BT-Drucksache 15/934

Schaffung einer familienfreundlichen, verkehrsentlastenden und wirtschaftsfördernden Ferienregelung

Vom 6. Mai 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/934
15. Wahlperiode 06. 05. 2003

Antrag
der Abgeordneten Klaus Brähmig, Ernst Hinsken, Edeltraut Töpfer, Wolfgang
Börnsen (Bönstrup), Cajus Caesar, Dr. Hans Georg Faust, Albrecht Feibel,
Ingrid Fischbach, Gerda Hasselfeldt, Volker Kauder, Jürgen Klimke, Werner Kuhn
(Zingst), Maria Michalk, Bernward Müller (Gera), Anita Schäfer (Saalstadt),
Bernhard Schulte-Drüggelte, Wilhelm Josef Sebastian, Kurt Segner,
Johannes Singhammer, Klaus-Peter Willsch und der Fraktion der CDU/CSU

Schaffung einer familienfreundlichen, verkehrsentlastenden und
wirtschaftsfördernden Ferienregelung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Kultusministerkonferenz hat im Mai 1999 ein verändertes Modell der lang-
fristigen Ferienordnung für die Jahre 2003 bis 2008 beschlossen, das jetzt in der
Praxis zunehmend zu Problemen führt. Obwohl mehrere Tourismusverbände
und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schon im Vorfeld
der damaligen Entscheidung auf mögliche Auswirkungen der Neuregelung auf
den Tourismus- und Verkehrsstandort Deutschland hingewiesen haben, werden
der Öffentlichkeit erst jetzt im ersten Jahr der Anwendung die Konsequenzen
wirklich bewusst.
Gegenüber früheren Zeiträumen hat sich der Gesamtzeitraum der Sommerferien
in Deutschland deutlich verkürzt. Zu den Folgen zählen eine erheblich ungleich-
mäßigere Verteilung der Urlauber als bisher und damit unvermeidbar extreme
Verkehrsverhältnisse bei der An- und Abreise auf Schiene und Straße sowie eine
zeitweise totale Überfüllung der Urlaubsgebiete und eine Verteuerung der Quar-
tiere. Dies bedeutet insgesamt eine deutliche Reduzierung der Erholungsmög-
lichkeiten von Schülern und Eltern. Angesichts der angespannten wirtschaft-
lichen Lage können schon heute viele Familien in Deutschland keinen gemein-
samen Familienurlaub verbringen bzw. sich überhaupt keinen Urlaub leisten.
Statt des 1970 von den westdeutschen Kultusministern verabredeten Gesamt-
ferienzeitraums zwischen 87 und 91 Tagen sieht die jetzige Regelung für die
Jahre 2003 bis 2008 eine durchschnittliche Dauer von nur noch 75 Tagen pro
Jahr vor, nachdem sie bereits im Zeitraum von 1995 bis 2002 auf 86 Tage gesun-
ken war. Vor allem aber führt die Neuregelung zu einer Zusammenballung der
Ferien in den drei bevölkerungsstärksten Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Bayern und Baden-Württemberg, die mit rund 41 Millionen Einwohnern über
die Hälfte der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland stellen. Die in die-
sen drei Bundesländern in Zukunft fast gleichzeitig von Ende Juli bis Anfang
September stattfindenden Ferien bewirken einen enormen Andrang und eine
Überlastung der Ferienregionen in dieser Zeit, während nicht nur in der klassi-
schen Vor- und Nachsaison, sondern auch im Juni und Juli die Auslastung der

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Tourismusbranche in den deutschen Feriengebieten drastisch sinken wird. Das
gilt insbesondere für das norddeutsche Küstenland, d. h. Niedersachsen, Schles-
wig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch für Bayern und Baden-
Württemberg selbst.
Von der Überlastung der Verkehrswege und der Beherbergungsbetriebe werden
voraussichtlich auch bei der deutschen Bevölkerung beliebte ausländische Feri-
enregionen betroffen sein, so dass die daraus resultierenden Preiserhöhungen bei
Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften Familien mit Kindern auch den Aus-
landsurlaub erschweren werden.
Der Beschluss der Ministerpräsidenten vom 27. März 2003, angesichts der jetzt
deutlich gewordenen Probleme eine Neuordnung und Entzerrung der Sommer-
ferientermine ab spätestens 2005 anzustreben, wird ausdrücklich begrüßt und
unterstützt. Mit Rücksicht auf bereits gebuchte Reisen und langfristige Termin-
planungen scheint eine Neuregelung ab einem früheren Datum unrealistisch.
Es sind gleichermaßen pädagogische, familienpolitische, verkehrliche und tou-
rismuspolitische Gesichtspunkte, die eine Überarbeitung der Ferienregelung er-
forderlich machen. Die Kultusminister sollten sich von der wissenschaftlich fun-
dierten Erfahrung leiten lassen, dass ein optimaler Erholungswert des Urlaubs in
Deutschland nur dann am besten gewährleistet ist, wenn die Sommerferien mög-
lichst weitgehend entzerrt und Überlastungen, Staus und Stress im Verkehr und
bei den Verkehrsmitteln sowie das schon heute vorhandene preistreibende Ge-
dränge in den Hotels, Ferienanlagen und Urlaubsregionen vermieden werden.
1970 hatten die westdeutschen Kultusminister sich auf entsprechende Grund-
sätze bei einem rollierenden System verständigt und damit allseits Zustimmung
gefunden. Diese Gesichtspunkte sind jedoch leider immer mehr aus dem Blick
geraten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– sich an der gegenwärtigen Überarbeitung der Sommerferienregelung durch

die Kultusministerkonferenz aktiv zu beteiligen, da insbesondere die massi-
ven Auswirkungen auf die Verkehrssituation in den Sommermonaten die
Kompetenz des Bundes berühren;

– sich dafür einzusetzen, dass im Gegensatz zu früheren Beratungen der Kul-
tusminister auch Vertreter der Tourismuswirtschaft in die Überarbeitung ein-
bezogen werden, um eine möglichst praxisgerechte Lösung zu fördern;

– darauf hinzuwirken, dass die Erfüllung folgender Eckpunkte einer verbes-
serten Sommerferienregelung angestrebt wird:
1. der Gesamtferienzeitraum soll sich grundsätzlich möglichst auf 90 Tage,

am besten vom 15. Juni bis zum 15. September eines Jahres, erstrecken;
2. die Ferienordnung soll sicherstellen, dass sich die Zahl der Urlauber

möglichst gleichmäßig auf den Gesamtferienzeitraum verteilt und eine
Zusammenballung im Juli/August vermieden wird. Das rollierende
System soll prinzipiell beibehalten werden;

3. welche Urlaubsblöcke im Einzelnen gebildet werden, soll nach der Zahl
der Bevölkerung, der Zahl der schulpflichtigen Kinder, der Reiseintensi-
tät sowie auch der Reiseziele und Verkehrsströme bestimmt werden.

Berlin, den 6. Mai 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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