BT-Drucksache 15/5939

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/4430- Das 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union unbürokratisch und effektiv gestalten

Vom 28. Juli 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5939
15. Wahlperiode 28. 07. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper,
Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/4430 –

Das 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union unbürokratisch
und effektiv gestalten

A. Problem

Für die Antragsteller zeigt die Analyse der Umsetzung des 6. EU-Forschungs-
rahmenprogramms (6. EU-FRP) Schwächen und Inkonsistenzen auf, die den
derzeitigen Erfolg und die Wirksamkeit europäischer Forschungsförderung min-
dern. Diese dürften keinesfalls im 7. Forschungsrahmenprogramm fortgeschrie-
ben werden. Neben der Generaldirektion Forschung sind aktuell vor allem die
Generaldirektionen Transport und Energie sowie Informationsgesellschaft und
Unternehmen für die Ausgestaltung und Durchführung des Europäischen For-
schungsrahmenprogramms zuständig. In der Einführungsphase des 6. EU-FRP
habe es zwischen den beteiligten Generaldirektionen keine klare Kommunikati-
on und Koordination gegeben. Das habe bei den Antragstellern zu Missver-
ständnissen und Unsicherheiten geführt. Es bestehe die Gefahr einer Zersplitte-
rung der Forschungsaktivitäten innerhalb der EU. Das gelte insbesondere für die
Erarbeitung und Implementierung übergreifender Strukturen und Themen sowie
für die Durchführung der Ausschreibungen, Evaluationen und dem administra-
tiven Umgang mit den einzelnen Forschungsprojekten. Die Etablierung eines
permanenten, ressortübergreifenden Prozesses der Abstimmung und der Kom-
munikation zwischen den beteiligten Generaldirektionen sei dringend geboten.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/CSU
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP

C. Alternativen

Annahme des Antrags auf Drucksache 15/4430.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/5939 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag – Drucksache 15/4430 – abzulehnen.

Berlin, den 15. Juni 2005

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Cornelia Pieper
Vorsitzende

Andrea Wicklein
Berichterstatterin

Helge Braun
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5939

Bericht der Abgeordneten Andrea Wicklein, Helge Braun, Hans-Josef Fell
und Hellmut Königshaus

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/4430 in seiner 157. Sitzung am 17. Februar 2005 bera-
ten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung
und an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, den Aus-
schuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, den Aus-
schuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit so-
wie an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller gehen von der Einigung des EU-Gipfels
von Lissabon im März 2000 auf das Ziel aus, die Euro-
päische Union bis zum Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigs-
ten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum
der Welt zu machen. Des Weiteren weisen sie darauf hin,
dass die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung zu den
Finanziellen Perspektiven der EU (2007 bis 2013) das Ziel
formuliert habe, die europäischen Forschungsanstrengungen
zu verdoppeln. Keinesfalls dürfe die Mittelerhöhung inner-
halb der EU dazu führen, dass nationale Forschungsanstren-
gungen reduziert und mit geringeren finanziellen Mitteln
ausgestattet werden.

Darüber hinaus zeige die Analyse der Umsetzung des 6. EU-
FRP Schwächen und Inkonsistenzen auf, die den derzeitigen
Erfolg und die Wirksamkeit europäischer Forschungsförde-
rung mindern. Diese dürften keinesfalls im 7. Forschungsrah-
menprogramm fortgeschrieben werden. Nur wenn sich das
7. EU-FRP durch eine hohe Zielschärfe und fachliche Exzel-
lenz, gepaart mit einer breiten Akzeptanz bei den beteiligten
Wissenschaftseinrichtungen, Hochschulen, Wirtschafts- und
Industrieunternehmen, auszeichne, werde es entscheidend
zur Umsetzung der Lissabon- und Barcelona-Ziele beitragen
können. Die Europäische Union könne ihre internationale
Wettbewerbsfähigkeit weiter ausbauen, wenn Forschung und
Entwicklung zu einer starken Säule ihrer Politik würden.

Das 6. EU-FRP basiere auf einer heterogenen Mischung von
Grundlagenforschung, anwendungsnaher und angewandter
Forschung und Entwicklung. Während das Thema Lebens-
wissenschaften stark grundlagenorientiert sei, seien die Be-
reiche Informations- und Kommunikationstechnologien
sowie Luft- und Raumfahrt überwiegend anwendungsorien-
tiert ausgerichtet. Diese Aufteilung sei politisch und strate-
gisch nicht sinnvoll. Alle thematischen Schwerpunkte im
7. EU-FRP müssten daher sowohl Projekte im Bereich der
Grundlagenforschung als auch der anwendungsorientierten
Forschung und Entwicklung ermöglichen. Auf keinen Fall
dürfe die Grundlagenforschung in bestimmten Themen-
bereichen von vornherein ausgeschlossen werden. In diesem
Prozess müssten auch die Geistes- und Sozialwissenschaften
in der Themenauswahl ausreichend Berücksichtigung fin-
den.

Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung zur Um-
setzung eines 21 Punkte umfassenden Handlungskatalogs
aufgefordert. Dieser Katalog umfasst zunächst Aspekte der
Forschungsstruktur der EU, stellt thematische Schwerpunkte
der Forschungsförderung dar und unterstreicht schließlich
die Notwendigkeit einer stärkeren Beteiligung von kleinen
und mittleren Unternehmungen (KMU) an den Maßnahmen
des 7. EU-FRP.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Die mitberatenden Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit,
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen sowie für Um-
welt,NaturschutzundReaktorsicherheithaben jeweils mit
den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sowie der Fraktion der CDU/CSU, derAusschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU, gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag abzu-
lehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im federfüh-
renden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat die Vorlage in seiner Sitzung am
15. Juni 2005 beraten und empfiehlt:

Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/4430 – mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sowie der Fraktion der CDU/CSU gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP.

Von Seiten der Fraktion der SPDwird der Forderung an die
Bundesregierung zugestimmt, im Rahmen ihrer Verhandlun-
gen zur Agenda 2007 darauf hinzuwirken, dass die Ausga-
benstruktur der EU reformiert werde.

Viele der neuen Aufgaben, die sich aus der Erweiterung der
EU neu stellen, ließen sich ohne erhebliche zusätzliche Mit-
tel finanzieren. Durch Umschichtungen innerhalb der EU-
Haushalte könnten die bestehenden Entwicklungsunter-
schiede im Bereich der Forschung und Entwicklung in der
erweiterten Union ausgeglichen werden. Die Fraktion bemü-
he sich darum, dass dies nicht durch höhere Beiträge der Mit-
gliedsländer geschehe, sondern durch neue Prioritätenset-
zungen und einen effizienteren Mitteleinsatz innerhalb der
Forschungsprogramme und des EU-Haushaltes. In diesem
Zusammenhang müssten auch intelligentere Lösungen in-
nerhalb des Agrarhaushaltes der EU entwickelt werden, die
dazu führen, Mittel für Forschung und Entwicklung freizu-
machen. Genau in diese Richtung agiere die Bundesregie-
rung gegenwärtig durch intensive Verhandlungen und Ge-
spräche mit den Mitgliedsländern.

Vor dem Hintergrund der unmittelbar bevorstehenden Ent-
scheidungen beim Europäischen Rat sollte aber mit Forde-
rungen, wie sie gerade in Nummer 3 des Antrags enthalten
seien, sehr sensibel umgegangen werden. Zwar sei die For-
derung, in der Agrarpolitik eine Kofinanzierung einzuführen,

Drucksache 15/5939 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

ein wünschenswerter Ansatz, aber angesichts der aktuellen
Verhandlungen sollte man die Verhandlungsposition der Bun-
desregierung durch solche Festlegungen nicht erschweren.

Für die SPD-Fraktion sei klar, dass es im Grundsatz eine
Vielzahl von Gemeinsamkeiten mit den Positionen der Frak-
tion der FDP zum 7. EU-FRP, wie sie im Antrag enthalten
seien, gebe. Die Bundesregierung habe bereits am 26. No-
vember 2004 ihre Position dargestellt, nach der Exzellenz als
zentrales Auswahlkriterium für die Förderung gelten solle.
Klar seien auch die Auffassungen zum Bürokratieabbau, zur
Vereinfachung der Antragstellung und der Abrechnungsmo-
dalitäten sowie zur besseren Einbeziehung der kleinen und
mittleren Unternehmen, damit diese zukünftig im Rahmen
des 7. EU-FRP besser in die Lage versetzt werden, sich an
den Förderprogrammen zu beteiligen. Die SPD-Fraktion un-
terstütze auch die Forderung nach dem Aufbau eines europä-
ischen Forschungsrates. Nicht zustimmen könne man der
Position im Antrag der Fraktion der FDP zur Stammzellen-
forschung sowie der Forderung nach einer autonomen Ent-
scheidungsgewalt für die Wissenschaft im 7. EU-FRP. Im
Interesse der besseren Wettbewerbsfähigkeit der Europäi-
schen Gemeinschaft müsse eine engere Verzahnung und the-
matische Abstimmung zwischen der Wirtschaft und Wissen-
schaft erfolgen.

Für die CDU/CSU-Fraktion stellt sich als Kernproblem
beim 7. EU-FRP inzwischen die Finanzierung dar. Die Posi-
tion der CDU/CSU-Fraktion hierzu sei in ihrem bereits bera-
tenden Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/3807 enthalten.
Der Antrag der FDP-Fraktion habe viele der Forderungen
aus der Wissenschaft und von kleinen und mittleren Unter-
nehmen übernommen. Jetzt gehe es darum, dafür Sorge zu
tragen, dass die Finanzausstattung des 7. EU-FRP doch noch
in einer angemessenen Höhe und ohne die im Raum stehende
Kürzung von 39 Prozent erfolge. Auch wenn dem Antrag der
Fraktion der FDP im Allgemeinen zugestimmt werden kön-
ne, müsse die CDU/CSU-Fraktion ihn dennoch wegen der
Aussagen zur Stammzellenforschung, die in der CDU/CSU-
Fraktion so nicht mehrheitsfähig seien, ablehnen.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wird betont, dass man sich in den Zielen einig sei, den 7. EU-
FRP unbürokratisch und effektiv zu gestalten. Aber die In-
halte des Antrags zur Atomenergie wie zur Stammzellenfor-
schung verhinderten eine Zustimmung.

Die Fraktion der FDP bedauert, dass es trotz der zum Aus-
druck gebrachten Einigkeit im Kern bei nur wenigen Abwei-
chungen zu der Stammzellenforschung nicht zu einer Zu-
stimmung der anderen Fraktionen komme.

Berlin, den 15. Juni 2005

Andrea Wicklein
Berichterstatterin

Helge Braun
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

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