BT-Drucksache 15/5762

Sicherstellung bedarfsgerechter Ernährung von Kleinkindern

Vom 14. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5762
15. Wahlperiode 14. 06. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Julia Klöckner, Marlene Mortler, Ursula Heinen, Uda Carmen
Freia Heller, Peter Bleser, Annette Widmann-Mauz, Gitta Connemann, Artur
Auernhammer, Helmut Heiderich, Dr. Peter Jahr, Helmut Lamp, Bernhard Schulte-
Drüggelte, Kurt Segner, Jochen Borchert, Cajus Julius Caesar, Hubert Deittert,
Thomas Dörflinger, Ingrid Fischbach, Gerda Hasselfeldt, Susanne Jaffke, Gerlinde
Kaupa, Werner Lensing, Michaela Noll, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Dr. Klaus Rose,
Anita Schäfer (Saalstadt), Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, Max Straubinger,
Volkmar Uwe Vogel und der Fraktion der CDU/CSU

Sicherstellung bedarfsgerechter Ernährung von Kleinkindern

Ausgehend vom Vorsorgeprinzip hat der Gesetzgeber strenge Grenzwertrege-
lungen festgelegt, um für Kleinst- und Kleinkinder eine weit über das übliche
Maß hinausgehende Sicherheit der Ernährung gewährleisten zu können.
Eine Legaldefinition des Begriffs Kinderlebensmittel ist nicht bekannt. Als Kin-
derlebensmittel können solche Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs verstan-
den werden, für die keine besonderen diätetischen Anforderungen gelten, die
aber gezielt für Kinder beworben werden. So genannte Kinderlebensmittel
zeichnen sich einerseits dadurch aus, dass sie aufgrund ihrer Aufmachung spe-
ziell Kinder ansprechen (Spielzeugbeigaben, bunte aufwendige Umhüllung, be-
kannte Fernsehlieblinge auf der Verpackung etc). Andererseits wird den Eltern
durch Produktbeschreibung und Werbung vermittelt, dass es sich um besonders
wertvolle Lebensmittel handeln würde (z. B. „mit den wertvollen Bausteinen
der Milch“, „das Ernährungsplus für ihr Kind“, „mit viel Milch und Honig“ etc).
Zum Schutz der Gesundheit ist es laut Lebensmittel- und Bedarfsgegenstände-
gesetz verboten, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, die geeignet sind, die
Gesundheit zu schädigen. Daneben sind die wichtigsten Regelungen für Säug-
lings- und Kleinkindernahrung in der Verordnung über diätetische Lebensmittel
(Diät-Verordnung) enthalten. Nach der Umsetzung von europaweit geltenden
Richtlinien der EU sind in der Diät-Verordnung sehr detaillierte Vorschriften zur
Zusammensetzung hinsichtlich Brennwert und Gehalt an Nährstoffen, Mineral-
stoffen, Vitaminen und Spurenelementen festgelegt.
Unter demBegriff der Kleinkinderlebensmittel versteht man diätetische Lebens-
mittel für Kinder bis zum Alter von 3 Jahren. Sie unterliegen den Vorgaben der
deutschen Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diät-VO) und der Richt-
linie 96/5 EG der Kommission vom 16. Februar 1996 über Getreidebeikost und
andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder. Die Diät-VO legt fest, dass sich
Kleinkinderlebensmittel aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des
besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des
allgemeinen Verzehrs unterscheiden müssen.

Drucksache 15/5762 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Eine Studie der Arbeiterkammer Wien aus dem Jahre 2000 kommt zu dem
Schluss, dass die Zusammensetzungen von so genannten Kinderlebensmitteln
nicht den Empfehlungen für kindgerechte Lebensmittel entsprechen. Kinder-
lebensmittel sind zu süß und überwiegend auch zu fett, um als ausschließlich
gesunde Zwischenmahlzeit angesehen zu werden. Regelmäßiger, insbesondere
übermäßiger Verzehr von so genannten Kinderlebensmitteln kann eine ausge-
wogene bedarfsgerechte Ernährung gefährden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie wird eine flächendeckende Untersuchung der Babynahrung aus Pro-

duktion und Handel auf ihre sensorische und mikrobiologische Beschaffen-
heit überprüft?

2. Wird Baby- und Kleinkindnahrung in Deutschland flächendeckend stich-
probenweise auf die deklarierten Inhaltsstoffe – Nährstoffe, Mineralstoffe
und Vitamine – und die entsprechende Kennzeichnung überprüft?

3. Werden flächendeckend und routinemäßig chemische Untersuchungen auf
Schadstoffe – z. B. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, Mykotoxine,
Schwermetalle, Nitrat, Acrylamid, Weichmacher aus dem Verpackungs-
material – durchgeführt?

4. Welche Maßnahmen werden derzeit bei positiven Befunden solcher Unter-
suchungen ergriffen?

5. Werden die Ursachen in Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen fest-
gestellt?

6. Werden die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den beteiligten Firmen ab-
gestimmt und vorgenommen?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Verzehr von Fertig-
produkten durch Kleinkinder ab dem 2. Lebensjahr?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Menge an Lebens-
mitteln, die von Kleinkindern bereits ab dem 2. Lebensjahr regelmäßig ge-
gessen werden und die nicht der Diätverordnung entsprechen?

9. Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung vor dem Hintergrund,
dass die Grenzwerte für Mykotoxine, Pestizidrückstände, Schwermetalle
und andere Schadstoffe in Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs mitunter
um ein Vielfaches höher liegen als die strengen Maßstäbe für diätetische
Kleinkinderlebensmittel, um das hohe Schutzniveau für Kleinkinder sicher-
zustellen, wenn ab dem 2. Lebensjahr Lebensmittel und Fertigprodukte des
allgemeinen Verzehrs den Speiseplan mitbestimmen?

10. Woran können Eltern beim Einkauf von Fertigprodukten erkennen, ob diese
den Anforderungen an eine kleinkindgerechte Ernährung (0 bis 3 Jahre) ent-
sprechen?

11. Welche Maßnahmen werden unternommen, um Eltern Informationen an die
Hand zu geben und mit aktuellen Daten von derzeitig sich amMarkt befind-
lichen so genannten Kinderlebensmitteln darauf hinzuweisen, dass es sich
bei den Produkten unter anderem um Süßigkeiten und nicht notwendiger-
weise um besonders wertvolle Kinderprodukte handelt?

12. Welche Maßnahmen werden unternommen, um den Verbrauchern die Ab-
grenzung und Unterscheidung von so genannten Kinderlebensmitteln und
Kleinkinderlebensmitteln zu ermöglichen?

13. Wie bewertet die Bundesregierung den Zusatz von Inulin, Calcium und
Vitaminen bei so genannten Convenience-Produkten, die speziell für die
Zielgruppe Kinder bestimmt sind?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5762

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Verwendung von neueren Süßungs-
mitteln, die sich z.B. durch eine niedrigere glykämische Wirkung auszeich-
nen?

15. Welche analytischen Methoden zur Erfassung von Vitaminen in vitamini-
sierten Kleinkinder- und so genannten Kinderlebensmitteln liegen nach
Kenntnis der Bundesregierung den Untersuchungsbehörden vor?

16. Liegen der Bundesregierung statistische Zahlen über den Umfang von Le-
bensmitteluntersuchungen auf deklarierte Vitamine vor?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Gefährdungspoten-
tial der Kontamination von pulverförmigen Lebensmitteln für „Hochrisiko-
gruppen“, zu denen unter anderem Säuglinge zählen, durch Enterobacter
sakazakii?

18. Welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus dem Vorfall gezogen,
bei dem von einer Firma Milchersatzpulver ohne Vitamin-B1-Zusatz nach
Israel geliefert wurde?

19. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Vorschlag der
Änderung des Kjeldahl-Faktors zur Berechnung des Eiweißgehaltes für
Säuglingsanfangsnahrung auf Kuhmilchbasis?

Berlin, den 14. Juni 2005
Julia Klöckner
Marlene Mortler
Ursula Heinen
Uda Carmen Freia Heller
Peter Bleser
Annette Widmann-Mauz
Gitta Connemann
Artur Auernhammer
Helmut Heiderich
Dr. Peter Jahr
Helmut Lamp
Bernhard Schulte-Drüggelte
Kurt Segner
Jochen Borchert
Cajus Julius Caesar
Hubert Deittert
Thomas Dörflinger
Ingrid Fischbach
Gerda Hasselfeldt
Susanne Jaffke
Gerlinde Kaupa
Werner Lensing
Michaela Noll
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Anita Schäfer (Saalstadt)
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Max Straubinger
Volkmar Uwe Vogel
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.