BT-Drucksache 16/10556

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/9596- EU-Übersetzungsstrategie überarbeiten - Nationalen Parlamenten die umfassende Mitwirkung in EU-Angelegenheiten ermöglichen

Vom 14. Oktober 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10556
16. Wahlperiode 14. 10. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/9596 –

EU-Übersetzungsstrategie überarbeiten – Nationalen Parlamenten
die umfassende Mitwirkung in EU-Angelegenheiten ermöglichen

A. Problem

Der Deutsche Bundestag wirkt in erheblichem Umfang an der Rechtsetzung der
Europäischen Union mit. Die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der natio-
nalen Parlamente setzt voraus, dass beratungsrelevante Dokumente den Parla-
mentariern und Parlamentarierinnen rechtzeitig und vollständig in ihrer Mutter-
sprache zur Verfügung stehen. Auch eine aktive Teilnahme der deutschen
Zivilgesellschaft und ihre Identifikation mit Europa setzt voraus, dass sie ver-
steht, wie und was in der Europäischen Union beraten und entschieden wird.

Die Übersetzungsstrategie der Europäischen Union orientiert sich nicht an der
politischen Bedeutung und dem tatsächlichen Bedarf der Dokumente, sondern
an formalen Kriterien. Danach besteht eine strikte Seitenbeschränkung und die
Vorgabe, technische Anhänge und andere nachgeordnete Dokumente nicht zu
übersetzen, so dass weiterhin beratungs- und entscheidungsrelevante Informa-
tionen regelmäßig nur auf Englisch oder/und Französisch vorgelegt werden.

Die für 2008 angekündigte Überarbeitung der Übersetzungsstrategie hat die
Europäische Kommission auf unbestimmte Zeit verschoben. Mit dem Antrag
wird die Bundesregierung aufgefordert, sich weiterhin auf allen Ebenen für eine
kurzfristige Überarbeitung der Übersetzungsstrategie einzusetzen.

B. Lösung

Einstimmige Annahme des Antrags
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/10556 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/9596 anzunehmen.

Berlin, den 24. September 2008

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Hans Peter Thul
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilbronn)
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Rainder Steenblock
Berichterstatter

für Übersetzungsleistungen gegebenenfalls exakt benennt; lediglich beschreibende Maßnahmen. Eine zeitnahe Über-

– einzufordern, dass die Europäische Kommission im Rah-

men des Haushaltsverfahrens der Europäischen Union
für 2009 die Mittel für Übersetzungsleistungen differen-
ziert ausweist;

arbeitung des Sprachenregimes der Europäischen Union sei
insbesondere angesichts der näherrückenden Wahlen zum
Europäischen Parlament angezeigt, um die Akzeptanz von
Europa bei den Bürgern zu stärken.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10556

Bericht der Abgeordneten Hans Peter Thul, Michael Roth (Heringen), Michael Link
(Heilbronn), Dr. Diether Dehm und Rainder Steenblock

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
auf Drucksache 16/9596 in seiner 169. Sitzung am 19. Juni
2008 beraten und federführend an den Ausschuss für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union und mitberatend an
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
und den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In ihrem gemeinsamen Antrag verweisen die Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
darauf, dass der Deutsche Bundestag bereits in seiner
105. Sitzung am 21. Juni 2007 eine Beschlussempfehlung
zum Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs über
Ausgaben für Übersetzungsleistungen angenommen habe.
Hierin werde die Bundesregierung aufgefordert, auf allen
Ebenen darauf hinzuwirken, dass die Europäische Kommis-
sion ein Übersetzungsregime entwickelt, das dem Anspruch
auf vollständige Übersetzung beratungs- und entscheidungs-
relevante Vorlagen der Europäischen Union besser ent-
spricht. Der Kommissar der Europäischen Union Leonard
Orban habe in der 32. Sitzung des Ausschusses für die
Angelegenheiten der Europäischen Union am 25. April 2007
eine grundlegende Überarbeitung der Übersetzungsstrategie
unter Einbeziehung der Mitgliedstaaten ausdrücklich zuge-
sagt. Tatsächlich würden dem Deutschen Bundestag nach
wie vor beratungs- und entscheidungsrelevante Dokumente
der Europäischen Union nicht oder nur unvollständig in
deutscher Sprache vorgelegt.

Der Deutsche Bundestag möge die Bundesregierung deshalb
auffordern,

– sich weiterhin auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass
die Europäische Kommission die für 2008 zugesagte
grundlegende Überarbeitung der Übersetzungsstrategie
alsbald vorlegt;

– darauf hinzuwirken, dass die Mitgliedstaaten an der Aus-
arbeitung dieser neuen Übersetzungsstrategie beteiligt
werden;

– auch künftig darauf hinzuwirken, dass die Entscheidung
über die Übersetzung eines Dokuments unter Berück-
sichtigung seiner politischen Bedeutung getroffen wird;

– dafür einzutreten, dass die Europäische Kommission die
gegenwärtige Mittelverwendung für Übersetzungsleis-
tungen gesondert ausweist und den zusätzlichen Bedarf

durch Umschichtungen angemessene Mittel für die Über-
setzung eingestellt werden. Angemessen seien Mittel in
jener Höhe, welche die Übersetzung sämtlicher Doku-
mente erlaubt, die für die ungehinderte Erfüllung des
Mitwirkungsauftrags des Deutschen Bundestages in An-
gelegenheiten der Europäischen Union erforderlich seien.
Dazu gehören auch Anhänge und Arbeitspapiere, die
politisch bedeutsame Informationen enthalten (etwa Fort-
schritts- und Monitoringberichte im Zusammenhang mit
der Erweiterung und der Nachbarschaftspolitik der Euro-
päischen Union), Politikfolgenabschätzungen, Finanzbe-
richte und Finanzbögen sowie sämtliche Vorlagen der
Europäischen Union, für die von parlamentarischer Seite
ein besonderer Beratungsbedarf angemeldet worden ist;

– sich weiterhin zu bemühen, durch eine stärkere kulturelle
Präsenz in Brüssel Anreize für die Nutzung der deutschen
Sprache im internen Arbeitsgebrauch der Institutionen zu
schaffen, etwa durch Fortführung von Deutschintensiv-
kursen des Auswärtigen Amts.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Finanzausschuss hat in seiner 98. Sitzung am 8. Okto-
ber 2008 einstimmig empfohlen, den Antrag anzunehmen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 77. Sitzung am
24. September 2008 einstimmig empfohlen, den Antrag an-
zunehmen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat in seiner 70. Sitzung am 24. September
2008 einstimmig empfohlen, den Antrag anzunehmen.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat in seiner 63. Sit-
zung am 24. September 2008 einstimmig empfohlen, den
Antrag anzunehmen.

IV. Beratungsverfahren im federführenden
Ausschuss

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/9596
in seiner 68. Sitzung am 24. September 2008 beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, der gemeinsame An-
trag sei auch nach der Vorlage der Mitteilung der Europäische
Kommission „Mehrsprachigkeit: Trumpfkarte Europas, aber
auch gemeinsame Verpflichtung“ vom 18. September 2008
nicht hinfällig. Die geforderten Änderungen der Sprachen-
regelung der Europäischen Union hätten hierin keinen
Niederschlag gefunden. Vielmehr umfasse die Mitteilung
– darauf hinzuwirken, dass bei der Aufstellung des Gesamt-
haushaltes 2009 der Europäischen Union im Einzelplan 3

Die Fraktion der SPD bestätigte, dass die Mitteilung zur
Mehrsprachigkeit das im Antrag dargelegte Anliegen nicht

Berlin, den 24. September

Hans Peter Thul
Berichterstatter

ronn)

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

derung der deutschen Sprache handele. Vielmehr mache der
Antrag deutlich, dass alle Parlamentarier und Parlamenta-
rierinnen aller nationalen Parlamente die Möglichkeit haben
sollten, aufgrund von Informationen in ihrer Sprache über
die Europäische Union zu diskutieren.

Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. ist das Anlie-
gen des Antrags gerechtfertigt. Auch nach ihrer Ansicht wird
der Deutsche Bundestag bei der Beteiligung an der Rechtset-
zung auf europäischer Ebene durch unzureichende Überset-
zung ganz erheblich behindert. Deshalb müsse sich die Spra-
chenpolitik der Europäischen Kommission der Europäischen
Union so schnell wie möglich ändern und zwar unabhängig
vom Vertrag von Lissabon. Sie schlug vor, den Bezug auf
den Vertrag zu unterlassen und deshalb den zweiten Satz des
Antrags ganz zu streichen, im dritten Satz die Wörter
„Prüfrechte auf die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips“
durch das Wort „Rechte“ zu ersetzen sowie das Wort „aller-
dings“ ersatzlos zu streichen. Die Fraktion DIE LINKE.
kritisierte, dass sie trotz der inhaltlichen Übereinstimmung
von der Mitantragstellung ausgeschlossen worden sei, was
sie aber nicht hindere, dem Antrag zuzustimmen.

Im Anschluss an die Aussprache hat der Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union in seiner
68. Sitzung einstimmig empfohlen, den Antrag auf Druck-
sache 16/9596 anzunehmen.

2008

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilb
Berichterstatter

Rainder Steenblock
Berichterstatter
Drucksache 16/10556 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

aufgreife. Die Mitteilung spreche sich für Mehrsprachigkeit
aus, lasse deren Bedeutung in den Institutionen der Europäi-
schen Union aber außer Acht. Letztlich lege sie die Verant-
wortung für die Sprachenfrage in die Hände der Mitglied-
staaten. Die Europäische Kommission habe immer noch
nicht gesagt, wie sie zu einer Verbesserung der Überset-
zungsleistungen beitragen wolle. Eine vertrauensvolle Zu-
sammenarbeit mit der Europäischen Kommission sei nicht
möglich, wenn der zuständige Kommissar Leonard Orban
weiterhin eine Verbesserung der Übersetzungsausgaben da-
von abhängig mache, dass die Mitgliedstaaten zunächst
mehr Geld zur Verfügung stellen. Die im Antrag enthaltene
Forderung nach einer Umschichtung bestehender Mittel
bleibe die einzige sinnvolle Lösung.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass
es sich bei dem Antrag nicht um einen Spezialantrag zur För-

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