BT-Drucksache 15/5526

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Dr. Peter Jahr, Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/4935- Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten unangekündigten Feldbeobachtung endgültig stoppen 2. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/5033- Verdeckte und unangekündigte Feldbeobachtung durch Umweltbundesamt (UBA) stoppen

Vom 18. Mai 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5526
15. Wahlperiode 18. 05. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(15. Ausschuss)

1. zu dem Antrag der Abgeordneten Gitta Connemann, Dr. Peter Jahr,
Peter H. Carstensen (Nordstrand), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU
– Drucksache 15/4935 –

Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten unangekündigten
Feldbeobachtung endgültig stoppen

2. zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael
Goldmann, Dr. Volker Wissing, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/5033 –

Verdeckte und unangekündigte Feldbeobachtung durch Umwelt-
bundesamt (UBA) stoppen

A. Problem
Angesichts einer unzureichenden Datenlage hat das Umweltbundesamt im Ein-
vernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit ein bundesweites Forschungsprojekt eingeleitet, durch das mittels so
genannter verdeckter Feldbeobachtung auf gewässernahen landwirtschaftlich
oder gärtnerisch genutzten Flächen überprüft werden soll, ob bei der Verwen-
dung von Pflanzenschutzmitteln die einschlägigen Anwendungsbestimmungen
eingehalten werden oder ein Fehlverhalten vorliegt. Das Projekt wird von den
betroffenen Wirtschaftszweigen wie auch von politischer Seite nachdrücklich
kritisiert; bemängelt wird insbesondere, dass der Ansatz der verdeckten Feldbe-
obachtung einen ganzen Berufsstand pauschal unter den Verdacht einer Miss-
achtung pflanzenschutzrechtlicher Anwendungsbestimmungen stelle und ihn
damit unberechtigterweise diskreditiere. Vor diesem Hintergrund soll die Bun-
desregierung durch die vorgenannten Anträge u. a. aufgefordert werden, das
Forschungsprojekt unverzüglich einzustellen und stattdessen näher beschriebe-
nen kooperativen Lösungsansätzen den Vorzug zu geben.

Drucksache 15/5526 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

B. Lösung
Ablehnung der Anträge mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Kosten sind Gegenstand der politischen Diskussion (siehe Bericht).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5526

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Antrag – Drucksache 15/4935 – abzulehnen,
2. den Antrag – Drucksache 15/5033 – abzulehnen.

Berlin, den 13. April 2005

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Gabriele Lösekrug-Möller
Berichterstatterin

Helmut Lamp
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Angelika Brunkhorst
Berichterstatterin

Drucksache 15/5526 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Gabriele Lösekrug-Möller, Helmut Lamp,
Winfried Hermann und Angelika Brunkhorst

I.
Die Anträge – Drucksachen 15/4935, 15/5033 – wurden in
der 163. Sitzung des Deutschen Bundestages am 10. März
2005 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie zur Mit-
beratung an den Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-
rung und Landwirtschaft und den Ausschuss für Bildung,
Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen.
Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, die Anträge – Drucksachen 15/4935, 15/5033 –
abzulehnen.

II.
Angesichts einer unzureichenden Datenlage hat das Um-
weltbundesamt im Einvernehmen mit dem Bundesministeri-
um für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ein bun-
desweites Forschungsprojekt eingeleitet, durch das mittels
so genannter verdeckter Feldbeobachtung auf gewässer-
nahen landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen
überprüft werden soll, ob bei der Verwendung von Pflanzen-
schutzmitteln die einschlägigen Anwendungsbestimmungen
eingehalten werden oder ein Fehlverhalten vorliegt. Das
Projekt wird von den betroffenen Wirtschaftszweigen wie
auch von politischer Seite nachdrücklich kritisiert; bemän-
gelt wird insbesondere, dass der Ansatz der verdeckten
Feldbeobachtung einen ganzen Berufsstand pauschal unter
den Verdacht einer Missachtung pflanzenschutzrechtlicher
Anwendungsbestimmungen stelle und ihn damit unberech-
tigterweise diskreditiere. Vor diesem Hintergrund soll die
Bundesregierung durch die vorgenannten Anträge u. a. auf-
gefordert werden, das Forschungsprojekt unverzüglich ein-
zustellen und stattdessen näher beschriebenen kooperativen
Lösungsansätzen den Vorzug zu geben.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat die Anträge – Drucksachen 15/4935, 15/5033 –
in seiner Sitzung am 13. April 2005 beraten.
Die Fraktion der SPD kritisierte nachdrücklich den Stil der
Auseinandersetzung um das Projekt; die von Seiten der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP in der parlamentarischen
Diskussion wie auch in den Medien verwandte Wortwahl
entspreche nicht den Tatsachen und sei weder sachdienlich
noch lösungsorientiert. Es sei ein Faktum, dass zahlreiche
Fließgewässer zu hohe Rückstände an Pflanzenschutzmit-
teln aufwiesen, ohne dass deren Herkunft hinreichend
geklärt sei. Daher gebe es einen Bedarf an entsprechenden
zusätzlichen Informationen. Allerdings stellten die Bundes-
länder kein ausreichendes Datenmaterial zur Lösung des
Problems zur Verfügung; ihre demBund übermittelten Infor-
mationen seien unvollständig und von unzureichender Qua-
lität. Dieser Tatbestand werde von Seiten der Fraktionen der

CDU/CSU und FDP ignoriert. Würden sich die Bundeslän-
der dagegen kooperativ verhalten und die erforderlichen In-
formationen bereitstellen, könnte das Projekt umgehend ein-
gestellt werden. Von Seiten der Fraktion der SPD sei man
auch bereit, die Feldbeobachtung in einzelnen Bundeslän-
dern zu beenden, sobald diese die entsprechenden Informa-
tionen zur Verfügung gestellt hätten. Angesichts seines kon-
zeptionellen Aufbaus habe man gewisse Zweifel daran, dass
das Projekt wirklich die erhofften Erkenntnisse erbringen
werde. Daher werde man das Forschungsvorhaben mit der
gebotenen kritischen Haltung begleiten. Selbstverständlich
müsse gewährleistet sein, dass das Zutrittsrecht zur Entnah-
me von Boden- und Pflanzenproben juristisch abgesichert
sei. Die von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP vorge-
legten Anträge würden abgelehnt.
Die Fraktion der CDU/CSU trug vor, das Projekt der ver-
deckten Feldbeobachtung sei im Einvernehmen mit dem
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit im Oktober 2003 vom Umweltbundesamt öffentlich
ausgeschrieben, seine Durchführung jedoch nach heftigen
öffentlichen Protesten unter der Bedingung zurückgestellt
worden, dass die Bundesländer hinreichendes Datenmaterial
zum Umgang mit den Vorschriften für einen Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln auf gewässernahen landwirtschaftlich
bzw. gärtnerisch genutzten Flächen zur Verfügung stellten.
Da die von den Bundesländern vorgelegten Daten nicht den
Erwartungen des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit und des Umweltbundesamtes entspro-
chen hätten, sei die Durchführung des Projekts mit der Ziel-
richtung eingeleitet worden, das unterstellte Fehlverhalten
von Landwirten beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
nachweisen zu können. Hierzu seien bundesweit 600 Beob-
achtungsstandorte für eine verdeckte Feldbeobachtung aus-
gewählt worden. Mit dem Projekt werde ein ganzer Berufs-
stand diskreditiert, indem er pauschal unter den Verdacht
gestellt werde, die für den Einsatz von Pflanzenschutzmit-
teln auf gewässernahen Flächen einschlägigen Rechtsvor-
schriften nicht einzuhalten. Damit werde ignoriert, dass ein
solches Fehlverhalten allenfalls für eine verschwindend klei-
ne Minderheit von landwirtschaftlichen Betrieben zutreffe;
so habe beispielsweise eine Untersuchung in Bayern zu dem
Ergebnis geführt, dass von 867 untersuchten Betrieben nur
einem Betrieb eine unsachgemäße Anwendung von Pflan-
zenschutzmitteln habe nachgewiesen werden können. Da-
rüber hinaus werde bei dem Projekt außer Acht gelassen,
dass die Befugnis zu überprüfen, ob die einschlägigen Vor-
schriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln einge-
halten werden, in die Zuständigkeit der Bundesländer, nicht
aber in den Kompetenzbereich des Bundes falle. Gegen das
Projekt spreche ferner, dass die mit der verdeckten Feldbe-
obachtung betrauten Mitarbeiter zur Entnahme von Boden-
und Pflanzenproben im Privateigentum befindliches Land
betreten müssten, das Betretungsrecht jedoch von den Eigen-
tümern verweigert werden könne. Insofern sei absehbar, dass
das Projekt gerichtliche Auseinandersetzungen auslösen
werde. Mit dem Projekt werde ein bürokratischer, von Miss-
trauen geprägter, auf Kontrolle ausgerichteter Weg einge-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5526

schlagen und bereits vorhandenen, auf eine Kooperation
zwischen den Betroffenen abzielenden Ansätzen der Boden
entzogen. Die Bundesregierung werde daher aufgefordert,
das Projekt umgehend und endgültig einzustellen und statt-
dessen demDialog und der Kooperation zwischen den Betei-
ligten den Vorrang einzuräumen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN merkte an, die
in den Anträgen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP er-
hobenen Vorwürfe seien übertrieben und bewegten sich jen-
seits der Realität. Das Projekt diene nicht einer polizeilichen
Überwachung und Kontrolle, sondern der Erkenntnisgewin-
nung. Die bisher vorliegenden Daten beruhten weitgehend
auf zufälligen Erhebungen auf Landesebene, eine systemati-
sche Vorgehensweise der Bundesländer sei nicht erkennbar.
Die letzten Jahre hätten gezeigt, dass die Bundesländer mit
der Problematik einer nicht vorschriftsgerechten Verwen-
dung von Pflanzenschutzmitteln verhältnismäßig großzügig
umgingen. Daher bedürfe es einer systematischen Daten-
erhebung und Aufarbeitung der Problematik. Vor diesem
Hintergrund werde die Bundesregierung um eine sachliche
Erläuterung der Ziele und der methodischen Vorgehensweise
des Projekts gebeten. Die von den Fraktionen der CDU/CSU
und FDP vorgelegten Anträge würden abgelehnt.
Die Fraktion der FDP führte aus, der Antrag der Fraktion
der CDU/CSU kritisiere zu Recht die Einführung einer flä-
chendeckenden verdeckten Feldbeobachtung zur Ermittlung
von Angaben über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Diese Vorgehensweise diskreditiere einen ganzen Berufs-
stand und stelle ihn pauschal unter denVerdacht, Bestimmun-
gen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu missachten.
Darüber hinaus bleibe unberücksichtigt, dass die Wirkungs-
weise desEinsatzes einesPflanzenschutzmittels imEinzelfall
von einerVielzahl spezifischerUmweltfaktorenabhängig sei.
Insofern bedürfe es einer differenzierten Beurteilung des je-
weiligen Einzelfalls statt einer undifferenzierten Vorgehens-
weise. Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU sei zudem zu
Recht darauf hingewiesenworden, dass eineÜberprüfung, ob

die einschlägigenAnwendungsvorschriften eingehaltenwor-
den seien, nicht in die Kompetenz des Bundes, sondern in die
Zuständigkeit der Bundesländer falle. Bemerkenswert sei,
dass das Projekt von einem außeruniversitären Umweltfor-
schungszentrum und nicht von einer herkömmlichen univer-
sitären Forschungseinrichtung durchgeführt werde. Dies lege
den Verdacht nahe, dass entsprechende Einrichtungen sich
dagegen verwahrt hätten, gewissermaßen als verdeckte Er-
mittler eingesetzt zu werden. Der von der Fraktion der FDP
vorgelegte Antrag sei inhaltlich weiter gefasst als der Antrag
der Fraktion der CDU/CSU. Er stelle insbesondere auf die
Kooperationmit undzwischendenbeteiligtenGruppen sowie
deren Interesse ab, durchVereinbarungenuntereinander, etwa
auf Verbandsebene, zu einem möglichst sparsamen Umgang
mit Pflanzenschutzmitteln zu gelangen. Demgegenüber be-
schreite die Bundesregierung mit dem von ihr initiierten
Forschungsvorhaben den Weg der Konfrontation und des
Misstrauens.Vor diesemHintergrundwie auch angesichts der
vorliegenden Erkenntnisse über die Verwendung von Pflan-
zenschutzmitteln halte man das Projekt der verdeckten Feld-
beobachtung für überflüssig und fordere seine unverzügliche
Einstellung. Diese Forderung gewinne zusätzlich an Ge-
wicht, wenn man berücksichtige, dass für die Durchführung
des Projekts Kosten in Höhe von ca. 360 000 Euro veran-
schlagt worden seien. Bei der Abstimmung über die Anträge
werde man beiden Anträgen zustimmen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSUund FDP, demDeutschenBun-
destag zu empfehlen, denAntrag –Drucksache 15/4935 – ab-
zulehnen.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSUund FDP, demDeutschenBun-
destag zu empfehlen, denAntrag –Drucksache 15/5033 – ab-
zulehnen.

Berlin, den 13. April 2005
Gabriele Lösekrug-Möller
Berichterstatterin

Helmut Lamp
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Angelika Brunkhorst
Berichterstatterin

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