BT-Drucksache 15/5682

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer, Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/5016- Forschungs- und Innovationsförderung für die Arbeitsplätze der Zukunft 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/5360- Deutschland muss aufholen - 2006 bis 2016 - Dekade der Innovationen

Vom 15. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5682
15. Wahlperiode 15. 06. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer,
Thomas Rachel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/5016 –

Forschungs- und Innovationsförderung für die Arbeitsplätze der Zukunft

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/5360 –

Deutschland muss aufholen – 2006 bis 2016 – Dekade der Innovationen

A. Problem
Zu Nummer 1
Die Antragsteller gehen davon aus, dass Deutschland alle Voraussetzungen
habe, technologische Spitzenleistungen in der wissensbasierten Wirtschaft zu
erbringen. Doch gebe es bedenkliche Warnsignale. Der Innovationsstandort
Deutschland habe sich in den letzten Jahren nicht wesentlich weiterentwickelt.
Die Bundesregierung habe nach eigenen Angaben die Ausgaben für Forschung
und Entwicklung in den vergangenen Jahren real gesenkt: –1,6 Prozent 2002,
–0,7 Prozent 2003, –3,4 Prozent 2004. Die Forschungsausgaben der Wirtschaft
stagnierten. Das Forschungs- und Innovationsgeschehen sei in anderen Ländern
erheblich dynamischer; es gebe dort eine innovationsfreundlichere Gesetzge-
bung und mehr Venture-Capital. Im Ergebnis verlagerten deutsche Firmen nach
der Produktion auch Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ins
Ausland.
Zu Nummer 2
Für die Antragsteller ist die Forschungspolitik ein zentrales Handlungsfeld für
eine auf die Zukunft ausgerichtete Gesellschaft. Dabei klaffe eine deutlich spür-
bare Lücke zwischen dem Innovationsanspruch politischer Akteure und der
Wirklichkeit. Weder der Input im Verhältnis zum BIP, noch der Output markt-
fähiger Produkte entspreche den hochgesteckten Zielen.

Drucksache 15/5682 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Qualität des Forschungsstandortes Deutschland hänge stark von den allge-
meinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Deutschland schaffe es aber
nach Einschätzung des DIHK zurzeit nicht, in Konkurrenz zu anderen Ländern
gerade die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für kleine und mittelständi-
sche Unternehmen zu verbessern und damit auch positive Signale für den For-
schungsstandort zu setzen.
Besonders problematisch für denWirtschafts- und Forschungsstandort Deutsch-
land sei dabei die Tatsache, dass einer Produktionsverlagerung schrittweise auch
die Verlagerung von Wissen in das Ausland folge. Jedes zweite Unternehmen
betreibe bereits zugleich auch an seinem ausländischen Produktionsstandort
Forschung und Entwicklung. Damit gingen zunehmend mehr hochwertige
Arbeitsplätze verloren.

B. Lösung
Zu Nummer 1
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
Zu Nummer 2
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU

C. Alternativen
Annahme der Anträge auf Drucksachen 15/5016 und 15/5360.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5682

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag – Drucksache 15/5016 – abzulehnen;
2. den Antrag – Drucksache 15/5360 – abzulehnen.

Berlin, den 1. Juni 2005

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Cornelia Pieper
Vorsitzende

Andrea Wicklein
Berichterstatterin

Katherina Reiche
Berichterstatterin

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

Drucksache 15/5682 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der AbgeordnetenAndreaWicklein, Katherina Reiche, Hans-Josef Fell und
Ulrike Flach

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/5016 in seiner 176. Sitzung am 13. Mai 2005 beraten und
gemeinsam mit dem ebenfalls beratenen Antrag auf Druck-
sache 15/5360 an den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung so-
wie an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und an den
Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen. Den An-
trag auf Drucksache 15/5016 hat er darüber hinaus mitbera-
tend an den Innenausschuss, den Rechtsausschuss, den Fi-
nanzausschuss, den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss
für Gesundheit und Soziale Sicherung sowie den Ausschuss
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Nummer 1
Im Anschluss an eine Schilderung der Problemlage im Be-
reich der Forschungs- und Innovationsförderung und ihrer
Bedeutung für die Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklung
Deutschlands fordern die Antragsteller, veränderte Bedin-
gungen, unter denen es in einer breit vonWissenschaft, Wirt-
schaft und Politik getragenen Allianz gelingt, die Fähigkeit
Deutschlands zu technologischen Spitzenleistungen zu er-
halten oder zurück zu gewinnen. Als die wichtigsten Felder
der Wertschöpfung, die mit Innovationen weiterentwickelt
werden müssten, stellt der Antrag die Bereiche Verkehr,
Energie, Fertigungstechnik, Biotechnologie, Gesundheit,
Informations- undKommunikationstechnologien, Sicherheits-
technologien sowie Luft- und Raumfahrt dar. Daraus ent-
wickeln die Antragsteller einen dreiundzwanzig Punkte
umfassenden Forderungskatalog an die Bundesregierung,
der verschiedene Fördermaßnahmen zu den angesprochenen
entwicklungskritischen Bereichen enthält. Neben diesen
Einzelmaßnahmen wird eine Reihe von strukturellen Maß-
nahmen gefordert, die die Leistungsfähigkeit des Forschungs-
und Innovationsraumes Deutschland fördern sollen. Hierzu
gehört u. a. die Zusammenführung der Forschungs- und
Technologiepolitik in einem Innovationsressort, die Erstel-
lung einer ‚Liste der 100 wichtigsten bürokratischen Innova-
tionshindernisse‘, die Finanzierung eines Forschungs- und
Innovationsprogramms insbesondere aus dem Ertrag einer
Halbierung der Steinkohleförderung bis zum Jahr 2010 sowie
eine Verzahnung der universitären und außeruniversitären
Forschung.
Zu Nummer 2
Vor dem Hintergrund einer Schilderung der gesehenen Defi-
zite in der Forschungs- und Entwicklungslandschaft
Deutschlands, die auch internationale Vergleiche einbezieht,
konkretisiert der Antrag zu einzelnen Politik- und For-
schungsfeldern diese Defizite. Ausgehend von der These,
dass Forschung in Deutschland politisch behindert werde,
werden anhand der Bereiche Ressortforschung, Hochschu-
len, Forschungsförderung und Wagniskapital, Struktur der

deutschen Forschungslandschaft, Patentierung und Födera-
lismus entsprechende Handlungsforderungen entwickelt.
Aus diesen allgemeinen Handlungsanforderungen entwi-
ckeln die Antragsteller ihre Aufforderung an die Bundesre-
gierung, eine Strategie für eine ‚Dekade für Innovation, For-
schung und Entwicklung‘ vorzulegen, die achtunddreizig im
einzelnen aufgeführte Elemente enthalten und erfüllen müs-
se.DieseElemente beinhaltenu. a. Forderungen zumStamm-
zellen- und Gentechnikgesetz, zum Energieforschungspro-
gramm, zur Nanotechnologie-Strategie, zu den Hochschulen
und zumPatentwesen.Darüber hinauswerdengrundsätzliche
Anforderungen an eine wettbewerbliche Ausrichtung von
Förderprogrammen, an eine verlässliche und aufgabenge-
rechte Finanzierung sowie an dieWahrnehmung der gemein-
samen Verantwortung von Bund und Ländern formuliert.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Nummer 1
Die mitberatenden Ausschüsse Innenausschuss, Rechts-
ausschuss, Finanzausschuss, Ausschuss für Wirtschaft
und Arbeit, Ausschuss für Gesundheit und Soziale Siche-
rung sowie der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit haben mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen, den An-
trag abzulehnen. Der mitberatende Haushaltsausschuss so-
wie der mitberatende Verteidigungsausschuss haben mit
den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP empfohlen, den
Antrag abzulehnen.
Zu Nummer 2
Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie der Fraktion der CDU/CSU, gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP und im Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit auch gegen die Stimme eines Abgeordneten der
Fraktion der CDU/CSU empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im feder-
führenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlagen in seiner Sitzung am 1. Ju-
ni 2005 beraten und empfiehlt:
1. Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/5016 – mit den

Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP.

2. Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/5360 – mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5682

GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU.

Von Seiten der Fraktion der SPDwird festgestellt, dass bei-
de Anträge anerkennen würden, dass das Thema Forschung
und Innovation der Schlüssel der Zukunft sei. Dies sehe die
Fraktion der SPD auch so. Die Fraktion teile aber nicht die
Einschätzung der beiden Anträge zur Arbeit der Bundes-
regierung und auch nicht die daraus abgeleiteten Forderun-
gen, da durch Regierungshandeln viele dieser Forderungen
bereits erfüllt worden seien.
Die herangezogenen Zahlen, Fakten und Interpretationen
zeigten ein sehr einseitig negatives und damit auch falsches
Bild. So werde die nominale Gesamtsteigerung für For-
schung und Entwicklung während der rot-grünen Regie-
rungszeit von 8,1 Mrd. Euro im Jahre 1998 auf 9 Mrd. Euro
im Jahre 2003 verschwiegen. Insgesamt habe die Wirtschaft
trotz der schwachen Konjunktur in den letzten Jahren im Be-
reich der Forschung und Entwicklung ihren Kurs gehalten,
und man erwarte im Jahre 2005 eine Steigerung von
5,5 Prozent gegenüber 2002. Dies stehe in einem positiven
Gegensatz zu dem massiven Einbruch bei F- und E-Mitteln
während der konjunkturellen Schwächeperiode zu Beginn
der 90er Jahre. Auch die rasche Internationalisierung des F-
und E-Geschehens sei keine Einbahnstraße. Zwischen 1997
und 2001 hätten die F- und E-Investitionen ausländischer
Unternehmen in Deutschland genau so zugenommen wie die
deutscher Unternehmen im Ausland. Den 11,9 Mrd. Euro,
die im Jahre 2001 von deutschen Unternehmen im Ausland
investiert wurden, hätten 11,5 Mrd. Euro von ausländischen
Unternehmen in Deutschland gegenüber gestanden; das sei
ein Zeichen dafür, dass nach Großbritannien Deutschland ein
sehr attraktives Zielland für F- und E-Investitionen im Aus-
land tätiger US-Unternehmen sei.
Die in den beiden Anträgen aufgestellten Forderungen wür-
den nicht viel Neues bieten. In vielen Bereichen entsprächen
sie dem aktuellen Regierungshandeln. Ein Beispiel hierfür
seien die Forderungen zur Gesundheitsforschung in beiden
Anträgen. Die Forderungen entsprächen den schon weit-
gehenden laufenden Schwerpunkten des Gesundheitsfor-
schungsprogramms. Hier habe die Bundesregierung seit
1998 ihre Anstrengungen mit der systematischen Förderung
der krankheitsbezogenen Humangenomforschung massiv
verstärkt. Auch durch eine Reihe von neuen Schwerpunkten
in der klinischen Forschung wie den Kompetenzzentren in
der Medizin und den Koordinierungszentren für klinische
Studien habe man eine Wende in forschungspolitisch gravie-
renden Defizitbereichen herbeigeführt. Die Forderungen bei-
der Anträge nach mehr Geld sowie nach einer höheren und
kontinuierlicheren Zuweisung für die Forschungsorganisati-
onen bis 2010 seien wenig überzeugend, weil in den letzten
1 1/2 Jahren Aktivitäten und Initiativen seitens der Bundes-
regierung entwickelt worden seien, um Planungssicherheiten
und kontinuierliche Steigerungen in diesem Bereich herbei-
zuführen. Man müsse an den Pakt für Forschung und Inno-
vation erinnern, der genau dies zum Inhalt hatte, aber bisher
aufgrund der Blockierung vor allem von der Fraktion der
CDU/CSU noch nicht umgesetzt werden konnte. Die Frak-
tion der SPD lehne beide Anträge ab, weil sie an der Realität
vorbeigehen würden.
Für die Fraktion der CDU/CSU ist es nicht nachvollziehbar,
wenn die Fraktion der SPD behaupte, in ihrem Antrag werde

ein negatives Bild gezeichnet. Selbst in dem Bericht der
Bundesregierung zur technologischen Leistungsfähigkeit
werde die Dramatik der Lage widergespiegelt. Dies sei mit
Zitaten aus dem Bericht zu belegen: „Es gelingt in den ande-
ren Staaten erheblich schneller, die Budgets gezielt auf mehr
Investitionen zur Verbesserung der technologischen Leis-
tungsfähigkeit auszurichten“ und „Es gelingt nur mit Mühe,
seit 2002 den F- und E-Anteil am Inlandsprodukt zu stei-
gern“. Weiterhin heiße es in dem Bericht: „Der Exportfunke,
anders als noch Anfang der 90er Jahre, springt kaum mehr
auf die binnenwirtschaftliche Entwicklung über. In der
Industrie habe die Bedeutung von externen Hemmnissen als
Ursache für den gänzlichen Verzicht auf Innovationsprojekte
ständig zugenommen, von 2 Prozent aller Unternehmen
1996 auf 6 Prozent im Jahre 2002.“
Im Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit gebe es
eine Vielzahl von dramatischen Botschaften. Bundesregie-
rung und Koalition würden davor die Augen verschließen.
Der Anteil von Unternehmen, die Marktneuheiten neu ein-
geführt hätten, sei von 1999 bis 2003 von 35 Prozent auf
23 Prozent gesunken. Diese Zahl sei erschreckend. Im
Dienstleistungssektor liege Deutschland mit 50 Prozent In-
novatoren im Mittelfeld. 1998/1999 habe die Zahl der Inno-
vatoren insgesamt noch bei 66 Prozent gelegen und sei dann
auf 58 Prozent gesunken. Zur Informationstechnologie kön-
ne man auch im Bericht zur technologischen Leistungsfähig-
keit dramatische Zahlen nachlesen. Wenn es um die Ausga-
benquote, die Internetnutzung und dieMobilfunkverbreitung
gehe, sei man unter dem westeuropäischen Durchschnitt;
auch bei Computerkenntnissen sei Deutschland unterdurch-
schnittlich repräsentiert. In den Anträgen sei eine große Zahl
von Vorschlägen zusammengefasst worden. Die Fraktion der
CDU/CSU frage sich, wieso der Innovationsprozess nie-
mals, auch nicht im zuständigen Fachausschuss, als Ganzes
von der Bundesregierung dargestellt worden sei. So habe
man in der Bundesregierung einen völlig zerrissenen und auf
mindestens 3 Ministerien verteilten Innovationssektor. Im
Gesundheitsforschungsbereich gebe es zumindest das BMBF
und das Gesundheits- und Sozialministerium. Für Biotech-
nologie sei mittlerweile Bundesministerin Renate Künast zu-
ständig. Für die Fraktion der CDU/CSU seien keine kom-
plette Strategie und Stringenz zu erkennen, aus denen
hervorgehe, dass Innovation auch in anderen Häusern eine
Rolle spiele. Mit dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU sei
versucht worden, diesen Umstand ins Bewusstsein zu brin-
gen und zu versuchen darzustellen, was notwendig sei, um in
allen relevanten Bereichen nach vorne zu kommen.
Mit dem Antrag habe man erneut eine Strategie angeboten.
Der gesamte Sektor der klinischen Forschung sei nach wie
vor hemmungslos überbürokratisiert. Die neuen Arbeitszeit-
regelungen stellten junge Ärzte, die nebenbei forschen woll-
ten, vor kaum zu bewältigende Herausforderungen. Es lohne
sich, auf diesen Bereich stärker einzugehen und nicht nur
alles positiv zu sehen. Im Antrag der Fraktion der FDP sehe
die Fraktion der CDU/CSU besonders eine sehr aktuelle und
sehr gute Analyse, die in vielen Bereichen der Analyse der
Fraktion der CDU/CSU entspreche. Sie umfasse alle aktuel-
len Forschungs- und Technologieaktivitäten und Organisa-
tionen. Insbesondere im Bereich der roten Gentechnik gebe
es aber Differenzen zur Fraktion der CDU/CSU, und deshalb
werde man sich zu diesem Antrag enthalten.

Drucksache 15/5682 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hält es für
verfehlt, dass die Union die Situation schlecht rede. Man
dürfe die Aussagen des Berichtes für technologische Leis-
tungsfähigkeit nicht verschweigen. Als zentrale Aussage sei
dort festgehalten, dass Deutschland weiterhin eine der
stärksten Nationen für technologische Leistungsfähigkeit in
der Welt sei. Es sei nicht erstaunlich, dass aufgrund der Äu-
ßerungen der Union eine schlechte Stimmung in der Wirt-
schaft vorhanden sei. Interessant sei, dass es diese schlechte
Stimmung nicht überall in der Wirtschaft gebe. Man wisse
von ausländischen Unternehmen wie General Electric, dass
sie in Deutschland sehr stark in Forschung und Entwicklung
investieren, weil Deutschland auch nach deren Aussage ein
besonders guter Standort sei. Auch kleine mittelständische
Unternehmen würden bestätigen, dass seit 1999 Gelder von
der Bundesregierung zur Verfügung gestellt würden, die vor-
her nicht machbare Forschung, z. B. in der nanotechnolo-
gisch orientierten Messtechnik, nun ermöglichten. Auch die
aktuellen Zahlen aus der Wirtschaft für 2005 zeigten, dass in
Deutschland ein Plus von 5,5 Prozent in Forschung und Ent-
wicklung erwartet werde. Man sollte die Stärke der deut-
schen Wirtschaft beachten. Deutschland sei nach den USA
und Japan im Forschungs- und Entwicklungsbereich die
stärkste Nation dieser Welt. Nur in Bezug auf die Pro-Kopf-
Zahlen im Verhältnis zum Brutto-Inlands-Produkt seien eini-
ge skandinavische Länder Deutschland noch voraus. An-
sonsten sei Deutschland das Zugpferd in der Forschung und
Entwicklung der Europäischen Union. Richtig sei es, an die-
sem hohen Standard festzuhalten und in den Anstrengungen
nicht nachzulassen, die Lage zu verbessern. Ein Beispiel sei
der High-Tech-Gründerfonds. Auch der Startfonds und der
Dachfonds seien im Innovationsbereich Instrumente, die von
der Union immer wieder angemahnt würden, die aber schon
realisiert worden seien. Die Aussagen in dem Antrag der
Union stimmten. Es werde nur übersehen, dass sie weitge-
hend umgesetzt worden seien und umgesetzt würden. Des-
wegen könne die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
dem Antrag nicht zustimmen. Dies gelte für den Antrag der
Fraktion der FDP ähnlich. In Teilbereichen seien wichtige
Maßnahmen enthalten, die auch die Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN für richtig halte, aber in der Tendenz sei die
Politik der Koalition richtiger.
Für die Fraktion der FDP ist klar, dass Deutschland sich
nicht in dieser höchst positiven Position befinde, wie sie die
Regierung immer wieder darstelle. Selbst wenn es Aufgabe
der Opposition sei, die Situation überzogener darzustellen,
als es die Regierungsseite tue, müsse erkannt werden, dass es
viele Länder auf dieser Welt gebe, die mehr investierten, die
offensichtlich zielorientierter investierten und die keine
politischen Hindernisse hätten. Der Antrag der Fraktion der

FDP weise auf beides hin: Zum einen auf den Punkt, dass es
vor allem im asiatischen Raum, aber auch inzwischen in Eu-
ropa eine ganze Reihe von Ländern gebe, die mehr ausgäben
als Deutschland. Diese Länder setzten, anders als Deutsch-
land, auch bereitwillig auf gewisse Schwerpunkte. Zum
zweiten müsse die Fraktion der FDP immer wieder auf die
politischen Hindernisse hinweisen. Fraglich sei, wie die
Politik der Bundesregierung fortgesetzt werden solle, wenn
eine weitere Haushaltskürzung im Etat des BMBF von
1 Mrd. Euro im Raum stehe. Die Bundesregierung müsse
darlegen, wie sie sich darauf einstellen wolle, dass Deutsch-
land von Ländern umgeben sei, die eine völlig andere Wirt-
schaftspolitik hätten und die wie Frankreich, ganz gezielt auf
Industriepolitik setzten. Viele Regierungen würden offen-
sichtlich mit anderen Prämissen an Forschung herangehen,
als es die Bundesregierung tue.
Die Bundesregierung weist darauf hin, dass 11,9 Mrd. Euro
an F- und E-Investitionen von deutschen Firmen außerhalb
Deutschlands ausgegeben würden. 11,5 Mrd. Euro würden
in Deutschland von ausländischen Unternehmen in F und E
investiert werden. Diese Zahl werde zu wenig genannt.
Deutschland sei nach Großbritannien der zweitwichtigste In-
vestitionsmarkt für F- und E-Investitionen aus dem Ausland.
Die Technologieplattform Dresden sei ein ausgesprochen in-
teressanter Ort. Das dortige Vorhaben zwischen den Firmen
Infineon, EMI und der Fraunhofer-Gesellschaft stehe an der
Spitze der IuK-Technologie in Europa. Dies sei kein Zeichen
von Schwäche für den Forschungsstandort Deutschland.
Hinsichtlich der in Rede stehenden Kürzungen von 1 Mrd.
Euro im Haushaltsentwurf sei darauf hinzuweisen, dass die
Koalition angetreten sei mit einer absoluten Priorität für In-
novationen. Neben dem Umbau der Sozialsysteme solle der
Abbau von Subventionen freiwerdendeMittel für Forschung
und Entwicklung schaffen. Die Koalition wolle den politi-
schen Mut aufbringen, wirklich in die Zukunft zu investie-
ren. Die Bundesregierung appelliere an die Länder, Mittel in
Höhe von 10Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung frei-
zugeben. Dabei gehe es um eine politische Entscheidung und
darum, ob die Fraktion der CDU/CSU auch das tue, was sie
fordere.
Zur Frage der Industriepolitik sei klar, dass die Konkurrenz
aus anderen europäischen Staaten und insbesondere aus den
USA und Japan enorm zunehme. Innovationspolitik müsse
auf europäischer Ebene stattfinden. Deswegen arbeite die
Bundesregierung auf der europäischen Ebene auch mit der
Kommission zusammen und dränge darauf, dass Europa
stärker werde. Aber auch national müsse das gemeinsame
Zusammenspiel bei Innovationen zwischen Bund und
Ländern gestärkt werden, um im Wettbewerb zu bestehen.

Berlin, den 1. Juni 2005
Andrea Wicklein
Berichterstatterin

Katherina Reiche
Berichterstatterin

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

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