BT-Drucksache 15/5828

zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/3814- Gashydratforschung fest in die Forschungen "System Erde" und "Neue Technologien" integrieren

Vom 28. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5828
15. Wahlperiode 28. 06. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Christoph Hartmann (Homburg),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/3814 –

Gashydratforschung fest in die Forschungen „System Erde“
und „Neue Technologien“ integrieren

A. Problem
Der Antrag stellt fest, dass die Erforschung der Gashydratvorkommen in den
Weltmeeren und den Permafrostböden nicht nur für das komplexe Verständnis
des Geosystems Erde und des Weltklimas eine große Bedeutung hat, sondern
auch für die Erschließung neuer Energiereserven und die Entwicklung innova-
tiver inhärent sicherer Fördertechnologien.
Heutige Schätzungen gehen davon aus, dass mehrere 1 000 Gigatonnen Kohlen-
stoff in den Gashydraten gespeichert sind. Das sei vergleichbar mit der in Kohle-,
Erdöl- und Erdgaslagerstätten gespeicherten Menge an Kohlenstoff, wobei die
Unsicherheit der Abschätzung beträchtlich sei und ebenfalls durch intensive
Forschung verbessert werden müsse. Für eine kommerzielle Nutzung dieses
riesigen Gaspotenzials ständen heute auch nicht im Entferntesten geeignete
Fördertechnologien zur Verfügung. Da Deutschland in seinen bisherigen
Forschungsansätzen den Blick für die Wechselwirkungen zwischen Gashydrat-
vorkommen und Umwelt vorangebracht habe, sei es folgerichtig, heute diesen
Forschungsansatz zu erweitern und eine systematische Erforschung von mögli-
chen Abbaustrategien in das 5. Energieforschungsprogramm neu aufzunehmen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Annahme des Antrags auf Drucksache 15/3814.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/5828 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/3814 – abzulehnen.

Berlin, den 13. April 2005

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Cornelia Pieper
Vorsitzende

Gesine Multhaupt
Berichterstatterin

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5828

Bericht der Abgeordneten Gesine Multhaupt, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Hans-Josef Fell und Ulrike Flach

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/3814 in seiner 166. Sitzung am 17. März 2005 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung sowie an
den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und an den Aus-
schuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Die Antragsteller schildern die Bedeutung, die weltweit füh-
rende Energieexperten in den großen Methanhydratvorkom-
men der Erde sehen. Dabei seien Technologien zur Gewin-
nung sowie zu einer umweltverträglichen Nutzung von
Methanhydraten bisher völlig unzureichend erforscht. Bis-
lang folge die Bundesregierung diesem Ansatz im For-
schungsprogramm Geotechnologien und Rohstoffsicherung
(Förderbereich O) mit der so genannten Gashydratinitiative.
Völlig zu Recht sehe sich der deutsche Forschungsansatz
dem Ziel verpflichtet, die Grundlagen der Methanhydratbil-
dung, ihre Vorkommen und deren Klimawirksamkeit sowie
Relevanz für die Umwelt zu untersuchen. Unter einer von
den Antragstellern geforderten Hinzunahme des Energie-
aspektes und innovativer Technologien als Forschungsge-
genstand würde eine Doppelstrategie erreicht, die in einer
Verantwortung für das Weltklima und der Versorgung künf-
tiger Generationen mit Energie begründet liege.
Inzwischen gelte es als gesichert, dass die in denWeltmeeren
freigesetzten großen Mengen an Methan (CH4) aus Methan-
hydraten als klimasteuernde Faktoren von globaler Bedeu-
tung sind.
Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung in einem
acht Punkte umfassenden Handlungskatalog aufgefordert,
auf die geschilderte Lage zu reagieren, indem sie u. a. beste-
hende Forschungsprogramme für Energiefragestellungen
öffnet, die Rolle der Ozeane im Klimasystem durch ein qua-
lifiziertes Meeresforschungsprogramm untersuchen lässt,
die Entwicklung eines Eis brechenden Forschungsschiffes
mit Tiefbohrgeräten vorantreibt sowie das Nutzungs- und
Gefährdungspotenzial der Küstenzonen untersucht.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im federfüh-
renden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner Sitzung am
13. April 2005 beraten und empfiehlt:

Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/3814 – mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP.
Von Seiten der Fraktion der FDP wird darauf hingewiesen,
dass der Antrag schon eine geraume Zeit vorliege. Die FDP-
Fraktion habe das Potenzial aber auch die Gefahren des The-
mas erkannt, und deshalb werbe sie dafür, in diesem Bereich
mehr zu forschen. In der Vergangenheit habe man durch die
Freisetzung von Methan Veränderungen im Klima erlebt.
Dies werde auch in der Zukunft stattfinden. Man müsse aber
auch sehen, dass es auf dem Meeresboden etwa 1 000 Giga-
tonnen evtl. abbaubarer Gasvorkommen gebe. Es gehe also
nicht nur um die Frage, welche Auswirkungen diese Gas-
vorkommen hätten, sondern auch darum zu erfahren, ob und
wie diese Vorkommen abbaubar seien. Die FDP-Fraktion
appelliere deshalb an die Koalition, von ihrer ursprünglich
kritischen Einstellung Abstand zu nehmen und zu erken-
nen, dass es sich um ein Thema handele, das gerade für
Forschungspolitiker von Bedeutung sei. Es bestehe die
Möglichkeit, dieses Thema im Rahmen des Forschungs-
programms der Bundesregierung zum ‚System Erde‘ zu
berücksichtigen, aber auch im Energieforschungsprogramm.
Von Seiten der Fraktion der SPD wird die wissenschaft-
liche Bedeutung des Themas unterstrichen. Hierzu könne auf
zahlreiche von der Bundesregierung unterstützte Projekte
hingewiesen werden. In den Feststellungen des FDP-An-
trags hinsichtlich der Folgen und Risiken der Gashydrate ge-
be es keinen Unterschied zur SPD-Fraktion. Im Vordergrund
stehe für sie, den Wissenschaftsraum Erde im Zusammen-
hang zu sehen und zu prüfen, inwieweit Geowissenschaften
einen Beitrag zur Lösung von drängenden Problemen auch
in der Versorgung mit Energie leisten könnten. Renommierte
Wissenschaftler unterstützten die Fraktion darin, dieses The-
ma in der Grundlagenforschung zu lassen und nicht darüber
hinaus zu gehen. Es gebe viele Anhaltspunkte, die bestätig-
ten, dass bei der Freisetzung der Gase in den Permafrost-
gebieten erhebliche Risiken bestünden, gerade auch im Hin-
blick auf Klimaveränderungen. Die SPD-Fraktion bleibe
deshalb bei der Position, das Thema sehr ernst zu nehmen
und auch die Bedeutung für die Energieversorgung zu erken-
nen. Der Gesamtaspekt müsse interdisziplinär betrachtet
werden, und der Stellenwert der Geowissenschaften sei in
diesem Zusammenhang zu sehen. Darüber hinausgehende
Forschung im Sinne von Energienutzung wolle die SPD-
Fraktion nicht vorantreiben.
Für die Fraktion der CDU/CSU sei es erwiesen, dass die
Auswirkungen von Methan deutlich schlimmer seien als von
CO2. Insofern sei der FDP-Antrag sehr wichtig und unter-stützenswert. Die CDU/CSU-Fraktion sei der Auffassung,
dass die Möglichkeit, derartige Energieressourcen zu er-
schließen, nicht ungenutzt bleiben dürften und dass es not-
wenig sei zu erforschen, was passiere, wenn die Vorkommen
erschlossen würden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält es für
entscheidend, dass die wichtige Grundlagenforschung im

Drucksache 15/5828 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

System Erde-Klima bereits stattfinde. Die Intension des
FDP-Antrags sei es aber nicht zu bestätigen, dass es unge-
klärte Grundlagenfragen gäbe, sondern die Methanhydrat-
forschung in das 5. Energieforschungsprogramm aufzuneh-
men.Manmüsse feststellen, wennMethan freigesetzt werde,
sei dies ein Klimaproblem, dies sei wissenschaftlich erwie-
sen. Es gebe eine zweite, sehr bedenkliche Klimawirkung.
Wenn das Methan über eine energetische Nutzung in CO2umgewandelt werde, dann sei dies zwar eine verringerte,
aber immer noch sehr gravierende Klimawirkung. Der ent-
scheidende Klimaschutz sei, den Kohlenstoff, der sowohl an
Methan als auch an CO2 gebunden sei, in der Erde, im Per-mafrostboden, im Meer zu belassen und nicht in die Atmos-
phäre abzugeben. Jede energetische Nutzung der Methanhy-

drate sei ein Klimaproblem. Deshalb halte es die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für richtig, dieses nicht in die
Energieforschung aufzunehmen, sondern es im Sinne des
Klimaschutzes zu unterlassen. Für den Klimaschutz sei es
entscheidend, den Kohlenstoff im Boden zu belassen. Die
Gefahr einer Methanfreisetzung durch Hangrutsche und Per-
mafrostbodenaufweichung sei dadurch erhöht, je stärker die
Erde erwärmt werde. Wenn über CO2-Freisetzungen die Er-wärmung verstärkt würde, würde eine solcheMethangasfrei-
setzung zusätzlich verschlimmernd wirken. Dies bestärke
die Auffassung der Fraktion, keine Energienutzung der Me-
thanvorkommen zuzulassen. Es gebe genügend andere Mög-
lichkeiten der Energieversorgung der Welt. Der Antrag stelle
eine echte Gefahr für die Klimaentwicklung der Welt dar.

Berlin, den 13. April 2005
Gesine Multhaupt
Berichterstatterin

Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land)
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

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