BT-Drucksache 16/10108

Sicherheitsüberprüfungen in öffentlichen und privaten Beschäftigungsverhältnissen

Vom 13. August 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10108
16. Wahlperiode 13. 08. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Petra Pau und der Fraktion
DIE LINKE.

Sicherheitsüberprüfungen in öffentlichen und privaten
Beschäftigungsverhältnissen

Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2002 ist das Sicherheitsüberprü-
fungsgesetzes (SÜG), das bis zu diesem Zeitpunkt nur den vorbeugenden per-
sonellen Geheimhaltungsschutz geregelt hat, um vorbeugenden personellen
Sabotageschutz erweitert worden. Nicht mehr nur die Tätigkeit mit einem Zu-
gang zu als „geheim“ eingestuften Dokumenten ist nun Grundlage für Sicher-
heitsüberprüfungen, sondern auch die Tätigkeit in „verteidigungs“- oder
„lebenswichtigen“ Einrichtungen. Damit hat sich der Kreis der potentiell
Betroffenen stark erweitert, besonders im privatwirtschaftlichen Bereich (Flug-
häfen, Häfen, zivile Bedienstete in militärischen Einrichtungen etc.).

Behörden und Einrichtungen des Bundes und die Tätigkeitsbereiche von nicht-
öffentlichen Unternehmen, in denen eine Sicherheitsüberprüfung im Sinne des
„vorbeugenden personellen Sabotageschutzes“ bei Neuanstellung oder turnus-
mäßig erfolgen soll, werden durch die Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsver-
ordnung (SÜFV) festgelegt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit kritisierte in seinem letzten Tätigkeitsbericht (Bundes-
tagsdrucksache 16/4950) unter der Überschrift „Personeller Sabotageschutz –
Uferlos?“, der Kreis der zu überprüfenden Personen würde „über Maß ausge-
weitet“. Lebenswichtige Einrichtungen im nichtöffentlichen Bereich liegen
fachlich im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums des Innern, des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und des Bundes-
ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Das BMWi ist zuständig
für deren Durchführung.

Bei der Sicherheitsüberprüfung gibt es mehrere Stufen. Die unterste Stufe gilt
auch beim Sabotageschutz und umfasst eine Sicherheitserklärung des Betroffe-
nen, Abfragen vorhandener Erkenntnisse beim Bundeszentralregister und den
Sicherheitsbehörden. Bundesamt für Verfassungsschutz oder Militärischer Ab-
schirmdienst geben eine Einschätzung zum Sicherheitsrisiko ab, die dann von
den zuständigen Geheimschutzbeauftragten der Behörden oder – im nicht-
öffentlichen Bereich – durch das BMWi abschließend bewertet wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Sicherheitsüberprüfungen wurden in den Jahren 2002 bis 2007 in
der Zuständigkeit des Bundes bzw. von Bundesbehörden durchgeführt (bitte
nach Jahren trennen)?

a) Wie viele davon im militärischen Bereich?

b) Wie viele davon im öffentlichen Bereich – ohne Militär – (bitte nach
Ministerien auflisten)?

Drucksache 16/10108 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
c) Wie viele davon im nichtöffentlichen Bereich (bitte aufschlüsseln nach
den §§ 9a, 10 und 11 SÜFV und jeweils den Anteil an den gesamten
Sicherheitsüberprüfungen)?

2. Wie viele der Überprüfungen waren einfache Sicherheitsüberprüfungen
(§8 SÜG), erweiterte Sicherheitsüberprüfungen (§ 9 SÜG) oder erweiterte
Sicherheitsüberprüfungen mit Sicherheitsermittlungen (§10 SÜG) (bitte
nach Jahren und Bereichen auflisten)?

3. Wie viele der Überprüfungen ergaben sicherheitsrelevante Erkenntnisse
(bitte nach Jahren und Bereichen auflisten)?

4. Wie viele der Überprüfungen ergaben ein Sicherheitsrisiko, und welche der
im Gesetz genannten Sicherheitsrisiken (fehlende Zuverlässigkeit; beson-
dere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder
Dienste; Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grund-
ordnung) wurden festgestellt (bitte nach Jahren, Bereichen und Kategorie
auflisten)?

a) Auf welche Anhaltspunkte wird „fehlende Zuverlässigkeit“ zurückge-
führt (auch beispielhafte Aufzählung)?

b) Auf welche Anhaltspunkte wird eine „besondere Gefährdung durch An-
bahnungs- und Werbungsversuche fremder Dienste“ zurückgeführt
(auch beispielhafte Aufzählung)?

c) Auf welche Anhaltspunkte wird ein „Zweifel am Bekenntnis zur frei-
heitlich-demokratischen Grundordnung“ zurückgeführt (auch beispiel-
hafte Aufzählung)?

5. Welche Datenbestände (Datenbanken, Verbunddateien, Amtsdateien etc.)
bei welchen Bundesbehörden werden im Rahmen der Sicherheitsüberprü-
fungen regelmäßig abgefragt?

6. Wie viele der Personen, die sich einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen
mussten, waren ausländische Staatsangehörige?

7. Von wie vielen Personen sind persönliche Daten, die in der Sicherheitser-
klärung angegeben werden (Personalien, Familienstand, nahe Verwandte,
Auslandsaufenthalte etc.), in die vom Bundesamt für Verfassungsschutz
geführten Verbunddateien (nach § 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes)
eingegeben und dauerhaft gespeichert worden (bitte seit 2002 nach Jahren
auflisten)?

8. Wie viele Auskunftsersuchen sind im Rahmen von Sicherheitsüberprüfun-
gen an den/die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheits-
dienstes der ehemaligen DDR gerichtet worden (bitte auflisten nach Jahr,
anfragender Behörde und Fragestellung des Ersuchens)?

9. Wie viele der Ersuchen in Frage 8 betreffen Bürgerinnen und Bürger, die
bis Oktober 1990 Staatsangehörige der ehemaligen DDR waren?

10. Welche Informationspflichten bestehen seitens der Stelle, die ein vermeint-
liches Sicherheitsrisiko gegen das Eingehen eines Beschäftigungsverhält-
nisses geltend macht, gegenüber dem/der Betroffenen?

11. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die Bürgerinnen und Bürger, ge-
gen Feststellungen im Ergebnis von Sicherheitsüberprüfungen, die zu
ihrem Nachteil sind, vorzugehen?

Berlin, den 11. August 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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