Vom 29. Juli 2008
Deutscher Bundestag Drucksache 16/10054
16. Wahlperiode 29. 07. 2008
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Kersten Naumann, Petra Pau und der Fraktion
DIE LINKE.
Rechtsextreme Aufmärsche im 2. Quartal 2008
Unter der Losung des „Kampfes um die Straße“ gehören Kundgebungen und
Demonstration zum typischen Aktionsrepertoire der extremen Rechten. Die
Größe solcher Aufmärsche reicht von einer Mahnwache mit einem Dutzend bis
zu Großdemonstrationen mit über 5 000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Ins-
besondere an jährlich wiederkehrenden Daten wie dem Todestag von Hitler-
Stellvertreter Rudolf Heß, dem Jahrestag der alliierten Bombardierung Dresdens
oder dem „Heldengedenken“ am Soldatenfriedhof in Halbe mobilisieren Rechts-
extremisten zu bundesweiten Aufmärschen. Zunehmend versuchen Rechts-
extreme zudem zentrale Tage der Arbeiterbewegung wie den 1. Mai und den
Antikriegstag am 1. September mit eigenen Themen zu besetzen.
„Die nach außen gerichtete Wirkung der neofaschistischen Demonstrations-
politik dient dem Nachweis der Existenz einer neofaschistischen beziehungs-
weise einer neonazistischen Bewegung, die ihre politische Ideologie bis hin zur
offen(siv)en Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Verbrechen
verbreitet sowie der Ausübung einer Machtpolitik gegenüber staatlichen
Institutionen und politischen Gegnern, die dem Handlungsspielraum dieser
Bewegung erweitern soll.“ (F. Virchow, Demonstrationspolitik, in: A. Klärner/
M. Kohlstruck: Moderner Rechtsextremismus in Deutschland, Hamburg 2006,
94 f.). Rechtsextreme Aufmärsche dienen auch zur Einschüchterung all derjeni-
gen, die zum Feindbild ernannt wurden, wie Migranten und Migrantinnen und
politisch andersdenkende oder alternative Jugendliche. Ein weiterer Effekt ist
die Zermürbung der demokratischen Öffentlichkeit, die an die scheinbare Nor-
malität rechtsextremer Auftritte gewöhnt werden soll.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Aufmärsche, Mahnwachen oder sonstige öffentlichen Auftritte der
extremen Rechten fanden im 2. Quartal 2008 statt, wer trat bei diesen Auf-
märschen als Anmelder in Erscheinung, wo fanden die Demonstrationen
statt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?
2. Mit welchem Motto/Thema wurden die unter Frage 1 angeführten Aufzüge
angemeldet, wie viele Personen nahmen an den einzelnen Aufzügen teil, und
fand eine überregionale Mobilisierung statt?
3. An welchen unter Frage 1 angeführten Aufzügen war die NPD oder eine
ihrer Unterorganisationen organisatorisch beteiligt?
Drucksache 16/10054 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
4. Welche unter Frage 1 angeführten Aufzüge wurden aus dem Spektrum der
Kameradschaften organisiert, und um welche Kameradschaften handelt es
sich hierbei?
5. Bei welchen Aufmärschen, Mahnwachen oder sonstigen öffentlichen Auf-
tritten der extremen Rechten kam es im 2. Quartal 2008 zu Straftaten, und
um welche Art von Straftaten handelt es sich hierbei?
Berlin, den 21. Juli 2008
Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion