BT-Drucksache 16/10060

Rechtsextreme Bestrebungen innerhalb der Partei "Die Republikaner"

Vom 29. Juli 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/10060
16. Wahlperiode 29. 07. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtsextreme Bestrebungen innerhalb der Partei „Die Republikaner“

Auf einer Tagung von Amts- und Abteilungsleitern der Verfassungsschutz-
behörden von Bund und Ländern wurde im Juni 2008 beschlossen, die Be-
obachtung der Partei „Die Republikaner“ (REP) mit nachrichtendienstlichen
Mitteln einzustellen und V-Leute der Geheimdienste abzuziehen (www.tages-
spiegel.de).

Umstritten ist unter den Verfassungsschutzämtern, ob die Partei überhaupt noch
vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll. Schon im Verfassungsschutz-
bericht 2006 wurden die Republikaner nicht mehr gesondert im Kapitel „Rechts-
extremistische Parteien“ aufgeführt, jedoch gebe es „innerhalb der Partei […]
nach wie vor Kräfte, die rechtsextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen“
(Verfassungsschutzbericht des Bundes 2006, S. 52, Fußnote 5). Der niedersäch-
sische Verfassungsschutz hält aufgrund der „fortschreitenden Marginalisierung
der Partei“ den „Anteil der Rechtsextremisten innerhalb der Organisation kaum
noch quantifizierbar. Tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Be-
strebungen sind dennoch vereinzelt weiterhin gegeben“ (Verfassungsschutz-
bericht Baden-Württemberg 2007, S. 113 f.).

Öffentlich distanzieren sich die Republikaner zwar von den rechtsextremen Par-
teien NPD und DVU. Doch auf unterer Ebene scheinen Kontakte zu bestehen.
So verkehrt etwa im Frankfurter Stadtparlament der einzige Stadtverordnete der
Republikaner fast freundschaftlich mit dem einzigen Vertreter der NPD und
stimmt immer wieder NPD-Anträgen zu (www.faz.net).

Gleichzeitig haben die Republikaner ihre internationale Zusammenarbeit mit
ausländischen Rechtsparteien intensiviert. Einigendes Band ist dabei EU-Kritik
verbunden mit Fremdenfeindlichkeit und insbesondere Hetze gegen eine angeb-
liche Islamisierung Europas. Am 17. Januar 2008 hatten führende Funktionäre
der österreichischen FPÖ, des Vlaams Belang aus Belgien und der rechtsextre-
men Stadtratsfraktion „Pro Köln“ im belgischen Antwerpen ein „Städte-Bünd-
nis gegen Islamisierung“ gegründet. Anwesend bei diesem Treffen war auch die
stellvertretende geschäftsführende Bundesvorsitzende der Republikaner, Uschi
Winkelsett. Zwei Tage nach diesem Treffen in Belgien trafen sich in Wiesbaden
auf Initiative der Republikaner Kommunalpolitiker der REP, der FPÖ und des
Vlaams Belang und gründeten eine gemeinsame Plattform rechter Kommunal-

politiker unter der Bezeichnung „Euroregionale Kommunal“ (www.redok.de).

An einem am 21. Juni 2008 von den Republikanern im bayerischen Rosenheim
veranstalteten Kongress der „Euroregionale Kommunal“ mit 400 Teilnehmern
beteiligten sich auch Vertreter der FPÖ und des Vlaams Belang. Der Bundesvor-
sitzende der Republikaner Rolf Schlierer forderte „ein Europa ohne Islam“ und
nannte die Feiern türkischer Fußballfans in Deutschland während der Europa-
meisterschaft einen „Beweis fehlgeschlagener Integrationspolitik“. Der Frak-

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tionschef des Vlaams Belang Filip Dewinter forderte eine „Internationale der
nationalen Parteien“. Die europäischen Rechten müssten eine europäische Front
bilden „gegen Islamismus und Überfremdung“. Am Rande der Veranstaltung
trat Dewinter für ein gemeinsames Auftreten der Republikaner mit den rechts-
extremen Parteien NPD und DVU ein (www.taz.de). Die auf einem gleichzeitig
stattfindenden Europaparteitag der Republikaner zum Kandidaten für die
Europawahl 2009 gewählte Johann Gärtner will insbesondere „für ein Europa
ohne Moscheen und Minarette“ eintreten (Pressemitteilung der Republikaner
Nr. 38/08 vom 22. Juni 2008). Grußworte zum Europakongress kamen unter
anderem vom italienischen Lega-Nord-Politiker Roberto Franci und dem Vor-
sitzenden der extrem Rechten Deutschen Konservativen Joachim Siegerist
(Pressemitteilung der Republikaner Nr. 37/08 vom 21. Juni 2008).

Auf dem Kongress wurde ein „Europapreis“ an den 2007 verstorbenen langjäh-
rigen Vorsitzenden des „Vlaams Blocks“ Karel Dillen verliehen. Die rechts-
extremistische belgische Partei „Vlaams Blok“ (VB) hatte sich am 14. Novem-
ber 2004 auf einem Sonderparteitag in Antwerpen aufgelöst und unter dem
Namen „Vlaams Belang“ neu gegründet. Anlass hierfür war eine Entscheidung
des belgischen obersten Gerichtshofs vom 10. November 2004, nach der es die
Richter als erwiesen ansahen, dass sich der „Vlaams Blok“ schwerer Verstöße
gegen das Rassismusbekämpfungsgesetz schuldig gemacht hat. Das Programm
des VB sei als diskriminierend und rassistisch einzustufen (www.verfassungs-
schutz-bw.de).

Zu einem im Mai vom „Vlaams Belang“ veranstalteten „Tag der europäischen
Rechtsjugend“ in Antwerpen stellten die Republikaner die stärkste ausländische
Delegation (Pressemitteilung der Republikaner Nr. 25/08 vom 7. Mai 2008). An
dem Treffen beteiligte sich auch die Lega Nord aus Italien. Deren rassistisches
Politikverständnis wurde Anfang Juli deutlich, als der von der Lega gestellte
italienische Innenminister Roberto Maroni der Polizei die Anweisung gab, als
„Maßnahme zur Bekämpfung der Kriminalität“ sämtlichen Angehörigen der
Bevölkerungsgruppe der Roma die Fingerabdrücke abzunehmen.

Offen rassistisch ist eine zur Hessischen Landtagswahl begonnene Kampagne der
Arbeitsgemeinschaft „Junge Republikaner“ unter der Losung „Mach mich nicht
an, Ali!“, die bis zur Europawahl fortgesetzt werden soll. In einem Flugblatt der
„Jungen Republikaner“ heißt es unter dieser Überschrift neben dem Bild einer
blonden Frau: „Überall das gleiche Bild. Die Moslems verhüllen ihre eigenen
Mädchen mit Tüchern und die deutschen Mädchen betrachten sie als Freiwild“
(www.rep-hessen.de).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Aus welchen Gründen wurde im Juni 2008 von den Verfassungsschutzämtern
von Bund und Ländern eine Einstellung der nachrichtendienstlichen Beob-
achtung der Republikaner beschlossen?

2. Inwieweit erfolgt weiterhin eine Beobachtung der Republikaner durch das
Bundesamt für Verfassungsschutz?

3. Inwieweit und welche Differenzen gab es auf der Tagung von Amts- und Ab-
teilungsleitern der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern im Juni
2008 über die Einschätzung und weitere Beobachtung der Republikaner?

4. Wie viele V-Leute des Bundesamtes für Verfassungsschutz waren seit Beginn
der Überwachung 1992 innerhalb der Partei „Die Republikaner“ im Einsatz
(bitte nach Anzahl, Jahr und Dauer aufschlüsseln)?

5. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung

über ein weiteres rechtsextremes Potential bzw. eine rechtsextreme Durchset-
zung der Partei „Die Republikaner“?

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6. Sind der Bundesregierung Äußerungen rassistischen oder volksverhetzen-
den Charakters durch Funktionäre oder Mandatsträger der Republikaner
oder in Veröffentlichungen der Partei aus den letzten fünf Jahren bekannt,
und wenn ja, welche, wann und von wem?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte von Mit-
gliedern, Funktionären oder Mandatsträgern der Republikaner zu den
rechtsextremen Parteien NPD und DVU oder den so genannten Freien
Kameradschaften sowie den extrem rechten Bürgerbewegungen Pro Köln,
Pro Deutschland und Pro NRW?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Übertritte von Mit-
gliedern der Republikaner zur NPD in den letzten fünf Jahren?

9. Inwieweit sieht die Bundesregierung Anhaltspunkte, dass sich die Aktivi-
täten der Republikaner und Äußerungen ihrer Funktionäre, Mandatsträger
und Mitglieder gegen das friedliche Zusammenleben der Menschen in der
Bundesrepublik Deutschland, die Völkerverständigung oder gegen das
Grundrecht auf Religionsfreiheit richten oder geeignet sind, den öffent-
lichen Frieden zu gefährden?

10. Inwieweit hält die Bundesregierung die Kampagne der Republikaner
„Mach mich nicht an, Ali!“ mit Sätzen wie „Überall das gleiche Bild. Die
Moslems verhüllen ihre eigenen Mädchen mit Tüchern und die deutschen
Mädchen betrachten sie als Freiwild“ neben dem Bild einer blonden Frau
für geeignet, den öffentlichen Frieden oder das friedliche Zusammenleben
der Völker zu stören?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Mitglieder der Republi-
kaner im öffentlichen Dienst?

a) Wie viele Kandidaten der Republikaner arbeiteten für die Partei „Die
Republikaner“ bei Landtags-, Bundestags- oder Europawahlen in den
letzten fünf Jahren im öffentlichen Dienst oder waren Angehörige der
Bundeswehr (bitte Polizeibeamte, Lehrer und Soldaten einzeln auf-
schlüsseln)?

b) Gegen wie viele Angehörige des öffentlichen Dienstes wurde seit Be-
ginn der Beobachtung der Republikaner disziplinarrechtliche Schritte
wegen ihrer Aktivitäten oder Kandidaturen für die Partei eingeleitet
(bitte nach Maßnahme und Bundesland einzeln aufschlüsseln)?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Kontakten der Republika-
ner zu ausländischen Rechtsextremisten und extrem rechten Parteien?

13. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung
über das im Januar 2008 in Antwerpen gegründete „Städtebündnis gegen
Islamisierung“?

a) Welche europäischen Rechtsparteien unterstützen das „Städtebündnis
gegen Islamisierung“?

b) Kommunalpolitiker welcher europäischer Städte unterstützen das „Städ-
tebündnis gegen Islamisierung“ (bitte nach Parteien aufschlüsseln)?

c) Welche deutschen Parteien und Organisationen unterstützen das „Städte-
bündnis gegen Islamisierung“?

d) In welchen deutschen Kommunen verfügt das „Städtebündnis gegen
Islamisierung“ über Anhänger (bitte nach Parteien aufschlüsseln)?

e) Inwieweit sieht die Bundesregierung im Programm „Städtebündnis
gegen Islamisierung“, in dessen Aktivitäten oder in Äußerungen seiner
Mitglieder Bestrebungen, die sich gegen das friedliche Zusammenleben
der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, die Völkerverständi-

gung oder gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit richten oder ge-
eignet sind, den öffentlichen Frieden zu gefährden?

Drucksache 16/10060 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
14. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung
über die von europäischen Rechtsparteien einschließlich der Republikaner
gegründete „Euroregionale Kommunal“?

a) Welche europäischen Rechtsparteien unterstützen die „Euroregionale
Kommunal“?

b) Inwieweit sieht die Bundesregierung im Programm „Euroregionale
Kommunal“, in dessen Aktivitäten oder in Äußerungen seiner Mitglie-
der Bestrebungen, die sich gegen das friedliche Zusammenleben der
Menschen in der Bundesrepublik Deutschland, die Völkerverständigung
oder gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit richten oder geeignet
sind, den öffentlichen Frieden zu gefährden?

15. Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse liegen der Bundesregie-
rung über die mit den Republikanern in der „Euroregionale Kommunal“
bzw. dem „Städtebündnis gegen Islamisierung“ und dem „Tag der europäi-
schen Rechtsjugend“ kooperierenden ausländischen Rechtsparteien

a) Vlaams Belang;

b) Freiheitliche Partei Österreichs FPÖ;

c) Lega Nord vor?

Berlin, den 28. Juli 2008

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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