dem zivilgesellschaftlichen Engagement kommt dabei besondere
Bedeutung zu. Projekte aus der Mitte der Gesellschaft wie die „Stolpersteine“
und der „Zug der Erinnerung“ sind für eine lebendige und zukunftsorientierte
Erinnerungskultur unverzichtbar.

Ergebnisse verschiedener Untersuchungen und Studien, unter anderem die Um-
frage des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin vom
November 2007 zum ungenügenden Wissensstand von Berliner Schülern über
die ehemalige DDR, zeigen, dass insbesondere die Schulen und andere Bil-
dungseinrichtungen vor der Herausforderung stehen, adäquat, aber auch ausrei-
chend tiefgründig Wissen über die ehemalige DDR zu vermitteln.

Auch die Kenntnisse über die Zeit der NS-Terrorherrschaft nehmen allein auf-
grund des zeitlichen Abstandes ab. Der Zunahme rechtsextremistischen Gedan-
kenguts muss durch verstärkte Anstrengungen der Bildungsträger begegnet wer-
den.

Bei der zukünftigen Umsetzung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes wird
es zudem wichtig sein, den europäischen und globalen Kontext der Diskussion
und der Perspektive von Öffentlichkeit, Forschung und politischer Bildung der
Gedenkstätten stärker in den Blick zu nehmen. Die bisherigen Erfahrungen und
Erkenntnisse der Gedenkstättenförderung in Deutschland orientieren sich am
internationalen Forschungsstand und werden über vielfältige Kooperationen
und Vernetzungen vermittelt. Vor diesem Hintergrund sind auch die Initiativen
der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der
ehemaligen DDR (BStU) zu einer stärkeren internationalen Vernetzung der Auf-
arbeitungseinrichtungen, die in den europäischen Ländern für die Geheim-
dienstakten der ehemaligen Diktaturen zuständig sind, zu begrüßen. Diese Be-
mühungen gilt es weiterhin zu unterstützen, auch um den im internationalen
Vergleich beispielhaften Umgang mit unserer Geschichte und ihrer Aufarbei-
tung deutlicher hervorzuheben.

Angesichts dieser Herausforderungen kommt es neben den in der vorliegenden
Fortschreibung unterlegten konzeptionellen Grundlagen auch darauf an, die
Handlungsfelder der Gedenkstättenarbeit mit entsprechenden personellen und
finanziellen Ressourcen zu unterlegen. Das betrifft sowohl die inhaltliche Ge-
denkstättenarbeit und Bewirtschaftung der Gedenkstätten, als auch vielerorts
notwendige Investitionen und den Bauunterhalt. Eine ausführliche Evaluierung
der Gedenkstättenförderung des Bundes in Form eines Gedenkstättenberichts in
jeder Legislaturperiode anhand der im Konzept formulierten Kriterien ermög-
licht nicht nur eine verbesserte Transparenz und Nachvollziehbarkeit der getrof-
fenen Förderentscheidungen, sondern auch belastbare Angaben zu Wirkung und
Nutzung der Gedenkstätten und ihrer Arbeit.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/10565

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt:

Die Auseinandersetzung mit der NS-Terrorherrschaft und der kommunistischen
Diktatur in Deutschland wird auf allen staatlichen Ebenen, von den Gedenkstät-
ten und Erinnerungsorten, Museen, Bürgerinitiativen und Opfer- und Betroffe-
nenverbänden, in der gesellschaftlichen Aufarbeitung, der politischen Bildung
sowie der Forschung mit großer Verantwortung und intensivem Einsatz geleis-
tet. Die vorliegende Konzeption bietet eine feste Grundlage, damit Deutschland
auch weiterhin seiner historischen Verpflichtung nachkommen kann.

Mit der durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
vorgelegten Unterrichtung „Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des
Bundes – Verantwortung wahrnehmen, Aufarbeitung verstärken, Gedenken ver-
tiefen“ (Drucksache 16/9875) erfüllt die Bundesregierung einen wichtigen Teil
des Koalitionsvertrags vom 11. November 2005, der vorsieht, die Gedenkstät-
tenkonzeption von 1999 „mit dem Ziel der angemessenen Berücksichtigung der
NS-Terrorherrschaft und der SED-Diktatur in Deutschland fortzuschreiben“.

Die Gedenkstättenförderung liegt in erster Linie in der Zuständigkeit der Länder
und Kommunen. Der Bund fördert unter besonderen Umständen Gedenkstätten
und Erinnerungsorte zur nationalsozialistischen Herrschaft und zur SED-Dikta-
tur. Als Kriterien sind insbesondere relevant: der nationale oder internationale
Stellenwert des Ortes, die Authentizität des Ortes, die Exemplarität für einen As-
pekt der Verfolgungsgeschichte der NS-Terrorherrschaft oder der SED-Diktatur,
die Qualität des Projektkonzepts und die Kooperation von Einrichtungen. Be-
reits jetzt besteht eine breit gefächerte Gedenkstättenförderung des Bundes, in
deren Rahmen eine Reihe von national und international bedeutsamen Einrich-
tungen institutionell gefördert werden.

Auf der Grundlage dieser gemeinsamen staatlichen Verantwortung von Bund,
Ländern und Kommunen begrüßt der Deutsche Bundestag die für das Haushalts-
jahr 2009 geplante Erhöhung des Finanzvolumens für die Gedenkstättenförde-
rung des Bundes, geht aber gleichzeitig davon aus, dass die Länder und Kom-
munen auch weiterhin in angemessener Weise die in ihrem Zuständigkeitsbe-
reich liegenden Maßnahmen zur Förderung der Gedenkstätten fortführen. Die
für die Gedenkstättenförderung des Bundes eingesetzten Mittel unterstreichen
die Bedeutung der historischen Verantwortung, der sich Deutschland zu stellen
hat: 2008 wurden die Mittel um 10 Mio. Euro erhöht, die 2009 um zusätzliche
2 Mio. Euro aufgestockt werden sollen. Damit wird die Umsetzung der Gedenk-
stättenkonzeption des Bundes mit insgesamt 35 Mio. Euro finanziell und struk-
turell unterlegt sein.

Im Besonderen begrüßt der Deutsche Bundestag folgende, in der Fortschreibung
der Gedenkstättenkonzeption des Bundes vorgesehenen Maßnahmen:

1. die Aufnahme der vier KZ-Gedenkstätten Dachau, Bergen-Belsen, Neuen-
gamme und Flossenbürg in die anteilige institutionelle Förderung des Bun-
des, mit der ihr nationaler und internationaler Stellenwert unterstrichen wird.
Zudem wird damit die bisher aufgrund der erforderlichen wissenschaftlichen
Aktualisierung und baulichen Erweiterungen als Projektmittel bereitgestellte
Förderung auf eine langfristig gesicherte Basis gestellt;

2. die Einrichtung einer „Ständigen Konferenz der Leiter der NS-Gedenkorte im
Berliner Raum“, um die dazugehörigen Einrichtungen miteinander zu vernet-
zen, das jeweilige Programm bezüglich Ausstellungen und Veranstaltungen
abzustimmen, Synergien zu nutzen und einen gemeinsamen öffentlichen Auf-
tritt zu schaffen. Mit der „Ständigen Konferenz“ wird eine Aufwertung des
Erinnerungsschwerpunktes des Gedenkens an die NS-Verbrechen angestrebt,
der durch die Kooperation mit weiteren NS-Gedenkstätten wie beispielsweise
der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück ergänzt werden könnte;

Drucksache 16/10565 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. die Schaffung eines „Geschichtsverbunds zur Aufarbeitung der kommunis-
tischen Diktatur in Deutschland“, um die Zusammenarbeit aller Einrichtun-
gen zur Geschichte der kommunistischen Diktatur insgesamt zu befördern
und Kooperationen zu ermöglichen, gleichzeitig aber die notwendige Auto-
nomie und bewährte Strukturen zu belassen bzw. zu stärken. Die vorgeschla-
gene funktionale und thematische Schwerpunktbildung soll Kooperationen
erleichtern und bietet gleichzeitig das Gerüst für einen Geschichtsverbund,
den es durch die praktische Arbeit der Einrichtungen zu konkretisieren gilt.
Insgesamt besteht die Notwendigkeit, die Aufarbeitung des SED-Unrechts
im Zusammenhang mit Teilung und Grenze, Überwachung und Verfolgung,
Gesellschaft und Alltag sowie Widerstand und Opposition deutlicher im
öffentlichen Bewusstsein zu verankern;

4. die Unterstützung für die Pläne des Berliner Senats, in der noch zu gründen-
den Landesstiftung „Berliner Mauer“ die Gedenkstätte Berliner Mauer und
die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde zusammenzufassen.
Damit wird die herausragende Bedeutung der Gedenkstätte Berliner Mauer
für die Dokumentation von Teilung und Grenze in der Hauptstadt Berlin ver-
deutlicht, gleichzeitig aber auch ein kompetenter Kooperationspartner für
Projekte mit anderen wichtigen Einrichtungen geschaffen, die, wie die neu in
die anteilige institutionelle Bundesförderung aufgenommene Gedenkstätte
Deutsche Teilung Marienborn, entlang der früheren innerdeutschen Grenze
dem Thema „Teilung und Grenze“ gewidmet sind;

5. die geplante Dauerausstellung im denkmalgeschützten Tränenpalast am
Bahnhof Friedrichstraße in Berlin zu „Teilung und Grenze im Alltag“, die un-
ter dem Dach des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in
enger Abstimmung mit der Stiftung „Berliner Mauer“ Teilung und Grenze im
Alltag der Deutschen und insbesondere auch die Überwindung der Teilung
darstellen soll;

6. die Einrichtung eines Dokumentations- und Bildungszentrums zur Darstel-
lung des Themas „Repression in der SED-Diktatur“ mit einer neuen Dauer-
ausstellung in der Verantwortung der Bundesbeauftragten für die Unterla-
gen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik (BStU) in Haus 1/Normannenstraße. Darin sollen die vom ehe-
maligen Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen
Republik (MfS) erfüllte Funktion im System der SED-Diktatur und der vom
MfS verübte Terror unter Einbeziehung der bereits im Haus 1 ansässigen Auf-
arbeitungsinitiativen ausführlich dargestellt werden. Der Deutsche Bundes-
tag spricht sich dafür aus, dass die für die Sanierung des Hauses 1/Norman-
nenstraße notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden;

7. die Ankündigung, zu prüfen, inwiefern die Zukunft der Erinnerungsstätte im
ehemaligen geschlossenen Jugendwerkhof Torgau gesichert werden kann,
dem bundesweit einzigen historischen Ort, der die systematische staatliche
Repression von Kindern und Jugendlichen im System der SED-Diktatur be-
handelt;

8. die ausdrückliche Berücksichtigung des Themas Gesellschaft und Alltag, um
die ideologische Durchdringung und die umfassende Kontrolle des Alltags
durch die SED-Diktatur und die damit verbundenen, bis heute nachwirkenden
Konsequenzen dieser sozialen Praxis als Alltagserfahrungen der Menschen in
der ehemaligen DDR aufzuarbeiten. Diesem Thema widmen sich insbeson-
dere das Zeitgeschichtliche Forum in Leipzig, das Deutsche Historische
Museum in Berlin und das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-
land mit der Sammlung Industrielle Gestaltung in der Kulturbrauerei am
Prenzlauer Berg in teilweise noch geplanten Dauer- und Wechselausstellun-
gen. Darüber hinaus soll die Darstellung sowohl der Alltags- als auch der Kul-
tur- und Sozialgeschichte im Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/10565

in Eisenhüttenstadt Unterstützung und im Kontext der geplanten Daueraus-
stellung im Tränenpalast an der Friedrichstraße Berücksichtigung finden;

9. die Benennung Leipzigs als Schwerpunkt der Erinnerung an den Widerstand
gegen die SED-Diktatur im Rahmen der Dauerausstellung des Zeitge-
schichtlichen Forums in Leipzig, aber auch anderer Einrichtungen wie der
Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ und des Archivs der Bürger-
bewegung. In der Bundeshauptstadt sind ergänzende Aktivitäten zu diesem
Thema in der Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg möglich. Damit würde
auch ein Vorschlag der Expertenkommission aufgegriffen, indem die The-
men „Alltag“ und „Widerstand“ aufeinander bezogen werden. In solche Vor-
haben könnte die Robert-Havemann-Gesellschaft mit ihrem beeindrucken-
den Archiv zur Opposition in der DDR einbezogen werden und hätte damit
eine räumliche Perspektive;

10. die Würdigung des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 9. No-
vember 2007 zur Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in der
Mitte Berlins zur Erinnerung an die friedliche Revolution im Herbst 1989,
die Wiedergewinnung der deutschen Einheit und die Freiheits- und Ein-
heitsbestrebungen der vergangenen Jahrhunderte. In den Planungen für die-
ses Denkmal ist die herausragende Rolle von Leipzig im Herbst 1989 zu
würdigen, aber auch auf andere Orte der friedlichen Revolution und der
Überwindung der Teilung zu verweisen;

11. den Vorschlag zur Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission
durch den Deutschen Bundestag in der nächsten Legislaturperiode, die die
Entwicklung der gesetzlichen Aufgaben der BStU analysieren und Vor-
schläge unterbreiten soll, ob und in welcher Form die Aufgaben der BStU
mittel- und langfristig zu erfüllen sind. In der folgenden Legislaturperiode
wird der Deutsche Bundestag über ein solches umfassendes Konzept zur
Zukunft der BStU entscheiden und den Zeitpunkt der einzelnen Umset-
zungsschritte festlegen. Bis zur Entscheidung des Deutschen Bundestages
erfüllt die BStU ihre gesetzlichen Aufgaben vollumfänglich, wird jedoch
die Zahl der Außenstellen reduzieren.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. sich bei den Ländern und der Kultusministerkonferenz dafür einzusetzen,
dass diese ein Konzept zur besseren Vermittlung der Geschichte des Natio-
nalsozialismus und der kommunistischen Diktatur im Unterricht auf der
Grundlage gemeinsamer Bildungsstandards entwickeln,

2. die Länder dabei zu unterstützen, unter Einbeziehung der bestehenden Träger
politischer Bildung eine stärkere Vernetzung der pädagogischen und histo-
risch-politischen Bildungsarbeit zwischen den Schulen, den erfreulicherwei-
se sehr vielfältig vorhandenen zivilgesellschaftlichen Initiativen, Dokumen-
tationszentren, Foren und Archiven sowie den Gedenkstätten und Erinne-
rungsorten in ihrer Funktion als Lernorte zu schaffen,

3. im Sinne einer lebendigen „Erinnerungskultur von unten“ zivilgesellschaft-
liche Projekte zu unterstützen und zu fördern,

4. insbesondere für den Bereich der Aufarbeitung der kommunistischen Dikta-
tur gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung, den Ländern
und ihren jeweiligen Landeszentralen für politische Bildung sowie der BStU
und den Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen ein abgestimmtes Ge-
samtkonzept der politischen Bildung zu erarbeiten,

5. eine den modernen Anforderungen pädagogischer Gedenkstättenarbeit und
Vermittlung entsprechende finanzielle und personelle Ausstattung der Ge-
denkstätten und Erinnerungsorte sicherzustellen, die KZ-Gedenkstätten sys-

Drucksache 16/10565 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tematisch als Lernorte zu stärken und dort, wo es entsprechende Gedenkstät-
ten oder Erinnerungsorte nicht gibt, bspw. in den alten Ländern zum Thema
DDR-Vergangenheit, geeignete Bildungsangebote auszubauen oder zu ent-
wicklen,

6. vor dem Hintergrund der bestehenden gesamtstaatlichen Bedeutung von
Haus 1/Normannenstraße bis zum Frühjahr des Jahres 2009 unter Berück-
sichtigung der finanziellen Aufwendungen ein entsprechendes Konzept zur
Sanierung des Gebäudes zu erarbeiten, das sich an den in der Gedenkstätten-
konzeption gemachten Vorgaben für die Einrichtung eines Dokumentations-
und Bildungszentrums zum Thema „Repression in der SED-Diktatur“ und
der Einrichtung einer neuen Dauerausstellung in der Verantwortung der BStU
unter Mitwirkung der bereits jetzt im Haus 1/Normannenstraße ansässigen
Aufarbeitungsinitiativen orientiert,

7. die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas bei der Wahrneh-
mung ihrer zusätzlichen Aufgaben und Verantwortung bei der Betreuung des
am 27. Mai 2008 eingeweihten Denkmals für die in der NS-Zeit verfolgten
und ermordeten Homosexuellen und des zukünftigen Denkmals für die Opfer
des nationalsozialistischen Völkermordes an den Sinti und Roma zu unter-
stützen,

8. gemeinsam mit dem Land Berlin das Berliner Mauerkonzept umzusetzen
und die neu zu gründende Landesstiftung Berliner Mauer als kompetenten
Kooperationspartner für Projekte mit anderen wichtigen Einrichtungen, die
entlang der früheren innerdeutschen Grenze dem Thema „Teilung und
Grenze“ gewidmet sind, zu unterstützen.

Berlin, den 24. September 2008

Der Ausschuss für Kultur und Medien

Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Vorsitzender

Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Berichterstatter

Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Berichterstatter

Christoph Waitz
Berichterstatter

Dr. Lukrezia Jochimsen
Berichterstatterin

Katrin Göring-Eckardt
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/10565

Bericht der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dr. h. c. Wolfgang
Thierse, Christoph Waitz, Dr. Lukrezia Jochimsen und Katrin Göring-Eckardt

I. Überweisung
Die Vorlage wurde gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung
mit der Unterrichtung auf Drucksache 16/10285 Nr. 6 vom
19. September 2008 zur federführenden Beratung an den
Ausschuss für Kultur und Medien und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie
an den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Bundesregierung hat die Gedenkstättenkonzeption von
1999 (Drucksache 14/1569) fortgeschrieben und diese Fort-
schreibung unter der Überschrift „Verantwortung wahrneh-
men, Aufarbeitung stärken, Gedenken vertiefen“ gemäß
Drucksache 16/9875 vorgelegt. Der Beauftragte der Bun-
desregierung für Kultur und Medien (BKM) erläutert in der
Konzeption, welche grundsätzlichen Überlegungen bei der
Erinnerung an die NS-Terrorherrschaft und an die kommu-
nistische Diktatur in der DDR maßgeblich sind, er definiert
Kriterien für die Förderung von Gedenkstätten und Erinne-
rungsorten und er benennt diejenigen Gedenkstätten und
Erinnerungsorte, die aus gesamtstaatlicher Verantwortung in
die Förderung durch den Bund einbezogen werden. So wer-
den künftig auch die KZ-Gedenkstätten Dachau, Bergen-
Belsen, Neuengamme und Flossenbürg anteilig institutionell
gefördert. Für die Aufarbeitung der kommunistischen Dikta-
tur ist ein Geschichtsverbund vorgesehen, der die Zusam-
menarbeit aller Einrichtungen zur Geschichte der SBZ und
der DDR fördert. Der Verbund soll bewährte Strukturen
stärken, neue Wege der Zusammenarbeit beschreiten und
Kooperationsprojekte ermöglichen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner Sitzung am 24. September 2008 Kenntnisnahme
und Annahme einer Entschließung gemäß Ausschussdruck-
sache 16(15)1268 empfohlen mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat am 24. September 2008 einstimmig Kenntnis-
nahme empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im Ausschuss für Kultur und Medien

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat die Fortschrei-
bung der Gedenkstättenkonzeption vom Entwurfsstadium an
begleitet und mehrfach in verschiedenen Sitzungen seit Juli
2007 beraten. Am 7. November 2007 diskutierte der Aus-
schuss mit Sachverständigen, wobei er zunächst in öffent-
licher Sitzung Einzelsachverständige aus Wissenschaft und
Forschung hörte und anschließend in einer nichtöffentlichen
Anhörung Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher
Institutionen befragte.

Gehört wurden in öffentlicher Anhörung:
● Prof. Dr. Wolfgang Benz, Zentrum für Antisemitismus-

forschung, Berlin
● Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Forschungsinstitut Arbeit,

Bildung, Partizipation an der Ruhr-Universität Bochum
● Prof. Dr. Klaus-Dietmar Henke, Technische Universität

Dresden, Lehrstuhl für Zeitgeschichte (nur schriftliche
Stellungnahme)

● Prof. Dr. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der
Juden in Deutschland, Jüdische Gemeinde Frankfurt/Main

● Prof. Dr. Martin Sabrow, Zentrum für Zeithistorische
Forschung (ZZF), Potsdam

● Prof. Dr. Joachim Scholtyseck, Institut für Geschichts-
wissenschaft, Universität Bonn

● Prof. Dr. Klaus Schroeder, Leiter Forschungsverbund
SED-Staat, Freie Universität Berlin

● Prof. Dr. Manfred Wilke, Soziologe und Publizist, Berlin
(nur schriftliche Stellungnahme)

● Dr. Stefan Wolle, Wissenschaftlicher Mitarbeiter For-
schungsverbund SED-Staat der FU Berlin

Gehört wurden in nichtöffentlicher Anhörung:
● Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Unterlagen

des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Berlin
● Rainer Eppelmann, Vorsitzender Stiftungsvorstand, Stif-

tung Aufarbeitung, Berlin
● Tobias Hollitzer, Bürgerkomitee Leipzig e.V. für die Auf-

lösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS), Träger der
Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ mit dem
Museum im Stasi-Bunker, Leipzig

● Rainer E. Klemke, Arbeitsgruppe Gedenkkonzept Berli-
ner Mauer, Leiter AG Museen mit Bundesbeteiligung,
Gedenkstätten und Zeitgeschichte e. V., Berlin

● Dr. Hubertus Knabe, Direktor Gedenkstätte Berlin-
Hohenschönhausen, Berlin

● Prof. Dr. Volkhard Knigge, Stiftungsdirektor, Stiftung
Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Wei-
mar-Buchenwald

● Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für poli-
tische Bildung, Bonn

● Prof. Dr. Peter Steinbach, Wissenschaftlicher Leiter der
Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin

● Prof. Dr. Hartmut Weber, Präsident Bundesarchiv,
Koblenz

Das Protokoll der öffentlichen Anhörung sowie die schrift-
lichen Stellungnahmen aller Sachverständigen sind auf den
Internetseiten des Ausschusses veröffentlicht und damit
einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Auf der Grundlage einer überarbeiteten Fassung der Fort-
schreibung der Gedenkstättenkonzeption hat der Ausschuss
für Kultur und Medien seine Beratungen am 25. Juni 2008
fortgesetzt und am 24. September 2008 abgeschlossen.
Im Ergebnis empfahl der Ausschuss mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE

Drucksache 16/10565 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Annahme der in der Beschlussempfehlung dokumentierten
Entschließung.

Die vier den Beschluss tragenden Fraktionen betonten über-
einstimmend den breiten Konsens in den grundlegenden Fra-
gen der Erinnerungskultur und die große Bedeutung einer
Einigung, die dank einer ausgeprägten Kooperations- und
Kompromissbereichtschaft sowie großer Kollegialität auf
allen Seiten über die Grenzen von Koalition und Opposition
hinweg gelungen sei.

Nach Auffassung der Fraktion der CDU/CSU ist mit der Ge-
denkstättenkonzeption ein Meilenstein für die Erinnerungs-
kultur in der Bundesrepublik Deutschland geglückt. Der
Deutsche Bundestag und die Bundesregierung würden ihrem
Bekenntnis zur Aufarbeitung von zwei Diktaturen in Deutsch-
land gerecht und stellten sich der Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit. Das überarbeitete Konzept enthalte wichtige
Elemente, um die notwendige politische Bildung in diesem
Bereich weiter zu stärken. Der Bund leiste hier verantwor-
tungsbewusst seinen Anteil, obwohl vorrangig die Länder zu-
ständig seien. Dabei sei er verpflichtet, sich mit seiner För-
derung auf Orte von nationaler Bedeutung zu konzentrieren.

Die Union würdigte auch die Entstehungsgeschichte des
Konzepts, das auf der Basis der Gedenkstättenkonzeption
der Bundesregierung von 1999 unter parlamentarischer Be-
teiligung und unter Mitwirkung von Fachhistorikern erarbei-
tet worden sei. Im Rahmen dieses Verfahrens sei ein Text
entstanden, der auf breite Zustimmung stoße und auch frühe-
re Kritiker überzeuge. Nicht umsonst gelte die Aufarbeitung
der Vergangenheit, wie sie in der Bundesrepublik Deutsch-
land betrieben werde, im Ausland als vorbildlich. Dafür, dass
Staatsminister beim Bundeskanzleramt Bernd Neumann,
Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
(BKM), diese Leistung geglückt sei, sei er zu beglück-
wünschen.

Auch die Fraktion der SPD konstatierte, dass das Ergebnis
eines langen Beratungsprozesses sich wirklich sehen lassen
könne und als Produkt gemeinsamer Arbeit getragen werde.
Die Fortschreibung der in ihren wesentlichen Koordinaten
unveränderten Gedenkstättenkonzeption belege, dass es
einen Grundkonsens für den Umgang mit der Geschichte
und die Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus und
Kommunismus gebe, wobei die Unterschiede zwischen bei-
den Diktaturen nicht verwischt würden.

Erinnerung und Gedenken seien eine Aufgabe der Gesell-
schaft insgesamt. Da es sich um eine Konzeption des Bundes
handele, könnten naturgemäß nicht alle Wünsche erfüllt,
könne nicht jede Einrichtung im Text genannt werden. Es
müsse Raum für zivilgesellschaftliches Engagement bleiben,
und die Länder hätten ihren Anteil ebenfalls zu leisten. Der
Tatsache, dass immer weniger Zeitzeugen für die Aufklä-
rung zur Verfügung stehen, die Erlebnisgeneration stirbt,
muss aus der Sicht der Sozialdemokraten im Bereich Bil-
dung Rechnung getragen werden. Die neugefasste Gedenk-
stättenkonzeption gehe auf die jeweils besondere Herausfor-

derung der NS-Diktatur und der kommunistischen Diktatur
in der DDR ein. Jetzt gehe es darum, die Konzeption umzu-
setzen, sie mit Leben zu füllen.

Die Fraktion der FDP betonte, dass das Gedenkstättenkon-
zept nicht als abgeschlossen gelte, sondern weiterhin fortent-
wickelt werde. So biete sich die Chance, zu einem späteren
Zeitpunkt weitere Einrichtungen aufzunehmen, Formen der
Förderung und Inhalte immer wieder zu überprüfen. Ange-
sichts der eklatanten Wissenslücken im Hinblick auf histo-
rische Fakten speziell bei Jugendlichen sei es richtig, Ge-
denkstätten als Orte der Vermittlung politischer Bildung
anzuerkennen und zu fördern.

Obwohl zuvor kontrovers über die Zukunft der BStU disku-
tiert worden sei, sei am Ende ein guter Kompromiss erreicht
worden. Jetzt hätten Experten das Wort, von ihnen werde
eine Empfehlung erwartet. In der Zwischenzeit müsse mit
Hochdruck weiter an der Erschließung der Aktenbestände
aus den DDR-Hinterlassenschaften gearbeitet werden.

Einzig die Fraktion DIE LINKE. schloss sich der Entschlie-
ßung nicht an, da darin aus ihrer Sicht nur Teile der deut-
schen Geschichte aufgegriffen würden, während andere,
ebenfalls wesentliche Teile wie die 50-jährige Nachkriegs-
geschichte in der Bundesrepublik Deutschland ausgeblendet
würden. Außerdem würden im Entschließungstext eben
doch Parallelen zwischen NS-Terrorherrschaft und kommu-
nistischer Diktatur gezogen, würden die Unterschiede ver-
wischt. Mit einer verantwortungsbewussten Aufarbeitung
und Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte habe
dies nichts zu tun. Auf Kritik stieß bei der Fraktion
DIE LINKE. außerdem der Umgang mit der BStU. Statt sich
klar auf einen Zeitpunkt für das Ende dieser Behörde festzu-
legen, werde sie mit einer neuen Aufgabe betraut und dürfe
sich mit einer Dauerausstellung zur „Repression in der SED-
Diktatur“ quasi ein eigenes Museum schaffen.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN war derarti-
ge Kritik völlig unangemessen. Der Vorwurf, Differenzen
zwischen Nazionalsozialismus und Kommunismus würden
verwischt, sei völlig abwegig. Selbst frühere Kitiker des Ge-
denkstättenkonzeption erkennten längst an, dass eindeutig
zwischen NS-Terror und DDR-Willkür unterschieden werde.
Dass die Fraktion DIE LINKE. offenbar ein Ende der BStU
herbei sehne, ändere nichts an der Tatsache, dass diese Be-
hörde weiterhin gebraucht werde. Gerade nehme die Zahl der
Anträge auf Akteneinsicht wieder zu, offenbar brauchten
viele Menschen einigen zeitlichen Abstand zum Geschehen,
ehe sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen könn-
ten.

Von besonderer Bedeutung war für die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass in der Fortschreibung
der Gedenkstättenkonzeption die Funktion der Gedenkstät-
ten als Lernorte anerkannt werde. Außerdem werde der An-
teil der Zivilgesellschaft an der Aufarbeitung der Geschichte
hervorgehoben und damit der Grundsatz akzeptiert, dass
Erinnerung von oben nicht funktionieren könne.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/10565

Berlin, den 24. September 2008

Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Berichterstatter

Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Berichterstatter

Christoph Waitz
Berichterstatter

Dr. Lukrezia Jochimsen
Berichterstatterin

Katrin Göring-Eckardt
Berichterstatterin

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