BT-Drucksache 15/5676

Wachstumsstrategie für Deutschland: Public-Private Partnership weiterentwickeln und nunmehr realisieren - Infrastruktur optimieren, Investitionsstau auflösen

Vom 14. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5676
15. Wahlperiode 14. 06. 2005

Antrag
der Abgeordneten Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Hartmut Schauerte,
Christian Freiherr von Stetten, Dirk Fischer (Hamburg), Dagmar Wöhrl, Eduard
Oswald, Georg Brunnhuber, Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Veronika Bellmann,
Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Klaus Brähmig, Helge Braun,
Hubert Deittert, Enak Ferlemann, Ingrid Fischbach, Dr. Michael Fuchs, Georg
Girisch, Peter Götz, Markus Grübel, Gerda Hasselfeldt, Bernd Heynemann,
Ernst Hinsken, Klaus Hofbauer, Steffen Kampeter, Volker Kauder, Gerlinde Kaupa,
Norbert Königshofen, Thomas Kossendey, Gunther Krichbaum, Dr. GünterKrings,
Werner Kuhn (Zingst), Eduard Lintner, Klaus Minkel, Hildegard Müller,
Henry Nitzsche, Günter Nooke, Dr. Heinz Riesenhuber, Peter Rzepka,
Anita Schäfer (Saalstadt), Wilhelm Josef Sebastian, Gero Storjohann,
Lena Strothmann, Volkmar Uwe Vogel, Andrea Voßhoff, Gerhard Wächter,
Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Wachstumsstrategie für Deutschland: Public-Private Partnership
weiterentwickeln und nunmehr realisieren – Infrastruktur optimieren,
Investitionsstau auflösen

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Aufgabenverteilung zwischen Staat, Wirtschaft und Bürgern optimieren
Das künftige Wachstum des Standorts Deutschland hängt in hohem Maß davon
ab, inwieweit es gelingt, einen schlanken, effizienten Staat zu schaffen, die
Staatsquote zurückzuführen und die Aufgabenteilung zwischen Staat, Wirt-
schaft und Bürgern zu optimieren.
Es gilt, staatliches Handeln zunehmend auf Kernaufgaben zu konzentrieren und
der Erledigung von Aufgaben durch Private einen höheren Stellenwert einzu-
räumen als bisher.
Die Effizienz privater Leistungserbringung ist vielfach – in qualitativer und
ökonomischer Hinsicht – unbestritten. Auch gibt es in Deutschland bereits gute
Beispiele für erfolgreiche Privatisierungen, wie zum Beispiel die von Deut-
scher Telekom AG und Lufthansa AG.
Effizienzgewinne durch strategische Partnerschaften zwischen öffentlicher
Hand und privaten Leistungserbringern erzielen
Nicht immer können Aufgaben vollständig privaten Leistungserbringern über-
lassen werden. In diesen Fällen können aber Effizienzgewinne durch strate-
gische Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und Privaten erzielt werden,
eine Kooperationsform, die durch den Begriff Public-Private Partnership (PPP)
bzw. öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) bezeichnet wird.

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Dabei legt die öffentliche Hand Art, Umfang und Standard der gewünschten
Leistung fest, die private Unternehmer alleine oder in Kooperation mit der
öffentlichen Hand erbringen sollen, und tritt als Nachfrager auf dem Markt auf.
Der Staat ist also nicht länger Investor und Produzent von Gütern und Dienst-
leistungen, sondern Konsument. Er kauft die von privaten Partnern bereit-
gestellten Infrastruktur- und Dienstleistungen. Da die privaten Unternehmen im
Wettbewerb um die Leistungserbringung stehen, lassen sich die marktwirt-
schaftlichen Effizienzvorteile der Leistungsstellung nutzen. Der Staat kann so
die benötigten Güter im Regelfall schneller, kostengünstiger und in besserer
Qualität für den Bürger bereitstellen.
Die Grundidee von PPP ist es zwar, privates Kapital und Know-how für die
Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu nutzen. Doch PPP bedeutet mehr
als die private Finanzierung bzw. Vorfinanzierung öffentlicher Investitionen.
Der Ansatz von PPP-Konzepten ist ganzheitlich: Ziel ist es, durch die Inte-
gration des gesamten Lebenszyklus eines Projektes – Planung, Bau, Finanzie-
rung, Betrieb und Verwertung – in eine Public-Private Partnership die Gesamt-
kosten zu optimieren und Effizienzgewinne zu erzielen.
Während PPP sich in vielen europäischen Staaten als schnelles, effektives und
finanziell vorteilhaftes Instrument zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben be-
währt hat, haben die Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und Privaten
in Deutschland noch nicht diese Bedeutung erreicht.
Dabei gibt es für PPP ein breites Einsatzspektrum. Neben den klassischen
Investitionsbereichen Verkehrsinfrastruktur und öffentlicher Hochbau werden
zunehmend auch andere Bereiche, wie beispielsweise Kultur, Forschung,
Bildung, Soziales, Verteidigung, Ver- und Entsorgungswirtschaft für öffentlich-
private Partnerschaften interessant.
PPP ist kein Patentrezept zur Beseitigung des Haushaltsnotstands
Die Misere der öffentlichen Haushalte in Deutschland erhöht den Druck, PPP
entschlossen voranzubringen und die Einspar- und Qualitätsverbesserungs-
potenziale so schnell und umfassend wie möglich zu nutzen.
Public-Private Partnership kann allerdings nicht das Patentrezept zur Beseiti-
gung der Haushalts- und Infrastrukturmisere darstellen.
So sind Public-Private-Partnership-Projekte nur dann Maastricht-neutral, wenn
der private Partner neben dem Baurisiko auch das Ausfall- oder das Nachfrage-
risiko eines Projektes trägt (s. Eurostat-Entscheidung vom 11. Februar 2004).
In allen anderen Fällen werden die Investitionsausgabe und die daraus erwach-
senden Verpflichtungen dem staatlichen Sektor zugerechnet und erhöhen so die
staatliche Kreditaufnahme. In dem Maß aber, in dem durch Public-Private Part-
nerships der öffentlichen Hand zukünftige Zahlungsverpflichtungen erwachsen
würden, würden sie die Handlungsmöglichkeiten künftiger Haushaltsgesetz-
geber einengen und müssten letztlich von zukünftigen Generationen getragen
werden.
Dies gilt es zu berücksichtigen, damit das Instrument richtig und sinnvoll ein-
gesetzt und der Effizienzvorteil genutzt werden kann, den eine auf lange Sicht
angelegte strategische Partnerschaft zweifellos in der Gesamtschau erwarten
lässt.
Der Infrastrukturmisere und den Defiziten im öffentlichen Hochbau mit PPP
entgegenwirken
Besonders große Defizite, die den Standort Deutschland schon jetzt nachhaltig
beeinträchtigen, bestehen in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur und öffent-
licher Hochbau. Hier macht sich auch der finanzielle Engpass bereits standort-

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schädigend bemerkbar. Deshalb ist es in diesen Bereichen besonders dringend
geboten, das Instrument Public-Private Partnership als mögliche Alternative zu
berücksichtigen und zeitnah Schlüsselfragen zu klären, die der Anwendung bis-
her im Wege stehen.
Bund, Länder und Gemeinden stecken in allen Bereichen der Infrastruktur in
einem riesigen Investitionsstau. Ausbau und Instandhaltung von Verkehrs-
wegen halten nicht Schritt mit den Anforderungen, die ein verschärfter inter-
nationaler Wettbewerb an den Standort Deutschland stellt. Auch die Errichtung
und Sanierung von öffentlichen Hochbauten stehen zunehmend hinter den
Erfordernissen zurück, die sich aus der Aufrechterhaltung notwendiger Aus-
stattungsstandards und der Bereitstellung geeigneter Bauten an den richtigen
Standorten ergeben.
Deutschland hat aufgrund seiner zentralen Lage im erweiterten Europa die bes-
ten Voraussetzungen, sich durch eine optimierte Infrastruktur wieder zum
attraktiven und begehrten Wirtschaftsstandort zu entwickeln. Diese Chancen
werden derzeit nicht genutzt, im Gegenteil: Der Investitionsanteil der öffent-
lichen Haushalte wird immer weiter zurückgefahren. So plant allein der Bund
für die Jahre 2004 bis 2008 die Absenkung der Verkehrsinvestitionen um 7,7
Mrd. Euro unter das Niveau der bisherigen Finanzplanung.
– Die von der Bundesregierung eingesetzte Pällmann-Kommission sprach

aber schon im Jahr 2000 von einer Instandhaltungskrise für Straße, Schiene
und Wasserstraßen und forderte zusätzliche Investitionen in die Bundes-
verkehrswege von 3,8 Mrd. Euro jährlich.

– Vom Deutschen Institut für Urbanistik wurde für das laufende Jahrzehnt ein
kommunaler Baubedarf von 488 Mrd. Euro ermittelt. Bis 2010 wären allein
zur Sanierung maroder Schulgebäude bzw. für entsprechende Ersatzbauten
60 Mrd. Euro erforderlich.

Das immense Missverhältnis zwischen Investitionsausgaben der öffentlichen
Haushalte und Investitionsbedarf führt zu substantiellen Schäden an der Infra-
struktur sowie unverkennbaren Kapazitätsengpässen und bedingt in doppelter
Weise eine wirtschaftliche Abwärtsspirale: Zum einen wird Deutschland als
Unternehmensstandort immer weniger gefragt, da die Qualität der Infrastruktur
ein entscheidendes Kriterium für die Standortwahl ist. Zum anderen fehlt es an
Aufträgen für die deutsche Wirtschaft.
Investitionsstau bei gleichzeitigem Auftragsmangel ist ein Problem, das sich
lösen lässt, wenn PPP als ein Weg weiterentwickelt wird, der eine wachsende
Verschuldung öffentlicher Haushalte vermeidet.
Vorhandene Möglichkeiten nutzen – Managementgesellschaft kann PPP-
Modelle beim Verkehrswegebau voranbringen
Soll Deutschland im internationalen Standortvergleich nicht dauerhaft zurück-
fallen, so müssen bei der Finanzierung von Infrastruktur die Möglichkeiten für
öffentlich-private Partnerschaften bei Ausbau und Erhalt der Infrastruktur
sowie für den öffentlichen Hochbau dringend erweitert werden. Bereits vor-
handene Möglichkeiten müssen konsequenter als bisher zugänglich gemacht
und genutzt werden.
Bei der Aufarbeitung des Investitionsstaus und der Entwicklung und Um-
setzung von PPP-Projekten im Verkehrsinfrastrukturbereich kann einer unab-
hängigen und kreditfähigen Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft
eine wichtige Funktion zukommen.
Der von der Bundesregierung gegründete Verkehrsinfrastrukturfinanzierungs-
gesellschaft zur Finanzierung von Bundesverkehrswegen (VIFG) fehlen bisher
entscheidende Kompetenzen, um auch bei PPP-Projekten erfolgreich tätig wer-

Drucksache 15/5676 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

den zu können. Die VIFG muss umstrukturiert werden zu einer weitgehend un-
abhängigen Gesellschaft, der die Einnahmen aus der Lkw-Maut stetig zur Ver-
fügung stehen. Mittelfristig sollte dabei auch über die Zuweisung von Haus-
haltsmitteln für Bau-, Betrieb und Unterhalt der Verkehrswege des Bundes
nachgedacht werden. Darüber hinaus darf die VIFG im Rahmen einer parla-
mentarischen Ermächtigung Kredite zur Finanzierung der laufenden Geschäfte
aufnehmen. Ausgestattet mit diesen Kompetenzen könnte unter dem Dach der
VIFG als Managementgesellschaft die Entwicklung und Betreuung neuer Be-
treibermodelle vorangebracht werden.
Erfahrungen im Ausland zeigen, dass im Rahmen öffentlich-privater Partner-
schaften Infrastrukturprojekte schneller und kostengünstiger realisiert werden
können. So wird in Großbritannien beim staatlichen Eigenbau von Fernstraßen
bei 70 Prozent der Projekte der geplante Fertigstellungstermin nicht eingehal-
ten; außerdem werden in 73 Prozent der Fälle die Kosten überschritten. Wurden
Fernstraßenprojekte privatwirtschaftlich realisiert, kommt es nach den briti-
schen Erfahrungen nur noch bei 24 Prozent der Fälle zu Verzögerungen und bei
22 Prozent zu Budgetüberschreitungen.
Auch in Deutschland wurden bei der Ausschreibung und Vergabe der ersten
echten PPP-Schulprojekte (in Offenbach, Monheim und Frechen) Effizienz-
vorteile zwischen 10 und 19 Prozent gegenüber der konventionellen Realisie-
rung beziffert.
Die Fraktion der CDU/CSU hat frühzeitig erkannt, welche Chancen das Instru-
ment PPP bietet. Bereits in den 90er Jahren hat die damalige Bundes-
regierung bundesweit Projekte nach dem Konzessionsmodell (= private Vor-
finanzierung) ausgeschrieben und realisiert sowie das Fernstraßenbauprivat-
finanzierungsgesetz auf den Weg gebracht, das Möglichkeiten für die „echte“
Privatfinanzierung eröffnet. Darauf aufbauend müssen nun die nächsten
Schritte gewagt werden.
PPP als Chance auch für den Mittelstand
Die Fraktion der CDU/CSU will sicherstellen, dass auch der Mittelstand als be-
deutendster Arbeitgeber in Deutschland von PPP profitieren kann.
Das hohe Innovationspotential des Mittelstandes muss so weit wie möglich in
PPP-Projekte integriert werden. Unabhängig von einer Beteiligung auf der
Nachunternehmerebene muss versucht werden, mittelständische Unternehmen
und Handwerksbetriebe als direkte Partner an PPP-Projekten zu beteiligen.
Dazu müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Mit-
telständlern an PPP-Projekten verbessert werden. So muss es beispielsweise
möglich werden, dass Bietergemeinschaften gleichberechtigt mit Einzelunter-
nehmen zum Wettbewerb zugelassen werden.
Zudem sollten auch kleinere Projekte, die für mittelständische Unternehmen
interessant sind, auf ihre PPP-Tauglichkeit hin untersucht werden. Im Bereich
der Verteidigungswirtschaft muss darauf gedrängt werden, dass neue Methoden
der Auftragsvergabe wie z. B. Customer Product Management (CPM) nicht
dazu führen, dass der Mittelstand benachteiligt wird.
Optimierung von Rahmenbedingungen für PPP darf nicht weiter verschleppt
werden
Die Bundesregierung ist auf dem Feld von PPP bisher nicht konkret geworden.
Die neuen Gremien Lenkungsausschuss und Task Force überzeugen noch nicht.
Der Task Force fehlt es noch an umfassender Koordinierungskraft. Wünschens-
wert wären außerdem mehr dezentrale Task-Force-Stellen, die den Kommunen
zur Seite stehen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5676

Nicht eingehalten hat die Bundesregierung das bereits im Dezember 1999 im
Vertrag mit der Wirtschaft gegebene Versprechen, mehr Möglichkeiten für PPP
im Verteidigungsbereich zu schaffen.
Die erforderliche Verbesserung wichtiger Rahmenbedingungen für PPP-Pro-
jekte wird verschleppt: Die Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung
durch ein von ihr selbst in Auftrag gegebenes Gutachten liegen seit Juni 2003
vor. Aus dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 1. April 2004 über
die Prüfung dieser Handlungsempfehlungen, insbesondere zur Änderung recht-
licher Rahmenbedingungen, hat die Regierung noch keine gesetzgeberischen
Konsequenzen gezogen.
Die Versuche der Bundesregierung mit PPP in der Praxis waren wenig erfolg-
reich: Die bereits voll durchgeplante Transrapidstrecke Hamburg–Berlin wurde
von ihr nicht in öffentlich-privater Partnerschaft auf die Spur gebracht, sondern
gestoppt. Die Umsetzung des bereits 2001 angekündigten Ausbauprogramms
für die Bundesautobahnen, das Projekte nach dem Betreibermodell für den
mehrstreifigen Autobahnausbau (A-Modelle) vorsieht, ist nur langsam voran-
gekommen. Die Realisierung der F-Projekte stagniert und wird teilweise sogar
zurückgenommen: So wurde das Projekt Strehlasundquerung aufgehoben, die
Präqualifikation für die Hochmoselquerung wurde eingestellt. Das Scheitern
der streckenbezogenen Lkw-Maut im vergangenen Jahr hat die mangelnde
Kompetenz der Bundesregierung auf dem Feld von PPP ganz deutlich unterstri-
chen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
bei Public-Private Partnership endlich den Schritt von der Analyse- zur Um-
setzungsphase zu vollziehen und dafür zu sorgen, dass die Chancen für Public-
Private Partnership in Deutschland in allen Bereichen konkret verbessert wer-
den.
Dazu müssen
– die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die

Realisierung von PPP-Projekten zeitnah überprüft und optimiert werden und
bestehende Hemmnisse abgebaut werden;

– systematisch geeignete Pilotprojekte aus den verschiedenen Einsatzberei-
chen für PPP-Projekte ausgewählt, realisiert und evaluiert sowie die gewon-
nenen Erfahrungen für weitere Projekte praktisch nutzbar gemacht werden;

– die Erfahrungen aus bereits praktizierten PPP-Modellen gesammelt, doku-
mentiert, analysiert und veröffentlicht werden, um Wiederholungsfehler
effektiv zu verhindern und die legislativen Rahmenbedingungen für zukünf-
tige PPP-Projekte zu optimieren;

– Rahmenbedingungen geschaffen werden, die sicherstellen, dass auch der
Mittelstand von PPP profitieren kann;

– geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen entwickelt werden, durch die die
parlamentarische Kontrolle der Vertragsvereinbarungen von PPP-Projekten
gewährleistet wird; die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus den schlechten
Erfahrungen mit der Lkw-Maut.

Das bedeutet im Einzelnen:
1. Optimierung allgemeiner Rahmenbedingungen, dazu zählt:

– Entwicklung eines bundesweit einheitlichen Verfahrens für den Wirt-
schaftlichkeitsvergleich.

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– Entwicklung standardisierter PPP-Vertragsstrukturen. Controlling als ob-
ligatorischer Vertragsbestandteil sowohl auf der strategischen Ebene (Ge-
staltung, Entscheidungen und die Folgen) als auch auf der operativen
Ebene (Betrieb). Vertragliche Vereinbarung verbindlicher Regelungen im
Hinblick auf einen Ausstieg der beteiligten Partner aus PPP-Projekten.

– Standardisierung der Ausschreibungs- und Vergabebedingungen in Zu-
sammenarbeit mit Ländern und Gemeinden.

2. Optimierung rechtlicher Rahmenbedingungen, dazu zählt:
Investmentrecht: Privates Kapital zum Abbau des öffentlichen Investitions-
staus mobilisieren
– Prüfung der Erweiterung des Anlagekatalogs des § 67 des Investmentge-

setzes um Beteiligungen an PPP-Projektgesellschaften, der Ergänzung des
§ 67 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Investmentgesetzes um die Möglichkeit zur
Beimischung von Beteiligungen an PPP-Projektgesellschaften in offenen
Immobilienfonds und der Einführung des Infrastrukturfonds als neuen
Fondstyp für Investitionen in PPP-Projekte in einem neuen separaten
Abschnitt des Investmentgesetzes.

– PPP-konforme Ausgestaltung der geplanten Gesetzgebung zur Einfüh-
rung von Real-Estate-Investment-Trusts (REIT) in Deutschland. Sicher-
stellung, dass nach dem geplanten Besteuerungskonzept für REITs Aus-
schüttungen an ausländische Anteilseigner von Deutschland besteuert
werden können.

Vergaberecht: Für fairen Wettbewerb
– Aufnahme des wettbewerblichen Dialogs als zusätzliche Verfahrensart in

das deutsche Vergaberecht, um bei besonders komplexen Ausschrei-
bungsprojekten die Möglichkeit des Dialogs mit potenziellen Partnern
aus der Privatwirtschaft unter Beachtung des Wettbewerbsgrundsatzes
ausschöpfen zu können.

– Ausgestaltung des Verhandlungsverfahrens zur vorrangigen Verfahrens-
art für die Ausschreibung von solchen Standard-PPP-Projekten, die man-
gels Voraussetzung nicht im wettbewerblichen Dialog vergeben werden
können.

– Aufnahme einer Definition für Dienstleistungskonzessionen und Ausdeh-
nung des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes auf die Überprüfung
der Einhaltung der europarechtlichen Grundsätze der Transparenz,
Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung bei der Vergabe von Dienst-
leistungskonzessionen.

– Lösung der so genannten Projektantenproblematik durch Aufnahme einer
Regelung wonach Personen, die im Vorfeld der Ausschreibung bereits
beratend tätig waren, grundsätzlich am anschließenden Vergabeverfahren
teilnehmen dürfen, der Auftraggeber allerdings dafür zu sorgen hat, dass
hierdurch der Wettbewerb nicht ausgeschaltet wird.

– Regelmäßige Überprüfung der materiellen Vergabevorschriften der
VOL/A und VOB/A auf PPP-Hemmnisse aufgrund abgeleiteter Erfah-
rungen aus realisierten PPP-Projekten. Die Durchführung dieser Aufgabe
durch die Fachausschüsse DVA und DVAL gewährleistet dabei eine
schnelle Reaktionsmöglichkeit und bezieht die Erfahrungen von sachver-
ständigen Vertretern der öffentlichen Hand und der anbietenden Wirt-
schaft gleichermaßen mit ein.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/5676

Steuerrecht: Für eine steuerrechtliche Gleichbehandlung von PPP-Modellen
– Herstellung von Klarheit in Bezug auf die steuerrechtliche Behandlung

von PPP-Projekten, inbesondere auch hinsichtlich einer möglichen
Anwendung der geplanten Verlustverrechnungsbeschränkung für Steuer-
stundungsmodelle.

– Senkung der Unternehmenssteuerbelastung auf ein international wett-
bewerbsfähiges Niveau einschließlich Integration der Gewerbesteuer in
die Einkommen- und Körperschaftsteuer.

– Abschaffung der Mindestbesteuerung durch Aufhebung der Begrenzung
des Verlustvortrags.

– Sicherstellung durch Verwaltungsanweisung, dass es bei PPP-Projekten
aufgrund der langen Laufzeiten nicht zu einer steuerlichen Doppel-
belastung durch Umsatz- und Grunderwerbssteuer kommt.

– Prüfung der Anwendbarkeit eines Tax-Refund-Systems als Instrument
zur Beseitigung der umsatzsteuerlichen Diskriminierung von PPP-Pro-
jekten.

Haushaltsrecht und Förderrecht: Verwaltungsvollzug modernisieren
– Präzisierung der Regeln für den Wirtschaftlichkeitsvergleich in § 7

Abs. 2 BHO.
– Harmonisierung der Regeln für den Wirtschaftlichkeitsvergleich zwi-

schen Bund und Ländern.
– Beseitigung der förderrechtlichen Benachteiligung von PPP-Projekten

durch beschaffungsvariantenneutrale Ausgestaltung des Förderrechts.
– Förderung der Umsetzung der von der Innenministerkonferenz im No-

vember 2003 beschlossenen Reform des Gemeindehaushaltsrechts, damit
die Einführung der Doppik in den deutschen Kommunen ermöglicht
wird.

3. Optimierung von Rahmenbedingungen für PPP-Projekte speziell im Bun-
desfernstraßenbau
– Bessere Ausschöpfung der Potentiale des Fernstraßenbauprivatfinanzie-

rungsgesetzes: Ausweitung des Anwendungsbereichs des Fernstraßen-
bauprivatfinanzierungsgesetzes auf den Neu- und Ausbau, die Unter-
haltung und den Betrieb von Autobahnstrecken, damit wichtige Projekte
wie z. B. die Küstenautobahn A 20 schnell realisiert werden.

– Schaffung einer gemeinsamen gesetzlichen Grundlage für die PPP-
Modelle (F- und A- Modelle) im Bundesfernstraßenbau.

– Herstellung von Klarheit bei den ertragssteuerlichen Rahmenbedingun-
gen, um die Rentabilität der A-Modelle nicht zu gefährden und zu ver-
meiden, dass sich Fremdkapitalgeber aus der Finanzierung zurückziehen.

– Prüfung, ob die staatliche Maut nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzie-
rungsgesetz durch ein privatrechtliches Entgelt abgelöst werden kann
oder dem privaten Investor zumindest ein Wahlrecht eingeräumt werden
kann, da das deutsche Gebührenrecht als Grundlage für die Bemessung
der Maut nur bedingt geeignet ist.

– Stetige Überweisung der Einnahmen aus der Lkw-Maut – gemäß § 11 des
Autobahnmautgesetzes (AMG) zusätzlich zum Verkehrshaushalt – an
eine weitgehend unabhängige Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell-
schaft (VIFG), die nach Maßgabe des Bundesministers für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen und anhand des Bundesverkehrswegeplanes anste-

Drucksache 15/5676 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
hende Baumaßnahmen durchführt und dabei auch verstärkt private Be-
treiber und Investoren einbinden kann. Zur Finanzierung laufender Ge-
schäfte ist die VIFG im Rahmen einer parlamentarischen Ermächtigung
zukünftig befugt, Kredite aufzunehmen.

Berlin, den 14. Juni 2005
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Hartmut Schauerte
Christian Freiherr von Stetten
Dirk Fischer (Hamburg)
Dagmar Wöhrl
Eduard Oswald
Georg Brunnhuber
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Veronika Bellmann
Renate Blank
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Klaus Brähmig
Helge Braun
Hubert Deittert
Enak Ferlemann
Ingrid Fischbach
Dr. Michael Fuchs
Georg Girisch
Peter Götz
Markus Grübel
Gerda Hasselfeldt
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Klaus Hofbauer
Steffen Kampeter
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Norbert Königshofen
Thomas Kossendey
Gunther Krichbaum
Dr. Günter Krings
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Klaus Minkel
Hildegard Müller
Henry Nitzsche
Günter Nooke
Dr. Heinz Riesenhuber
Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)
Wilhelm Josef Sebastian
Gero Storjohann
Lena Strothmann
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Voßhoff
Gerhard Wächter
Werner Wittlich
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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