BT-Drucksache 15/5457

Sicherung der unternehmerischen Flexibilität im grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr - Wettbewerbsnachteile privater Güterbahnen verhindern

Vom 10. Mai 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5457
15. Wahlperiode 10. 05. 2005

Antrag
der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Dr. Klaus W. Lippold
(Offenbach), Georg Brunnhuber, Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Hubert Deittert, Enak Ferlemann, Peter Götz, Bernd Heynemann, Ernst Hinsken,
Klaus Hofbauer, Volker Kauder, Norbert Königshofen, Werner Kuhn (Zingst),
Eduard Lintner, Klaus Minkel, Henry Nitzsche, Günter Nooke, Kurt J. Rossmanith,
Hartmut Schauerte, Wilhelm Josef Sebastian, Gero Storjohann, Lena Strothmann,
Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter und der Fraktion der CDU/CSU

Sicherung der unternehmerischen Flexibilität im grenzüberschreitenden
Schienengüterverkehr – Wettbewerbsnachteile privater Güterbahnen verhindern

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Im internationalen Schienengüterverkehr engagieren sich mittlerweile zahl-
reiche Privat- und Regionalbahnen. Sie profitieren von der vor allem durch die
Europäische Union initiierten Öffnung der Schienennetze und bieten immer
mehr Verkehrsdienste imWettbewerb mit den einstigen Monopolisten, d. h. den
früheren Staatsbahnen an.
Erfreulicherweise konnten die neuen Bahnen in den vergangenen Jahren erheb-
liche Zuwachsraten verzeichnen und beleben besonders durch ihre innovativen
Transport- und Logistikkonzepte den Wettbewerb auf dem europäischen Schie-
nenverkehrsmarkt. Mit flexiblen Gütertransportangeboten tragen sie dazu bei,
den leistungsfähigen wie umweltfreundlichen Verkehrsträger Eisenbahn auch
im internationalen Schienenverkehr zu stärken.
Bezogen auf die Ruhezeiten des fahrenden Personals existieren bisher nur Re-
gelungen auf nationaler Ebene. Deshalb haben die Europäische Transportarbei-
ter-Föderation (ETF) und die Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) als
Sozialpartner eine Vereinbarung über die Einsatzbedingungen des fahrenden
Personals im interoperablen grenzüberschreitenden Verkehr getroffen. Die CER
repräsentiert dabei bis auf wenige Ausnahmen die früheren Staatsbahnen bzw.
deren Nachfolgeorganisationen.
Die von CER und ETF getroffene Vereinbarung soll nun durch eine Richtlinie
des Europäischen Rates als europäische Norm verabschiedet werden und würde
nach Umsetzung durch die Mitgliedstaaten für die gesamte Branche verbindlich
werden.
Nummer 4 dieser Vereinbarung sieht vor, dass auf eine auswärtige Ruhezeit eine
tägliche Ruhezeit amWohnort des Eisenbahnfahrzeugführers erfolgen muss. Im
Klartext heißt das: Nach einer Übernachtung bzw. Ruhephase im Ausland muss
der Fahrzeugführer ins Heimatland zurückkehren oder überführt werden und
darf nur dort die nächste Ruhephase antreten. Langlaufende Verkehre oder kom-

Drucksache 15/5457 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
plexe Zugeinsatzkonzepte, wie z. B. bereits praktizierte Dreiecksverkehre, sind
mit wirtschaftlich darstellbaren Personalkosten im interoperablen grenzüber-
schreitenden Schienengüterverkehr somit nicht möglich.
Die früheren Staatsbahnen führen ihren internationalen Verkehr nahezu aus-
nahmslos als Übergabeverkehr durch, das Personal wird dabei an der Grenze
ausgewechselt. Grenzüberschreitender interoperabler Personaleinsatz findet bei
diesen Bahnen nicht statt, die Vereinbarung von CER und ETF hat demnach für
sie keine praktische Relevanz.
Privat- und Regionalbahnen, die grenzüberschreitenden interoperablen Schie-
nengüterverkehr in immer stärkerem Maß betreiben, hatten hingegen keinerlei
Einfluss auf das Zustandekommen der Vereinbarung. Dennoch werden ihre Ver-
kehre durch die vorgeschlagene Richtlinie des Rates voll erfasst. Diese Bahnen
bereiten sich gerade mit beträchtlichen Investitionen auf die erweiterten Netz-
zugangsrechte zum 1. Januar 2006 und die Aufhebung des Kabotageverbots
zum 1. Januar 2007 vor. In dieser entscheidenden Phase würde das Inkrafttreten
der von CER und ETF vereinbarten Ruhezeitenregelung nach Schätzungen zu
einer Erhöhung der Personalkosten um bis zu 20 Prozent führen.
Die Vereinbarung von CER und ETF erweist sich somit als eine Beschränkung
der unternehmerischen Freiheit für die Privat- und Regionalbahnen, die zu
einem Zeitpunkt ihre Wirkung entfaltet, in dem sich der Wettbewerb auf dem
europäischen Schienengüterverkehrsmarkt gerade in einer Erfolg versprechen-
den Aufbruchstimmung befindet.
Im intermodalen Vergleich mit dem Binnenschiff oder dem LKW, wo derartige
Ruhezeitenregelungen nicht bestehen, wird dadurch zudem ein Wettbewerbs-
nachteil zementiert, der die Bemühungen um eine Stärkung des Wettbewerbs
und einer Liberalisierung des Schienengüterverkehrs konterkariert.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– sich im weiteren EU-Rechtsetzungsverfahren dafür einzusetzen, dass keine

Ruhezeitenregelung getroffen wird, die ein einseitigesWettbewerbshindernis
für kleine und mittlere Eisenbahngesellschaften darstellt;

– sich stärker für eine Beachtung der Interessen der kleinen und mittleren
Eisenbahnverkehrsunternehmen einzusetzen, die sich im interoperablen
grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr engagieren.

Berlin, den 10. Mai 2005
Dirk Fischer (Hamburg)
Eduard Oswald
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Georg Brunnhuber
Renate Blank
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Hubert Deittert
Enak Ferlemann
Peter Götz
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Klaus Hofbauer
Volker Kauder

Norbert Königshofen
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Klaus Minkel
Henry Nitzsche
Günter Nooke
Kurt J. Rossmanith
Hartmut Schauerte
Wilhelm Josef Sebastian
Gero Storjohann
Lena Strothmann
Volkmar Uwe Vogel
Gerhard Wächter
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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