BT-Drucksache 15/5766

Perspektiven der deutschen Binnenschifffahrt - Zustand der deutschen Binnenwasserstraßeninfrastruktur

Vom 14. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5766
15. Wahlperiode 14. 06. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Renate Blank, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Georg Brunnhuber, Wolfgang Börnsen
(Bönstrup), Klaus Brähmig, Hubert Deittert, Vera Dominke, Enak Ferlemann,
Peter Götz, Bernd Heynemann, Ernst Hinsken, Klaus Hofbauer, Norbert
Königshofen,Werner Kuhn (Zingst), Eduard Lintner, KlausMinkel, Henry Nitzsche,
Günter Nooke, Wilhelm Josef Sebastian, Gero Storjohann, Thomas Strobl
(Heilbronn), Lena Strothmann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter
und der Fraktion der CDU/CSU

Perspektiven der deutschen Binnenschifffahrt – Zustand der deutschen
Binnenwasserstraßeninfrastruktur

Die Binnenschifffahrt ist unverzichtbarer Bestandteil eines integrierten Ver-
kehrssystems. Der prognostizierte Anstieg des Güterverkehrsaufkommens ist
ohne den wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Verkehrsträger Binnenschiff
nicht realisierbar. Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003 geht bis 2015
von einer Steigerung der Verkehrsleistung beim Binnenschiff von 39 Prozent ge-
genüber 1997 aus. Allein im Vergleich zu 2003 erhöhte sich im Jahr 2004 die
Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt nach vorläufigen Angaben des Sta-
tistischen Bundesamtes um 6,9 Prozent.
Im Gegensatz zu den anderen Verkehrsträgern hat die Binnenschifffahrt mit Ab-
stand die größten Kapazitätsreserven. Das Binnenschiff ist dabei das umwelt-
freundlichste und energiesparendste Transportmittel mit der verlässlichsten
Termintreue. Hinsichtlich des spezifischen Energieverbrauchs wie auch der
Schadstoffemission schneidet das Binnenschiff gegenüber Lkw und Bahn am
günstigsten ab. Ein 1 350-Tonnen-Schiff kann 45 Lkw ersetzen, ein modernes
2 000-Tonnen-Binnenschiff sogar 67 Lkw. Das Binnenschiff eignet sich nicht
nur für den Transport von Massengütern, sondern auch für die Beförderung von
Stückgütern, Industrieanlagen und vor allem Containern. Mit einem Wert von
5,0 verfügt das Binnenschiff gegenüber dem Schienenverkehr mit 12,35 und
dem Straßenverkehr mit 24,12 über den mit Abstand niedrigsten Wert bei den
externen Kosten.
Ein wettbewerbsfähiger Wasserstraßentransport setzt eine intakte und leistungs-
fähige Infrastruktur voraus. Die Unterhaltung und Optimierung des 7 356 km
langen Wasserstraßennetzes und damit auch der Abbau von Engpässen ist daher
eine verkehrspolitisch äußerst vordringliche Aufgabe. Dies setzt die Instandset-
zung und den Ausbau von Wasserstraßen voraus, mit dem die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit der Wasserstraßen dauerhaft erhalten und verbessert wird.

Drucksache 15/5766 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Stärken, Schwächen, Entwicklungspotenziale und Handlungsoptio-

nen sieht die Bundesregierung bei der Binnenwasserstraßeninfrastruktur in
Deutschland?

2. Welche Bedeutung für den Arbeitsmarkt und denWirtschaftsstandort haben
Binnenhäfen und Binnenschifffahrt in Deutschland?

3. Welche Wasserstraßen-Projekte in Deutschland (Neubau, Unterhaltungs-
und Ausbauarbeiten an Schleusen, Wehren, Brücken und Kanälen) sind
– aufgeteilt nach Bundesländern – mit welchem finanziellen Volumen seit
1998 fertig gestellt worden?

4. Welche Wasserstraßen-Projekte sind derzeit im Bau?
5. Welche Wasserstraßen-Projekte haben Baureife erlangt?
6. Welche Wasserstraßen-Projekte befinden sich noch in der Planfeststellung?
7. Welche geplantenWasserstraßen-Projekte wurden bis heute nicht in Angriff

genommen und was sind die Gründe hierfür?
8. Wie ist der Stand der Umsetzung der Bundesratsentschließung aus dem Jahr

2004 „Schaffung von fairen Chancen für die Binnenschifffahrt“?
9. Wie ist der Stand der Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Gutach-

tens „Potenziale und Zukunft der deutschen Binnenschifffahrt“ der Forums
„Binnenschifffahrt und Logistik“?

10. Sind Änderungen bei Anzahl oder Organisation der Wasser- und Schiff-
fahrtsdirektionen des Bundes geplant?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Hafenstandorte des mittleren und öst-
lichen Ruhrgebietes durch die Kanalabgaben des Bundes benachteiligt sein
können, da die ursprüngliche Begründung (Begünstigung deutscher See-
häfen gegenüber den Westhäfen in den Niederlanden und in Belgien) ange-
sichts aktueller Verkehrsstrukturen nicht mehr zu rechtfertigen ist und die
veraltete Regelung einer Verlagerung von Güterverkehr auf Wasserstraßen
entgegen steht, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

12. Welche Rolle spielt der zunehmende Wasserstraßentourismus?
13. Wie kann die Zusammenarbeit von Seehäfen, Binnenhäfen, Verladern, Spe-

diteuren, Distributeuren und Reedereien in Deutschland verbessert werden?
14. Welche Bedeutung wird nach Ansicht der Bundesregierung die Binnen-

schifffahrt hinsichtlich des prognostizierten Zuwachses im Güterverkehr im
Jahr 2015 haben?

15. Verfolgt die Bundesregierung Strategien, den Anteil der Binnenschifffahrt
im Güterverkehr zu erhöhen, und wenn ja, wie hoch soll dieser im Jahr 2015
sein?

16. Welche Bedeutung besitzt nach Ansicht der Bundesregierung die Erhaltung
und Instandsetzung des bestehenden Binnenwasserstraßennetzes?

17. Geht die Bundesregierung davon aus, dass damit der Bestand und die Funk-
tionstüchtigkeit der Binnenwasserstrassen dauerhaft gesichert sind?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung den gegenwärtigen Zustand der trimo-
dalen Anbindung deutscher Binnenhäfen unter besonderer Beachtung der
prognostizierten Steigerung bei der Transportnachfrage?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5766

19. Welche Anteile am Containerumschlag der Seehäfen Hamburg, Bremer-
haven und Wilhelmshaven wird nach Einschätzung der Bundesregierung
die Binnenschifffahrt zur Hinterlanderschließung im Jahr 2015 weitertrans-
portieren?

20. Welche Rolle spielen dabei die Binnenwasserstraßen und Häfen in Nord-
rhein-Westfalen und Bayern?

21. Wie hoch wird der Anteil der Bahn und des Lkws beim Weitertransport der
in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven umgeschlagenen Container
sein?

22. Welche Kapazitätsreserven bestehen derzeit bei Schiene, Straße und Bin-
nenwasserstraße hinsichtlich des prognostizierten Güterverkehrszuwachses
generell und beim Containerverkehr im Speziellen und wie werden diese bis
2015 genutzt?

23. Wie ist der Stand der Umsetzung der für die Metropolregion Nürnberg ex-
trem wichtigen für 2006/2007 geplanten Verlagerung des Containerbahn-
hofs der Deutsche Bahn AG vom jetzigen Standort Nürnberg-Austraße in
das Güterverkehrszentrum im Hafen Nürnberg?

24. Was beabsichtigt die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem pro-
gnostizierten Zuwachs beim Containerumschlag im Rahmen der Ausbau-
und Ertüchtigungsmaßnahmen im deutschen Binnenwasserstraßennetz zu
unternehmen?

25. Welche Rolle beim Weitertransport von Containern kommt der Weser, wel-
che dem Mittelland-Kanal zu?

26. Welche Rolle beimWeitertransport von Containern kommt der Elbe, welche
dem Elbe-Seiten-Kanal zu?

27. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Elbe in ihrem derzeitigen Zu-
stand dem prognostizierten Zuwachs bis 2015 bei der Transportnachfrage
gewachsen ist, und wenn ja, wie begründet sie das?

28. Sind der Bundesregierung Gutachten bekannt, die feststellen, dass es keinen
Zusammenhang gibt zwischen den mit Kabinettsentscheidung vom 16. Ok-
tober 2002 ausgesetzten Strombaumaßnahmen und einer Hochwasserge-
fährdung, und wie bewertet die Bundesregierung diese Gutachten?

29. Geht die Bundesregierung bei der Elbe trotz der vorliegenden Prognosen im
Güter- und Containerverkehr auch weiterhin davon aus, dass gemäß der
Koalitionsvereinbarung vom 16. Oktober 2002 die Aussetzung von „Aus-
baumaßnahmen und in ihren Auswirkungen vergleichbare Unterhaltungs-
maßnahmen“ gerechtfertigt ist?

30. Wo, wenn nicht über die Elbe, wird nach Ansicht der Bundesregierung der
prognostizierte Zuwachs beim Umschlag im Hamburger Hafen zur Hinter-
landerschließung abgefahren?

31. Wie gestaltet sich nach Einschätzung der Bundesregierung, bezogen auf die
Elbe, die Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik im Allgemeinen
sowie hinsichtlich der derzeitig nur eingeschränkt erfolgenden Strombau-
maßnahmen im Speziellen?

32. Bis wann und in welchemUmfang rechnet die Bundesregierungmit der Fer-
tigstellung der Ausbauvorhaben der Binnenwasserstraßen in Fortführung
des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 17 über Berlin bis nach Stettin?

Drucksache 15/5766 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
33. Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit dem Ausbau der Berliner
Südumfahrung im Rahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 17,
und wann ist mit der Fertigstellung der geplanten Ausbaumaßnahmen zu
rechnen?

34. Wann geht die Bundesregierung von der Fertigstellung des als Ersatzinves-
tition geplanten neuen Schiffshebewerkes in Niederfinow aus?

35. Welche Bedeutung haben nach Ansicht der Bundesregierung hierbei die
Häfen in Eisenhüttenstadt und in Königs Wusterhausen?

36. Welche Bedeutung hat nach Ansicht der Bundesregierung der Hafen von
Schwedt sowie die Wasserstraßenverbindung von Schwedt nach Stettin für
den industriellen Wachstumspol Schwedt?

37. Welche Bedeutung hat die Wasserstraßenverbindung zwischen Stettin und
Berlin für die ostdeutschen Wirtschaftsräume Berlin, Magdeburg sowie
Halle/Leipzig?

38. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit des Ausbaus der Hohen-
saaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße angesichts unterschiedlicher deut-
scher und polnischer Interessen?

39. Welche Bedeutung hat nach Ansicht der Bundesregierung die Donau als
europäische Wasserstraße im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung?

40. Wann rechnet die Bundesregierung mit Abschluss des Raumordnungsver-
fahrens sowie Fertigstellung der Strombaumaßnahmen zwischen Straubing
und Vilshofen?

41. Wie ist der Zustand der Wasserstraßeninfrastruktur beim Neckar im Allge-
meinen und hinsichtlich der Schleusen im Speziellen?

42. Wann rechnet die Bundesregierung mit Fertigstellung der übrigen im Bun-
desverkehrswegeplan 2003 enthaltenen Binnenschifffahrtsprojekte, bezo-
gen sowohl auf laufende als auch neue Vorhaben?

Berlin, den 14. Juni 2005
Renate Blank
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Georg Brunnhuber
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Klaus Brähmig
Hubert Deittert
Vera Dominke
Enak Ferlemann
Peter Götz
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Klaus Hofbauer

Norbert Königshofen
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Klaus Minkel
Henry Nitzsche
Günter Nooke
Wilhelm Josef Sebastian
Gero Storjohann
Thomas Strobl (Heilbronn)
Lena Strothmann
Volkmar Uwe Vogel
Gerhard Wächter
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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