BT-Drucksache 15/5374

zu Antrag der Abgeordneten Michael Kretschmer, Katherina Reiche, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/4721- Forschung an Hochschulen durch Vollkostenfinanzierung verbessern

Vom 21. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5374
15. Wahlperiode 21. 04. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Michael Kretschmer, Katherina Reiche,
Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/4721 –

Forschung an Hochschulen durch Vollkostenfinanzierung verbessern

A. Problem
Die Antragsteller gehen davon aus, dass die deutschen Hochschulen chronisch
unterfinanziert sind. In diesem Zusammenhang haben die Drittmittel für die
Hochschulen in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewon-
nen. Aber gegenwärtig belasten gerade erfolgreiche Hochschulen, die besonders
viele Drittmittel gewinnen, ihren Etat überproportional. Die indirekten Kosten
für die Infrastruktur könnten oft nicht aus den Drittmitteln erbracht, sondern
müssten über die zunehmend geringer werdende Grundfinanzierung abgedeckt
werden. Die drittmittelstärksten Hochschulen „siegten“ sich somit buchstäblich
zugrunde, weil sie die erforderliche Grundfinanzierung für die Forschungspro-
jekte oft nicht mehr aufbringen könnten und an ihre finanzielle Leistungsgrenze
stießen.
Deutschland müsse deshalb wie andere Länder dazu übergehen, nicht nur die
direkten Forschungskosten zu tragen, sondern mit einem „Overhead-Bonus“
auch die Kosten mitzufinanzieren, die im Zuge von Drittmittelprojekten als In-
frastrukturkosten zum Beispiel als Betriebskosten, für Geräteanschaffungen und
-wartungen, für Verwaltungsaufwendungen und Personalausgaben entstehen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP

C. Alternativen
Annahme des Antrags auf Drucksache 15/4721.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 15/5374 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag – Drucksache 15/4721 – abzulehnen.

Berlin, den 14. April 2005

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Ulla Burchardt
Stv. Vorsitzende

Ute Berg
Berichterstatterin

Michael Kretschmer
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5374

Bericht der Abgeordneten Ute Berg, Michael Kretschmer, Hans-Josef Fell
und Ulrike Flach

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
15/4721 in seiner 157. Sitzung am 17. Februar 2005 beraten
und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung zur federführenden Beratung und an den
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit sowie den Haushalts-
ausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Vor dem Hintergrund einer Schilderung der angespannten
finanziellen Lage der Hochschulen und des damit im Zusam-
menhang stehenden Anstiegs der Bedeutung der Drittmittel-
forschung schildern die Antragsteller, dass Einnahmen aus
der Drittmittelforschung wegen der bisherigen Nichtberück-
sichtigung der notwendigen Infrastrukturkosten zu einer er-
heblichen Gesamtkostenbelastung der Universitäten führen.
Ein Ausweg aus dieser Situation sei es, wie in anderen
Ländern, nicht nur die direkten Forschungskosten zu zahlen,
sondern mit einem „Overhead-Bonus“ auch die Kosten mit-
zufinanzieren, die im Zuge von Drittmittelprojekten als
Infrastrukturkosten zum Beispiel als Betriebskosten, für Ge-
räteanschaffungen und -wartungen, für Verwaltungsaufwen-
dungen und Personalausgaben entstehen.
Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert, die projekt-
bezogene Forschungsförderung an deutschen Hochschulen
auf eine Vollkostenfinanzierung umzustellen. Der Bund soll
dazu eine Infrastrukturzulage als „Overhead-Bonus“ einfüh-
ren, die sich an der Summe der bewilligten Drittmittel orien-
tiert. Dieser „Overhead-Bonus“ solle zunächst 20 Prozent der
Drittmittel-Bewilligungssummeumfassen und zusätzlich zur
Sachmittelbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft
gewährt und durch sie zugewiesen werden.

III. StellungnahmendermitberatendenAusschüsse
Die mitberatenden Ausschüsse haben jeweils mit den Stim-
men der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und -ergebnisse im federfüh-
renden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat die Vorlage in seiner Sitzung am
9. März 2005 beraten und empfiehlt:
Ablehnung des Antrags – Drucksache 15/4721 – mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU
und FDP.
Die Fraktion der SPD hält es für widersprüchlich, dass die
Fraktion der CDU/CSU einerseits denBund auffordere, deut-
lichmehr in die Forschungsförderung an denHochschulen zu
investieren, andererseits solle sich der Bund zugunsten der
Länder weitgehend aus der Hochschulpolitik zurückziehen.

Der Antrag hätte nur dann eine gewisse Logik, wenn die
Fraktion der CDU/CSU gefordert hätte, demBundmehr Ent-
scheidungskompetenzen im Hochschulbereich zu geben und
damit eine Verpflichtung zu einem größeren Finanzierungs-
anteil zu verbinden. Der Bund beteilige sich über Drittmittel,
Projektförderung, die Hochschulbaufinanzierung und die
Förderung von Großgeräten schon zu einem großen Teil an
der Finanzierung von Forschung an Hochschulen. Hieran
halte die Bundesregierung trotz der schwierigen Haushalts-
lage fest. Dies verlange allerdings die Streichungen von Sub-
ventionen.
Um demZiel einer besseren Forschungsförderung gerecht zu
werden, sollte die Union den Pakt für Hochschulen unterstüt-
zen, der den außeruniversitären Forschungsinstituten eine
langfristige Finanzierungssicherheit gebe.
Die Fraktion der SPDweist die Behauptung zurück, der Bund
würde sich immer mehr aus seinem Engagement für die
Hochschulen zurückziehen. Dies sei nicht der Fall, denn seit
1998 habe der Bund seine Ausgaben für Hochschulen um
23 Prozent gesteigert (ohne BAföG). Selbst bei der Gemein-
schaftsaufgabe Hochschulbau seien die Mittel von 1998 bis
2003 um 15 Prozent erhöht worden. Sogar mit der Rücknah-
me desAnsatzes liegeman immer noch auf demWert von vor
dem Regierungswechsel im Jahre 1998. Der Antrag müsse
abgelehnt werden, solange die Union der Abschaffung der
Eigenheimzulage nicht zustimme.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSUwird betont, dass es
bei dieser Frage zunächst nicht um mehr Geld gehe, sondern
darum, wie man Forschung organisieren solle. Aus Sicht der
Fraktion ist dies nicht über eine Exzellenzinitiative wie die
der Bundesregierung zu machen, sondern der bessere Weg
sei mehr Wettbewerb. Die Hochschullandschaft der Zukunft
werde bestimmt durch mehr Autonomie, mehr Wettbewerb
und mehr Eigenverantwortlichkeit. Dies beinhalte, dass For-
schung, wie sie derzeit in Deutschland erfolge, nicht mehr
möglich sein werde. Es sei ein Konstruktionsfehler, dass auf
Kosten der Grundmittel der institutionellen Förderung die
Drittmittelforschung organisiert werde. Das Modell der Uni-
on ziele darauf ab, dass die Hochschulen durch die Drittmit-
telforschung Geld verdienen und nicht wie bisher zusätzliche
Kosten haben. Ob man dies „Vollkostenfinanzierung“ nenne
oder „Overhead“ wie in anderen Ländern mit deren hervor-
ragenden Erfahrungen, sei nicht entscheidend.
Die Fraktion der CDU/CSU appelliere an die Fraktion der
SPD, sich mit der grundsätzlichen Frage der derzeitig in
Deutschland betriebenen Forschungsförderung auseinander-
zusetzen. Zur Streichung der Eigenheimzulage sollte man
ehrlicherweise sagen, dass dieses eine Ausrede sei und statt-
dessen die Prioritäten im Bundeshaushalt bewusst anders
gesetzt werden müssten. Zum Pakt für Forschung sei festzu-
stellen, dass die Präsidenten der Forschungseinrichtungen
überrollende Haushalte und mangelnde Planungssicherheit
kritisiert hätten. Wenn man den Eliteuniversitäten 1,9 Mrd.
Euro zur Verfügung stelle, müsse auch sichergestellt sein,
dass dieses Geld richtig eingesetzt sei. Ein nachhaltig ange-

Drucksache 15/5374 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

legter Wettbewerb, der diejenigen belohne, die forschungs-
stark seien und der somit Exzellenz entstehen lasse, sei der
bessere Weg. Es sei zu begrüßen, dass viele Wissenschaftler
dem Modell der Vollkostenfinanzierung eines Forschungso-
verheads positiv gegenüber stünden. Die Erfahrungen aus an-
deren Ländern zeigten, dass diesesModell sinnvoll sei, wenn
man mehr Wettbewerb und Qualität an den Hochschulen in
der Breite wolle.
Für die FraktionBÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN sei klar, dass
die Hochschulen mehr Geld benötigen. Es sei aber nicht zu
erkennen, wie der Antrag bei dem Problem helfen solle. Der
Bund wolle eine stärkere Finanzierung. Dazu gebe es die
Vorschläge wie den Pakt für Forschung, Eliteuniversitäten,
Streichung der Eigenheimzulage. Da dies noch nicht ausrei-
che, gebe es weitere Vorschläge. Konkrete Vorschläge der
Länder und der Union seien aber nicht erkennbar.

Die Koalition sei bereit, dringend benötigtes Geld an die
Hochschulen zu geben. Es werde aber durch eine Verweige-
rungspolitik der Länder mit Hilfe der Föderalismusdebatte
zum Schaden der Hochschulen Politik gemacht. Der Antrag
der Fraktion der CDU/CSU sei unredlich, weil nicht mitge-
holfen werde, das Problem zu lösen.
Von Seiten der Fraktion der FDP wird deutlich gemacht,
dass die „Overhead“-Finanzierung ein altes Thema der FDP
sei. Man habe begrüßt, dass die Deutsche Forschungsge-
meinschaft in der Vergangenheit hierzu immer wieder vor-
stellig geworden sei. Es sei an der Zeit, eine solche Reform
durchzuführen.
AmAntrag der Fraktion der CDU/CSUsei allerdings zu kriti-
sieren, dass er bezüglich der Finanzierung unpräzise sei. Die
„Overhead“-Finanzierung müsse zusätzlich erfolgen; eine
reine Umverteilung helfe nicht.

Berlin, den 9. März 2005
Ute Berg
Berichterstatterin

Michael Kretschmer
Berichterstatter

Hans-Josef Fell
Berichterstatter

Ulrike Flach
Berichterstatterin

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