BT-Drucksache 15/5327

Europäische Energiepolitik marktwirtschaftlich gestalten - Richtlinien entbürokratisieren

Vom 19. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5327
15. Wahlperiode 19. 04. 2005

Antrag
der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Dagmar Wöhrl, Karl-Josef Laumann,
Veronika Bellmann, Dr. Rolf Bietmann, Wolfgang Börnsen (Bönstrup),
Alexander Dobrindt, Marie-Luise Dött, Dr. Maria Flachsbarth, Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), Erich G. Fritz, Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel,
Dr. Reinhard Göhner, Gerda Hasselfeldt, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum,
Volker Kauder, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Wolfgang Meckelburg,
Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Joachim Pfeiffer, Ronald Pofalla, Hans-Peter Repnik,
Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Kurt J. Rossmanith, Hartmut Schauerte,
Johannes Singhammer, Matthäus Strebl und der Fraktion der CDU/CSU

Europäische Energiepolitik marktwirtschaftlich gestalten –
Richtlinien entbürokratisieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der neue EU-Kommissar für Energie, Andris Piebalgs, machte Anfang dieses
Jahres das Ziel seiner fünfjährigen Amtszeit deutlich. So ist für ihn von entschei-
dender Bedeutung, die Lissabon-Strategie in das Zentrum der Aktivitäten der
neuen Europäischen Kommission zu stellen. Das Ziel, die EU bis 2010 zum
dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln, verpflichte daher auch
zur Verwirklichung eines vollständig integrierten Energiebinnenmarktes. Für
das Jahr 2005 hat Andris Piebalgs die Steigerung der Energieeffizienz zum
Schwerpunktthema erklärt.
Das im November 2000 durch die Europäische Kommission angenommene
Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicher-
heit“ stellte Fragen bezüglich möglicher Komponenten eines umfassenden
Energieversorgungssicherheitskonzeptes. Dies wurde unumgänglich, da der zu-
nehmenden Abhängigkeit der Europäischen Union bei der Energieversorgungs-
sicherheit mit den möglichen Folgen, beispielsweise explodierender Preise bei
Erdöl, entgegengewirkt werden sollte. Die Kommission setzt sich nun zum Ziel,
die Punkte der Sicherung ausreichender Netz- und Erzeugungskapazitäten sowie
der Verringerung der Nachfrage durch Steigerung der Energieeffizienz zu ver-
folgen. Um eine ausreichende Investition in Netze und Erzeugungskapazitäten
zu gewährleisten, soll der Vorschlag für eine Richtlinie über Maßnahmen zur
Gewährleistung der Sicherung der Elektrizitätsversorgung und von Infrastruk-
turinvestitionen dienen.
Durch die Richtlinie dürfen die heimischen Unternehmen aber nicht durch ge-
steigerte Bürokratie, erhebliche Kosten und wettbewerbsschädliche Auswirkun-
gen belastet werden. Dies ist jedoch zu befürchten: So sollen die Energieversor-
ger beispielsweise verpflichtet werden, allen Kunden Energiedienstleistungen

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und Effizienzmaßnahmen anzubieten, um festgelegte Effizienzziele zu errei-
chen. Diese Produkte müssen von Behörden geprüft, akkreditiert und zertifiziert
werden. Dazu müssen die konkreten Einsparungen prognostiziert, errechnet und
evaluiert werden. Allein dies bedeutet bei der Vielzahl der Marktbeteiligten und
möglichen Produkten ein erhebliches Maß an bürokratischem Aufwand. Der
Berichtsentwurf der Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, Mechthild
Rothe, zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen läuft Gefahr, den
fehlerhaften Ansatz des Kommissionsvorschlags, unter anderem verbindliche
einheitliche Reduktionsziele sowie Aufbau einer Energieeffizienzbürokratie
durch eine zu komplexeMessmethodik nach demAnsatz des „bottom-up“, nicht
zu bereinigen. Die Zielerreichung des Richtlinienvorschlags und die im Nach-
gang vom Berichtsentwurf vorgeschlagenen Änderungen sind fragwürdig.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
1. sich für eine auf marktwirtschaftlichen und wettbewerblichen Prinzipien ba-

sierende europäische Energiepolitik einzusetzen,
2. auf europäischer Ebene dafür zu sorgen, dass zukünftige Richtlinien der Ge-

meinschaft durch eine vorab durchzuführende konkrete Rechtsfolgen-
abschätzung („business impact assessment“) auch für die betroffenen Unter-
nehmen unbürokratisch gestaltet und bereits bestehende Richtlinien entbüro-
kratisiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht zu
gefährden,

3. sicherzustellen, dass eine europäische Strategie für die Energieversorgungs-
sicherheit im Interesse der bundesdeutschen Volkswirtschaft und der Wett-
bewerbsfähigkeit der deutschen Industrie mit Vernunft und richtungweisend
begleitet und umgesetzt wird,

4. sicherzustellen, dass der Richtlinienvorschlag zur Endenergieeffizienz tat-
sächlich, unbürokratisch sowie kostenbegrenzend zu gemeinschaftsweiten
Energieeinsparungen führt. Hierbei ist ein System, dass auf einem Indikator-
/Benchmarkansatz für die wesentlichen Energieumwandlungsmärkte beruht,
zielführend,

5. sicherzustellen, dass sich ein Markt für Energiedienstleistungen, als Teil des
Paktes zu Energieinfrastrukturen und Versorgungssicherheit entwickeln kann
und

6. sicherzustellen, dass insbesondere die vier Vorschläge der Europäischen
Kommission, hier die Richtlinie zur Endenergieeffizienz und zu Energie-
dienstleistungen, die Richtlinie über die Gewährleistung der Sicherheit der
Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen, die Verordnung
über die Zugangsbedingungen zum Gasfernleitungsnetz sowie die Leitlinien
für die Transeuropäischen Netze im Energiebereich ohne ein Mehr an Büro-
kratie der Nachfragesteuerung und Sicherung von Investitionen in die Ener-
gieinfrastruktur, insbesondere Netzinvestitionen und die Pflicht, Mindest-
standards für den Netzbetrieb festzulegen und durchzusetzen und ein Gleich-
gewicht von Erzeugungskapazitäten und Nachfrage zu garantieren, gerecht
werden.

Berlin, den 19. April 2005
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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