BT-Drucksache 15/660

Auswirkungen des "Trusted Platform Module" und der Software "Palladium"

Vom 17. März 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/660
15. Wahlperiode 17. 03. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Martina Krogmann, Günter Nooke, Bernd Neumann
(Bremen), Renate Blank, Dr. Peter Gauweiler, Volker Kauder, Dr. Günter Krings,
Dr. Norbert Lammert, Vera Lengsfeld, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Andreas
Scheuer, Dr. Ole Schröder, Erika Steinbach, Christian Freiherr von Stetten,
Edeltraut Töpfer, Wolfgang Zeitlmann und der Fraktion der CDU/CSU

Auswirkungen des „Trusted Platform Module“ und der Software „Palladium“

International führende Unternehmen der Computerindustrie haben sich zu der
Trusted Computing Platform Alliance (TCPA) mit dem Ziel zusammenge-
schlossen, einen Standard für eine Hardware-Sicherheitsplattform für Personal
Computer zu entwickeln. Dabei soll ein Hardware-Sicherheitsmodul, das so
genannte TPM („Trusted Platform Module“) in die Rechner, später eventuell in
die Prozessoren, integriert werden.
Das TPM kann verwendet werden, um den Benutzer zu identifizieren, Ver-
schlüsselungen zu erzeugen sowie Zertifikate zu verifizieren und zu nutzen etc.
Zusätzlich kann es durch Überwachung des Bootvorgangs auf Anfrage einen
vertrauenswürdigen Zustand des Rechners attestieren und Manipulationen an
der Rechnerkonfiguration oder am Betriebssystem ausschließen. Es überprüft
bei jedem Start des Computers alle Hardware-Komponenten und das BIOS,
dann das Betriebssystem sowie bestimmte Anwendungen auf die Übereinstim-
mung mit den von der TCPA zertifizierten und – anwendungsabhängig – auf
externen Servern hinterlegten Konfigurationsangaben. Dadurch kann das TPM
die Integrität der installierten Hard- und Software erkennen und kontrollieren,
ob Programme, Software, Dokumente, etc. in einer für Inhaber von Rechten an
Programmen und Daten akzeptablen Form genutzt werden.
Während bereits die ersten Computer mit einem TPM ausgerüstet sind, ist der-
zeit noch nicht konkret absehbar, wann die Firma Microsoft das Schutzssystem
„Palladium“, eine Betriebssystem-Schnittstelle für die von der Hardware vorbe-
reitete sichere Umgebung, einführen wird. „Palladium“ (neuerdings: NGSCB,
Next Generation Secure Computing Base) soll ein integrierter Bestandteil zu-
künftiger Betriebssysteme der Firma Microsoft werden und kann auf die vom
TPM bereitgestellten Funktionen aufsetzen. „Palladium“ erlaubt den Betrieb
aller bisheriger Windows Software, aber über TCPA-Hardware auch neue,
speziell für TCPA/Palladium geschriebene Applikationen und Datenformate.
Von der neuen Technologie erhoffen sich Anbieter urheberrechtlich geschützter
digitaler Inhalte eine deutliche Verbesserung der Durchsetzbarkeit ihrer Nut-
zungs- und Verwertungsrechte, zum Beispiel auch gegen illegale Nutzung und
Verbreitung geschützter Inhalte. Denkbare Anwendungsszenarien sind ferner
der bessere Schutz von Firmennetzwerken, die Eindämmung von Attacken, die
Sicherung von E-Government-Anwendungen oder der Schutz vor Schadpro-
grammen.

Drucksache 15/660 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Andererseits werden durch die neue Technologie neue Nutzungs-, Partizipa-
tions- und Rechtsverhältnisse geschaffen. Erstmals können bestimmte Verhal-
tensweisen erzwungen werden, damit der Rechner für den Nutzer wichtige
Inhalte verarbeitet. Die Intransparenz TPM-basierter Software und neue Lizen-
zierungsmodelle für Programme und Inhalte könnten negative Folgen für den
Wettbewerb in der Hard- und Software-Branche, die gerade in Deutschland
durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt ist, nach sich ziehen. Der Nut-
zer könnte mit TCPA und „Palladium“ effektiv in seinen Rechten eingeschränkt
und in seiner Privatsphäre verletzt werden. Es ist nicht mehr kontrollierbar, ob
verschlüsselte Software schädliche Zusatzfunktionen enthält, z. B. so genannte
„Spyware“ oder fernsteuerbare Funktionen. Durch die kryptografischen Funk-
tionen der sicheren Hardware abgesichert, könnten auch kriminelle und terroris-
tische Netzwerke sicherer kommunizieren. Damit ergeben sich neue Probleme
im Zusammenhang mit Datenschutz, Schutz vor Industriespionage sowie für
Aspekte der inneren Sicherheit.
Der Kenntnisstand in der deutschen Öffentlichkeit über TCPA und „Palladium“
ist bisher äußerst gering. Die zahlreichen, heute nur schwer absehbaren Aus-
wirkungen werden kontrovers und mit Sorge diskutiert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Maßnahmen trifft das Bundesamt für Sicherheit in der Informa-

tionstechnik (BSI) bezüglich TPM/Palladium?
2. Wann und zu welchem Zweck wurde eine entsprechende Arbeitsgruppe am

BSI gegründet?
3. Wie viele Mitarbeiter umfasst diese Arbeitsgruppe?
4. Welche Erkenntnisse liegen der Arbeitsgruppe bisher vor?
5. Beabsichtigt die Bundesregierung entsprechende Erkenntnisse des BSI

regelmäßig zu veröffentlichen?
Wenn ja, in welchem Zeitraum?
Wenn nein, warum nicht?

6. Inwieweit ist der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bereits mit der
TCPA/Palladium-Problematik befasst und was ist seine Einschätzung?

7. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Auswirkungen dieser neuen Techno-
logie in Anbetracht ihrer Bedeutung auf europäischer Ebene zu thematisie-
ren?
Welche Gremien wären hier nach Meinung der Bundesregierung zustän-
dig?

8. Welche wirtschaftlichen Chancen/Risiken sieht die Bundesregierung durch
TCPA für die digitale Wirtschaft?

9. Welche Chancen/Risiken sieht die Bundesregierung in der Realisierung
eines hardwaregestützten sicheren Betriebssystems?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung in der Öffentlichkeit wiederholt geäu-
ßerte Befürchtungen einer möglichen restriktiven Lizenzierungspolitik für
die Hard- und Software?

11. Welche wettbewerbs- und kartellrechtlichen Auswirkungen sind nach An-
sicht der Bundesregierung zu erwarten?

12. Wird TCPA/Palladium Auswirkungen nach Einschätzung der Bundesregie-
rung auf die Zahl der Arbeitsplätze in den kleinen und mittleren Unterneh-
men der Soft- und Hardware-Branche haben?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/660

13. Welche Auswirkungen könnten nach Ansicht der Bundesregierung TCPA/
Palladium auf Open-Source-Software haben?

14. Wie wirkt sich TCPA/Palladium längerfristig auf die Kompatibilität mit
den mit Open-Source-Software ausgerüsteten Rechnern der Bundesverwal-
tung und mit den auf ihnen erstellten Inhalten aus?

15. Ist nach Auffassung der Bundesregierung TCPA-konforme Hard- und Soft-
ware für den Einsatz in sicherheitsrelevanten Bereichen geeignet und zu-
lässig?

16. Wenn nein, welche Maßnahmen für diesen Bereich fasst die Bundesregie-
rung angesichts einer zunehmenden Marktpenetration von TCPA-konfor-
mer Hard- und Software ins Auge?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass diese Entwick-
lung durch Marktpenetration zu einem faktischen Standard führen könnte?

18. Ist der Bundesregierung bekannt, wer die Hard- und Software wie zu
welchem Preis zertifiziert, und wenn nein, welche Anstrengungen hat sie
bisher unternommen, entsprechende Erkenntnisse zu gewinnen?

19. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen für die Durchsetzbar-
keit von Nutzungs- und Verwertungsrechten für die Anbieter digitaler In-
halte?

20. Wie verhält sich hierzu nach Ansicht der Bundesregierung die Schranken-
regelung der so genannten Privatkopie?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung Bedenken von Datenschützern, dass die
auf Servern externer Kontrollinstanzen hinterlegten Daten missbraucht
werden können?

22. Wie beurteilt die Bundesregierung Bedenken von Datenschützern, dass der
Anwender die alleinige Kontrolle über die Funktionen des eigenen Compu-
ters mit TCPA/Palladium verliert?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung Bedenken von Datenschützern, dass an-
dere Institutionen oder Personen an vertrauliche und persönliche Informati-
onen gelangen könnten, die im Zusammenhang mit TCPA/Palladium auf
externen Servern angelegt werden, ohne dass der Anwender dies merkt?

24. Worin liegt nach Auffassung der Bundesregierung der Vorteil von TPM/
Palladium für E-Government-Lösungen?

25. Birgt TPM/Palladium nach Ansicht der Bundesregierung auch Nachteile
für E-Government, und wenn ja, welche?

26. Nimmt die Bundesregierung Befürchtungen ernst, dass durch diese Tech-
nologie einzelne, überwiegend ausländische Unternehmen mittelfristig eine
signifikante Kontrolle über Systeme und Daten von Unternehmen und Be-
hörden in Deutschland erhalten könnten?

Berlin, den 14. März 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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