BT-Drucksache 15/746

Neustrukturierung der Außenwirtschaftsförderung als Beitrag zur Schaffung von Wachstum und Beschäftigung

Vom 1. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/746
15. Wahlperiode 01. 04. 2003

Antrag
der Abgeordneten Erich G. Fritz, Karl-Josef Laumann, DagmarWöhrl, Dr. Christian
Ruck, Dr. Michael Fuchs, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Alexander Dobrindt,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Dr. Reinhard Göhner, Siegfried Helias, Ernst
Hinsken, Robert Hochbaum, Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann
Kues, Wolfgang Meckelburg, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Joachim Pfeiffer,
Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Hartmut Schauerte,
Johannes Singhammer, Max Straubinger und der Fraktion der CDU/CSU

Neustrukturierung der Außenwirtschaftsförderung als Beitrag zur Schaffung
von Wachstum und Beschäftigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Rahmenbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte befinden sich in-
ternational im Umbruch. Wachsende internationale Konkurrenz und globale
volkswirtschaftliche Verflechtung stellen die deutsche Industrie – vor allem die
kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) – vor entscheidende Herausforde-
rungen. Märkte wachsen zusammen, Produktionsstätten sind weltweit vernetzt,
deutsche Standorte stehen in direkter Konkurrenz zu anderen Standorten auf
der Welt.
Angesichts der zunehmenden Dynamik der Weltwirtschaft steht auch die
Außenwirtschaftsförderung vor wachsenden Herausforderungen. Insofern sind
die Instrumente der Außenwirtschaftspolitik kontinuierlich an den Bedarf und
die Belange vor allem unserer mittelständischen Unternehmen anzupassen. Die
Instrumente sollten dabei nicht nur auf den Waren-, sondern auch auf den
Dienstleistungsexport ausgerichtet sein.
Aufgrund der Vielfalt an Instrumenten und Institutionen im deutschen System
der Außenwirtschaftsförderung sind Koordination, Effizienz und Transparenz
Kernaufgaben, die bei der Weiterentwicklung des Instrumentariums Berück-
sichtigung finden müssen. Notwendig ist es daher, das Gesamtinstrument der
Außenwirtschaftsförderung durch eine intensive Abstimmung zwischen dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), dem Auswärtigen Amt
(AA), dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung (BMZ), den Auslandshandelskammern und der Deutschen Gesell-
schaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH wirklich sinnvoll aufein-
ander abzustimmen, um damit eine ineffiziente Doppelzuständigkeit zu
vermeiden. Demzufolge ist eine kohärente Ausrichtung hier begrüßenswert.
Zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist
neben der Neustrukturierung und Verbesserung der Außenwirtschaftsförderung
vor allem eine Politik erforderlich, die die nationalen Rahmenbedingungen für

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unsere Unternehmen verbessert (Senkung der Steuer- und Abgabenlast, De-
regulierung etc.). Nur so können unsere Unternehmen den entscheidenden Bei-
trag zur Schaffung und Sicherung von Wachstum und Beschäftigung leisten.
Angesichts der Bedeutung der Außenwirtschaft als Konjunkturmotor (Außen-
handel war 2002 wichtigste Konjunkturstütze; Ausfuhrüberschuss betrug 126,2
Mrd. Euro; jeder dritte Arbeitsplatz hängt vom Außenhandel ab) müssen in
der Außenwirtschaftspolitik künftig alle Maßnahmen Priorität haben, die die
Außenwirtschaftsförderung effektiver und vor allem dem Mittelstand den
Zugang zu Auslandsmärkten leichter möglich machen. Dort liegen Wachstums-
und Beschäftigungsmöglichkeiten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. einen Schwerpunkt auf die weitere Handelsliberalisierung und den WTO-

Prozess zu legen und dafür einzutreten, dass die in Doha/Katar eingeleitete
Liberalisierungsrunde zum Erfolg führt. Jeder weitere Liberalisierungs-
schritt erhöht auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer kleinen
und mittelständischen Unternehmen;

2. das Hermes-Instrument v. a. für kleine und mittlere Unternehmen so unbüro-
kratisch und handhabbar wie möglich zu gestalten, seine Möglichkeiten
transparenter zu machen, bei den KMU verstärkt dafür zu werben und das
Entscheidungsverfahren für Hermes-Deckungsanträge zu vereinfachen, zu
verbessern und zu beschleunigen (Mehrheitsentscheidungen). Nur so kön-
nen Hermes-Bürgschaften den Zugang der deutschen Industrie zu schwieri-
gen Märkten erleichtern, dem deutschen Mittelstand eine handhabbare und
effektive Form der Exportförderung bieten sowie den Export fördern und
damit Arbeitsplätze sichern;

3. bei der Messeförderung die Mittel für die Marktzugangshilfe von KMU zu
verstetigen und weiter zu erhöhen;

4. bei der Messeförderung eine flexiblere Gestaltung der Beteiligungskonditio-
nen zu ermöglichen und zu überprüfen, ob Gemeinschaftsständen auch bei
weniger als zehn beteiligten Unternehmen eine Förderung gewährt werden
kann;

5. gegenüber der Europäischen Union deren Versuche abzuwehren, die deut-
sche Messeförderung einzuschränken durch die Absicht, nur noch eine
Beteiligung an der Messeförderung je Unternehmen möglich zu machen;

6. die aktive Beratung von jungen Unternehmen über Hilfen beim Auslands-
engagement zu verstärken, für eine kostenlose Beratung bei der ersten
Anfrage an Auslandshandelskammern einzutreten und über den Mittel-
standsbeauftragten des BMWA eine systematische Information der KMU
vorzunehmen;

7. die Angebote der Bundesagentur für Außenhandelsinformation (BfAI) noch
mittelstandsfreundlicher, also auch preiswerter zur Verfügung zu stellen und
dazu die bestehende Abführungspflicht zurückzunehmen;

8. darauf hinzuwirken, dass Änderungen bei der Informationsbeschaffung der
BfAI vorgenommen werden durch die Ansiedlung von Korrespondenten der
BfAI in den Auslandshandelskammern, die Schaffung von Vertretungsver-
hältnissen und die Zusammenarbeit dort, wo es sinnvoll und effizient ist
(z. B. mit Österreich und der Schweiz);

9. bei der BfAI einen Service zur mittelstandsfreundlichen Aufbereitung von
Ausschreibungen einzurichten beziehungsweise eine Schaltstelle für die
Beteiligung an internationalen Ausschreibungen aufzubauen, die die Aus-
schreibungen auch aktiv anbietet;

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10. das Netz von Repräsentanzen und Auslandshandelskammern an den Orten
weiter auszubauen, an denen sich neue Marktchancen abzeichnen und dort
zurückzuführen, wo sich Erwartungen nicht erfüllen (z. B. Kosovo) oder
wo die wirtschaftliche Zusammenarbeit direkt zwischen Unternehmen
funktioniert (z. B. Binnenmarkt);

11. dafür zu sorgen, dass die Botschaften die Auslandshandelskammern bei
der Bewältigung ihrer Aufgaben unterstützen und zur effizienten Verzah-
nung der Botschaften und Auslandshandelskammern und zur Gewährleis-
tung einer wirtschaftsnahen Interessenvertretung dafür einzutreten, dass
Mitarbeiter des BMWA in den Auslandsvertretungen und den Wirtschafts-
abteilungen der Botschaften hochrangig vertreten sind;

12. sicherzustellen, dass die Kernaufgabe der Beratung deutscher Unterneh-
men durch die Auslandshandelskammern auf den Auslandsmärkten
gestärkt und eine organisatorische Trennung von den Aufgaben der Betreu-
ung der Kammermitglieder und von kommerziellen Serviceleistungen ein-
geführt wird;

13. die Qualität der Beratung durch spezielle Angebote für KMU, Sachknow-
how, Umwelt, Technologie, Branchenvielfalt, eine genauere Ausrichtung
des Personalprofils auf mehr technisches Verständnis und die möglichst
genaue Definition von Märkten für die KMU zu verbessern;

14. sich für einen neuen Ansatz der Abstimmung und Zusammenarbeit im
Verhältnis von Bund und Ländern in der Außenwirtschaftsförderung ein-
zusetzen sowie zum Verhältnis von Bund und Ländern eine Synopse der
Länderinstrumente und eine Darstellung der Fördertätigkeit der Bundes-
länder im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Beratungsförderung
und Absatzförderung vorzulegen;

15. neben der Koordination zwischen Bund und Ländern auch die Koordina-
tion innerhalb der Bundesregierung zu verbessern und die Arbeitsbereiche
von BMWA, BMZ und AA exakter abzugrenzen;

16. die Politik des BMZ nicht nur an entwicklungspolitischen, außen- oder
sicherheitspolitischen Aspekten, sondern auch an unserer außenwirtschaft-
lichen Interessenlage zu orientieren. Hierzu gehört auch die Prüfung ob
zukünftig verstärkt größere und längerfristige Projekte als Public Private
Partnership (PPP) durchgeführt werden können;

17. die politische Flankierung von Exportvorhaben zu verstärken und dazu das
Verhältnis zwischen der im BMWA im August 2001 neu eingerichteten
Anlauf- und Koordinierungsstelle, bei der Unternehmen Auslandsprojekte
benennen können, für die sie politische Unterstützung benötigen sowie
dem im Auswärtigen Amt gleich betriebenen Arbeitsstab Außenwirt-
schaftsförderung zu klären, darauf zu drängen, dass beide Stellen in einem
gemeinsamen Büro arbeiten, um Reibungsverluste zu minimieren und da-
mit dafür zu sorgen, dass Ineffizienz und Doppelarbeit vermieden werden;

18. gemeinsam mit den Bundesländern die Investorenwerbung zu stärken und
„Kundenbetreuung aus einer Hand“ zum Standardservice für ausländische
Investoren zu machen;

19. die Zusammenarbeit zwischen den deutschen Auslandsvertretungen sowie
dem Büro des Beauftragten für Auslandsinvestitionen in Deutschland, Hil-
mar Kopper (Invest in Germany), und dem Industrial Investment Council
(IIC) unter Leitung von Horst D. Dietz zu verbessern und zu stärken, mit-
telfristig jedoch „Invest in Germany“ und den „Industrial Investment
Council“ zusammenzulegen und sich dafür einzusetzen, dass sich dann
auch die Bundesländer an der neu zu schaffenden Einrichtung beteiligen.
Diese sodann rein auf Standortmarketing abgestellte Einrichtung soll auch

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für Messegroßveranstaltungen zuständig sein, also z. B. die Technogerma,
die ein reines Imageprojekt und kein konkretes Geschäftsabschlussinstru-
ment ist;

20. für eine Vermarktungshilfe Ost einzutreten, um die Investitionsquote
ausländischer Unternehmen in den ostdeutschen Bundesländern und die
Exportquote ostdeutscher Unternehmen zu erhöhen, sich bei der Förderung
der neuen Bundesländer stärker auf innovative Produkte zu konzentrieren,
weil Ostdeutschland nur mit innovativen Produkten internationale Absatz-
märkte erobern kann und zu untersuchen, wie groß der Anteil der Exporte
der Wirtschaft in den neuen Bundesländern ist, der über Gesellschaftssitze
im Westen der Bundesrepublik Deutschland exportiert wird;

21. aufgrund der mit der EU-Osterweiterung einhergehenden Veränderungen
das Instrument der Außenwirtschaftsförderung auf diese neuen Anforde-
rungen auszurichten und vor allem die Unternehmen der mittelständischen
Wirtschaft durch Informationen und Beratungshilfe auf die osteuropäi-
schen Beitrittsmärkte vorzubereiten;

22. zur Stärkung vor allem der mittelständischen Wirtschaft ein Gleichgewicht
herzustellen zwischen den deutschen Beitragszahlungen zu den internatio-
nalen Organisationen und den Aufträgen, die die deutsche Wirtschaft von
internationalen Organisationen erhält;

23. die Absicherung der Finanzierung der Außenwirtschaftsförderung zu
gewährleisten. Dies macht ein Anwachsen der gegenwärtig vorhandenen
Titel erforderlich. Die finanzielle Ausstattung der deutschen Außenwirt-
schaftsförderung ist auch im internationalen Vergleich schon heute knapp
bemessen;

24. sich dafür einzusetzen, die Tagesordnung des 133er Ausschusses dem
Deutschen Bundestag transparent und die Protokolle einsehbar zu machen;

25. bei der Frage der Genehmigung von Rüstungsexporten im Interministeriel-
len Ausschuss (IMA) Entscheidungsfristen einzuführen und für eine Har-
monisierung der EU-Rüstungspolitik auf EU-Ebene einzutreten.

Berlin, den 1. April 2003
Erich G. Fritz
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Dr. Christian Ruck
Dr. Michael Fuchs
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Alexander Dobrindt
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Dr. Reinhard Göhner
Siegfried Helias
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Volker Kauder

Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Wolfgang Meckelburg
Laurenz Meyer (Hamm)
Dr. Joachim Pfeiffer
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hartmut Schauerte
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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