BT-Drucksache 16/10141

Position der Bundesregierung zu CO2-Grenzwerten für Pkw

Vom 19. August 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10141
16. Wahlperiode 19. 08. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Peter
Hettlich, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike Höfken, Sylvia Kotting-Uhl,
Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Rainder Steenblock und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Position der Bundesregierung zu CO2-Grenzwerten für Pkw

Die EU-Kommission hat am 19. Dezember 2007 den Vorschlag für eine Ver-
ordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen
im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO2-
Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen gemacht,
der in Artikel 1 definiert, wie der CO2-Grenzwert von 130 g/km bzw. 120 g/km
erreicht werden soll:

„Der in der Verordnung festgelegte, durch Verbesserungen bei der Moto-
rentechnik zu erreichende CO2-Emissionsdurchschnitt für neue Perso-
nenkraftwagen von 130 g/km wird gemäß der Verordnung (EG) Nr. 715/
2007 und ihrer Durchführungsvorschriften gemessen. Im Rahmen des
Gesamtkonzepts der Gemeinschaft wird diese Verordnung durch zusätz-
liche Maßnahmen ergänzt, die 10 g CO2/km entsprechen.“

Dies wurde von der Bundesregierung unverändert im Kabinettsbeschluss von
Meseberg vom 24. August 2007 aufgegriffen. Dort heißt es unter Punkt 16
„CO2-Strategie Pkw“:

„Ziel: Die durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer Pkw in der EU sol-
len unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit und Vielfalt der
europäischen Automobilindustrie im Rahmen der CO2-Strategie der
Kommission bis 2012 auf 120 g CO2/km reduziert werden.

Hierbei werden jedoch auch Biokraftstoffe und verschiedene andere
Maßnahmen mit 10 g CO2/km angerechnet, so dass am Fahrzeug selbst
bis 2012 ein Ziel von 130 g CO2/km erreicht werden soll.“

Noch am 3. März 2008 wurde das Zieljahr 2012 für das Inkrafttreten der Ver-
ordnung im europäischen Umweltrat von Staatssekretär Matthias Machnig be-
stätigt.

In der Pressekonferenz zu den deutsch-französischen Regierungskonsultatio-
nen in Straubing vom 9. Juni 2008 hat Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel be-

kannt gegeben, dass die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich sich für
ein so genanntes Flotten-Phasing-In des Grenzwerts von 130 g CO2/km einset-
zen werden, der dazu führt, dass die gesamte Pkw-Flotte erst zu einem späteren
Zeitpunkt den in Meseberg beschlossenen CO2-Grenzwert erreichen muss. Im
Übrigen ist von Öko-Innovationen die Rede, die 6 bis 8 g CO2/km bringen sol-
len.

Drucksache 16/10141 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gibt es zur deutsch-französischen Einigung von Straubing zu den CO2-
Grenzwerten von Pkw eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und Frankreich, die über das hinausgeht, was
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vor der Presse gesagt hat, und welcher
Art ist diese Vereinbarung?

2. Wie ist die Position der Bundesregierung zum Zieljahr für die Einführung
eines CO2-Grenzwerts für den Durchschnitt der Gesamtflotte neuer Pkw?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Herstellergrenzwert
von 130 g/km CO2 allein durch Verbesserungen der Motorentechnik gemäß
des Kommissionsvorschlags vom 19. Dezember 2008 zu erbringen ist oder
sollten nicht motortechnikbezogene Maßnahmen der Hersteller auf diesen
Grenzwert angerechnet werden?

4. Ist es zutreffend, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass im Jahr
2012 erst ein Teil der Neuwagenflotte den Durchschnittswert von 130 g CO2/
km erreichen muss und erst im Jahr 2015 die gesamte Flotte den Grenzwert
erreichen muss?

5. In welchen Schritten soll die Neuwagenflotte nach dem deutsch-franzö-
sischen Vorschlag den Grenzwert von 130 g CO2/km für die Gesamtflotte
erreichen?

6. Für welchen Folgegrenzwert ab 2020 setzt sich die Bundesregierung ein?

7. Inwiefern soll die vorgesehene Anlaufphase (Flotten-Phasing-In) die CO2-
Reduktion beschleunigen?

Welcher Flottendurchschnitt wird damit in 2012 erreicht?

8. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es für die Klima-
schutzziele der Bundesregierung von Bedeutung ist, ob der CO2-Grenzwert
für die Gesamtflotte ab 2012 oder erst zu einem späteren Zeitpunkt gilt und
dass der Folgegrenzwert 2020 und seine frühzeitige Festlegung ebenfalls
Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Pkw-Flotte im Jahr 2020 und
in den Jahren davor haben werden?

9. Von welcher CO2-Minderung im Jahr 2020 geht die Bundesregierung
aus, falls die Gesamtflotte im Jahr 2012, wie ursprünglich beschlossen,
130 g CO2/km ausstoßen darf?

10. Von welcher CO2-Minderung im Jahr 2020 geht die Bundesregierung aus,
falls das Flotten-Phasing-In gemäß des deutsch-französischen Vorschlags
von Straubing beschlossen werden sollte?

11. Welcher Unterschied in der CO2-Minderung im Jahr 2020 ergibt sich, wenn
der CO2-Folgegrenzwert mit

a) 110 g CO2/km,

b) 95 g CO2/km,

c) 80 g CO2/km,

d) keine Festlegung eines Folgegrenzwerts

festgelegt wird?

12. Sind der Bundesregierung diesbezügliche Untersuchungen des Öko-Insti-
tuts für die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bekannt, und hält Sie die darin getroffenen Annahmen für plau-
sibel?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/10141

13. Wann legt sich die Bundesregierung auf ihre Verhandlungsposition für
einen Flottengrenzwert für 2020 fest, und wie wird dieser Grenzwert aus-
sehen?

14. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur CO2-Minderung im Verkehrsbereich
will die Bundesregierung ergreifen, falls eine geringere CO2-Minderung
durch die Festlegung der CO2-Grenzwerte für Pkw erfolgt als im Integrier-
ten Energie- und Klimapaket (IEKP) (Beschluss von Meseberg) festgelegt?

15. Was ist unter Öko-Innovationen in Bezug auf die Anrechenbarkeit auf den
CO2-Grenzwert für Pkw genau zu verstehen?

16. Auf welchen Grenzwert sollen die Öko-Innovationen angerechnet werden:

a) als Bestandteil der 10 Gramm, die durch „zusätzliche Maßnahmen“, die
nicht durch Verbesserung der Motorentechnik erbracht werden (10 Gramm)
oder

b) auf das 130-Gramm-Ziel für die Hersteller gemäß des Kommissionsvor-
schlags vom 19. Dezember 2007?

17. Ist die Anrechnung von Öko-Innovationen bei 8 Gramm gedeckelt, d. h.
darüber hinausgehende CO2-Minderungen aus Öko-Innovationen werden
nicht berücksichtigt?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Öko-Innovationen nicht
auf das 130-Gramm-Ziel für Hersteller angerechnet werden dürfen, das
laut Kommissionsvorschlag allein durch Verbesserungen der Motorentech-
nik zu erzielen ist?

19. Mit welchem Messverfahren sollen die CO2-Reduktionen dieser Öko-Inno-
vation gemessen werden?

20. Wie wird der aus diesem Verfahren ermittelte Wert mit den Verbrauchswer-
ten nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) gemäß RL 93/116/
EWG kombiniert?

21. Wird es für besonders verbrauchsarme Klimaanlagen eine CO2-Minde-
rungsanrechnung als Öko-Innovation geben?

22. Wird dann ein Fahrzeug mit einer öko-innovativen Klimaanlage einen
CO2-Bonus gegenüber Neufahrzeugen ohne Klimaanlage erhalten?

23. Inwieweit sollen rollwiderstandsarme Reifen und Reifendrucküberwa-
chungssysteme als Öko-Innovation anerkannt oder in anderer Form auf den
CO2-Grenzwert angerechnet werden?

24. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ordnungsrechtlich vorge-
schriebene Reifendrucküberwachungssysteme und rollwiderstandsarme
Reifen, die verpflichtend in allen Neuwagen eingesetzt werden müssen,
keine Innovationen in dem Sinne darstellen, dass einzelne Hersteller frei-
willig mehr tun können als vom Gesetz verlangt?

25. Setzt sich die Bundesregierung daher dafür ein, dass nur solche Öko-Inno-
vationen oder sonstige Maßnahmen auf die Erreichung des CO2-Flotten-
grenzwerts angerechnet werden sollten, die nicht bereits verpflichtend vor-
geschrieben sind oder vorgeschrieben werden sollen?

26. Falls die Fragen 24 und 25 verneint werden: Aus welchen Gründen sollen
CO2-Minderungen anerkannt werden, die ohnehin verpflichtend sind oder
verpflichtend gemacht werden sollen?

27. Inwieweit soll der Einsatz von Biokraftstoffen nach Ansicht der Bundes-
regierung auf das CO2-Minderungsziel von 120 g/km angerechnet werden?

Drucksache 16/10141 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
28. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass „zusätzliche Maßnahmen“
auch dann nicht mit mehr als mit 10 Gramm auf den CO2-Grenzwert ange-
rechnet werden sollten, wenn eine Addition dieser zusätzlichen Maßnah-
men mehr als 10 Gramm erbrächte?

Berlin, den 19. August 2008

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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