BT-Drucksache 16/10179

Planungsstand der so genannten Küstenautobahn A 22

Vom 28. August 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10179
16. Wahlperiode 28. 08. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Hettlich, Dr. Thea Dückert, Winfried Hermann,
Dr. Anton Hofreiter, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg),
Rainder Steenblock und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Planungsstand der so genannten Küstenautobahn A 22

Nach den bisherigen Plänen der niedersächsischen Landesregierung soll das
Planfeststellungsverfahren der Autobahn (A) 22 im Oktober 2013 abgeschlossen
sein, anschließend ihr Bau beginnen und 2017 die Verkehrsfreigabe erfolgen. Im
geltenden Bedarfsplan für Bundesfernstraßen ist die so genannte Küstenauto-
bahn A 22 in den Weiteren Bedarf mit Planungsrecht sowie mit besonderem na-
turschutzfachlichem Planungsauftrag eingestuft worden. Damit liegt für diese
zwar ein Planungsauftrag vor, ihre Realisierung ist vom Bundesministerium für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bis 2015 aus finanziellen Gründen jedoch
nicht vorgesehen. Neben der A 22 sind als weitere große Autobahnbauprojekte
auch noch die A 20 und die A 39 im Bedarfsplan vorgesehen.

Hierzu fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie hoch sind die derzeit angesetzten Planungs- und Baukosten der A 22,
und wie schätzt die Bundesregierung die Unsicherheiten der Kostenschätzun-
gen vor dem Hintergrund aktueller Kostensteigerungen bei anderen Bau-
projekten des Bundes ein?

2. Wie hoch ist der Anteil der Planungskosten an den Gesamtkosten, und wie
hoch ist der voraussichtliche Anteil der Bundesmittel an den Gesamtkosten?

3. In welchem Maße und für welche Maßnahmen wird der Bund im Planungs-
horizont des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) voraussichtlich Investi-
tionsmittel für den Neu- und Ausbau von Fernstraßenbau in Niedersachsen
zur Verfügung stellen?

4. Plant die Bundesregierung vor 2015 Mittel aus dem Bundeshaushalt für Pla-
nung bzw. Bau der A 22 zur Verfügung zu stellen?

5. Ist eine Finanzierung des Projektes realistisch, so lange es im Weiteren Be-
darf eingeordnet ist?

6. Welche Straßen- oder Autobahnprojekte des BVWP in Niedersachsen sollten
bei unzureichenden Finanzmitteln gestrichen oder zeitlich verschoben wer-
den?

7. Plant die Bundesregierung Mittel sowohl für die A 22 als auch für die A 39
zur Verfügung zu stellen?

Sieht die Bundesregierung eine Konkurrenz zwischen diesen beiden Projek-
ten?

Drucksache 16/10179 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

8. Welche konkreten alternativen Finanzierungsmodelle für Straßenbauvor-
haben in Niedersachsen sind gesetzlich möglich und stehen bei fehlender
Finanzierbarkeit durch öffentliche Haushalte zur Verfügung?

9. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, Finanzierungsbeihilfen für die
A 22 von der Europäischen Union zu bekommen?

Wenn ja, welche?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, dass die Trasse teilweise oder
vollständig in das Netz der europäischen Straßen (Transeuropäische Netze,
TEN) aufgenommen wird?

Wenn ja, welche Trassenabschnitte?

11. Welcher Zeithorizont ist für die geplanten Autobahnbauten in Niedersach-
sen vorgesehen?

Welchen Baubeginn hält die Bundesregierung für realistisch?

12. Wie ist der konkrete Stand der Planung eines PPP-Projektes (Publik Private
Partnership) für den Bau der Elbüberquerung bei Glückstadt?

13. Sieht die Bundesregierung in dem Bau der Elbüberquerung der A 20 eine
notwendige Vorrausetzung für den Bau der A 22?

14. Sieht die Bundesregierung bei der Realisierung der A 22 Konflikte mit der
von der Bundesregierung beschlossenen Biodiversitätsstrategie?

Wenn ja, welche?

15. Wie soll die Kohärenz europäischer Schutzgebiete, die durch den Bau der
A 22 zerschnitten werden, sichergestellt werden?

16. Wie soll sichergestellt werden, dass die in der Biodiversitätsstrategie der
Bundesregierung angestrebte „Gestaltung von Bundesverkehrswegeplan
und Verkehrswegekonzepten, so dass erhebliche Beeinträchtigungen der
biologischen Vielfalt vermieden werden“ auch bei der A 22 verwirklicht
wird (B2.8 Mobilität, nationale Biodiversitätsstrategie)?

17. In welcher Weise werden die deutlich gestiegenen Kosten für die Treib-
stoffe bei der Bedarfsplanung berücksichtigt?

18. Welche Auswirkungen haben die stark gestiegenen Preise für Treibstoffe
auf die Nutzen-Kosten-Analysen für die A 22 und die A 39, und von wel-
chen Auswirkungen geht die Bundesregierung auf das zu erwartende Ver-
kehrsaufkommen für die beiden Autobahnen aus?

19. Hat sich aus Sicht der Bundesregierung das in den Erhebungen zum BVWP
2003 für die A 22 erreichte Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,9 geändert?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr von Baukostenerhöhungen,
wie sie bei anderen Autobahnprojekten derzeit festzustellen sind, und wel-
che Auswirkungen wären auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis zu erwarten?

21. Wie hoch ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis vergleichbarer Autobahnpro-
jekte?

22. Inwieweit werden externe Kosten des Verkehrs (beispielsweise Berücksich-
tigung des Klimawandels: Küstenschutz, CO2-Einsparungsmaßnahmen) in
die Fortschreibung des BVWP eingehen?

23. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, auf Grund derer die Verlän-
gerung der A 39 nach Lüneburg, die im BVWP 2003 im Vordringlichen Be-
darf eingestellt worden ist, eine veränderte Priorität bekommen könnte?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10179

24. Sind im Wesertunnel bauliche Änderungen für die Nutzung als Autobahn-
teilstück der A 22 notwendig?

Wenn ja, mit welchen Kosten wird gerechnet?

25. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Brücken über die zahlreichen im
Planungsgebiet befindlichen Moore benötigt werden?

26. Wie hoch schätzt die Bundesregierung Verlagerungseffekte zwischen den
Verkehrsträgern Schiene, Schiff und Fernstraße im Bereich der geplanten
A 22 ein?

27. Wie beurteilt die Bundesregierung den Tatbestand, dass in den Verkehrsgut-
achten zur Hinterlandanbindung des Jade-Weser-Ports, die den Unterlagen
zum Raumordnungsverfahren für die A 22 beiliegen, die Verkehrsströme in
Ost-West-Richtung verschwindend gering sind?

28. Rechtfertigt diese geringe Anzahl der Verkehre (sechs LKW pro Tag könn-
ten niedersächsische Zielgebiete, 18 LKW pro Tag Ziele in Schleswig-Hol-
stein und Mecklenburg-Vorpommern und 38 LKW Ziele in Skandinavien
schneller über die A 22 erreichen) nach Auffassung der Bundesregierung
den Bau einer neuen Autobahn in Ost-West-Richtung?

29. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die Verkehrsgutachten zur Hinter-
landanbindung des Jade-Weser-Ports noch nicht einmal die Notwendigkeit
des Ausbaus vorhandener Straßen in Ost-West-Richtung sehen?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diese Tatsache in Bezug auf den
geplanten Bau der A 22?

30. Ist der Bundesregierung bekannt, dass derzeit Vermessungsleistungen für
die A 22 ausgeschrieben sind?

31. Wie bewertet die Bundesregierung, dass zum jetzigen Planungsstand bereits
diese Vermessungsleistungen ausgeschrieben werden?

32. Wird die Bundesregierung an den Kosten für diese Vermessungsleistungen
beteiligt?

33. Wie ist der rechtliche Widerspruch aufzulösen, dass einerseits nach § 1
Abs. 2 des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) der Bedarf von Vorha-
ben, die in den Bedarfsplan aufgenommen sind, für die Linienbestimmung
und die Planfeststellung verbindlich festgestellt sein soll, auch für Projekte
mit besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag (beispielsweise die
A 22), bei denen erhebliche Beeinträchtigungen von FFH-Gebieten (Fauna-
Flora-Habitat-Richtlinie) unvermeidlich sind, anderseits jedoch nach der
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Westumfahrung Halle
(17. Januar 2007, Az. 9 A 20.05) die gesetzliche Bedarfsfeststellung für die
nach FFH-Recht bei erheblichen Beeinträchtigungen erforderliche Abwei-
chungsprüfung nicht gilt, sondern in derartigen Fällen der Bedarf anhand
aktueller Untersuchungen zum Zeitpunkt der Abweichungsentscheidung
nachgewiesen sein muss, damit er in die erforderliche konkrete Abwägung
im Rahmen der Abweichungsentscheidung eingehen kann?

34. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage „Verkehrskonzeptionelle
Alternativen werden bei der Realisierung der Maßnahmen des Bedarfsplans
für die Bundesfernstraßen nicht geprüft. Die verkehrsträgerübergreifende
Betrachtung erfolgt in der Bundesverkehrswegeplanung und ist mit dem
Beschluss des 5. FStrAbÄndG einschließlich Bedarfsplan abgeschlossen“
(Erläuterungsbericht zum Raumordnungsverfahren der A 22, S. 17 f.) vor
dem Hintergrund, dass nach Nummer 3.4.6.2 des BVWP für mit dem Öko-
sternchen gekennzeichnete Vorhaben, darunter die A 22, die Pflicht besteht,
Alternativplanungen, vor allem den Ausbau des vorhandenen Straßen-
netzes, im Rahmen des „umfassenden Planungsauftrags“ und damit also
zwingend im Raumordnungsverfahren zu prüfen?

Drucksache 16/10179 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
35. Wie verträgt sich die Regelung des § 1 Abs. 2 FStrAbG, dass mit der Auf-
nahme in den Bedarfsplan der Bedarf verbindlich festgelegt ist, mit der
Aussage in Nummer 3.4.6.2 des BVWP, dass der besondere naturschutz-
fachliche Planungsauftrag nach seiner Abarbeitung dem Deutschen Bun-
destag vorgelegt werden muss, um als (Mit-)Entscheidungsgrundlage für
die Einstellung von Projekten in den Straßenbauplan zu dienen, so dass erst
mit der Einstellung in den Straßenbauplan diese Vorhaben Projekte des Vor-
dringlichen Bedarfs werden können, weil erst dann „für ihre Verkehrsbezie-
hung ein Ausbaubedarf im Sinne des FStrAbG festgestellt ist“, woraus
folgt, dass der Bedarf vor der Aufnahme in den Straßenbauplan nicht fest
steht?

Berlin, den 28. August 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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