BT-Drucksache 15/5642

Gesundheitsforschung in Deutschland - Epidemiologie

Vom 3. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5642
15. Wahlperiode 03. 06. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Hellmut Königshaus, Angelika
Brunkhorst, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion
der FDP

Gesundheitsforschung in Deutschland – Epidemiologie

Noch immer bilden Infektionskrankheiten eine Bedrohung für die Menschen in
weiten Teilen der Welt. Weltweit sind Infektionskrankheiten, neben den Herz-
Kreislauf-Erkrankungen, die häufigste Todesursache. Noch stellen Krankheiten
(Hepatitis, Tuberkulose, HIV/AIDS) sowie neu auftretende Erreger und Erreger-
formen (SARS, EBOLA und LASSA) eine ständige Bedrohung für die Gesund-
heit der Menschen dar. Im Zuge der ökonomischen Globalisierung wird zugleich
eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten rund um den Globus festgestellt.
Eine zunehmende Impfmüdigkeit bei Fernreisen und eine gestiegene Antibioti-
karesistenz von Bakterien fördern diese Entwicklung. Die Gefahr von Epidemi-
en und sogar Pandemien ist groß.
In der modernen Gesundheitsforschung erlangt die Epidemiologie eine immer
größere Bedeutung, da die moderne medizinische Forschung, will sie Krankhei-
ten erfolgreich bekämpfen und überwinden über genaue Kenntnisse zur Häufig-
keit (deskriptive Epidemiologie) und Verbreitung von Krankheiten (analytische
Epidemiologie) verfügen muss.
Die Epidemiologie ist jedoch noch ein relativ junges Fach an den deutschen
Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Doch bereits
Anfang des 20. Jahrhunderts machten deutsche Wissenschaftler, wie Robert
Koch, Paul Ehrlich und Emil von Behring auf dem Gebiet der Infektions- und
Impfstoffforschung bahnbrechende Entdeckungen und deutsche Unternehmer,
wie Karl August Lingner (Odol), förderten Volksaufklärung und Infektionsfor-
schung.
Der medizinische Fortschritt hängt wesentlich davon ab, wie eine engere Zu-
sammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft gestaltet und weiter entwickelt
wird.
Die medizinische Forschung wird im Großen und Ganzen in Deutschland durch
die klinische Forschung an den Hochschulen bestritten. Gemeinsam mit den
36 Hochschulkliniken tragen die Hochschulen eine große Verantwortung in der
Gesundheitsversorgung, für die Forschung sowie Aus- und Weiterbildung von
Ärzten und Angehörigen anderer medizinischer Berufe.
Die medizinische Forschung wird ergänzt durch die von Bund und Ländern
gemeinsam finanzierten Einrichtungen der außeruniversitären Forschung. Das
sind heute 14 Max-Planck-Institute, 11 Helmholtz-Zentren, 13 Institute der
Leibnizgemeinschaft und vier Fraunhofer-Institute. Hinzu kommen die Ressort-
forschungseinrichtungen des Bundes und der Länder, wie z. B. das Robert
Koch-Institut.

Drucksache 15/5642 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen daher die Bundesregierung:
1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit 1998 unternommen, um

die Infektionsepidemiologie als Forschungszweig in Deutschland weiter zu
stärken, und inwieweit ist die epidemiologische Forschungsförderung heute
in alle medizinischen Forschungsfelder integriert?

2. Welche epidemiologischen Forschungen wurden und werden von der Bun-
desregierung seit 1989 mit welcher Finanzausstattung gefördert?

3. Wie hoch sind die eingesetzten finanziellen Mittel für die direkte epide-
miologische Forschungsförderung und darüber hinaus für die Ausgestaltung
anderer Forschungsprogramme zur Untersuchung epidemiologischer Rele-
vanz?

4. Welche Forschungen und damit verbunden welche Forschungseinrichtun-
gen werden von der Bundesregierung zur Erforschung lebensmittelbeding-
ter Infektionen, Atemwegsinfektionen bei Kindern und nosokomiale Infek-
tionen (Infektionen in Krankenhäusern) gefördert?

5. Welche Rolle misst die Bundesregierung der Erforschung genetisch beding-
ter Krankheiten innerhalb der Epidemiologie zu?

6. Welche Rolle spielen die krankheitsorientiertenGenomnetze des Nationalen
Genomforschungsnetzes für die Epidemiologie?

7. Wie viele genetisch-epidemiologischeMethodenzentren (GEMs) wurden in
der ersten Förderphase des Nationalen Genomforschungsnetzes – NGFN
(2001 bis 2004) durch die Bundesregierung mit welchem finanziellen Mit-
telansatz gefördert? (Bitte gesonderte Aufstellung nach Zentren)

8. Wie verhält es sich in der zweiten Förderphase des NGFN (2004 bis 2007),
und wie viele GEMswerden in diesem Zeitraum in welcher Höhe gefördert?
(Bitte gesonderte Aufstellung nach Zentren)

9. Welchen Einfluss hatten Programme der Bundesregierung auf die Entwick-
lung des Personalbestandes an Epidemiologen an den Hochschulen und
außeruniversitären Forschungsbereichen seit dem Jahr 1998, und ist der
Bundesregierung bekannt, wie viele Lehrstühle bzw. Professorenstellen für
die klinische Infektiologie an deutschen Hochschulen seit 1998 eingerichtet
wurden?

10. An welchen deutschen Hochschulen fördert die Bundesregierung seit 1998
die Einrichtung von epidemiologischen Ausbildungsstudiengängen?

11. Welches Ziel verfolgt die epidemiologische Forschungsförderung der Bun-
desregierung, insbesondere zu HIV/AIDS, SARS, EBOLA und LASSA?

12. Welche finanziellen Mittel stellt die Bundesregierung der HIV/AIDS-,
SARS-, EBOLA- und LASSA-Forschung jährlich seit 1998 bereit? (Bitte
Auflistung nach einzelnen Bundesministerien)

13. Welche Institute der von Bund und Ländern gemeinsam geförderten For-
schung sind in die HIV/AIDS-, SARS-, EBOLA- und LASSA-Forschung
einbezogen?

14. Beabsichtigt die Bundesregierung, das Kompetenznetz HIV/AIDS, das seit
dem Frühjahr 2002 gefördert wird, auch über 2005 hinaus weiter zu fördern
und welche Mittel wurden hierfür bereits eingesetzt bzw. werden weiterhin
jährlich eingesetzt?

15. Mit welchenMaßnahmen unterstützt die Bundesregierung den Aufbau einer
klinisch-infektiologischen Forschung an den Universitätskliniken?

16. Welche Erfolge wurden bei der Umstrukturierung des Robert Koch-Insti-
tutes in Berlin (RKI) nach dem Vorbild des US-amerikanischen Centers for

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5642

Disease Control (CDC) für die Neugestaltung der Infektionsepidemiologie
in Deutschland erzielt?

17. Welche Ergebnisse brachte die Impfstoff-Initiative der Bundesregierung
für den schnellen Transfer von Ergebnissen der Grundlagenforschung zur
industriellen Produktion neuer Impfstoffe?

18. Über welche ersten Erkenntnisse aus der neu eingeführten Management-
struktur verfügt die Bundesregierung für die gezielte produktorientierte
Weiterentwicklung vorhandener Impfstoffkandidaten?

19. Welche Forschungsvorhaben unterstützt derzeit die Bundesregierung im
Zuge der Bekämpfung der Transmissiblen (übertragbaren) Spongioformen
Enzephalopathien (TSE), zu denen auch BSE und die neue Variante der
Creutzfeld-Jakob-Erkrankung zählen?

20. Welche neuen verbesserte Diagnosemethoden und Therapiemöglichkeiten
von TSE, BSE und der neuen Variante der Creutzfeld-Jakob-Erkrankung
werden im Rahmen des nationalen TSE-Forschungskonzepts besonders
gefördert?

21. Wurde in den letzten Jahren ein nationales Forschungsinformationssystem
zur Unterstützung von Präventionsmaßnahmen, Diagnostik, Pathogenese,
Arbeitsschutz, Umwelt und Landwirtschaft sowie Kontaktadressen und
Ansprechpartner in Wissenschaft und Verwaltung aufgebaut, und wie ist es
allen Forschern und hoheitsrechtlichen Verantwortungsträgern zugänglich?

22. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Koordination
aller nationalen Forschungsaktivitäten durch die bundesweite TSE-For-
schungsplattform vor?

23. Wie gestaltet sich die Arbeit an der Forschungsstelle auf der Halbinsel
Riems in Mecklenburg-Vorpommern?

24. Führt die Bundesregierung die Förderung des Netzwerks lebensmittelbe-
dingter Infektionen (Salmonellen, enterohämorrhagischen E. coli – EHEC –),
in dem Epidemiologen, Laborwissenschaftlern und Tierärzten koordiniert
zusammenarbeiten fort?

25. Wird das Netzwerk „Infektionen der Atemwege bei Kindern“, im Rahmen
dessen u. a. Impfstrategien bei Keuchhusten die Ausbreitung bestimmter
Erreger-Subtypen verhindern, weiterhin mit Bundesmitteln unterstützt?

26. Im Rahmen welcher Programme unterstützt die Bundesregierung infek-
tionsepidemiologische Forschungen zur Ausbreitung von nosokomialen
Infektionen und von resistenten Erregern in der Intensivmedizin?

27. Auf welche Erfolge können die Forschungskompetenznetzwerke Erfor-
schung der Hepatitis und der Pneumonie verweisen?

28. Ist es angesichts gestiegener Zahlen von Hepatitis-Erkrankungen aus der
Sicht der Bundesregierung notwendig, diese Forschungsnetze auch über den
Förderungszeitraum hinaus zu fördern oder sind sie durch ihre gebildete
Struktur dann selbst in der Lage, ihre Arbeit fortzusetzen?

Berlin, den 31. Mai 2005
Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Hellmut Königshaus
Angelika Brunkhorst
Horst Friedrich (Bayreuth)
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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